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Turnier- und Ritterbuch – Teil 3

Heinrich Döring
Turnier- und Ritterbuch
Verlag von E. F. Schmidt, Leipzig
Sitten und Gebräuche des Rittertums im Mittelalter

Drittes Kapitel

Die Ritterwürde

Hatte der Knappe seine Zeit gedient, hatte er sieben Jahre hindurch seinem Herrn alle oben erwähn­ten Dienste treu und redlich geleistet und in allen einem Ritter unentbehrlichen Eigenschaften einen so hohen Grad von Vollkommenheit erreicht, dass sein Meister völlig mit ihm zufrieden war, so durfte er endlich auf den Eintritt in den Tempel der Ehre hoffen, denn mit diesem Ausdruck bezeichnete man im Mittelalter die Ritterwürde.

Einundzwanzig Jahre war die gesetzmäßige Zeit, um dazu zu gelangen. Doch durften manche nicht so lange warten. Eine höhere Geburt, besondere Dienste und Verdienste um seinen Herrn, große Gewandtheit und Tapferkeit in Kämpfen und Fehden konnte diesen wichtigen Zeitpunkt beschleunigen. Die Prinzen von Frankreich machte man in der Wiege schon zu Rittern. Andere erhielten die Ritterwürde im siebzehnten, mitunter sogar im fünfzehnten Jahr. Doch hegten einige so überspannte Begriffe von dieser Auszeichnung, dass sie derselben nicht eher würdig zu sein glaubten, als bis sie eine Wallfahrt nach Palästina oder einen Zug gegen die Ungläubigen unternommen hatten.

Von manchen Zeremonien war die Erteilung des Ritterschlags begleitet. Dem in die Kirche tretenden Knappen hing das Schwert am Hals, und er erhielt es geweiht zurück am Altar. Zuvor musste er ein Bad nehmen. Die dabei gegenwärtigen Zeugen deuten auf die Taufe, so wie das weiße Gewand, das ihm umgehängt wurde, auf die Reinheit des Ritters. Auf die Konfirmation deutete der Ritterschlag. Er wurde im Namen der Dreieinigkeit, mit der Fläche des Schwertes auf beide Schultern und auf den Hals des Knappen erteilt, der mit kreuzweise übereinandergeschlagenen Armen vor dem Altar kniete. Die dabei übliche Formel lautete:

Zu Gottes und Maria Ehrʼ
empfange dies und sonst keinen mehr,
sei tapfer, bieder und gerecht,
besser Ritter, denn Knecht.

Der Ritter musste fasten, beichten, das Abend­mahl nehmen und die sogenannte Waffenwache im Inneren der Kirche über dem Grab eines Hei­ligen halten. In dem Eid, den er ablegen musste, gelobte er ohne Falsch immerdar Treue und Recht zu üben, Menschlichkeit und Milde. Er machte sich außerdem aber noch besonders verbindlich zum Schutz der Witwen und Waisen, der Frauen und Schwachen und versprach, die Kirche und ihre Diener redlich zu schir­men, die Ungläubigen zu verfolgen usw. Was man alles von einem Ritter erwartete, zeigen die Worte, die der Kardinal Canutius an den Grafen Wilhelm von Holland richtete, als demselben kurz vor seiner Krönung zum König der Deutschen der Ritterschlag erteilt wurde.

Ein Ritter, sprach der Kardinal, müsse großmütig, freigiebig und tapfer sein, dabei aber auch christlichen Sinnes und fromm. Er müsse täglich die Messe hören, mutig für den Glauben und für das Heil der Kirche und ihrer Diener kämpfen und in dieser Hinsicht keine Gefahr scheuen. Redlich aber auch müsse er Witwen, Waisen und Schwache schirmen, sich vor jeder unrühmlichen Fehde hüten, aber mutig das Schwert zur Verteidigung des schuldlos Unterdrückten ziehen. Dem Kaiser müsse er Treue und Gehorsam leisten, den Staat in seiner Kraft erhalten, die Reichslehen nicht veräußern und in solcher Weise untadelhaft vor Gott und den Menschen leben. »Dafern du dies alles tust«, sprach der Kardinal zum Grafen Wilhelm, »wirst du göttliche Ehre haben auf Erden und jenseits die ewige Seligkeit.« Und als er so sprach, legte er Wilhelms Hand auf das Evangelienbuch und fragte: »Willst du also Ritter werden und der vorgeschriebenen Regel nachleben?«

Das gelobte der Graf mit einem feierlichen Eid und empfing hierauf den Ritterschlag vom König von Böhmen. Als die Messe beendet war und der Priester am Altar den bei der Zeremonie üblichen Psalm abgesungen hatte, der mit den Worten Ecce quam bonum et juventum fratres habitare in unum … beginnt, da erklangen, wie eine alte Utrechter Chronik vom Jahr 1247 erzählt, gar lustig Trompeten, Pauken und Zimbeln, und der neue Ritter rannte mit dem Sohn des Königs von Böh­men dreimal auf Lanze und Schwert.

Gewöhnlich wurde der Ritterschlag an hohen kirchlichen Festen, namentlich zu Pfingsten erteilt; doch auch bei anderen festlichen Gelegenheiten, bei Kaiserkrönungen, fürstlichen Beilagern usw. Oft wurde der Ritterschlag vielen zugleich erteilt, was vorzüglich im Krieg und in der Schlacht der Fall war. Erzählt wird, dass Kaiser Maximilian I. bei seiner Krönung zweihundert Edlen mit dem Schwert Karls des Großen den Ritterschlag erteilt haben soll. Gar mannigfache Auszeichnungen waren aber mit dieser Würde verbunden. Nur der Ritter durfte einen Helm tragen und außerdem Lanze, Panzer und Waffenrock. Dem Knappen war nur Schild und Schwert gestattet, und seine Kopfbedeckung war statt des Helms die Sturmhaube. Der Ritter führte sein eigenes Wappen und seinen Wahlspruch oder seine Devise auf dem Schild, mitunter auch auf der Rüstung. Über seinem Burgtor prangte der Helm, was kei­nem erlaubt wurde, der nicht ritterlichen Standes war. Ross und Waffen waren die Symbole der Ritterschaft, und keinem, der ihr angehörte, durften sie Schulden halber genommen werden. Kein Ritter durfte als Gefangener gefesselt werden, und sein Ritterwort genügte, ihn gegen ein versprochenes Lösegeld freizulassen. Befreit war er aber auch von allen Abgaben und Zöllen, während er von seinen Insassen die sogenannte Ritter­steuer erheben durfte, die er für die Erziehung seiner Söhne und Töchter, für der Letzteren Ausstattung, zur Bestreitung der Kosten von Seefahrten und anderen Zwecken benutzte. So große Vorrechte hatte der Ritter. Eines der größten aber war, dass er anderen, selbst Königen und Fürsten, die Ritterwürde erteilen konnte. Bekannt ist, dass der König von Frankreich Franz I. von dem tapferen Bayard den Ritterschlag empfangen hatte; weniger bekannt, dass ein Edler von Wangenheim dem Thüringer Landgrafen Friedrich II. die ritterliche Würde erteilte. Wie viel diese Auszeichnung galt, geht daraus hervor, dass Könige selten eher die Krone annahmen, als bis sie Ritter geworden waren.

So groß aber die Ehre und die Vorrechte des Ritters waren, ebenso groß war auch die Schande und Schmach, die ihn traf, wenn er sich durch irgendein Verbrechen seines Standes unwürdig gemacht hatte. Ihn traf eine harte und entehrende Strafe. Öffentlich auf einem Gerüst zur Schau gestellt, wurden ihm die Waffen Stück für Stück entrissen, zerbrochen, ihm vor die Füße geworfen, die Sporen abgenommen und auf einen Misthaufen geschleudert. Selbst sein Ross musste für das Vergehen seines Herrn büßen, denn dem Pferd, das ihn getragen hatte, wurde der Schweif abgehauen. Des Ritters Schild, auf dem das Wappen auslöscht war, wurde durch den Schutz geschleift und ein Becken mit heißem Wasser über des Schuldigen Haupt gegossen. Er wurde hierauf an einem Strick von dem Gerüst herabgezogen und auf eine Schleife, mit einem Leichentuch bedeckt, in die Kirche geschleppt. Die dort versammelten Priester sangen den 108. Psalm. Erst dann empfing er seine eigentliche Strafe, die sich nach der Größe seiner Schuld richtete. Ihn erwartete entweder der Tod oder die Verbannung und Ausstoßung aus dem Ritterorden. Auch sein ganzes Geschlecht erklärte der Herold des Adels verlustig und für unwert, hinfort die Waffen zu tragen, am Turnier oder bei Hofe zu erscheinen. Die Söhne eines ehrlosen Vaters mussten gewärtig sein, wenn sie sich bei irgendeiner festlichen Gelegenheit zeigten, mit Rutenstrichen empfangen und dem Hohn und der Verfolgung des Pöbels preisgegeben zu werden. Bei Majestätsverbrechen wurde des Ritters Wappen durch den Henker zerbrochen, im Deutschen Orden dem Schuldigen das Kreuz vom Mantel abgerissen und er aus dem Kapitelsaal gestoßen.

Wer aber seine ritterliche Ehre in jeder Weise unbefleckt erhielt, der wurde, wenn er seine irdische Laufbahn beendet hatte, mit großer Feierlichkeit und Pracht beerdigt, wie dies unter anderen bei du Guesclin und Bayard der Fall war. In voller Rüstung lag der Ritter im Sarg, nachdem er auf dem Paradebett ausgestellt worden war. Nicht bloß auf seiner Burg, auch auf allen Gütern, die er irgend besitzen mochte, läuteten die Trauerglocken, und sein Ross, mit schwarzen Tüchern umhangen, folgte dem Sarg. In der Kirche aber war dem Toten ein Katafalk errichtet worden, geschmückt mit seinem Panzer, Helm und Wappen. Nicht selten ehrte ihn auch die bildende Kunst durch ein Denkmal.

Der verschiedene Charakter der einzelnen Nationen zeigt sich auch in der Ritterschaft. An Biederkeit und Treue, an Tapferkeit, Körperstärke und Sitteneinfalt übertraf der deutsche Ritter den französischen und englischen, obwohl die Letzteren, besonders die Franzosen sich durch feinere Bildung, Artigkeit und Biegsamkeit hervortaten. Dass es ihnen dabei nicht an Mut, Kampflust und beharrlicher Ausdauer unter Mühseligkeit und Drangsalen fehlte, zeigt die Geschichte der Kreuzzüge. Störend für die öffentliche Sicherheit und Ruhe waren die sogenannten irrenden oder fahrenden Ritter, die auf gut Glück auf Aben­teuer umherzogen, Wallfahrten unternahmen oder sich in den Wäldern umhertrieben, durch die Jagd sich einen oft dürftigen Unterhalt sichernd. Dergleichen Abenteurer, die nicht wenig zum Verfall des Rittertums beigetragen, gab es weniger in Deutschland als in Spanien und Frankreich. Nur zuweilen regte sich unter einzelnen deutschen Rittern, durch fremde Abenteurer angeregt, es ihnen gleich zu tun, in die Welt hinauszuziehen und als fahrende Ritter ihr Glück zu suchen. Das tat unter anderen einer in Schwaben, Georg von Ehingen geheißen, geboren im Jahre 1428 auf dem Schloss Hohen-Entringen, der seine wundersamen Irrfahrten und Abenteuer selbst in einem alten und seltenen Büchlein geschildert hatte.

»Als ich heranwuchs«, erzählt Georg, »und meiner Kräfte mächtig wurde, da übte ich mich fein fleißig im Rennen und Stechen, im Ringen und Schlagen. Und da ich mich auch der Armbrust gar wohl zu be­dienen wusste, gedachte ich mein Glück in der Welt zu versuchen und zog mit meines Vaters Willen nach Innsbruck, wo ich an den Hof des Herzogs Sigismund von Österreich kam und unter sein Hofgesinde aufgenommen wurde. Da ging es mir gut und war der Freude viel, wohin ich mich wendete. Aber ich sehnte mich wieder fort und unter die Waffen und zog zum Herzog Albrecht von Österreich, der zu Rothenburg am Neckar Hof hielt, und als ich ihn bat, mir ein Ämtlein zu geben, mich zu seinem Kämmerer ernannte. Das war im Jahr 1443 und war ich damals dreiundzwanzig Jahre alt. Es begab sich aber, dass der König Ladislaus von Ungarn nach Prag zog, um sich dort zum König von Böhmen krönen zu lassen. Da zog ich denn auch dahin mit dem Herzog Albrecht. Als der Ritterschlag erteilt wurde, erhielten denselben ihrer fünf aus des Herzogs Gefolge, deren einer ich war. Dessen freute ich mich sehr, und so auch mein Vater, der mich zu sich nach Kilchberg beschied und zu mir sprach: ›Gottes und des Königs Gnade haben dir zu der Ritterwürde ver­holfen. Dessen sei von Herzen froh und mache derselben dich würdig. Gedenke deiner Pflichten und handle gerecht gegen jedermann. Verschlemme nicht deine Tage am Hofe der Fürsten, wo du wahre Rittertugenden zu üben wohl wenig Gelegenheit finden möchtest. Ergib dich nicht der Weichlichkeit, prüfe deinen Mut und erprobe deine Stärke und Kraft. Ich rate dir, eine Fahrt zu den Rhodiser Rittern zu tun, die, wie verlauten will, vom Sultan und seinen Heiden hart bedroht werden. Ziehe hin zum Grab des Erlösers, wie ich selbst gar oft gewollt, stets aber daran verhindert wurde. Du trägst auf deiner Brust den Heiligen Johannes; diesen lass mir zurück als Bürgschaft, dass du erfüllen willst, was ich von dir fordere.‹ Da tat ich, wie mir mein Vater geheißen hatte, und nahm Urlaub von meinem Herrn, dem Herzog von Österreich, ging nach Venedig und schiffte mich von dort nach Rhodos ein. Es war aber ein neuer Sultan auf den Thron gekommen und hatten die Rhodiser nichts von ihm zu fürchten. Da beurlaubte ich mich von dem Großmeister, um weiterzureisen, wie ich mir vor­genommen hatte, und zwar zum Heiligen Grab. Es waren aber sechszehn an der Zahl, Ritter, Pilger und Knechte, mit denen ich von dannen zog. In Jerusalem blieben wir fünfzig Tage, besuchten die heiligen Orte und Stellen und zogen dann nach Damaskus. Dort wollten wir den Katharinenberg besteigen, kamen aber in große Not und Gefahr, denn wir wurden von den Arabern umringt und mussten unsre Freiheit mit dreißig Dukaten erkaufen, dankten jedoch Gott, dass wir entkommen waren. Als ich nun meine Andacht am Heiligen Grab gehalten und dort den Ritterschlag empfangen hatte, trat ich mit fröhlichem Gemüt meine Rückreise an und kam glücklich nach Venedig. Das war im Jahre 1451. Von da aber zog ich freudig nach Kilchberg, sprang von meinem Ross und eilte zu meinem Vater.

Der aber rief: ›Gelobt sei Gott, das ist mein Sohn Georg, der teure Rittersmann. Er kommt vom Heiligen Grab, erfüllte sein Versprechen und löst seinen Heiligen ein.‹

Und da drückte er mich an seine Brust und küsste mein Kreuz. Ich aber verehrte ihm einen Dorn aus Christi Leidenskrone, den er mit großer Andacht und Rührung empfing. Meiner Mutter schenkte ich ein Jericho-Rose; die war dürr, aber ihre Blätter entfalteten sich im Wasser gar wundersam. Ich begab mich aber wieder von Kilchberg zu meinem Herrn, den Herzog Albrecht von Österreich, der in Rothenburg Hof hielt. Obwohl aber dort und in Freiburg viel Kurzweil getrieben und oft gerannt und gestochen wurde, stand mein Sinn doch danach, wieder in die Welt hinauszuziehen. Ich war aber mit einem Salzburgischen von Adel bekannt geworden; der hieß Jörg von Ramsyden, hatte des Geldes genug und war mir gar treu und hold. Mit dem machte ich mich auf den Weg, versehen mit Briefen vom Herzog Albrecht, dem König Ladislaus und dem deutschen Kaiser an die Könige und Beherrscher der Länder, die wir durchziehen und befahren wollten. So kamen wir an den Hof des französischen Königs, der aber ein alter kranker und ernsthafter Mann war und aller Lust und Freude abhold. Darum wurden dort auch keine Turniere gehalten, was uns schier ver­dross. Es kam aber, als wir gegen sechs Wochen dort ruhig verbracht hatten, eine Botschaft vom König Heinrich von Kastilien, der Kunde haben wollte, ob in Frankreich kampflustige Ritter vorhanden wären, die ihn auf einer Heerfahrt gegen den Maurenkönig von Granada begleiten wollten. Da waren wir alsbald entschlossen, ich und mein Gefährte, unter den Fahnen des Königs von Kastilien gegen die Heiden zu kämpfen. Das gefiel aber dem König von Frankreich recht gut und er gab jedem ein schönes Ross, auch jedem dreihundert Kronen, dazu ein Schreiben an den König von Kastilien. Als wir aber nach Navarra kamen, hörten wir, dass der Zug gegen die Mauren einge­stellt war. Da blieben wir an des Königs Hof, wo es sehr lustig herging, zwei Monden lang, jagten und turnierten fröhlich und beurlaubten uns dann zu einer Wallfahrt nach Santiago de Compostela. Als wir da unsere Andacht verrichtet hatten, zogen wir nach Lissabon an den Hof des Königs Alfonso. Da wurden wir sehr freundlich eingeladen zu allerhand Lustbarkeiten und Festen, als da waren: Jagen, Tanzen, Ringen, Fechten und allerlei ritterliche Übungen. Es hatte aber mein Gefährte, Jörg von Ramsyden, sehr große Stärke und Gewandtheit im Werfen nach dem Ziel mit Steinen und mit der Schwebscheibe. Ich aber liebte mehr den Kampf in voller Rüstung. Es kam aber, als wir da in voller Lust waren, die Kunde, dass der König von Fez mit großer Heeresmacht gegen die ihm abgenommene Stadt Conta, die er wieder haben wollte, heranrücke. Da wir dies hörten und sahen, wie der König Alfonso sein Heer aufbot, da waren wir, ich und mein Gefährte Jörg von Ramsyden, sogleich entschlossen, in den Kampf gegen die Mauren mitzuziehen. Und so schifften wir uns über und kamen nach Conta. Als wir das Sakrament empfangen hatten, da wurden wir alle kampflustig und fielen aus der Stadt mit aller Macht gegen die Feinde, deren Zahl sehr groß war, denn wir zählten gegen 10.000 Gezelte, darinnen viel Volk lag. Da wurden die Mauern von Conta drei Tage lang bestürzt von den Mauren, aber sie konnten sie nicht besteigen. Als sie sich endlich auf einen Berg zurückzogen, setzten wir uns auf dem anderen fest, der gegenüber lag, unserer neunhundert zu Ross und tausend zu Fuß. Da erfuhren wir, es sei unter den Mauren ein sehr starker Mann, der ganz allein gegen einen zu kämpfen begehre.

Ich sprach: ›Ich will es sein und will zur Ehre des allmächtigen Gottes und der Christenheit mit ihm kämpfen.‹

Das wurde dem Mauren angesagt, und nachdem ich mit meiner Lanze das Zeichen des Heiligen Kreuzes gemacht hatte, rannten wir sehr ungestüm gegeneinander mit Lanze und Schild nach Kämpferart. Ich aber traf so hart auf des Mauren Schild, dass sein Ross mit ihm zu Boden stürzte. Aber ich war von seinem Speer in den Panzer und in den Arm getroffen. So konnte ich nicht gleich vom Ross springen und der Heide raffte sich schnell wieder auf vom Boden. Da zog ich mein Schwert, was er auch tat. Wir wurden beide handgemein und fielen im Ringen miteinander zugleich zur Erde. Ich aber raffte mich auf, hielt ihn mit der linken Hand kräftig nieder und stach ihm mit dem Dolch, den ich in der Rechten schwang, dermaßen durch den Helm, dass ihm sogleich das Augenlicht verging. Dann durchstach ich ihm den Hals, dass er mit großem Blutvergießen seinen Geist aufgab, nahm sein Schwert und Ross, und dankte Gott, dass er mir diesen Sieg verliehen hatte, denn es war der Maure an Stärke mir weit überlegen.

Es fing aber der König von Kastilien 1457 den Krieg gegen die Mauren wieder an und zog vor Granada mit 70.000 Mann. Da gab es harte Treffen und es wurde von beiden Seiten tapfer und männlich gefochten. Wir aber, ich und mein Gefährte Jörg von Ramsyden, wurden zu des Königs Hauptfahne gestellt, die wir zu erhalten versprachen und bis auf den Tod zu verteidigen. Es dauerte aber dieser Kriegszug über fünf Wochen. Da bekamen wir durch einen fahrenden Ritter die Kunde, dass gegen Kaiser Friedrich der Aufstand ausgebrochen und dass in Schwaben Krieg geführt werde. Also gingen wir nach Lissabon, um im Monat März des Jahres 1458 vom König Urlaub zu nehmen. Der beschenkte uns mit schönen Rossen, mit Samt und anderen seltenen Sachen und gab jedem dazu dreihundert Dukaten. Von Navarra schifften wir uns nach England ein. Da aber mein Gefährte, Jörg von Ramsyden, Botschaften von den seinen daheim erhielt, nahm er von mir Abschied und zog in sein Vaterland. Ich aber ging nach Schottland an den Hof des Königs Jacob, dessen Schwester Leonore des Herzog Sigismund Gemahlin war, an dessen Hof­lager ich ehedem gewesen war. Da wurde ich sehr gut aufgenommen und mit Rossen, Samt und Seide und schönen Kleidern reich beschenkt. Am Hofe aber gab es viele Lustbarkeiten, Gastereien, Jagden und allerlei Kurzweil. Da ich aber bedachte wie in der Welt alles eitel und nichts Neues geschehe unter der Sonne, und da ich die Freuden des Hoflagers kannte und genug turniert und gestritten hatte, da dachte ich an mein liebes Vaterland und an die meinen und ging wieder zurück nach Schwaben.

Als ich nun im Jahre 1459 auf Kilchberg ankam, hatte ich meinem Vater und meinen Brüdern viel zu erzählen von dem, was ich in fremden Landen gesehen hatte, dass alle hoch aufhorchten und viele mich deshalb beneideten, jedoch auf freundliche Art.«