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Ein Ostseepirat Band 2 – Kapitel 18

Carl Schmeling
Ein Ostseepirat
Historischer Roman, Zweiter Band
XVIII.
 Der Gefangene

Die Schweden hatten sich verleiten lassen. Sie waren im Grunde genommen so tapfere Soldaten wie ihre Gegner und begierig, die so oft erlittenen Schläge wettzumachen, weshalb sie die Regeln der Klugheit außer Acht ließen.

Doch auch in der misslichen Lage, in welche sie geraten, dachten sie noch nicht daran, sich zu ergeben. Vielmehr versuchten sie sich durchzuschlagen, und mehreren gelang es auch wirklich, durch den Fluss zu entkommen.

Ob absichtlich oder zufällig ist nicht leicht zu sagen, doch Lorenz wurde bei dieser Gelegenheit der Gegner des Kornett Blücher, der sich bei diesem Strauß wacker umhertummelte.

»He, Herr!«, rief der alte Spitzbube, »ich hoffe mir an Ihnen noch ein weiteres Lösegeld zu verdienen!«

»Ah, du bist es!«, rief der Kornett zurück, »nun, mein Wort will ich lösen, aber ich dachte, wenn ich es jetzt mit dem Säbel tue, sind wir quitt.«

»Der Henker auch, Herr!«, meinte Lorenz, »das geht nicht. Geben Sie mir nur den Sarras und sich selbst in meine Gewalt. Sie haben Freunde bei uns.«

»Freunde so; das wusste ich kaum!«

»Doch unseren Chef, den Oberstleutnant von der Grieben und den Leutnant von Wardow.«

»Ei sieh!«, rief Blücher, »sind sie drüben? Es freut mich, du kannst sie grüßen, wenn du aus meinen Fingern kommst!«

»Danke, Herr von Blücher; Letzteres hoffe ich sicher.«

Die Gegner hatten sich während dieses Gespräches in einer Volte bewegt und sich scharf im Auge behalten. Keiner schien das Gefecht eröffnen zu wollen. Während der letzten Worte des Husaren jedoch hatte Blücher ausgeholt. Da Lorenz glaubte, er werde zuschlagen, so tat er dies ebenfalls. Der flinke Kornett wich aus und erwiderte den Hieb, der jedoch pariert wurde.

»Also soll der Säbel entscheiden?«, fragte Lorenz.

»Er soll!«, erwiderte Blücher.

»Nun denn ehrlich Reiterspiel!«, sagte der Husar, »keinen Schuss!«

»Keinen Schuss!«, wiederholte Blücher, »ich habe außerdem kein Pistol!«

Lorenz war ein alter Reiter, geübt in allen Künsten des Einzelgefechts zu Pferde und der junge Blücher fühlte bald genug, dass ihm tüchtig eingeheizt wurde.

Er erwehrte sich des Gegners, so gut es eben gehen wollte, ärgerte sich aber nicht wenig, als er bemerkte, dass ihn derselbe schonte.

»Du wirst dir bösen Dank verdienen, Mann!«, rief er ärgerlich, »ich werde dich nicht schonen.«

»Ich schone Sie nicht, Herr?«, meinte lachend der andere, »sondern meine Uniform, die Sie noch auf dem Leib haben. Ich liebe das Kanariengelb, he – das war wenigstens ein Jagdhieb!«

»Donnerwetter!«, rief Blücher, als sein Kalzac zu Boden fiel. Sein Pferd scheute dabei etwas. Diesen Umstand nahm Lorenz wahr, gab dem seinen die Sporen, war im nächsten Moment neben dem jungen Mann, riss ihm den Säbel aus der Hand und ihn selbst vom Pferd, das er dessen ungeachtet festhielt.

»Sagen Sie Pardon, Herr!«, rief der Husar.

»Verflucht, ich muss wohl!«, antwortete Blücher, »lass mich los, ich bin dein Gefangener.«

»Das ist ein verständig Wort«, sagte der Preuße, »und dafür will ich mich auch billig finden lassen, wenn Sie Pferd und Waffen zurückkaufen wollen.«

»Wen haben wir denn hier?«, rief ein Offizier, der an der Spitze mehrerer anderen heransprengte.

,,Unseren Vogel von der Nacht!«, rief der Husar, »ich habe ihn doch gefangen!«

»Blücher!«, rief ein anderer Offizier, »er ist es wirklich!«

Der Kampf war beendet, die heransprengenden waren der Oberstleutnant von der Grieben mit den Offizieren seiner Eskadron. Derjenige, welcher die letzten Worte sprach, war Wardow.

»Ja, zum Henker, ich bin es!«, rief Blücher ärgerlich, »aber du hast mir einen schlechten Dienst erwiesen, Wardow!«

»Vielleicht das Gegenteil«, antwortete derselbe.

»Fürchten Sie nichts, junger Mann«, sagte Grieben, »ich habe Sie nicht vergessen und werde verbürgen, wenn es sein muss, damit Sie bald auf freien Füßen sind!«

»Danke!«, antwortete Blücher kurz.

»Der Oberst kommt«, rief eine Stimme. Und von einem Trompeter begleitet, kam der alte Belling auf seinem kreideweißen Schimmel herangesprengt.

Grieben macht ihm die nötige Meldung.

Belling hatte bereits erfahren, wodurch das eigentlich ganz zwecklose Engagement entstanden war, und lachte nun, als er erfuhr, wer der Gefangene war, den er dabei scharf betrachtete.

»Sieht Er, junger Hahn!«, meinte der Oberst, »es ist am sichersten im eigenen Land!«

»Dem Grundsatz scheinen Euer Gnaden nicht untreu geworden zu sein«, antwortete Blücher dreist, »denn jenseits der Brücke hat niemand diesen schönen Schimmel gesehen!«

»Sieh, sieh!«, konstatierte Belling und lachte dabei, »Ihm ist der Kamm noch geschwollen. Er kräht nicht schlecht!«

»Junge Hähne üben sich gerne!«

»Ist Er denn auch mit dem Säbel so flink wie mit der Zunge? Es scheint fast nicht so, denn sonst säße Er wohl noch im Sattel!«

Blücher errötete.

»Herr Oberst!«, rief Lorenz, »das würde auch so sein, wenn er einen anderen Gegner als mich gehabt hätte!«

Der Husar klopfte Blücher, dessen Säbel er noch in der Linken hatte, mit der Rechten auf die Schulter.

»Ach, du hast ihn gegriffen!«, sagte der Oberst, »nun, da ists kein Wunder; nichts für ungut, junger Herr, aber Er ist seinem Namen nach ein deutscher Edelmann. Was hat Er bei den Schweden zu suchen?«

»Zufall, Herr Oberst, ich wollte durchaus Husar werden und das Regiment war mir nahe, als ich das nötige Alter erreicht hatte!«

»Wo stammt Seine Familie her?«

»Ich habe mich nie darum gekümmert. Mein Vater stand früher in hessischen Diensten und hat sich später in Mecklenburg niedergelassen!«

»So sind Ihm die Husaren wohl Hauptsache bei der Wahl seiner Dienstherrn gewesen!«

»Eigentlich ja!«

»Nun wir sind auch Husaren, und zwar ganz nette. Meint Er nicht, dass es sich bei uns auch leben lassen könne?«

»Es wäre zu überlegen, Herr Oberst.«

»Nun, so überlege Er. Er kann statt der wollenen Achselschnüre gleich silberne haben!«

Der Oberst lächelte ihm nickend zu, gab seinem Schimmel die Sporen und ritt davon. Alles folgte bis auf Wardow, Lorenz und einige andere Husaren, die sich nach und nach angefunden hatten.

Blücher errötete wiederum über das ganze Gesicht. »In Teufels Namen denn«, rief er. »Da habt Ihr mich. Auf solche Weise angeworben, wäre ich ein Narr, meine Fortüne auszuschlagen. Lorenz, da ich nun dein Offizier bin oder doch werde, darf ich dir nichts schuldig bleiben. Da hast du Pferd und alles …!«

»Halt!«, sagte Wardow, »behalte alles, Freund. Lebrecht, der Lorenz soll anderweit abgefunden werden, komm nur schnell mit zum Hauptquartier, je eher du den zeisiggrünen Dolmann vom Leibe hast, desto besser!«

»Du hast recht, Bruder!«, rief Blücher, sich schnell in den Sattel schwingend.

Die ganze Gesellschaft ritt wie wild und toll davon. Eine Stunde später stand der junge Held in der Uniform eines preußischen Husarenoffiziers von Bellings Regiment vor dem Oberst, sich zu melden.

Belling sagte ihm nun viel Angenehmes, er hatte den jungen Mann lieb gewonnen und bestimmte, dass er später um seine Person bleiben solle. Als er entlassen wurde, suchte er Wardow auf.

»Jetzt nach Jarmen!«, rief er demselben zu. Bald darauf befanden sich beide auf dem Weg dahin, jedoch von einem Zug Husaren begleitet.

Was die in Jarmen vor Augen machten, als sie den bisherigen schwedischen Fähnrich als preußischen Husarenoffizier wiedersahen?

Besonders der Vater erschrak nicht wenig.

»Sie meinen es gut mit mir, Herr!«, rief ihm Blücher munter entgegen, »doch den Preußen werden Sie hoffentlich nicht fortweisen und verraten!«

»Nein, nein!«, antwortete er, gute Miene zum bösen Spiel machend.

»Und ich denke, Sie werden ihm auch Ihre Tochter Ulrike versprechen, nämlich, wenn er eine Eskadron hat, denn früher kann er keine Frau ernähren.«

Man lachte über diese Werbung ohne Umstände, aber der Jarmer Herr sagte zu und Ulrike wurde herbeigerufen. Eine Art Versprechung fand statt und die Offiziere blieben zu Tisch da.

Lorenz wusste inzwischen seine hundert Taler einzuziehen. Als sein Streich bekannt wurde, gab derselbe neue Veranlassung zur Heiterkeit. Man blieb bis zum späten Abend zusammen.

Auf Blüchers Wunsch und Bellings Rat ging indessen der Edelmann mit seiner Familie ebenfalls nach Mecklenburg, denn der Krieg drohte für den Winter, wie es auch später geschah, heftiger als zuvor zu werden.