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Verbotene Bücher

verbotene-buecherThomas Backus, Sabrina Hubmann, Nina Horvarth, Eric Hantsch (Hrsg.)
Auf den Spuren H. P. Lovecrafts 3
Verbotene Bücher

Horror, Taschenbuch, Verlag Torsten Low, Meitingen, Oktober 2015, 362 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 978-3-940036-34-6, Covermotiv/Reihengestaltung: Chris Schlicht
www.verlag-torsten-low.com

Nur ein Märchenbuch?, dachte Luther und holte das in gräuliches Leder gebundene Buch unter einem Stapel Manuskriptseiten hervor. Er betrachtet es wie immer mit einer gewissen Scheu. Etwas an diesem Buch machte ihm Angst. Es waren nicht einmal die grauenhaften Texte, die allesamt abstoßend und gefährlich klangen, es war eher, als hätte das Buch eine Seele. Eine schwarze, dunkle Seele umgeben von einer Aura des Schreckens. Das Buch barg eine ungewisse Gefahr und er fragt sich mehr als einmal, ob es richtig war, es zu übersetzen. Hatte ein gewisser Olaus Wormius ebenso empfunden, als er – so stand es im Einband – dieses Buch aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzte?

(Aus: Ein Wolf im Schafspelz)

Holger Göttmann: Bitte nicht lesen

Die moderne Schatzjägerin Aislinn Porter besorgt für den fanatischen Büchersammler Amstead ein ganz bestimmtes Buch. Zu später Stunde liefert sie es im Haus des Sammlers ab und ist gezwungen, die Nacht bei ihm und seinen illustren Gästen zu verbringen. Mit der unerlaubten Lektüre des Buches hat sie ihr Schicksal ohnehin schon längst besiegelt.

Christian Damerow: Blockade

Der Sohn eines bekannten Autors träumt davon, selbst ein erfolgreicher Schriftsteller zu werden, doch wollen ihm all seine Schreibversuche nicht glücken. Der Leiter seines Schreibklubs erkennt, dass er zu sehr in dem Versuch gefangen ist, Anerkennung von seinem Vater zu erhalten und sich dadurch selbst blockiert. So lädt er seinen Schüler zu einer ganz speziellen Schreibgruppe ein.

Johannes Harstick: Das Erbe des Walther Stuck

Walther Stuck aus der Dunstmanngasse 7 in Eckstein galt als Sonderling, doch war er wegen seiner Bildung und seiner steten Großzügigkeit im Ort angesehen. Erst nachdem er nach einer außergewöhnlich langen Reise mit einem dunkelhäutigen Mädchen heimkehrte, begannen die Menschen ihn zu meiden, bis er eines Tages von Wahnsinn getrieben durch das Dorf rannte und starb. Von dem Mädchen wurde keine Spur mehr gefunden. Nun, fast 40 Jahre später bezieht ein neuer Mieter das Haus in der Dunstmanngasse.

Thomas Backus: Der verschollene König

Ein Sammler phantastischer Literatur entdeckt in einem Antiquariat zwei selbstgefertigte Bücher eines gewissen Stephan König. Bei seinen Recherchen über den Autor stößt er immer wieder auf Andeutungen, die auf ein drittes Buch hinweisen, das allerdings nicht zu existieren scheint. Seine Suche führt ihn in Königs Heimatstadt, wo er sich weitere Hinweise erhofft.

Bernhard Finger: Ein Wolf im Schafspelz

Unter falschem Namen übersetzt Martin Luther im Jahr 1522 auf der Wartburg die Heilige Bibel. Doch sein »Gastgeber« Johann Egstein drängt ihn, noch ein weiteres, weit weniger heiliges Buch aus dem Lateinischen zu übersetzen.

Sabine Frambach: Fim Schabbah

Ein vermögender Herr bietet dem Nachwuchsregisseur Denhard sein Anwesen als Drehort für eine geplante Lovecraft-Verfilmung an. Als Requisite überlässt der Gastgeber dem Team sogar ein antikes Buch, das Fim Schabbah, das angeblich Anleitungen zur Übertragung des menschlichen Geistes enthält.

Detlef Klewer: Köderwurm

Samuel Pliesch ist außer sich vor Wut, als er in einem renommierten Anglermagazin das Foto seines Konkurrenten Gillmann erblickt, der dort mit einem außergewöhnlich großen Fang an der Angel posiert. Angeblich verdankt er diesen Fang einem speziellen Köders, der in einem seltsamen Buch genannt ist. Pliesch macht sich auf die Suche nach diesem Buch, ohne zu ahnen, dass es sich dabei um eine Falle handelt.

Bettina Ferbus: Marketing

Dem Lovecraft-Fan Günther sind die allgegenwärtigen Plüsch-Cthulhus und Necronomicon-Muffins ein Gräuel, die ihm sogar Albträume bescheren. Bis ihm klar wird, dass Lovecrafts Schöpfungen auf diese Wiese ihre Reichweite um ein Beträchtliches erweitern.

Julia Annina Jorges: Samhain

Ein entfernter Verwandter hat seiner Nachfahrin eine ganze Reihe obskurer Objekte hinterlassen, die auf ein geheimes Reich mystischer Wesen, sowie den Samhain als besonderer Feiertag hinweisen, an dem die Grenze zwischen den Welten dünn ist. Außerdem ist als Voraussetzung für das Inkrafttreten des Erbes ihr Aufenthalt in Wales über diesen besonderen Feiertag notwendig. Bei ihrer Recherchen entdeckt sie schließlich deutliche Parallelen zwischen den walisischen Mythologie und den Großen Alten.

Tobias Müller: Sammelband

Mit einer zusammengeklauten und ausgeschmückten Vita bewirbt sich der Aufschneider Bronstein auf die schwülstige Stellenanzeige, mit der ein »okkulter« Schriftsteller gesucht wird. An seiner zukünftigen Wirkungsstädte, einer abgeschiedenen Festung im schottischen Hochmoor, angekommen, zweifelt der Hochstapler immer mehr daran, dass seine Bewerbung eine gute Idee war.

Felix Woitkowski: Tod dem König in Gelb

Durch ein mysteriöses Missgeschick verpasst der Protagonist seinen Bus und entdeckt stattdessen ein öffentliches Bücherregal, das sein Interesse weckt. Besonders ein Buch drängt sich ihm förmlich entgegen. Als er es zu Hause aufschlägt, wird er in eine fremde Welt gezogen.

Vanessa Kaiser & Thomas Lohwasser:  Mr. Ashshires Vermächtnis

Auch einige Jahre nach ihrer Vermählung will sich für Mary und William immer noch kein Nachwuchs einstellen. Selbst Spezialisten können dem Paar nicht helfen. Sollte sich in den Buchseiten, die William eines Morgens unter der Türschwelle findet, tatsächlich Hoffnung verbergen? William macht sich an die Übersetzung und wendet das beschrieben Fruchtbarkeitsritual an, das tatsächlich Marys Schwangerschaft zur Folge hat.

T.S. Orgel: Thaler Thaler

Zwei Tage vor seinem Selbstmord schickt Professor Lithgow seinem Studenten Dan ein Päckchen mit einem Tagebuch zu. Wie erwartet verbeißt sich Dan darin herauszufinden, was es mit dem Buch auf sich hat und ob der Inhalt mit dem Suizid des Professors in Zusammenhang steht. Je weiter er Lithgows Spuren folgt, desto klarer wird, dass das Buch schon durch dutzende Hände gegangen ist. Jeder Besitzer hat einen Teil Text hinzugefügt und jeder Schreiber beendete sein Leben in zunehmender Paranoia.

Sabrina Hubmann: Der Mann am anderen Ende

Durch Zufall lernt die Krankenschwester Anne eines Abends den Schriftsteller lost_soul in einem Chatroom kennen. Beide freunden sich an, er zeigt ihr seine Geschichten. Ab da schläft Anne zunehmend schlechter, bekommt Albträume, bis sie eines Tages einen Anruf von der Polizei erhält.

Nina Horvath: Das Bionomicon

Sie hat es endlich geschafft, war vom Fanfund ausgewählt worden, um über die Convention live zu bloggen und dafür, die Reise gezahlt zu bekommen. Dass ihr Bikinibild, auf dem man ihre unschön gefärbten Haustellen sieht, letztendlich den Ausschlag für ihren Erfolg gegeben haben soll, glaubt sie selbst nicht. Doch warum tun hier alle so, als hätten sie auf sie gewartet?

Inzwischen habe ich meine Suche auf drei Schriften eingrenzen können. Es sind ausgesprochen obskure Bücher, die sich in einer öffentlichen Bibliothek mit Sicherheit einen Platz im Giftschrank der Geschichte verdient hätten. Ich besaß sie bisher aus einer eher etwas morbiden Faszination an der Buchkunst und ihrer aus psychologischer Sicht interessante Inhalte, wäre jedoch nie auf den Gedanken gekommen, einmal von ihrem Inhalt zu profitieren. Bei einem davon handelt es sich um Auszüge aus den Schriften eines offensichtlich geistesgestörten Arabers, die von einem ägyptischen Kollegen Anfang des letzten Jahrhunderts analysiert wurden. Kurioserweise scheint jener Kollege damals über seiner Arbeit selbst einer paranoiden Schizophrenie erlegen zu sein, weshalb sein Arbeit letztendlich nicht als Fachbuch anerkannt wurde und nur in kleinster Auflage als Pflichtexemplar, wie sie für wissenschaftliche Veröffentlichungen Bedingung sind, veröffentlicht wurde.

(Aus: Thaler Thaler)

Nach Metamorphosen und Die Klabauterkatze und andere Fundstücke des Grauens wandeln die Geschichtenweber nun zum dritten Mal Auf den Spuren H. P. Lovecrafts, so der Titel dieser Reihe aus dem rührigen Verlag Torsten Low. Obwohl die Herausgeberschaft auch hier leicht durchgewechselt hat, kann die Reihe, was die den beteiligten Autoren angeht, inzwischen auf eine Art Stammbesetzung blicken. Erneut sind Bettina Ferbus, Vanessa Kaiser & Thomas Lohwasser, Nina Horvath, Thomas Backus und Sabrina Hubmann mit Beiträgen vertreten. Wiederholungstäter sind auch die auf dem Cover angekündigten »Gaststars«, die Autorenbrüder T. S. Orgel, die mit Orks vs. Zwerge und Die Blausteinkriege inzwischen den Sprung zum Publikumsverlag Heyne geschafft haben. Beide Orgel-Geschichten, das hier enthaltene Thaler Thaler und Wo die Straße dunkel ist aus Die Klabauterkatze und andere Fundstücke des Grauens sind übrigens wärmstens zu empfehlen.

Heuer lautet das Motto der Geschichtenweber also Verbotene Bücher. Ein naheliegendes Thema, wenn man an Lovecrafts Werk und das seiner Autorenkollegen denkt. Kaum ein Gegenstand ist so sehr mit dem Mythos der Großen Alten verknüpft wie das verfluchte Necronomicon, das Buch der toten Namen des Arabers Abdul Alhazred, in dessen Seiten der Wahnsinn lauert (und das inzwischen ein wahrer Bestseller sein muss). Schon längst hat das Necronomicon Einzug in die Popkultur gehalten (z. B. in Tanz der Teufel), wurde auch vom Cthulhu-Mythos abgekoppelt und gilt als Synonym für eine Art Anti-Bibel schlechthin. Lovecraft und Konsorten haben noch eine Reihe weiterer, ähnlich gelagerter Bücher erfunden, die der Nimbus des Verderbten umgibt und die als seltene und mächtige Sammlungen unheiligen Wissens gelten. Doch nur für diejenigen, die über einen widerstandsfähigen Geist verfügen. Wer würde das für sich selbst bestreiten? Allen anderen, die einen Blick riskieren, drohen nicht selten Wahnsinn und ein unschöner Tod.

Nun wäre es ein Leichtes, eine Geschichte abzuliefern, in denen das Necronomicon (respektive eins der anderen Schriftwerke) eine Rolle spielt und seinen Leser in den Tod treibt. Doch mögen offenbar auch die Autoren die Herausforderung und haben es sich so einfach nicht gemacht. Stattdessen stoßen wir auf die Privatdrucksachen eines gewissen Herrn Stephan König (Ähnlichkeiten zu lebenden Personen sind natürlich rein zufällig), lesen ein Tagebuch, das vom zunehmenden Wahnsinn seiner verschiedenen Verfasser zeugt und treffen gleich eine ganze Handvoll ahnungsloser Personen, die zufällig und auf verschiedenste Arten in den Bann diverser böser Bücher geraten. Mit Tod dem König in Gelb hat Felix Woitkowski sogar eine Hommage an Robert W. Chambers verfasst, der angeblich das Konzept eines derart verfluchten Buches entwickelt und erstmals in seinem Der König in Gelb zum Einsatz gebracht haben soll.

Die Covergestaltung hat – wie schon bei den Vorgängerbänden – die Künstlerin Chris Schlicht übernommen, die dem Reihenlayout sehr schön treu bleibt. Wie bei allen Büchern des Verlages wurde auf reinweißes Papier gedruckt, die Stege und Seitenränder fallen ziemlich großzügig aus. Ansonsten ist das Werk toll verarbeitet, das Buch sieht auch nach dem Lesen noch wie neu aus.

Beim Vincent Preis 2015 belegte Verbotene Bücher belegte den dritten Platz der Kategorie »Beste Anthologie«.

Fazit:
Wie es bei Anthologien die Regel ist, wird auch hier jeder seine eigenen Favoriten finden. Die Mischung stimmt jedenfalls und wem die Vorgängerbände der Reihe zugesagt haben, der wird auch mit Verbotene Bücher nicht enttäuscht.

(eh)