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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sammlung bergmännischer Sagen Teil 39

Das arme Bergmannsleben ist wunderbar reich an Poesie. Seine Sagen und Lieder, seine Sprache, seine Weistümer reichen in die älteste Zeit zurück. Die Lieder, die wohlbekannten Bergreihen, die Sprachüberreste, die Weistümer sind teilweise gesammelt. Die Sagen erscheinen hier zum ersten Mal von kundiger Hand ausgewählt und im ganzen Zauber der bergmännischen Sprache wiedergegeben. Das vermag nur zu bieten, wer ein warmes Herz für Land und Leute mitbringt, wo diese uralten Schätze zu heben sind; wer Verständnis für unser altdeutsches religiöses Leben hat, wer – es sei gerade herausgesagt – selbst poetisch angehaucht ist. Was vom Herzen kommt, geht wieder zum Herzen, ist eine alte und ewig neue Wahrheit. Hat der Verfasser auch nur aus der Literatur der Bergmannssagen uns bekannte Gebiete begangen, verdient er schon vollauf unseren Dank. Seine Liebe zur Sache lässt uns hoffen, er werde mit Unterstützung Gleichstrebender noch jene Schaetze heben, die nicht an der großen Straße liegen, sondern an weniger befahrenen Wegen und Stegen zu heiligen Zeiten schimmern und zutage gefördert sein wollen.


IV. Vermischte Sagen

34. Der Teufel hört einen Bergmann beichten.

Im Jahre 1537 ist ein alter ehrlicher Bergmann zu Freiberg, namens Benedix Reisiger, der auf der Viehgasse vor dem Petershof wohnte, sehr krank gewesen. Zu diesem ist der Satan vor aller Augen in der Gestalt und Kleidung eines Geistlichen mit einem langen Papier, fast einer Kuhhaut gleich, gekommen und hat ihm gesagt, er sei als ein Notarius abgefertigt, alle seine Sünden, die er begangen, aufzuzeichnen, hat sich auch bei seinem Bett niedergesetzt, Feder und Tinte zur Hand genommen und den Bergmann seine Sünden aufzuzählen ernstlich geheißen.

Wiewohl nun dieser anfangs sehr erschrak, fasste er doch bald wieder Mut, tröstete sich des Herrn Jesu Christi und antwortete: »Ich bin ein armer Sünder. Willst du meine Sünden aufschreiben und bist du deswegen hergekommen, so schreibe obenan: Des Weibes Samen, Jesus Christus, hat der Schlange den Kopf zertreten.«

Wie das der Satan hörte, verschwand er alsbald mit Papier und Tinte, sodass nur ein übler, abscheulicher Gestank von ihm zurückblieb. Der Bergmann aber verschied kurz darauf im festen Glauben an das Verdienst Christi sanft und selig.


35. Der Satan setzt einem Bergmann hart zu.

Am 26. Februar 1607 hatte ein Freiberger Bergmann, der sonst seines stillen, eingezogenen Lebenswandels wegen sich eines guten Rufes erfreute, in der Fastnachtszeche, von anderen aufgehetzt, allerhand Üppigkeit getrieben und etliche leichtfertige Reden über Gott und göttliche Sachen geführt, unter anderem vorgegeben, dass, wenn er schon in die Hölle käme, doch gute Gesellen genug darin anzutreffen sein würden. Als dieser nun abends heimging, erschien ihm der Satan in schrecklicher Gestalt und drohte, ihn, wenn er die volle Macht über ihn besäße, bald an den Ort zu führen, wo er die Gesellen zu treffen hoffe. Hernach fuhr er eine Zeit lang neben ihm in und aus der Grube, sodass der Bergmann nirgends Ruhe hatte, bis er endlich Trost bei seinem Beichtvater suchte, das heilige Abendmahl nahm, ein gottesfürchtiges Leben versprach und böse Gesellschaften mied. Da blieb der Satan aus und ließ sich nicht mehr sehen.


36. Das verschworene Bergwerk zu Schneeberg

Als im Jahr 1478 im Mühlberg etliche Fundgruben aufgenommen, ein Stollen darin betrieben und auch sehr reiches Erz getroffen ward, da fuhren der Herr Römer, vermutlich jener Sebastian, der früher Rommer geheißen hatte, und sein Haufe zu und wollten alles allein haben, nannten es auch die Römerzeche. Nachdem aber in dieser Zeche ein Kux bis zum Wert von 1200 bis 1400 Gulden gestiegen war, geschah es, als der Lehntrüger Römer fälschlich geschworen hatte, dieser Gang sei sein, dass das Erz auf dieser Zeche im Anbruch zu Kohlen und sowohl hier als auch auf 11 bis 12 anderen Zechen dieses Berges nichts mehr abgebaut wurde. Gleich beim Schwur aber im Obergericht zu Zwickau ist das Gewölbe von selbst aufgerissen und hat das Glöcklein, womit man sonst die Diener hereinzurufen pflegt, von selbst erklungen. Daher ist das Sprichwort gekommen, welches Herzog Georg von diesem Berg zu sagen pflegte: »Der Klößberg ein tauber Berg, der Mühlberg ein verschworener Berg, sehet mir auf den Schickenberg!«


37. Christoph Schürer in Schneeberg

Als im 16. Jahrhundert der Bergsegen des Obererzgebirges jährlich sich minderte und überall ein Wehgeschrei über den Silberräuber (so oder Kobold nannte man das taube Erz, welches von bösen Berggeistern oder Kobolden herrühren sollte) sich erhob, da kam Christoph Schürer, eines Apothekers Sohn aus Westfalen, landesflüchtig seines evangelischen Glaubens wegen, nach Schneeberg, wo er als ein in der Chemie und Naturlehre wohlerfahrener junger Mann bald eine Anstellung bei den Hütten fand. Schon wenige Tage nach seiner Ankunft gewann er die Liebe Annas, der Tochter des Hüttenmeisters Rau, und bald auch durch sein einnehmendes Wesen das Jawort ihres Vaters, sodass die Hochzeit auf das nächste Bergfest bestimmt wurde. Ehe jedoch das Bergfest kam, drohte Schürers Unstern, alle seine Hoffnungen zu vereiteln. In seiner Forschungsgier war er nämlich auf den Gedanken geraten, den viel verrufenen Kobold, den verhassten Silberräuber, durch chemische Zubereitung zu etwas Nützlichem umzugestalten. Er machte daher insgeheim in einer Schmelzhütte in Oberschlema vielfache Versuche und trieb es damit oft die ganze Nacht hindurch so eifrig, dass er bald in den Verdacht der Alchimisterei und Schwarzkünstlerei geriet. Als daher aus Platten in Böhmen, wo er sich bei seinem früheren Aufenthalt daselbst durch seinen Glauben Feinde und durch seine Kenntnisse und sein Ansehen Neider gemacht hatte, mehrfache Klagen einliefen, dass er ein Zauberer, Dieb und Glaspartierer gewesen sei, und man seine Auslieferung forderte, gebot der Bergmeister, ihn zu verhaften.

Eben war Schürer in der Schmelzhütte mit seinen Versuchen beschäftigt, da kam der Frohn ihn festzunehmen, fand aber die äußere Tür verschlossen und meldete es dem Bergmeister. Diesen sowie den Hüttenmeister Rau und einige Geschworene trieb nun die Neugier, mitzugehen. Die Tür wurde aufgebrochen. Mit funkelnden Augen trat der gesuchte Verbrecher den Eintretenden entgegen. Aber wie staunte er, als der Frohn ihn ergriff und ihm Handschellen anzwang. Wie erschrak er, als ihn die Bergherren mit Vorwürfen überhäuften und ihn einen Zauberer, Dieb und Partierer schalten!

»Männer« rief er, schnell sich fassend, »Männer prüfen, ehe sie entscheiden! Meint ihr, ich treibe bösen Unfug hier mit schwarzer Kunst, so tretet her! Seht, das wollte ich gewinnen, und, Gott sei Dank! Endlich ists gelungen. Ich meine, es soll dem Land von großem Nutzen sein!« Damit reichte er ihnen eine Mulde voll feinen, schönblauen Staubmehls hin. Die Bergherren staunten und begehrten zu wissen, wie er und woraus er solche Farbe bereitet habe. Schürer zeigte ihnen alles willig und reinigte sich so vor dem Verdacht, dass er ein Schwarzkünstler sei. Auch machte es dem Bergmeister so große Freude, dass derselbe versprach, alles zu tun, um Schürers Unschuld gegen die Anklage der Böhmen zu erweisen. Dies gelang auch dem wackeren Mann bald. Schürer erhielt nun seine Freiheit wieder und kam durch die Erfindung der schönen blauen Farbe, die man anfangs nur »blaues Wunder,« später aber Schmalte nannte, zu großen Ehren. Als das Bergfest gekommen war, wurde er des Hüttenmeisters glücklicher Eidam.