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Die Büffeljäger am Lagerfeuer – Kapitel 1

Thomas Mayne Reid
Die Büffeljäger am Lagerfeuer
Reisebilder und Naturschilderungen aus dem Westen
Verlag Schmidt & Spring. Stuttgart.1858

Erstes Kapitel
Eine Jagdgesellschaft

Am westlichen Ufer des Mississippi, zwölf Meilen unterhalb der Missourimündung, breitet sich die große Stadt St. Louis aus, welche von den Indianern bildlich auch die Hügelstadt genannt wird. Sie ist die wahre Hauptstadt des fernen Westens – jenes halb zivilisierten, stets wechselnden Gebietsgürtels, welchen man als die Grenze bezeichnet.

St. Louis besitzt manches Interessante; es ist vor allem seit langer Zeit der Stapelplatz für den Handel mit den wilden Stämmen des Prärielandes. Hier wird der umherschweifende Indianer mit seinen Vorräten für die Wildnis, mit roten und grünen Wolldecken, mit Glasperlen und anderem Flittertand, mit Büchsen, mit Pulver und Blei versehen und tauscht dagegen die auf seinen weiten gefahrvollen Wanderungen gesammelte Beute der Prärie. Hier ruht der Auswanderer auf seinem Weg zu der noch fernen Heimat in der Wildnis; hier rüstet sich der Jäger aus, bevor er zu neuen Unternehmungen aufbricht.

Auch für den Reisenden ist St. Louis ein Ort von besonderem Interesse, denn er hört hier um sich her die Sprachen von fast allen Völkern der gesitteten Welt, erblickt Gesichter fast jeder Farbe und jeder Schattierung und findet Männer von jedem möglichen Beruf.

Doch gilt dies besonders nur für den Spätsommer. Um diese Zeit flieht die bunte Bevölkerung von New Orleans vor der jährlich wiederkehrenden Pest des gelben Fiebers und sucht eine Zuflucht in den weiter nördlich gelegenen Städten, hauptsächlich in St. Louis.

Mit einem dieser Auswanderungsströme war auch ich im Herbst 18… nach St. Louis gekommen. Die Stadt zeigte sich damals von Müßiggängern überfüllt, welche keine andere Beschäftigung zu haben schienen, als nur die Zeit zu töten. Jedes Gasthaus war bevölkert, und in jeder Verenda oder auch selbst an den Straßenecken konnte man kleine Gruppen gut gekleideter Leute sehen, welche durch lebhafte Unterhaltung die Langeweile zu verscheuchen suchten. Die meisten von ihnen gehörten zu den jährlich wiederkehrenden Zugvögeln aus New Orleans, welche vor dem gelben Jack geflohen waren und sich hier aufzuhalten beabsichtigten, bis die kalten, frischen Novemberwinde den zudringlichen Gast aus ihrer Heimat vertrieben haben würden. Außer ihnen gab es jedoch auch noch andere Gäste in Fülle. Man sah Reisende aus Europa – Männer von Rang und Reichtum, welche das Wohlleben der alten Welt verschmäht hatten, um einige Zeit in der rauen Naturpracht des wilden Westens zu verweilen; Maler, die pittoreske Gegenden aufsuchen und Studien machen wollten; Naturforscher, welche ihr Studierzimmer verlassen hatten, um unter den schwierigsten Verhältnissen neue Kenntnisse zu sammeln, und Jagdfreunde endlich, die, müde der Verfolgung kleinen Wildes, die Richtung zu den großen Prärien einzuschlagen beabsichtigten, um an der edlen Büffeljagd teilzunehmen. Zu den Letzteren gehörte ich.

Ich war noch nicht lange im Ort, als ich auch bereits mehrere Bekanntschaften von Männern gemacht und in Erfahrung gebracht hatte, dass mehrere gleich mir einen Jagdzug zu den Prärien zu unternehmen wünschten. Dies stimmte trefflich zu meinen Plänen. Ich ging sofort ans Werk, eine bestimmte Gesellschaft zu organisieren. Ich fand fünf Männer, welche bereit waren, sich mir anzuschließen. Nach einigen Besprechungen gelang es uns, unseren Plan festzusetzen. Ein jeder konnte sich nach Lust und Belieben ausrüsten, doch wurde für nötig erkannt, dass niemandem ein gutes Pferd oder Maultier zum Reiten fehlen dürfe. Demnächst sollte eine allgemeine Gesellschaftskasse aufgebracht werden, um einen Wagen mit Gespann, Zelte, Vorräte und Kochgerätschaften anzuschaffen. Außerdem wollten wir ein paar wirkliche Jäger der Prärie annehmen – Männer, die mit dem zu besuchenden Terrain bekannt waren und uns als Führer dienen konnten.

Es dauerte etwa eine Woche, bis die nötigen Vorkehrungen beendet wurden. Nach Ablauf dieser Zeit konnte man an einem schonen Morgen bei Sonnenaufgang einen kleinen Reitertrupp die westliche Vorstadt von St. Louis verlassen, die wellenförmigen Hügel hinter der Stadt ersteigen und den Weg zu der fernen, weit ausgedehnten Wildnis der Prärien einschlagen sehen. Dies war unsere Jägerschar.

Die Gesellschaft bestand aus acht berittenen Männern und einem Wagen mit der vollen Bespannung von sechs tüchtigen Maultieren. Die Letzteren standen unter der Obhut und Leitung Jakes, eines freien Negers mit rabenschwarzem Gesicht, dickem, buschigem Wollkopf und zwei Zahnreihen, die wie Elfenbein glänzten, wenn sie bei seinem häufigen Grinsen und Lachen zwischen den roten Lippen sichtbar wurden.

Ferner lugte unter der weißen Leinwanddecke des Wagens noch ein zweites Gesicht hervor, welches aber zu dem Jakes einen starken Gegensatz bildete. Es mochte ursprünglich von frischer roter Farbe gewesen sein, aber Sonnenbrand und Sommersprossen hatten das Rot allmählich in eine Art Goldgelb umgewandelt. Ein tüchtiges Büschel brandroten Haares bedeckte seinen Kopf, wurde aber zum großen Teil von einem alten zerdrückten Hut verdeckt. Obwohl das Gesicht des Schwarzen genug gute Laune ausdrückte, sah es im Vergleich zu dem des kleinen roten Mannes an seiner Seite doch beinahe traurig aus. Dieses Letztere zeigte einen unwiderstehlich komischen Ausdruck. Ein Auge blinzelte fortwährend und das andere sah noch schlau genug für beide aus. Eine kurze, zwischen den schmalen Lippen steckende Tonpfeife erhöhte noch den komischen Ausdruck des Gesichts, welches Mike Lanty aus Limerick angehörte, einem so lustigen Irländer, wie nur je einer nach Amerika ausgewandert ist!

Von den acht Reitern, welche den Wagen begleiteten, waren sechs hinsichtlich der Geburt und Erziehung Gentlemen.

Wenigstens die Hälfte von ihnen bestand aus Gelehrten. Die anderen beiden machten keinen Anspruch auf vornehme Geburt oder Gelehrsamkeit – sie waren einfache raue Trapper, die Jäger und Führer der Gesellschaft.

Wir wollen über jeden dieser Teilnehmer des Jagdzuges ein paar Worte sagen, denn es gab keinen darunter, der nichtseine besondere Eigentümlichkeit besessen hätte. Zunächst hatten wir da einen Engländer – ein achtes Kind seines Volkes – volle sechs Fuß hoch, breitschultrig, mit weiter Brust und von gedrungenem Gliederbau. Sein Haar war hellbraun und die Gesichtsfarbe blühend. Ein dichter heufarbener Schnurr- und Backenbart passte gut zu seinen Zügen, welche regelmäßig und, wenn auch nicht hübsch, doch wenigstens gutlaunig und von edlem Ausdruck waren. Der Mann war wirklich ein Gentleman von der echten Art, einer von denen, die so gescheit sind, beim Reisen durch die Vereinigten Staaten ihren Regenschirm mitzunehmen und ihren Titel zu Hause zu lassen. Unter uns wurde er Mr. Thompson genannt, und nach einiger Zeit, wo wir alle miteinander vertraut geworden waren, schlechtweg Thompson. Sein Betragen war schlicht, zurückhaltend und stets bescheiden, obwohl er, wie ich später vernahm, einen hohen Rang und Titel in seiner Heimat bekleidete.

Seine Kleidung war eigentümlich. Der Jagdrock von klein gewürfeltem, schwarz und weißem Tuch, sogenannten Tweed plaid, mit acht Taschen, verstand sich von selbst. Hierzu kam noch eine Weste von gleichem Stoff mit vier Taschen, Tweedbeinkleider und eine Tweedmütze. Im Wagen befand sich seine Hutschachtel von starkem gelbem Leder, mit Lederriemen und Vorlegeschloss. Wir dachten anfangs, sie enthalte seinen Galahut, und einige Mitglieder der Gesellschaft machten sich darüber lustig. Aber Mr. Thompson war ein klügerer und mehr erfahrener Reisender, als seine Gefährten anfangs gedacht hatten. Die Hutschachtel enthielt eine Anzahl von Schuh-, Kleider- und Zahnbürsten, Kämme, Rasiermesser und Seife. Der Hut war in St. Louis zurückgeblieben.

Der Regenschirm aber nicht; dieser befand sich mit seiner vollen Quantität Fischbein und Seidenzeug unter Thompsons Arme. Unter diesem Regenschirm hatte er in den Dschungeln Indiens Tiger verfolgt, unter diesem Regenschirm hatte er in den Ebenen Afrikas den Löwen gejagt, unter diesem Regenschirm war er dem Strauß und der Vicuña über die Pampas von Südamerika nachgesetzt, und nun stand er im Begriff, unter dem gleichen Schirm von blauem Seidenstoff Schrecken und Verwüstung unter den wilden Büffeln der Prärien zu verbreiten.

Außer dem Regenschirm, welcher streng genommen als Verteidigungswaffe betrachtet werden konnte, führte Mr. Thompson noch eine schwere Doppelflinte bei sich, gewiss keine schlechte Waffe, wenn sie gehörig mit Rehposten oder Kugeln geladen war. Sein Pferd war ein kräftiger Brauner mit gestutztem Schwanz und englischem Sattel, welche beiden Gegenstände – nämlich der Stutzschwanz und der Sattel – für die ganze Gesellschaft, Mr. Thompson selbst und mich ausgenommen, wirkliche Kuriositäten waren.

Unser zweiter Gefährte war ein Kentuckyer und um volle sechs Zoll länger als Thompson oder als überhaupt irgendeiner aus der Gesellschaft. Seine Züge waren scharf markiert und unregelmäßig, welche Unregelmäßigkeit noch durch ein Primchen Tabak vermehrt wurde, das er fortwährend in den Backen trug und kaute. Seine Gesichtsfarbe war dunkel, beinahe olivenbraun, und das Gesicht selbst zeigte keine Spur eines Schnurr- oder Backenbartes. Auf seine Schultern hing langes, straffes Haar herab, schwarz wie das eines Indianers. In der Tat hatte er, seine kräftige Gestalt ausgenommen, manches vom Aussehen eines Indianers an sich. Seine Gestalt trug er etwas vorgebeugt, und seine kraftvollen Arme und Beine von ungewöhnlicher Länge schienen nur locker an den Rumpf gefügt zu sein, sahen aber doch aus, als ob ihr Eigentümer die Umarmung eines Bären keineswegs zu scheuen brauche, sondern sie sogar mit Zinsen heimzahlen könnte. Sein Gesicht zeigte einen ernsten, fast wilden Ausdruck, doch rührte das keineswegs etwa von einer sehr ernsten Gemütsart her, sondern die Ursache lag in seiner gebräunten Hautfarbe und ohne Zweifel auch in einigen braunen Tabakstreifen, welche sich von seinen Mundwinkeln zum Kinn hinunterzogen. Weit entfernt, ernsten oder gar wilden Charakters zu sein, zeigte sich dieser Kentuckyer vielmehr ebenso lustig und aufgeräumt, wie irgend ein anderer aus der Gesellschaft.

Der Kentuckyer trug ganz die Kleidung, welche er etwa an einem kühlen Morgen bei einem Ritt zu den Waldgebieten seiner Pflanzung getragen haben würde, nämlich einen Drillichrock, über diesem einen langschössigen Oberrock vom besten grünen Wolldeckenzeug, mit Seitentaschen und Klappen. Seine Drillichbeinkleider waren in schwere Lederstieseln gesteckt, welche zu der Klasse gehörten, die man Negerstiefel zu nennen pflegt. Über denselben waren Gamaschen von grünem Fries mit einer Schnur oberhalb der Knie festgebunden. Sein Hut war ein breitkrempiger Filz, ursprünglich zwar kostbar genug, aber etwas abgenutzt und zerdrückt, weil er ohne Zweifel häusig als Sitzunterlage oder als Kopfkissen gedient hatte. Der Mann ritt einen hohen, knochigen Gaul, welcher manche von den Eigentümlichkeiten des Reiters besaß und an Größe alle übrigen Pferde des Reitertrupps überragte. Über den Schultern des Kentuckyers hingen an mehreren Lederriemen Kugelbeutel, Pulverhorn und Jagdtasche. Auf der Spitze seines Fußes ruhte der Kolben einer schweren Büchse, deren Mündung bis oben an seine Schulter reichte.

Unser Freund war ein reicher Pflanzer aus Kentucky und in seiner Heimat als guter Hirschjäger berühmt. Geschäfte oder Vergnügen hatten ihn nach St. Louis gelockt. Die Idee einer Büffeljagd kam ihm ganz gelegen. Er schloss sich uns an, weil er sich großes Vergnügen von unserem Streifzug versprach.

Unser dritter Reisegefährte war dem Kentuckyer nicht minder unähnlich, als der Letztere dem Engländer Thompson. Er war ein Arzt, nicht dürr und mager, wie es die meisten seiner Kollegen zu sein pflegen, sondern eher fett, rotwangig und lustig. Der gute Doktor hatte nur einen Fehler: Er blickte gern ein wenig zu tief ins Gläschen. Gleichwohl mochten wir alle ihn gut leiden, weil seine unzerstörbare gemütliche Heiterkeit ihn zum besten Gesellschafter machte, den man sich wünschen konnte.

Der Doktor trug schwarze Kleider, welche durch langen Gebrauch etwas rötlich geworden waren, eine eng anschließende Pelzmütze und braune Tuchgamaschen, die er fest um seine kurzen, dicken Beine geknöpft hatte. Er war nicht übermäßig gut beritten und besaß nur ein sehr mageres kleines Pferd, da ihm sein Vermögen nicht erlaubte, sich zu einem besseren zu verhelfen. Doch war es ein ruhiges Tier und trug den Doktor mit seinen medizinischen Satteltaschen sicher genug, wenn auch nicht ohne vielfaches Anspornen und Peitschen. Der Name des Arztes war Jopper – Dr. John Jopper.

Der vierte Teilnehmer unserer Gesellschaft war ein feiner junger Mann mit schönen Zügen, großen schwarzen Augen und vollem gelockten Haar. Seine Hände waren gut geformt und zart, der Teint fein und beinahe olivenfarbig. Auf seinen Wangen schimmerte jedoch ein Anflug frischen Rots, welches Gesundheit verkündete und die wirklich große Schönheit seines Gesichts noch erhöhte. Die Gestalt war vollkommen und männlich, wurde vorteilhaft durch eine eng anschließende Jacke und weite faltige Beinkleider, wie man sie gewöhnlich in Louisiana zu tragen pflegt, gehoben. Ein kostbarer Panamahut warf seinen Schatten auf die wallenden Locken und die blühende Wange des jungen Mannes. Ein Mantel von feinem Tuch mit Samtaufschlägen hing nachlässig über seine Schultern. Ein kleiner Schnurr- und Kinnbart verlieh seinen regelmäßigen Zügen einen kecken, kräftigen Ausdruck.

Dieser junge Mann war ein Kreole aus Louisiana und ein glühender, ja selbst leidenschaftlicher Naturfreund.

Eben deshalb war gerade für ihn unser Streifzug ein Gegenstand der köstlichsten Erwartung, denn derselbe musste ihm die schönste Gelegenheit bieten, sein Lieblingsstudium, die Botanik, auf einem neuen Feld zu verfolgen, das bis dahin fast noch kein wissenschaftlicher Reisender besucht hatte. Der junge Kreole hieß Jules Besançon.

Er war übrigens nicht der einzige Naturforscher in der Gesellschaft, sondern es befand sich noch ein zweiter unter uns, dessen Name bereits Weltruhm erlangt hatte, und den Gelehrten Europas nicht minder bekannt war, als seinen Landsleuten. Obwohl bereits ein alter Mann von ehrwürdigem Aussehen war sein Schritt dennoch fest und sein Arm immer noch kräftig genug, um seine lange schwere Doppelbüchse stätig zu führen. Ein weiter Rock von dunkelblauem Zeug bedeckte seinen Körper, seine Beine waren in lange zugeknöpfte Gamaschen von rehbraunem Tuch gehüllt, und über seiner hohen breiten Stirn saß eine Zobelmütze. Unter dieser schaute sein blaugraues Auge mit ruhigem, aber klarem Verstand hervor. Ein einziger Blick von ihm musste die Überzeugung einflößen, dass man sich in Gegenwart eines überlegenen bedeutenden Geistes befinde. Wir verdankten seine Gesellschaft auf unserem Jagdzug der Liebe zu seiner Wissenschaft, der Zoologie. Es war Mr. Audubon, der Jäger und Naturforscher. Zwischen ihm und dem jungen Besançon erzeugte die Gleichartigkeit der Neigungen bald eine gegenseitige Freundschaft, doch bemerkte man wohl, dass der Kreole seinen berühmten Gefährten mit auffallender Ehrerbietung und Achtung behandelte.

Was nun mich selbst anbetrifft, so wird eine kurze Beschreibung meines Äußeren ausreichen. Ich war noch ein junger Geselle, etwas besser als gewöhnlich erzogen, für die Jagd und alle ähnlichen Unterhaltungen schwärmend, gegen die Kenntnis der Natur nicht gleichgültig und ein besonderer Liebhaber von guten Pferden, weshalb ich denn auch ganz vorzüglich beritten war. Meine Kleidung bestand in einem leichten Jagdhemd von gesticktem Hirschleder mit Franzen an der Kapuze und den Säumen, aus Gamaschen von scharlachrotem Tuch und aus einer wollenen Mütze, die einen dichten dunklen Haarschopf bedeckte. Mein Pulverhorn und Schrotbeutel zeigten ein geschmackvolles Muster. Im Gürtel um meinen Leib steckte ein Waidmesser und Drehpistolen. In der einen Hand führte ich eine leichte Büchse und in der anden die Zügel meines herrlichen rabenschwarzen Rosses, das ein Troubadour der alten Zeit in seinen Liedern gefeiert haben würde. Ein tiefer spanischer Sattel von gepresstem Leder, Halfter mit Klappen aus Bärenfell, eine zusammengefaltete und auf der Croupe angeschnallte scharlachrote Wolldecke, am Sattelhorn Lasso und Schnappsack – dies war meine vollständige Ausrüstung.

Noch bleiben mir zwei Personen zu beschreiben, nämlich unsere Führer. Sie hießen Isaak Bradley und Mark Redwood. Sie waren beide Trapper, aber in ihrem Aussehen so verschieden, wie zwei Männer nur immer sein können. Redwood war ein Mann von bedeutender Größe und dem Anschein nach so stark wie ein Büffel. Sein Gefährte dagegen war ein magerer, obwohl sehniger Bursche mit scharfem Blick und wieselartigem Gang. Der Ausdruck auf Redwoods Gesicht zeugte von Offenheit und Mannhaftigkeit. Seine Augen waren grau, sein Haar blond und seine Wangen mit einem mächtigen braunen Backenbart bedeckt. Bradley dagegen hatte schwarzes, kurz geschnittenes Haar, kleine, schwarze und durchdringende Augen und ein Gesicht, so bartlos und kupferfarben wie das eines Indianers.

Beide Männer waren vom Kopf bis zum Fuß in Leder gekleidet, aber doch auch wieder in ganz verschiedener Weise. Redwood trug das gewöhnliche hirschlederne Jagdhemd, Gamaschen und Mokassins, alles von reichlicher Weite und gutem Schnitt, dazu eine große Mütze von Waschbärfell mit dem federbuschartigen Wedel daran, die ihm etwas Stattliches und Imponierendes verlieh. Bradleys Kleidungsstücke waren dagegen ganz eng anliegend, sein Jagdhemd ohne Kapuze und so dicht an seinen Körper geschmiegt, dass es fast nur eine äußere Haut des Mannes selbst zu sein schien. Seine Gamaschen waren straff angezogen und ebenso wie das Hemd und die Mokassins augenscheinlich schon ziemlich alt und dabei schmutzig wie eine Schusterschürze. Eine festanliegende Ottermütze und eine wollene Decke vervollständigten den Anzug Isaak Bradleys. Ausgerüstet war er mit einer Jagdtasche von fettigem Leder an einem alten schwarzen Riemen, einem kleinen Büffelhorn an einer Lederschnur und einem Gürtel von Büffelleder, worin ein starkes Messer mit Hirschhorngriff steckte. Seine Büchse war von der längsten Art, d. h. volle sechs Fuß lang, und wenigstens vier Fünftel davon bestanden aus Lauf. Den geraden schmalen Schaft hatte der Trapper mit eigenen Händen sorgfältig gearbeitet.

Redwoods Büchse war ebenfalls lang, aber von neuerer Art und Beschaffenheit. Seine Ausrüstung, die Jagdtasche, das Pulverhorn und der Gürtel waren von geschmackvollerer Form und zierlicherer Ausführung, als die seines Gefährten, welcher keinen großen Wert auf Äußerlichkeiten zu legen schien.

Dies die treue Schilderung unserer Führer Redwood und Bradley. Man darf sie nicht als Fantasiegebilde betrachten. Mark Redwood hatte damals schon hohen Ruf als berühmter Gebirgsmann, und Isaak Bradley war weit und breit bekannt als einer der tüchtigsten und tapfersten Waidmänner des Westens unter dem Namen und der Bezeichnung der alte Ike, der Wolfstöter.

Redwood ritt ein kräftiges Jagdpferd von englischer Abstammung, der alte Wolfstöter dagegen eine der kräftigsten Rosinanten, die man sich vorstellen kann, nämlich eine zähe alte Mustangstute aus den Prärien von Texas.

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