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Allerhand Geister – Zum schönen Brunnen – Teil 1

Allerhand Geister
Geschichten von Edmund Hoefer
Stuttgart. Verlag der I. G. Cotta’schen Buchhandlung. 1876

Zum schönen Brunnen
Eine Kneip- und Spukgeschichte

1.
Ein alter Gast

Zwar Nürnberg heißt die Stadt nicht, in welche wir unsere Leser führen; vielmehr ist es ein kleiner, sehr bescheidener und wenig bekannter Ort, der in einem Winkel des Landes, zwischen dunkeln Waldbergen fast versteckt liegt, weder Fluss noch Straße oder gar Eisenbahn in der Nähe hat, von keiner großen Vergangenheit etwas weiß und der unruhigen, rastlosen Gegenwart nirgends gerecht wird; ein Ort, der so ganz und gar nur für sich allein da ist, ohne Anziehungskraft für die Fremden, aber freilich auch ohne Verlangen nach denselben.

Also von Nürnberg ist hier weit und breit keine Rede, allein einen schönen Brunnen besitzt die arme kleine Stadt doch gleichfalls, die einzige Rarität, welche sich angeblich in ihren Mauern finden soll, dafür jedoch auch eine desto schätzbarere. Ob dies ausgezeichnete Werk auch von Kunstverständigen irgendeinmal für schön gehalten und erklärt wurde, ist uns nicht bekannt geworden. Sein Meister aber war jedenfalls dazumal sehr zufrieden mit dieser Arbeit, ja stolz auf dieselbe, und die Einwohner der Stadt haben, mit seltenen Ausnahmen, bis auf den heutigen Tag für ihren schönen Brunnen nur freundliche Blicke und Worte. Und weshalb auch nicht? Die Stufen wackeln auch heute noch nicht, die Sandsteineinfassung ist auf das Zierlichste ausgeschweift und mit angenehmen Schnörkeln bedeckt; die vier Tritonen – welche Verschwendung, ruft der Leser – gelten gegenwärtig für einigermaßen unanständig, sind aber unleugbar kräftige und gut konservierte Bursche. Und die leichtgeschürzte Dame endlich, die sich aus ihrer Mitte triumphierend erhebt, ist eine Gestalt, die wenig Schaden gelitten hat und sehr viel zu denken gibt. Endlich – das Wasser dieses Brunnens ist das reinste und frischeste von der Welt. Herz, was begehrst du noch?

Dieses treffliche Kunstwerk liegt schicklicherweise in der Mitte des Marktplatzes und wird von zwei prächtigen alten Linden überschattet. Aber auch die weitere Umgebung ist eine durchaus würdige. Denn hier reihen sich die stattlichsten Gebäude aneinander, das Rathaus, die Läden des ersten Seiden -, Porzellan-, Bronze- und überhaupt Kunsthändlers und des ersten Materialisten, der zugleich auch mit Delikatessen handelt; und nach anderen ähnlichen Häusern endlich, auf der Ostseite und dem Rathaus gegenüber, neben der Apotheke und hinter zwei anderen, sauber beschnittenen Linden der erste Gasthof der Stadt, ein schöner, alter Giebelbau – Zum schönen Brunnen.

Es wird einem wohl, wenn man das Haus nur ansieht, und noch wohler, wenn man hineintritt. Da ist alles Ordnung, Ruhe und Bequemlichkeit, da atmet einen überall und aus allem Solidität und Behagen an; hier in der großen urgemütlichen, stattlichen Weinstube rechts und in dem geräumigen Speisezimmer links; über den weiten Flur, von dem aus man auf den reinlichen Hof mit den Stallungen und Remisen und auf den anstoßenden Blumengarten blickt, die alten, schweren Treppen hinauf, in den hallenden, dämmerigen Gängen entlang, zu den nicht zahlreichen, aber in ihrer altmodischen Einrichtung wunderbar anheimelnden Gastzimmern. Es laufen euch keine pomadisierten, kokettierenden Kellner entgegen, sondern ein paar schmucke, freundliche Dirnen machen euch ihren Knicks und fragen nach euren Wünschen. Der Hausknecht ist ein alter grauköpfiger, dienstfertiger Geselle. Und der Wirt endlich und die Wirtin? Lieber Gott, seht euch doch diese beiden braven, dicken, gesunden Menschenkinder mit den freundlichen Augen und den lächelnden Mienen nur einmal an und zweifelt auch nur noch eine einzige Sekunde, ob ihr hier wohl aufgehoben seid und es so haben werdet, dass ihr am liebsten gar nicht wieder fort möchtet!

So steht es in dem Haus Zum schönen Brunnen, und so stand es schon seit hundert Jahren und darüber, denn das Haus blieb in den Händen einer Familie und die Wirtschaft gleichfalls, sodass alles, was euch umgibt, und alles, was euch begegnet, in einem gewissen altmodischen und – sagt, patriarchalischen oder familienhaften – Zuschnitt erscheint und ihr euch von vornherein in altbegründeten, geordneten Zuständen sicher und daheim fühlt, nicht als vorüberfliegender Gast, sondern schier wie ein Kind des Hauses. Erleichtert und befördert wird dieser behagliche Zustand freilich nicht wenig dadurch, dass die kleine Stadt, wie gesagt, fernab von allem Welt- und Reisegeräusch liegt und für den Schwarm der modernen Reisenden so gut wie gar nicht vorhanden ist.

Die Weinstube Zum schönen Brunnen wird abends und auch wohl im Laufe des Tages von einer ansehnlichen Zahl von Stammgästen besucht; am Mittags- und Abendtisch versammeln sich alle Leute besserer Extraktion, welche keine eigene Wirtschaft führen oder nicht in irgendeiner verwandten Familie Unterkunft gefunden haben. Aber als eigentliches Fremden- und Logierhaus ist der Gasthof nur von sehr geringer Bedeutung. Von Zeit zu Zeit stellt sich irgendein Handlungsreisender ein, der in solchem Fall aber sicherlich kein Windbeutel ist, dem es hier nicht behagen würde, sondern ein ruhiger und solider, ältlicher und schon seit Jahren in der Stadt bekannter Mann. Oder es kehrt einmal eine Herrschaft aus der Umgegend ein, eine Pfarrfamilie vom Lande, ein Honoratior aus einem Nachbarort – Leute, welche keine Verwandten in der Stadt finden und geschätzte oder verehrte Bekannte. Doch will dies alles im Grunde sehr wenig heißen, und es vergehen nicht selten auch in der günstigsten Jahreszeit ganze Monate, ohne dass in den Fremdenzimmern auch nur ein Bett abgedeckt und eine Karaffe mit frischem Wasser gefüllt wird.

Aber wir irren uns – mit allen Fremdenzimmern steht es nicht so. Wenn ihr etwa als Fremder in das Haus tretet und auf euer Verlangen nach einem Zimmer von der kleinen dicken, rastlos beweglichen und rührigen Wirtin selber mit vielen Komplimenten die Treppe hinaufgeführt werdet, seht ihr euch, grade der Treppenmündung gegenüber, zuerst vor einer dunklen, reich geschnitzten Eichentür in tiefer, spitzbogiger Nische und daran die Nummer Zwei – Nr. 1 liegt links in der Ecke. Wie ihr euch, von der Post über den Markt kommend, das alte Haus angesehen habt, muss diese die Mittelstube sein und durch ein Fenster den Ausblick zwischen den beiden beschnittenen Linden durch auf und über den Platz zum schönen Brunnen, zum Rathaus und auf den schönen, seitwärts über die Häuser aufsteigenden Kirchturm gewähren. So bleibt ihr denn auch wohl, während die Wirtin euch weiter nach rechts zu komplimentieren versucht, stehen und sagt, dass ihr grade dieses Gemach vorziehen würdet. Allein die würdige Frau zuckt, verlegen lächelnd, die Achseln und versetzt gedämpft, dass es ihr unendlich leid tue. Hier seien aber die beiden Zimmer des Herrn Oberstleutnants, und Nummer Drei sei grade so bequem, so recht schattig und kühl und werde euch sicher nicht weniger gefallen. Also – wenn sie bitten dürfe …

»Die Zimmer des Oberstleutnants?«, fragt ihr. »Bleibt der Herr länger hier?«

»Oh, der Herr Oberstleutnant wohnen schon seit dreizehn Jahren bei uns«, sagt die dicke Frau mit freundlichem Lächeln.

Im Herbst des Revolutionsjahres 1830 marschierten bedeutende Truppenmassen aus den alten Provinzen Preußens an den Rhein, um die Grenzen gegen mögliche französische Überfallsgelüste zu sichern. Ein Bataillon kam auf diesem Marsch auch in unsere kleine Stadt, erhielt hier einen Ruhetag und der Kommandeur wurde mit seinem Adjutanten im Gasthof Zum schönen Brunnen einquartiert. Der Adjutant, ein hübscher junger Mann, kam schon unwohl an, wurde im Laufe des nächsten Tages wirklich krank und musste, als die Kameraden weiterzogen, von einer schweren Lungenentzündung befallen, zurückbleiben. Sein Zustand war so bedenklich, dass der Arzt jeden Transport in ein Privatquartier auf das Strengste untersagt haben würde, hätten auch Wirt und Wirtin einen solchen überhaupt gewünscht. Aber sie taten dies nicht; es fehlte ihnen nicht an Platz und noch weniger an Erbarmen und Teilnahme für ihren kranken Gast. Und dies Erbarmen wuchs mit der sich immer mehr steigernden Krankheit und Gefahr, und diese Teilnahme nahm nicht ab, sondern zu, als endlich, endlich, eine Wendung zum Besseren eintrat, die Genesung begann und der junge Mann sich dem wackeren Ehepaar und den übrigen Hausgenossen als ein durchaus guter, warmer und liebenswürdiger Mensch zu offenbaren anfing. Genug, als Rudolf Kreishaupt, wie der Offizier hieß, nach einem runden Vierteljahr soweit wiederhergestellt war, dass er ohne Besorgnis abreisen konnte, war die Bekanntschaft zur herzlichsten Freundschaft gediehen und man verhieß einander die treueste Erhaltung derselben.

Daran fehlte es denn auch nicht, zum Wenigsten hielt das Ehepaar seinen Gast in treuestem Gedächtnis; aber aus den gelegentlichen Besuchen, welche der Abreisende in Aussicht gestellt hatte, wurde nichts. Nach einigen Jahren hörten auch seine Briefe auf, sodass er den Leuten völlig aus den Augen kam und man endlich, zumal es in der Stadt kein Exemplar der Rangliste gab, nicht einmal mehr wusste, ob er überhaupt auch nur noch lebe. Um o größer war dann aber auch die Überraschung und, wie wir hinzusetzen dürfen, zugleich die Freude, als er zwei- oder dreiundzwanzig Jahre später eines schönen Tages plötzlich wieder auftrat, dem Gottlieb Wengler, dem Wirt, die Hand beinahe aus dem Gelenk schüttelte, die Frau Justine, die Wirtin, trotz ihres Leibesumfanges in die Arme zu schließen versuchte, dem alten Christopher, dem Hausknecht, einen liebkosenden Knuff auf den breiten Rücken gab und erklärte, er sei mit dem Titel als Oberstleutnant pensioniert und wolle hier in der Stadt leben und sterben.

Einstweilen nahm er seine beiden Zimmer, Nr. 1 und 2, welche selbstverständlich frei waren, verzog sich, wie man zu sagen pflegt, mit aller Welt, machte sich mit den neuen Hausgenossen vertraut, suchte alte Bekannte in der Stadt auf, ließ sich von allen Veränderungen berichten, die inzwischen eingetreten waren, und benahm sich überhaupt so ganz und gar behaglich und liebenswürdig, dass zumal Frau Justine ihn für den herzigsten alten Menschen auf der Welt erklärte und behauptete, mit dem sei es doch gerade, als habe man ihn von Jugend auf gekannt und sei nie eine Stunde von ihm getrennt gewesen. Das Gleiche sagte auch der Oberstleutnant ungefähr von ihr, den ihren und ihrem Haus. Und beide hatten recht: Die Alten waren in grauem Haar noch die Gleichen, die sie in ihrem braunen oder blonden gewesen waren. Die Jungen bildeten sich an ihnen heran, und im Haus stand alles noch auf dem alten Fleck.

Nur ein einziges Mal, und zwar gleich in der Ankunftsstunde, kannte sich der Herr Oberstleutnant nicht sogleich aus. Denn zwischen den ihn begrüßenden Alten quirlte und jauchzte so ein Geschöpflein herum, ein kleines Ding von sieben oder acht Jahren, mit rosigen Wangen, blonden Zöpfen und blauen Augen – ein wahres Staatskind!

»Ei, schon eine so große Enkelin?«, fragte der Ankömmling und strich liebkosend über den hübschen kleinen Kopf.

»Oh nein, es ist unsere eigene Jüngste«, versetzte Frau Justine, die Augen niederschlagend und mit einem kleinen verschämten Lächeln. »Christine heißt sie …«

»Eure eigene? Was das nun auch für Einfälle sind!«, sagte der Offizier, mit einem ganz erstaunten Blick von der dicken Frau auf ihren noch viel dickeren Gatten schauend. »Schon lange verheiratete Kinder und noch einen solchen Grashüpfer im Hause? Kann man denn von der Sorte gar nicht genug kriegen?«

Frau Justine ging aus der Tür, aber Gottlieb Wengler faltete die Hände über seinem großen Bauch und meinte schmunzelnd: »Ja ein kurioser Einfall ist es freilich, aber wer kann wider sein Geschick, mein lieber Herr Leutnant – bitte gehorsamst: Oberstleutnant? Und hergeben tun die Justine und ich das wilde Ding doch nicht um die Welt. Es ist was Extragutes um so eine kleine Kreatur – man hat so zu sagen seine junge Freude daran!«

Der Oberstleutnant schüttelte den Kopf. »Geschmacksache!«, sagte er. »Mein Zimmer oben will ich aber lieber zuschließen. Es könnte mir eurer jungen Freude gar zu viel werden.«

Das war indessen eine vergebliche Sorge gewesen: Schon nach einigen Tagen hatte niemand mehr Freude an der Kleinen als der Offizier. Er stak stets mit ihr zusammen, hatte immer etwas mit ihr zu bereden, zu belachen, vorzubereiten; behauptete unbekannter Weise ihr Pate zu sein, der von den alten kinderseligen Eltern nichtswürdiger Weise nur vergessen worden sei, und erklärte mit Christines energischer Zustimmung, dass er sie sich zur Braut erziehen werde.

Inzwischen setzte er seine Wohnungssuche fort, allerdings mit sehr schlechtem Erfolg, da niemand recht Zimmer abzugeben hatte oder abgeben mochte oder – um gerecht zu sein – abzugeben wagte. Wie hätte man die Ansprüche, die ein solcher Herr machen durfte, erfüllen können! Der Seidenhändler erklärte auf eine vertrauliche Anfrage, dass er die Tapeten des Oberstleutnant-Zimmers aus der Residenz kommen lassen müsse; sein Vorrat sei dazu nicht schön genug. Und der Stubenmaler meinte achselzuckend, auch er müsse für neue Plafond-Muster sorgen, mit den alten dürfe man solchem Herrn nicht kommen.

Item, wer hätte all die Unruhe und Verantwortung auf sich nehmen mögen?

Als Herr Rudolf Kreishaupt etwa seit drei Wochen in Nr. 1 und 2 logiert hatte, kam er eines Nachmittags, gegen die Dämmerstunde – es war wieder Herbst – in die Weinstube herab, wo er wusste, dass er seinen Wirt beim herkömmlichen Vesperbrot treffen würde. Da nahm er seinen schon gewöhnlichen Tagesplatz, den schwarz überzogenen Lehnstuhl in der Fensternische, ein, nickte dem Mädchen, das den gleichfalls schon gewöhnlichen Wein brachte, etwas zerstreut zu, stützte den Kopf auf die Hand, rauchte aus der kurzen Marschpfeife merkwürdig diskret und guckte mit gedankenvollem Blick auf den Markt hinaus. Zu sehen war dort freilich wenig Anziehendes. Alles lag in kaltem, grauem Regendunst und die Lindenblätter sanken sterbensmüde von den Zweigen herab. Am schönen Brunnen zeigte sich ebenso wenig ein lebendes Wesen wie auf dem ganzen Platz. Und hätten der Seidenhändler und der Materialist nicht eben die Ladenlampen angezündet, so hätte man glauben können, dass die gesamte Einwohnerschaft schon zu Bett gegangen wäre.

»Na, na«, redete Gottlieb Wengler nach einer geraumen Zeit und schüttelte erstaunt den Kopf, »was ist mir denn das mit Ihnen, Herr Oberstleutnant? Sie trinken nicht, Sie rauchen nicht, Sie sprechen auch nicht. Haben Sie sich geärgert oder sind Sie krank? Richtig ist es nicht, sehe ich wohl.«

»Ei, ich habe nur so meine Gedanken«, versetzte der Offizier und leerte sein Glas mit einem Zuge, dessen Kräftigkeit die Krankheitsbefürchtungen Gottliebs sogleich zerstreute. »Und eigentlich sind das nicht meine Ge danken, sondern Euer Grashüpfer hat sie mir in den Kopf gesetzt. Stellt Euch vor, Gottlieb, das kleine Ding meint, ich sei ein alter Narr, dass ich nach einer Wohnung suche, während ich doch schon in der besten sitze. Das ist nun freilich ein dummer Schnack, denn Ihr werdet den Teufel mich auf Lebenszeit in die besten Fremdenzimmer einlogieren. Allein, etwas Wahres ist doch auch wieder daran: Kommoder finde ich es nirgends!

Wohnung, Kost, meinen Schoppen, bekannte Gesichter und gute Gesellen – alles in gleichem Haus.«

»Ha, ja, und unseren schönen Brunnen vor der Nase – richtig. Ich an Ihrer Stelle zöge darum auch nicht aus, Herr Oberstleutnant«, schob Wengler kaltblütig ein und schlug sich Feuer für seine Pfeife. Er behauptete nämlich, auf solche Weise angezündet, schmecke der Tabak viel reiner, als wenn man ein Streichhölzchen oder einen Fidibus brauche.

Kreishaupt stand auf und kam heran: »Gottlieb, wenn das Euer Ernst wäre …«, sagte er.

»Ja, weshalb denn nicht?«, fragte der Wirth verwundert.

»Aber Eure besten Fremdenzimmer, Gottlieb! In die anderen ziehe ich nicht, Alter.«

»Ach was, Fremdenzimmer! Habe noch vier andere und soviel ich weiß, noch niemals alle zugleich voll gehabt. Käme es aber doch einmal so, da wären die ihren besetzt, und wen ginge das etwas an?«

»Ist es ein Wort, alter Gottlieb?«

»Na, warum denn nicht? Lore, bring uns eine Vierunddreißiger – du weißt schon, den Geburtstagswein! Rüdesheimer Hinterhaus, Herr Oberstleutnant – kennen ihn noch nicht, es ist aber ein recht guter Tropfen. Du, und Lore, sage der Frau, sie solle einmal herkommen und die Lichter mitbringen. Wir werden heut hier wohl sitzen bleiben.«

Und der Rüdesheimer kam, und die Frau kam mit den Lichtern, und dann kamen die gewöhnlichen Abendgäste und man trank ziemlich viele Bowlen und war überhaupt gründlich fidel und – nun, seitdem warendreizehn Jahre vergangen. Der Oberstleutnant bewohnte die besten Fremdenzimmer Nr. 1 und Nr. 2. Weder er noch einer von den übrigen Hausgenossen begriff allmählich, wie es anders hätte kommen und sein können, ja, wie es nur möglich, dass es vor dem einmal anders gewesen sein sollte.