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Schwäbische Sagen 34

Schwäbische-Sagen

Die Fische fressen kein Sonntagsbrot
Eine mündliche Überlieferung aus Horb

Zu Horb wird am Sonntag niemals gebacken. Früher geschah es wohl. Da gab ein Mann einstmals den Fischen im Neckar einige Brocken von solchem Sonntagsbrot, aber kein Fisch rührte es an und fraß es. Als er hierüber verwundert anderes Brot holte, das an einem Werktag gebacken war, und dies den Fischen hinwarf, so nahmen sie es ohne Anstand und fraßen es. Seitdem backt kein Bäcker am Sonntag.


Weshalb die Bienen den Klee meiden

1.
Eine mündliche Überlieferung aus Derendingen

Gott der Herr sagte zu den Bienen gleich nach der Schöpfung, sie müssten entweder am Sonntag feiern und kein Futter sammeln, oder wenn sie das nicht lassen könnten, so sollten sie für immer den dreiblättrigen Klee meiden. Da wählten die Bienen lieber das Letztere, denn sie meinten, es könne leicht geschehen, dass es einmal die ganze Woche hindurch regne und nur am Sonntag gutes Wetter wurde. Dürften sie dann an diesem Tag nichts einsammeln, so würden sie ja sieben Tage lang hungern müssen.

So ist es gekommen, dass die Bienen noch heute die rote Blüte des dreiblättrigen Klees meiden, obwohl sie süßen Saft hat, dafür aber auch am Sonntag ausfliegen und schaffen.

Die Blüte des roten Klees heißt in manchen Gegenden »Herrgottsbrot« oder auch Johannisbrot«. In Friedingen an der Donau nennt man sie »Frauenbrot«, das ist Brot für die Maria, die Muttergottes.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Rottenburg am Neckar

Die Bienen heißen auch »Herrgottsvögel« oder Marienvögel und sind sehr klug. Wenn in der Familie eines Bienenbesitzers Unfriede herrscht, so werden die Bienen unruhig und ziehen am Ende fort. Ebenso wenn zwei zusammen Bienen halten und der eine den anderen betrügt.


Die Muttergotteskäferle
Eine mündliche Überlieferung aus Rottenburg am Neckar und sonst. In anderen Gegenden heißt er Frauenkühlein, Sonnenvögele, Herrgottskäfer, Herrgottsvögele. Wer eins tötet, kommt in die Hölle.

Ein kleiner Käfer, mit roten, schwarz punktierten Flügeln (Coccinella septempunctata) in Norddeutschland Sonnenkäfer, Sonnenkind usw. genannt, wird als der Muttergottes geweiht betrachtet und führt daher seinen Namen. Er wird nicht getötet, vielmehr mit Liebe und Freude behandelt, besonders von Kindern.


Blindschleiche
Eine mündliche Überlieferung aus Pfullingen, Bühl und sonst.

Als Gott nach der Schöpfung alle Tiere fragte, was sie tun wollten, so sagte die Blindschleiche, sie wolle das Kind im Mutterleibe nicht verschonen.

Da sprach Gott: »So sei blind, auf dass du keinen Menschen siehst!« Seitdem können die Blindschleichen nicht sehen. Aber ihre Natur ist noch immer sehr böse. Wenn sie auf einen Menschen zufahren und ihn treffen würden, so würden sie ihn durchbohren. Deshalb fürchtet und meidet man sie auch.

Andere sagen, Gott habe mit Binsen den Blindschleichen die Augen ausgestochen, weil sie unter allen Tieren am grausamsten gewesen seien, und davon seien die Binsen oben so dünn.

In Bühl sagt man, die Muttergottes habe es getan und zwar auch mit Binsen, weil sie gewusst hatte, dass die »Blindschleicher« sonst das Kind im Mutterleib nicht verschont haben würden.


Weiße Schweine, die umgehen

1.
Eine mündliche Überlieferung aus Pfullingen

In mehreren Gassen von Pfullingen läuft um Weihnachten ein kleines weißes Schweinchen um. Es begegnet namentlich solchen, die auf verbotenen Wegen gehen. So wollte einmal ein Bursche zu einem Mädchen durchs Fenster steigen. Allein das Schwein litt es nicht. Ebenso ging es ihm am folgenden Abend. Schon oft hat man versucht, es zu fangen, hat es umstellt und eingeschlossen, aber es verschwand jedes Mal den Leuten unter den Händen.

2.
Eine mündliche Überlieferung aus Ehningen

In Ehningen (bei Reutlingen) zeigt sich in den Adventsnächten eine kleine weiße Sau, die eine Kette am Hals trägt. Sie lässt sich nicht fangen. Einst wollte es jemand mit Gewalt durchsetzen, bis die Sau endlich ihre Kette in die Klaue (»Daub«) nahm und nach ihm schlug. Man nennt sie gewöhnlich die »Fleckensau«. Zu derselben Zeit geht auch eine weiße Gans in dem Flecken um.

3.
Eine mündliche Überlieferung aus Rottenburg und Niedernau

Während der Adventszeit läuft in Rottenburg ein weißes »Säule« um, sieht munter und fett aus und wird gefürchtet, besonders von Kindern, obwohl es noch niemanden etwas zuleide getan hat. Früher kam es häufig von der Steig langsam herab und legte sich vor dem Spital nieder, wo man es dann schnaufen hören konnte. Ein Nachtwächter lief ihm einmal eine ganze Stunde lang, von 12 b1s 1 Uhr nach, konnte es aber nicht einholen. Von anderen hat es sich schon fangen und einsperren lassen. Allein am folgenden Morgen war es immer wieder fort. Wenn an den Adventsabenden Kinder heftig atmend heimkommen, heißt es gleich: »Was schnaufst so! Hast das Säule gesehen?«

4.
Eine mündliche Überlieferung aus Entringen

In Entringen zeigt sich um Weihnachten, besonders auf dem Brühl, eine kleine Sau (»Säule«), die bald weiß, bald schwarz aussieht. Niemand kann sie fangen.

5.

Zu Gutenberg im Lenninger Tal und manchen anderen Orten lief sonst während der Adventsnächte ein weißes Schwein um, das man nicht fassen und fangen konnte.

6.
Eine mündliche Überlieferung aus Tübingen

In der Weihnacht um 1 Uhr zeigte sich früher zu Tübingen regelmäßig eine schöne Sau, die wie ein Mutterschwein dick und vollkommen ausgewachsen war. Sie kam aus dem Kornhaus an der Ammer und ging in die Marktgasse bis an ein gewisses Haus, kehrte dann um und verschwand, indem sie in das eine Eckhaus der Marktgasse ging. Andere sagen, sie sei vom Kornhaus bis an die Wettammer (bei der »krummen Brücke«) gegangen. Nun spricht man wenig mehr von dieser Sau. Man meint übrigens, es sei ein alter Kastenknecht, der falsch gemessen und stark getrunken habe und deshalb umgehen müsse, bis er endlich erlöst worden sei, denn jetzt sieht man ihn nimmer.

In der benachbarten Judengasse aber zeigt sich noch zu verschiedenen Zeiten des Jahres eine Sau mit zwölf Jungen.