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Oberhessisches Sagenbuch Teil 97

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Der Drache

Unterhalb Rainrod ist eine wüste Bergwand, nur hier und da mit Dorngestrüpp bedeckt. Da stand vor Alters ein hoher, heiliger Wald und haben die Heiden darin Kirche gehalten. Im Schoß des Berges sind viele Reichtümer versteckt, welche ein boshafter Drache behütet, der selten oder gar nicht ans Tageslicht kommt. Es ist eine kleine Höhlung noch jetzt sichtbar, die heißt das Drachenloch. Daraus soll das Ungetüm manchmal hervorkriechen in mitternächtiger Stunde, um in dem entfernten Mühlbach bei Eichelsdorf seinen brennenden Durst zu löschen. Dieser muss sehr gewaltig sein, denn kein Tropfen bleibt dem Müller übrig und die Mühle steht still, ehe man es sich versieht. Obwohl es über eine Viertelstunde Wegs ist, steckt der Drache dann doch immer noch mit seinem Schwanz in dem Loch, so scheußlich lang ist er.

Die Schlange

Zur Mittagszeit im Heumachen hatte sich eine Frau  aus Schotten, die in dem Wiesgrund unter dem Altenburgskopf, der die Michelbach heißt, sich müde geschafft hatte, eben mit ihrem Kopf auf einen großen Stein gelegt, um ein wenig zu schlafen. Wie sie so da lag, sah sie vor sich eine wunderbar schöne rote Schlüsselblume auf dem Boden stehen. Sie blickte unverwandt danach. Weil ihr dieselbe immer besser gefiel, stand sie auf und brach sie ab. Als sie den Kopf wieder umwendete, ringelte sich auch eine große graue Schlange auf demselben Stein auseinander, auf welchem sie eben mit dem Kopf gelegen hatte, als wäre sie durch ihr Aufstehen aufgescheucht. Die Frau reute es in diesem Augenblick, die Blume gebrochen zu haben, denn sie dachte: Was wäre das für ein Zierrat in deinem Gärtchen gewesen, wenn du sie mit der Wurzel ausgestochen und dahin gepflanzt hättest!

Als sie sich noch eben diese Betrachtung machte, erscholl in der Luft eine gar jämmerlich klagende Stimme: »O, hättest du gewartet bis morgen Mittag zwölf Uhr, so hättest du in der Blume die Schlüssel zur Altenburg und damit dein Glück gefunden!«

Nun sah sich die Frau nach der Schlange um, allein diese war mitsamt der Blume unbegreiflicherweise verschwunden.

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