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Die Legende von Alexander Swaney Bean

Die Legende von Alexander Swaney Bean

Wenn man an Schottland denkt, fallen einem sicherlich sofort die Highlands, Braveheart, Dudelsack und Whisky ein. Aber dieses Land, das sich vom Solway Firth Meeresarm im Westen bis hin zu den Shetland Inseln im Norden ausdehnt, ist mehr als das. Es ist ein geschichtsträchtiges, raues Land voller geheimnisvoller Orte, Mythen und Legenden. Eine davon ist die Legende von Alexander Swaney Bean. Gewiss ist sie nicht so bekannt wie die um Loch Ness oder die der alten Clans, aber ungleich gespenstischer und blutiger, wie bereits Beans Beiname ›der Kannibale‹ erahnen lässt.

 

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Alexander Swaney Bean – der Ausdruck Swaney steht im schottischen für sandig – wurde im frühen 15. Jahrhundert in East Lothian geboren. Sein Vater war Graben- und Heckenschneider, ein schlichter Mann, der sich seinen Lebensunterhalt mit einfachen Gärtnerarbeiten verdiente.

Alexander versuchte ihm nachzueifern, wobei er bald feststellte, dass ihm diese schwere körperliche Arbeit, oder besser gesagt ehrliche Arbeit, nicht zusagte.

Er versuchte sich als Dieb, was schließlich damit endete, dass er zusammen mit seiner Frau Agnes Douglas aus der Stadt gejagt wurde. Nach einigen Raubüberfällen landeten sie auf ihrer Flucht in einer Küstenhöhle in Bennane Head, zwischen Girvan und Ballantraein im Galloway County, das heutige South Ayrshire, wo sie sich versteckten.

Diese Höhle führte fast zweihundert Meter weit in den Fels hinein, und da der Eingang während der Flut vom Wasser blockiert war, lebten sie dort fast ein Vierteljahrhundert lang unentdeckt.

Da sie keine Lust auf regelmäßige Arbeit hatten, begann das Paar erst vereinzelt Reisende, später sogar kleine Reisegruppen zu überfallen, auszurauben und zu ermorden.

Im Laufe der Jahre gingen aus der Verbindung zwischen Alexander Bean und Agnes insgesamt acht Söhne und sechs Töchter hervor. Die achtzehn Enkel und vierzehn Enkelinnen danach waren das Ergebnis des Inzest zwischen ihren Kindern.

Die Einnahmen aus ihren Beutezügen waren mit der Zeit nicht mehr groß genug, um den Lebensunterhalt des nun über vierzig Köpfe zählenden Familienclans zu bestreiten. Daher begannen Bean und seine Familie damit, sich von den Opfern ihrer Überfälle zu ernähren.

Die Menschen wurden also nicht nur all ihrer Habseligkeiten beraubt und ermordet, sondern auch in die Höhle geschleppt, wo sie ausgebeint, gekocht, gebraten und verzehrt wurden. Das übrig gebliebene Fleisch legte man dann in Salz oder Essig ein oder es wurde für schlechte Zeiten als Vorrat geräuchert.

Das Verschwinden der zahlreichen Reisenden blieb natürlich nicht unbemerkt.

Die Einheimischen organisierten verschiedene Suchaktionen, die allesamt erfolglos blieben. Einige der Suchtrupps stießen auch auf die Höhle der Bean-Sippe. Aber nachdem sich manche Trupps fast fünfzig Meter weit in die Höhle vorwagten, ohne etwas zu entdecken, und ein Trupp dann eintraf, als der Eingang durch die Flut unpassierbar wurde, kam man zu dem Ergebnis, dass sich dort unmöglich ein Mensch aufhalten konnte. Schauermärchen um einen Werwolf kamen auf und man begann auch die Gastwirte der Umgebung zu verdächtigen, da sie ja in der Regel die Letzten waren, welche die Reisenden noch lebend gesehen hatten.

Das Verschwinden so vieler Personen zwang schließlich die Obrigkeit, sich der Sache anzunehmen, und so sah sich König Jakob I. gezwungen, Soldaten und Polizisten in das Gebiet zu schicken. Dabei kam es zu willkürlichen Verhaftungen, nach denen die Beschuldigten, von denen kein einziger schuldig war, allesamt gehängt wurden.

 

*

 

Das Rätsel um die verschwundenen Menschen wurde dann im Jahre 1435 gelöst. Ein verheiratetes Paar hatte sich des Abends von einem Jahrmarkt auf den Heimweg gemacht, als der Bean-Clan über die beiden herfiel. Während die Frau von einigen der Beans vom Pferd gerissen, getötet und zerfleischt wurde, hielt sich der Mann die anderen mit seinem Schwert, in dessen Umgang er mehr als geübt war, vom Leib. Doch auch er hätte sich auf Dauer der Übermacht nicht erwehren können, wenn nicht weitere Besucher des Jahrmarkts vorbeigekommen wären und die Beans vertrieben hätten. Nachdem nun klar war, wer hinter dem Verschwinden der Menschen steckte, kam der König höchstpersönlich mit 400 bewaffneten Soldaten ins Galloway County, um diese Mörderbande zu verhaften und bestrafen.

Die Bluthunde, welche die Soldaten dabei mitführten, fanden schnell den Weg in die Höhle zu den Beans. Als sie die Kannibalen-Familie am Ende der Höhle stellten, bot sich den Männern ein Bild des Grauens. Im Schein ihrer Fackeln waren überall an der Wand hängende Körperteile zu sehen, es gab Fässer voller Gliedmaßen, Stapel gestohlener Kleidungs- und Schmuckstücke und säckeweise Geldmünzen. Alle Mitglieder des Bean-Clans wurden lebend gefangengenommen und in Ketten in das Tolbooth Gefängnis nach Edinburgh gebracht, von wo aus man sie nach Leith überführte, wo sie ohne Gerichtsverhandlung hingerichtet wurden. Den männlichen Mitgliedern des Clans wurden die Geschlechtsteile abgeschnitten und dann Hände und Füße abgehackt, worauf sie elendig verbluteten. Die weiblichen Mitglieder mussten das Sterben ihrer Männer mit ansehen und wurden danach in Dreiergruppen an Pfähle gefesselt und bei lebendigem Leib verbrannt.

Die Legende des Alexander Swaney Bean entstand dann im 18. Jahrhundert in einem sogenannten englischen Chapbook, was in etwa der Klatschpresse der heutigen Zeit entspricht.

Manche Historiker stellen die Legende um den Bean-Clan infrage, da Dokumente aus der damaligen Zeit wie Zeitungen, Tagebücher und Gerichtsakten weder das Verschwinden von angeblich bis zu eintausend Menschen erwähnen noch irgendwelche Hinweise geben, dass die Beans zu der Zeit in dieser Gegend aktiv waren.

Andere jedoch behaupten, dass diese Legende durchaus mehr als nur einen wahren Kern besitzt.

Die Gegend um Bennane Head ist in der Tat so unübersichtlich, dass sich dort eine ganze Armee verstecken könnte, ohne gesehen zu werden, und in dieser Zeit gab es eine fürchterliche Hungersnot, in der mehrere Fälle von Kannibalismus bekannt wurden.

 

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Wie dem auch sei, Alexander Swaney Bean hat es jedenfalls vollbracht, dass der Mythos und die Legende über ihn und seinen Clan selbst in unserer heutigen Zeit noch Einzug in den Medien hält.

Seine Geschichte inspirierte Wes Craven 1977 zu dem Horrorfilm The Hills Have Eyes und Alexandre Aja 2006 zu dem Remake The Hills Have Eyes – Hügel der blutigen Augen. Gary Sherman versetzte 1972 mit seinem Film Tunnel der lebenden Leichen diese Geschichte in einen baufälligen Tunnel im Londoner Underground, der Film Wrong Turn von Rob Schmidt ließ die Geschichte 2003 in West Virginia aufleben und Sawney – Menschenfleisch aus dem Jahr 2012 von Rick Wood ließ die Legende im 21. Jahrhundert aufleben.

Daneben gab es noch einige weitere, wenn auch nicht so populäre Filmwerke wie die oben erwähnten. Aber dafür gab es noch jede Menge an Büchern, von denen Jack Ketchums Off Season, ISBN 0-7472-5045-6, Mike Lewis Roman The bloody man und Larry Morses Werk The Flash Eater zu den bekanntesten zählen.

Nicht zu vergessen die musikalische Verarbeitung von Beans Geschichte wie zum Beispiel das Konzeptalbum der amerikanischen Band Deeds of Flesh, mit dem Titel Inbreeding the Anthropohagi oder der Song des Musiker Snakefinger Sawney Bean/Sawney’s Death Dance, um nur einige zu nennen.

Weitere Projekte wie ein japanisches Manga, eine irische Filmversion und eine Erwähnung in einem deutschen Lexikon der Serienmörder zeigen auf, dass die Faszination um Alexander Bean bis heute ungebrochen scheint.

Quellenangabe:

(gsch)