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Dämonische Reisen in alle Welt – Kapitel II, Teil 3

Johann Konrad Friederich
Dämonische Reisen in alle Welt
Nach einem französischen Manuskript bearbeitet, 1847.

Kapitel II, Teil 3

Unterdessen war die Dämmerung herangekommen, die Nacht breitete bald ihren Schleier über Tal und Flur, und ein lustiges Feuerwerk mit allerlei Schnickschnack wurde zu Ehren des Großherzogs vor dem Kursaal abgebrannt. Plötzlich erhob sich mitten unter den aufsteigenden Raketen, Sonnen, Feuertöpfen, romanischen Sternenlichtern etc. eine gewaltige Feuerkugel in die Luft, die, immer größer werdend, endlich platzte und sich in einen reichverzierten, in Brillantfeuer glänzenden Galgen verwandelte, an dem unverkennbar ähnlich ein halbes Dutzend sehr bekannter Spielpächter samt ihren Protektoren in glutrotem Feuer dargestellt, baumelten, zappelten und die possierlichsten Bewegungen machten.

Ein hochdonnerndes Bravo und Bravissimo erschallte aus tausend und abermals tausend Kehlen zumal, das Beifallklatschen und der Jubel wollten gar kein Ende nehmen. Aber einer rannte verzweiflungsvoll die Hände ringend umher. Es war der Anordner des Festes, und er rief einmal über das andere Mal aus: »Wer hat mir das getan? Das geht nicht mit rechten Dingen zu!«

Bald mischte sich auch die hochlöbliche Polizei in die Sache und befahl den Feuerwerkern die augenblickliche Löschung dieses Bildes. Diese, die nicht wussten, wie ihnen geschah, versuchten alles Mögliche, das unbegreifliche Kunstfeuerwerk zu töten. Aber vergeblich waren alle ihre Bemühungen, es brannte nur um so lichter, dehnte sich immer mehr aus und nahm zuletzt eine kolossale Größe an.

»Das ist gewiss griechisches Feuer!«, rief eine Stimme.

»Sagt lieber höllisches«, erwiderte eine andere.

Als alles nichts helfen wollte, versuchte man dem Skandal vermittelst der Feuerspritzen, die man herbeiholte, durch ein tüchtiges Kreuzwasser ein Ende zu machen, aber auch dies war vergeblich und hatte kein anderes Resultat, als dass ein großer Teil der Zuschauer bis auf die Haut durchnässt wurde. Es bildete sich endlich ein wahres, hohe Wellen schlagendes Feuermeer unter dem Galgen aus, von dem die Gefangenen plötzlich abgeschnitten in den unter ihnen brennenden Pfuhl fielen. Nun ließ sich mit einem Mal ein so furchtbares Krachen hören, dass man den Weltuntergang nahe glaubte, und die ganze Erscheinung zerplatzte, verschwand, und ein höllisches Hohngelächter erklang.

Die doch etwas erschrockenen Zuschauer waren anfänglich verstummt, ließen aber, nach und nach wieder zu sich selbst kommend, ihre donnernden, langwährenden Bravis wieder hören, und meinten: »Das war denn doch einmal ein Meisterstück von einem Feuerwerk. Der Feuerwerker, der es erfunden hat, verdiente wenigstens den Orden des Hosenbandes (honny soit qui mal y pense) zu erhalten.

Das Feuerwerk war beendet, eine Untersuchung wegen des letzten Spuks von hoher Polizei angeordnet, und das tanzlustige und ballfähige Publikum fand sich nach und nach in dem Kursaal ein, in welchem zu Ehren des Großherzogs ein glänzender Ball veranstaltet war.

Auch Michel und Asmodi nahmen teil an demselben, und Letzterer galoppierte und polkte recht artig mit stifts- und hoffähigen, zwölf- und mehrahnigen Damen, die es sich nicht träumen ließen, den Teufel selbst, wenn auch einen recht galanten, im Arm zu haben.

»Aller guten Dinge sind drei«, sagte endlich Stürmer zu seinem Freund. Geben wir der Bank eine dritte Lektion.

Und zum dritten Mal wiederholten sie dasselbe Spiel mit demselben Erfolg.

Es war beinahe Mitternacht, als sich Asmodi bei seinem Schützling beurlaubte, und dieser ermüdet sich ebenfalls zur Ruhe in den Badischen Hof begab.

Schon war es hoch am Tag, als der Hinkende vor Michels Bett trat und zu ihm sagte: »Was werden wir heute beginnen?«

Noch halb im Schlaf und sich die Augen reibend, erwiderte dieser: »Ich denke eine Reise nach Wiesbaden …«

Gegen Mittag spazierten beide unter den Kolonnaden zu Wiesbaden. Man sprach hier viel von einem vor wenig Stunden stattgefundenen Selbstmord eines jungen Menschen von guter Familie, der bedeutende Summen für ein Frankfurter Haus, bei dem er konditionierte, in Köln, Koblenz und Mainz einkassiert und dieselben in Wiesbaden am Roulett verspielt hatte. Seine Mutter, an die er geschrieben hatte, war kurz nach seinem Tod angekommen und hatte das nötige Ersatzgeld mitgebracht. Als sie die schreckliche Kunde vernahm, stürzte sie sich in den Weiher hinter dem Kurhaus, aus dem man sie jedoch augenblicklich gezogen und bewusstlos in das Hotel der vier Jahreszeiten gebracht hatte, wo sie sich noch in demselben Zustand und heftig fantasierend befand.

»Hier ist nichts mehr zu retten«, sagte Michel, diese Geschichte hörend, zu seinem Gefährten.

»Tote vermag ich nicht zu erwecken«, erwiderte Asmodi.

Beide begaben sich nun in den Spielsaal, wo die Kugel so ruhig, die Karten so gleichgültig geworfen wurden, als sei nicht das Geringste vorgefallen.

Ein konfisziertes Galgengesicht, das mit unbeschreiblicher Herzensbeklemmung zu pointieren schien, fiel Michel besonders auf, und sein Gefährte teilte ihm mit, dass dieses ein verrufener, schon bankrotter Kaufmann sei, der den ihm bevorstehenden Bruch mithilfe des Spiels zu verhindern versuche, ihn aber durch seine verzweifelten Sätze nur um so schneller herbeiführe. Auch hier erprobten unsere beiden Reisenden ihr Glück an Chaberts Bank mit gleichem Erfolg und gleichem Erstaunen und sandten den gemachten bedeutenden Gewinn an die unglückliche Mutter des jungen Selbstmörders.

Etwa acht Tage früher hatte sich ein anderer junger Mensch unter ähnlichen Verhältnissen eine Kugel durch den Kopf gejagt.

Wiesbaden war unserem Michel bald zuwider und er eilte nach Homburg vor der Höhe.

Kaum im Hessischen Hof daselbst eingekehrt, hörte er in dem Saal desselben ein gewaltiges Getöse, Murren und verworrenes Hadern, und zuweilen Verwünschungen ausstoßen. Sich bei einem der Aufwärter nach der Ursache dieses Tumults erkundigend, teilte ihm derselbe mit, dass sich soeben eine höchst traurige Nachricht im ganzen Ort verbreitet habe. Ein Edelmann nämlich, der in der Gegend von Mainz begütert war, fuhr der Kellner fort, und daselbst mit seiner liebenswürdigen Frau und vier hoffnungsvollen Kindern zufrieden und im Wohlstand lebte, ließ sich durch einen Frankfurter Bekannten verleiten, sein Glück an der Bank der Gebrüder Blanc zu probieren. Er verlor, wie in der Regel alle, wollte den gehabten Verlust ersetzen, nahm deshalb Gelder in Frankfurt auf, verlor abermals, machte neue Versuche, das Verlorene wieder zu gewinnen, die ebenso unglücklich ausfielen. Kurz, in weniger als vier Wochen war der Mann um Hab und Gut, Silber, Weißzeug, einige Juwelen waren ebenfalls draufgegangen. Vor etwa sieben Tagen verlor er den letzten Satz, und heute Morgen kam die zuverlässige Nachricht hier an, dass sich der Mann erhängt, die Frau wahnsinnig geworden und die Kinder bereits von allem entblößt im Armenhaus untergebracht seien. Vor vier Wochen lebte die Familie noch im Wohlstand und besaß ein Vermögen von mehr als hunderttausend Talern.

Michel warf bei dieser Erzählung seinem Kollegen einen grimmigen, bedeutungsvollen Blick hin. Ein alter Mann, der diese Erzählung mit angehört hatte, sagte zu dem Fremden: »Ja, meine Herren, so ist es, und vor wenig Tagen war die Gattin des Unglücklichen noch hier und bat die Spielpächter nur leihweise um eine kleine Summe, um ihren Kindern den nötigsten Unterhalt für die nächsten Tage, bis sie weitere Mittel zu deren Fortkommen gefunden habe, zu sichern, und wurde auf das Hartherzigste abgewiesen! … Die Sache macht hier und in der ganzen Umgegend ein gewaltiges Aussehen, und das abscheuliche Spiel bringt wahrlich unserem armen Städtchen kein Glück, wenn auch wenige Einzelne sich vielleicht bereichern, so ist wenigstens das moralische Elend der anderen um so größer. Sehen Sie, meine Herren«, fuhr der alte Mann, ein geborener Homburger, fort, »es ist noch gar nicht lange her, da wohnte hier ein zwar armes, aber doch vergnügtes, glückliches, harmloses Völkchen, zufrieden mit seinem Schicksal, niemand beneidend, und seinen guten Fürsten innigst verehrend und liebend. Sie hätten uns zur Zeit des verstorbenen Landgrafen Friedrich Ludwig kennen sollen. Damals machte das ganze landgräfliche Haus mit seinen Homburgern nur eine Familie aus.

Aber seitdem man unsere neuen Heilquellen entdeckt, die Homburg in einen Badeort verwandelten, besonders aber, seitdem ein paar französische Abenteurer mithilfe einiger schlechten und intriganten Subjekte, die sie mit bedeutenden Geldsummen bestachen, und durch deren Intrigen sie die Erlaubnis selbst unter Bedingungen, die nichts weniger als vorteilhaft für das Ländchen sind, erhielten, ihre Raub- und Verarmungsanstalten bei uns aufzuschlagen. Seitdem ist es gerade, als sei der – Gott sei bei uns, – wenigstens der Teufel der Habsucht in uns gefahren. Die frühere gutmütige Uneigennützigkeit hat dem grassesten Egoismus Platz gemacht, der blassgelbe Neid hat alles Wohlwollen und alle Nächstenliebe verdrängt, und Unbehaglichkeit, Unzufriedenheit mit seinem Schicksal hat in allen Häusern und Familien ihren Sitz aufgeschlagen. Niemand will sich mehr mit dem Los begnügen, das ihm zuteilgeworden ist. Das Dichten und Trachten eines jeden geht nur dahin, den größtmöglichsten Vorteil von den Fremden zu ziehen, das heißt, sie gehörig zu prellen, wie dies leider in den meisten Badeorten, besonders aber, wo das leidige Spiel herrscht, der Fall ist. Um uns in diesen Zustand in kurzer Zeit zu versetzen, haben es sich die Herren Gebrüder Blanc ungeheure Summen kosten lassen. Viele Tausende für Anzeigen in französischen, englischen und deutschen Zeitungen ausgegeben, Jagden für das Vergnügen der Bad- oder besser Spielgäste gepachtet, alle möglichen Künstler auf ihre Kosten hierher kommen lassen, möglichst bequeme Transportmittel von dem nahen Frankfurt hierher eingerichtet, usw. Genug, sie haben aus Homburg einen Tummelplatz für alle Leidenschaften und Ausschweifungen geschaffen. Ich erkenne meine Vaterstadt nicht mehr«, schloss der Mann mit tränenden Augen.

»Das verdammte Spiel«, rief Michel mit den Füßen stampfend aus. »Wartet, ihr Herren, auch ihr sollt wenigstens lange an mich denken!«Und er nahm sich vor, den Gebrüdern Blanc wenigstens dreimal so arg als dem Benazet in Baden und Chabert in Wiesbaden mitzuspielen. Da die Sache mit dem unglücklichen Edelmann einen ordentlichen Aufruhr in Homburg und der Umgegend, namentlich in dem nahen Frankfurt machte, wo man der Homburger Bank aus verschiedenen Ursachen besonders gram war, so suchten die Spielpächter alles Mögliche hervor, um die Gedanken des Publikums auf andere Dinge zu leiten, und veranstalteten deshalb ein glänzendes Fest, zu dem sie alle Badegäste von Distinktion und Homburgs Notabilitäten einluden und dabei keine Kosten sparten.

Eine halbe Stunde von Homburg befindet sich ein Park, den man den kleinen Tannenwald nennt, weil früher hier ein äußerst romantisches Tannenwäldchen stand, das jetzt in englische Anlagen umgewandelt ist. Mitten in diesem Garten liegt eine sehr malerische Insel in einem großen Weiher, zu der eine Brücke führt. Rund um diesen Weiher sind schöne pittoreske Partien angebracht, dunkelgewölbte Wandalleen, Grotten, japanische Pavillons usw. schmücken die Ufer. Auf der Insel selbst befindet sich eine mit Rosen und Jasmin bekränzte kanellierte Tempelkolonnade, die eine Art Salon, dessen Decke das Himmelsgewölbe ist, bildet. Hier feierte in früheren Zeiten das landgräfliche Haus seine Familienfeste, wozu sich dieser von der übrigen Welt abgeschiedene Ort, an dem in der Regel eine heilige Stille herrschst, die nur von dem Zwitschern der Vögel und dem Plätschern wohlgenährter Goldkarpfen im Weiher unterbrochen wird, besonders eignete, und der namentlich in den heißen Sommerabenden eine erfrischende Kühle gewährt, wenn das Säuseln der Abendlüste das Laubwerk dieses einzigen Salons in Bewegung setzt und die sich hierher verlierenden Spaziergänger erquickend fächelt.

Diesen Ort hatten die Spielpächter zu dem Zentralpunkt ihres Festes ausersehen. Mit einbrechender Nacht wurden wie durch einen Zauberschlag alle den Weiher umgebenden Alleen mit den buntfarbigsten Lampen erleuchtet, ebenso die Tempelkolonnade. Alle diese unzähligen Lichter spiegelten sich tausendfach im Wasser wider und zogen dessen zahlreiche, goldschimmernde Bevölkerung auf die Oberfläche desselben. Ein paar grüne, reich vergoldete Gondeln, die sich um die Insel herumbewegten, hatten ein treffliches Orchester am Bord, welches eine bezaubernde Musik machte, nach der in dem Salon der Insel die eingeladenen Ballgäste tanzten. Das Ganze gewährte in der Tat einen magischen Anblick und schien ein Sitz der Götter und Nymphen zu sein.

Gegen elf Uhr in der Nacht wurde eine Pause gemacht, um ein köstliches Souper zu servieren. Die Tafel war bald reichlich mit dem, was vier Weltteile Leckeres erzeugen, besetzt, und man ließ es sich wohl und trefflich schmecken. Da fiel es einem der Gäste, es war einer der sauberen Patrone, die für die Erlaubnis des Hazardspiels in Homburg intriguiert hatten und gehörig geschmiert worden waren, ein, die Gesundheit der freigiebigen Festgeber auszubringen. Der ihm gegenüber sitzende Fremde, es war unser Michel, stand sogleich auf und goss ihm sein volles Glas über seinen ganz nackten Schädel, auf dem die Flüssigkeit alsbald wie Spiritus brannte. In demselben Angenblick erloschen sämtliche Lampen und Lichter unter einem furchtbaren Donnerschlag, sodass eine Minute lang die dichteste Finsternis herrschte, nur von dem grünbrennenden Schädel des Toastausbringers matt unterbrochen. Jetzt aber fing die ganze Insel zu erbeben an, alle Gäste stürzten in Todesangst auf die Brücke zu, über welche auch mehrere entkamen. Als sich aber die Spielpächter mit ihren Spießgesellen auf derselben befanden, um zufliehen, da brach sie unter der schweren Sündenlast zusammen, und dieses Gesindel stürzte ins Wasser, das nun mit einem Mal zu einem brennenden Schwefelmeer wurde, aus dem nur noch die grässlichen, wehheulenden Köpfe der Hineingefallenen hervorragten. Man unterschied deutlich von Zeit zu Zeit die Worte treize, noir, impair et manque usw., die sie ausstießen.

Mit dem Schlag Mitternacht der Homburger Turmuhr hatte der ganze Spuk ein Ende, alles befand sich wieder in dem vorigen Zustand, und jedermann glaubte betäubt aus einem schweren Traum zu erwachen. Die letzten Gäste verloren sich erst mit dem ersten Krähen des Hahns. Niemand wusste eigentlich, wie ihm geschehen war, und schien gar keine Erinnerung von dem zu haben, was vorgegangen war. Nur die Gebrüder Blanc und ihre Gehilfen sah man seit der Zeit kopfhängerisch und mit etwas düsteren Mienen einherschleichen, gleichsam als schwebte ihnen eine Art Vorgefühl von dem, was ihrer dereinst harrt, vor den Angen. Diese Gesichter verfinsterten sich noch weit mehr, als drei Tage hintereinander ein glücklicher Spieler der Bank große Summen entzog und dieselbe alle Augenblicke aufs Trockene brachte, sodass die Herren kaum Geld genug von ihrem Bankier in Frankfurt ziehen konnten.

Indessen trug sich fast zu derselben Zeit eine andere Geschichte in Homburg zu, welche die mit dem armen Edelmann bald vergessen machte und in den Hintergrund drängte. Es hatte sich nämlich das Gerücht verbreitet, dass es im Schloss spuke, und jedes Mal um Mitternacht ein graues Gespenst aus dem weißen Turm komme und sich in dem Schlossflügel verliere, in welchem sich die Gemächer der Hofdamen befanden. Alte Leute behaupteten, es sei der alte Schlossgeist, der sich wieder zeige, was den nahen Tod eines Mitgliedes der fürstlichen Familie bedeute. Eine hohe Person wollte sich jedoch überzeugen, was es für eine Bewandtnis mit diesem Geist habe, ließ demselben aufpassen und befahl, ihn, von welcher Qualität er auch immer sei, festzuhalten und auf die Schlosswache zu bringen.

Dieser Befehl wurde auf das Pünktlichste vollzogen, man sah den angeblichen Geist zwar nicht aus dem weißen Turm, wie man gesagt hatte, kommen, sondern er kam ganz einfach aus dem ersten Schlosshof, durchschritt den zweiten, begab sich von da in den Schlossgarten, wo er sich hinter einem Gebüsch verlor, das die Fenster der Zimmer der Kammerzofen verbarg. Hier hatte er eben den Fuß auf eine Strickleiter gesetzt, als einige handfeste Burschen aus dem Gebüsch sprangen, das wirklich in einen grauen Mantel gehüllte Gespenst packten und trotz aller Einreden und ungeachtet alles Sträuben auf die Wache abführten. Die Sache wurde schnell im Schloss ruchbar, und eine halbe Stande später kam ein fürstlicher Livreebedienter zum Unteroffizier der Wache, um diesen zu bestimmen, den Verhafteten auf den Wunsch einer hohen Dame freizugeben, und bot ihm sogar eine gefüllte Börse an. Der Unteroffizier verweigerte beides, sich auf seine Instruktion berufend. Den übrigen Teil der Nacht ging es im Schloss unruhig zu, man sah in den Gängen desselben beständig Lichter hin und her wandeln. Noch bevor der Morgen graute, erschien der Hofmarschall auf der Schlosswache, dem Kommandanten derselben den Befehl überbringend, den Gefangenen freizugeben.

Diese Begebenheit gab zu den seltsamsten Gerüchten in der Residenz Veranlassung, und man hatte selbst hochgestellte Damen in einem entehrenden Verdacht. Michel, noch immer in Homburg, wollte der Sache auf den Grund kommen und erfuhr durch sein Faktotum, dass das Ganze nichts als eine elende Intrige einer schon etwas verblühten Hofdame, einem Fräulein von Rabenstein, sei, welche den Verdacht derselben von sich und auf unschuldige und hochgestellte Personen zu leiten suche.

»Ei, die soll ja das Donner…«

»Geduld, Freund, das Gewitter ist im Anziehen, und der Sturm bricht los, noch ehe zweimal vierundzwanzig Stunden vergehen.«