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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die Gespenster – Dritter Teil – 20. Erzählung

Die Gespenster
Kurze Erzählungen aus dem Reich der Wahrheit von Samuel Christoph Wagener
Allen guten Schwärmern, welchen es mit dem Bekämpfen und Ablegen beunruhigender Vorurteile in Absicht des Geisterwesens ernst ist, liebevoll gewidmet von dem Erzähler Friedrich Maurer aus dem Jahr 1798
Dritter Teil

Zwanzigste Erzählung

Der Teufel holt, in Gestalt eines feurigen Ziegenbocks, Herrn von H. in Bernburg

Als der königlich-preußische Geheim- und Landrat, Herr Karl Gottlob von Nüßler, sich am Hof zu Bernburg aufhielt, ereignete sich daselbst folgende ebenso spaßhafte, wie traurig endende, lehrreiche Geschichte:

Ein Herr von H., der mit seiner seinsollenden Stark- und Freigeisterei höchst unbescheiden einem jeden zur Last fiel, schwatzte unaufhörlich von der alles hervorbringenden Natur und von dem blinden Schicksal und bestritt außerdem, was allen Christen heilig ist, auch dasjenige auf das Heftigste, was einem jeden, der mit fester Zuversicht an die Übermacht eines allliebendem höchsten Wesens glaubt, gleichgültig sein kann – das Dasein des Teufels!

Der Fürst, die Fürstin und andere Personen am Hofe ermahnten ihn oft, sich solcher irremachenden und ganz unnützen Reden wenigstens in ihrer Gegenwart zu enthalten. So sehr er aber auch verpflichtet war, auf diese höchst billigen und gerechten Bitten Rücksicht zu nehmen, so ließ er sich doch weder raten noch erbitten. Besonders machte er sich bei einem Glas Wein durch seine unphilosophische Philosophie höchst unausstehlich. Es sannen daher einige auf ein Mittel, wodurch sie den unbescheidenen und unaufgeforderten Braven ein wenig züchtigen und, ungeachtet seines Unglaubens, von dem furchtbaren Dasein gewisser Teufel überzeugen wollten.

Am Abend eines Tages, an welchem er beim Glas Wein wieder besonders heftig gegen alle Geister zu Felde zog und insbesondere allen Teufeln den Hals zu brechen drohte, wurde er, wie sich wohl zu ereignen pflegte, einmal wieder betrunken zu Bett gebracht. Bald darauf führte man einen alten Ziegenbock, den man überall mit dem stärksten Spiritus begossen hatte, in sein Schlafgemach, und zündete ihn neben seinem Bett an. Die Täter liefen sogleich davon, verschlossen hinter sich die Tür und lauschten durch ein Fenster des Schlafzimmers, welch ein Ende dieser Spaß gewinnen würde. Der arme Bock, dessen ganze Oberfläche entbrannt und von blau spielenden Flammen umgeben war, machte, vom heftigsten Schmerzgefühl ergriffen, einen entsetzlichen Lärm. Selbst der schlaftrunkene Herr von H. erwachte davon. So sehr er auch vom Wein noch benebelt war, so machte doch der Anblick des brennenden Bocks einen ebenso entsetzlichen, wie folgenreichen Eindruck auf ihn. Er hielt ihn nämlich für den oft verleugneten Teufel, der ihn nun, seines Unglaubens wegen holen wolle. Er sprang im bloßen Hemd aus dem Bette und versuchte durch die Türen zu entfliehen, die sämtlich verschlossen waren. Der Bock lief in der Angst auf ihn zu und stieg an ihm mit den Vorderhufen in die Höhe. Dadurch wurde unglücklicherweise sein Hemd entzündet. Herr von H. brüllte um Erbarmen und Hilfe. Diejenigen, welche ihm den Streich gespielt, diesen unglücklichen Zufall aber nicht geahnt hatten, rissen eilig die Tür auf und begossen den von H. und den Bock mit Wasser.

Der Bock starb auf der Stelle und Herr von H. lag in der stärksten Epilepsie auf dem Boden. Als er nach einigen Stunden einen Teil des Bewusstseins wieder erhielt, glaubte er zitternd, den brennenden Bock noch immer zu sehen. Man erklärte ihm zwar alles, was er gesehen hatte, als die natürliche Wirkung eines in Spiritus getränkten, entzündeten Ziegenbocks und versuchte ihn auf alle Art zu beruhigen, um den höchst traurigen Folgen eines unüberlegten Scherzes vorzubeugen. Allein der unglückliche von H. fiel von Zeit zu Zeit wieder in epileptische Zuckungen und lebte noch sechs Jahre sehr elend, während welcher Zeit er, da er unbegütert war, vom Hofe ein Gnadengeld bekam.

Dieser gefährliche Spaß lief also sehr unglücklich ab, und wenn er nicht ganz ohne Nutzen sein soll, so sei er uns ein warnendes Beispiel, welches ähnliche Scherze auf immer unterdrücke, und ein abermaliger, belehrender Beitrag zur richtigen Auslegung des so oft missgedeuteten wahren Sprichworts: Man zitiere den Teufel nicht, weil der wohl ungerufen kommt.