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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die Skalpjäger – Der Fandango

Die-SkalpjägerThomas Mayne Reid
Die Skalpjäger

Erster Teil
Siebtes Kapitel
Der Fandango

Am Abend saß ich in meinem Zimmer und wartete auf St. Vrain. Ich hörte von Weitem seine Stimme.

»Las niñas de Durango

Conmigo bai landas

Al cielo saltandas!

Ha! Sind Sie bereit, mein kühner Reiter?«

»Noch nicht ganz. Setzen Sie sich eine Minute und warten Sie.«

»Nun, so beeilen Sie sich, das Tanzen hat schon angefangen. Ich komme soeben von dort. Was? Ist das Ihre Ballkleidung? Ha, ha, ha!«, bemerkte St. Vrain lachend, als er mich einen blauen Rock und ein Paar dunkle Pantaleons in leidlich gutem Zustand auspacken sah.

»Nun ja«, antwortete ich, indem ich aufsah. »Was finden Sie daran zu tadeln? Ist das aber Ihre Ballkleidung?«

In der gewöhnlichen Kleidung meines Freundes hatte keine Veränderung stattgefunden. Vor mir erblickte ich das befranzte Jagdhemd mit den ledernen Beinkleidern, dem Gürtel, dem Bowiemesser und den Pistolen.

»Ja mein Stutzer, das ist mein Ballanzug. Etwas Geringeres tut es nicht, und wenn Sie meinen Rat annehmen wollen, so werden Sie tragen, was Sie auf Ihrem Rücken haben. Wie würde sich Ihr langschößiger blauer Rock mit einem breiten Gürtel und dem Bowiemesser um den Leib geschnallt ausnehmen? Ha, ha, ha!«

»Aber warum soll ich den Gürtel und das Bowiemesser nehmen? Sie werden doch sicher nicht auf diese Weise mit Ihren Pistolen in den Ballsaal gehen?«

»Aber wie soll ich sie sonst tragen? Etwa in meinen Händen?«

»Lassen Sie sie hier.«

»Ha, ha, ha! Das würde ein grünschnäbliger Streich sein. Nein, nein – einmal gebissen, zweimal scheu! Sie werden mich nicht wieder dabei ertappen, ohne meine Sechsläufigen zu einem Fandango in Santa Fe zu gehen. Kommen Sie, behalten Sie Ihr Hemd an. Lassen Sie Ihre Beinkleider sitzen, wo sie sind, und schnallen Sie dies um. Das ist das Ballkostüm in diesem Weltteil.«

»Wenn Sie mir versichern, dass meine Kleidung comme il faut sein wird, so bin ich schon damit einverstanden.«

»Mit dem langschößigen blauen Rock würden Sie es nicht sein, das kann ich Ihnen sagen.«

Der langschößige Blaue wurde sofort seiner Stelle in meinem Koffer wiedergegeben.

St. Vrain hatte recht. Als wir in das Balllokal – eine große Sala in der Nähe der Plaza – kamen, fanden wir es mit Jägern, Trappern, Kaufleuten und Gespannführern angefüllt, die alle in ihrem gewöhnlichen Gebirgsanzug umherstolzierten. Unter sie hatten sich etwa vierzig bis sechzig Eingeborene und eine gleiche Anzahl von Señoritas gemischt, die man in allem ihrer Kleidung nach als Poblanas, Personen der unteren Klassen – allerdings der einzigen Klasse, die man in Santa Fe antrifft – erkannte. Als wir eintraten, hatten die meisten von den Männern ihre Sarapen abgeworfen, um den Tanz zu beginnen, und zeigten sich in dem ganzen Putz des gestickten Samts, geprägten Leders und der schimmernden Zuckerhutknöpfe. Die Frauen sahen in ihren bunten Naguas, schneeweißen Chemissetten und kleinen Atlas-Schuhen nicht weniger malerisch aus. Einige von ihnen prangten in Polkajacken, denn selbst in dieser entlegenen Gegend hatte sich der berühmte Tanz Bahn gebrochen.

»Haben Sie von dem elektrischen Telegrafen gehört?«

»No, Señor.«

»Können Sie mir sagen, was eine Eisenbahn ist?«

»Quien sabe …?«

»Aber die Polka …«

»Ah, Señor, la polka cosa buenita tan gracio-a! Voya!«

Das Balllokal war eine große, längliche Sala mit einer runden, an den Wänden umhergehenden Bank. Auf diese setzten sich die Tänzer, zogen ihre Maishülsen-Zigaretten heraus, schwatzten und rauchten während der Pausen zwischen den Tänzen. In der einen Ecke lärmten ein halbes Dutzend von Orpheussöhnen auf Harfe, Gitarre oder Bandolon und halfen zuweilen der Musik mit einem schrillen, halb indianischen Singen aus. In einer anderen Ecke des Gemachs wurden Puros und Taos-Whisky an die durstigen Gebirgsleute, die die Sala von ihren wilden Rufen widerhallen ließen, ausgeteilt.

Ich hörte ungefähr folgende Reden:

»Hier, meine kleine Muchacha, vamos, vamos, zum Tanz! Mucho bueno? Mucho bueno? Wollen Sie?«

Dies kam von einem großen, rauen Burschen von mehr als sechs Fuß Höhe, und war an eine nette kleine Pablona gerichtet.

»Mucho bueno, Señor Americano!«, antwortete die Dame.

»Hurra! Kommen Sie mit, erst wollen wir eins trinken. Sie sind das rechte Mädchen für meinen Biber. Was wollen Sie trinken? Aguardiente oder Vino?«

»Una capitata de vino, Señor.«

»Hier, du verdammter Fettlappen, setze deinen Vino mit der Geschwindigkeit eines Eichhörnchensprunges auf. Nun, meine Kleine, auf Ihr Glück und einen guten Ehemann.«

»Gracias, Señor Americano.«

»Was, Sie verstehen das, Sie intende wirklich?«

»Si, Señor!«

»Hurra! Schauen Sie her, Kleine, können Sie den Bärentanz?«

»No, entiende.«

»Sie verstehen es nicht? So geht er – auf diese Art.«

Und der plumpe Jäger begann vor seiner Dame eine Nachahmung des grauen Bären.

»Hollah, Bill!«, rief ein Kamerad, »Du wirst getrappt werden, wenn du nicht scharf ausschaust. Wie steht es mit dir, alter Gaul?«

»Ich will vor die Hunde gehen, Jim, wenn es mir nicht hier ganz quer ist!«, antwortet der Jäger, indem er seine große Pfote über die Gegend des Herzens ausbreitet.

»Fürchte dich nicht, Mann, es ist ein hübsches Mädchen.«

»Wirf einen Blick auf die Augen, wenn du kannst, und schiele einmal auf die Knöchel hinab.«

»Ein gutes Visier – ein Haufen Schinken – schlanke Spazierhölzer.«

»Ich möchte wissen, was der Alte für sie haben will. Ich bin fast toll auf eine Squaw. Ich habe keine gehabt, seit ich jenes Krähenweib am Gelbsteinfluss zurückgab.«

»Waya, Mann, du bist nicht unter Indianern. Verschaff dir die Einwilligung des Mädchens, wenn du kannst, dann wird sie dir kein Priemchen Tabak kosten.«

»Ein Hurra für den alten Missouri!«, schrie ein Gespannführer.

»Kommt, Jungens, wir wollen den Fettlappen hier einen virginischen Tanz zeigen. Räumt die Küche, alte Leute, junge Leute!«

»Los mit Hack und Spitze – Alt-Virginia wird nicht müde!«

»Viva el Goberndor! Viva Armijo! Viva Armijo!«

In diesem Augenblick erregte ein Neuankömmling im Saal Sensation. Ein untersetzter, dicker, priesterartig aussehender Mann trat von mehreren anderen begleitet ein. Es war der Gouverneur mit seinem Gefolge und einer Anzahl von gut gekleideten Bürgern, die ohne Zweifel die Elite der neumexikanischen Gesellschaft bildeten. Einige von den zuletzt Gekommenen waren Offiziere in bunten und närrisch aussehenden Uniformen, die man bald darauf im Walzer sich durch den Saal drehen sah.

»Wo ist die Señora Armijo?«, flüsterte ich St. Vrain zu.

»Ich habe es Ihnen ja gesagt, dass sie … sie wird nicht kommen. Bleiben Sie hier – ich gehe auf kurze Zeit fort. Langen Sie eine Tänzerin zu und nehmen Sie am Spaß teil. Ich werde bald wieder da sein. Au revoir.«

St. Vrain drückte sich ohne Weiteres durch die Menge und verschwand.

Ich hatte seit meinem Eintritt in die Sala in einem einsamen Winkel des Lokals gesessen, wo mir St. Vrain Gesellschaft leistete. Ein Mann von eigentümlichem Äußeren nahm den Platz neben St. Vrain, aber tiefer, im Schatten eines Möbels, ein. Ich hatte diesen Mann beim Eintreten bemerkt und wahrgenommen, dass St. Vrain mit ihm sprach, wurde ihm aber nicht vorgestellt. Der Umstand, dass mein Freund zwischen uns saß, verhinderte mich, ihn weiter zu beobachten, bis sich der Letztere entfernt hatte. Wir waren jetzt nebeneinander und ich begann eine Art von Seitenbeobachtung seines Gesichts und seiner Gestalt, die etwas Eigentümliches, Fesselndes für mich besaßen.

Er war kein Amerikaner, was aus seiner Kleidung unzweifelhaft hervorging, und doch war das Gesicht kein mexikanisches. Seine Umrisse waren für ein spanisches Gesicht zu kühn, wenn auch die Gesichtsfarbe durch das Wetter gebräunt und rau geworden war. Er hatte das Gesicht, mit Ausnahme des Kinns, an welchem er einen kleinen, dunklen Bart trug, glatt rasiert. Das Auge, wenn ich es unter dem Schatten einer breiten Krempe recht erkannte, war blau und sanft, das Haar braun und wollig, hier und da von einem Silberfaden durchzogen.

Dies waren keine spanischen Eigentümlichkeiten, geschweige denn spanisch-amerikanische. Ich würde meinen Nachbarn sofort anders wohin getan haben, wenn mich nicht seine Kleidung in Verlegenheit gesetzt hätte. Sie war ein rein mexikanisches Kostüm und bestand aus einer purpurnen Manga mit dunkler Samtstickerei um die Säume. Da dieses Kleidungsstück den größten Teil seines Körpers bedeckte, so konnte ich nur sehen, dass er darunter ein Paar grünsamtene Calzoneros mit gelben Knöpfen und schönen weißen Calzoncillos, die an den Säumen hervorpufften, hatte. Der untere Teil der Calzoneros war mit gepressten, schwarzen Leder besetzt, und unter diesem trug er gelbe Stiefel mit schweren Stahlsporen, deren breite Riemen, welche die Sporen festhielten und über den Fuß hinweg gingen. Diese gaben ihm das eigentümliche Aussehen, welches wir auf den Bildern gerüsteter Ritter aus der alten Zeit bemerken. Er trug einen schwarzen, breitkrempigen Sombrero, der mit einem dicken Goldband umschlungen war. Ein Paar Quasten aus demselben Material standen der Landesmode gemäß an den Seiten hervor.

Der Mann hielt seinen Sombrero gegen das Licht herabgekrämpt, um, wie ich glaubte oder vermutete, sein Gesicht zu verbergen. Und doch war es kein hässliches – im Gegenteil, es war offen und gefällig, und ohne Zweifel hübsch gewesen – ehe die Zeit, und das was sonst seinen trüben Ausdruck veranlassen mochte, es gefurcht und bewölkt hatte. Es war dieser Ausdruck, welcher mir aufgefallen war, als ich den Mann erblickte.

Während ich diese Beobachtungen anstellte und ihn dabei verstohlen betrachtete, entdeckte ich, dass er mich auf ähnliche Weise und mit einem Interesse, welches dem meinen gleich zu kommen schien, beäugte. Dies veranlasste uns, uns gegeneinander umzudrehen, worauf der Fremde unter seiner Manga eine kleine mit Perlen gestickte Zigarrentasche hervorzog, sie mir graziös hinhielt und sagte: »Quiere a fumar, Cavallero?«

»Ich danke Ihnen – ja!«, antwortete ich auf Spanisch, indem ich eine Zigarre aus der Tasche nahm.

Wir hatten unsere Zigarren kaum angezündet, als der Mann sich wieder zu mir wendete und mir die unerwartete Frage stellte: »Wollen Sie Ihr Pferd verkaufen?«

»Nein.«

»Auch für einen guten Preis.«

»Um keinen Preis.«

»Ich würde Ihnen fünfhundert Dollars dafür geben.«

»Ich würde mich um das Doppelte nicht von ihm trennen.«

»Ich will Ihnen das Doppelte geben.«

»Ich habe es lieb gewonnen – es kommt mir nicht auf das Geld an.«

»Es tut mir leid, das zu hören. Ich bin zweihundert Meilen weit hergekommen, um dieses Pferd zu kaufen.«

»Dann müssen Sie uns vom Arkansas her gefolgt sein.«

»Nein ich komme vom Rio Abajo.«

»Vom Rio Abajo? Sie meinen vom unteren Teile des Rio del Norte? Dann, mein lieber Sir, ist es ein Irrtum. Sie denken, dass Sie mit einem anderen sprechen und auf ein anderes Pferd bieten.

»O nein, es gehört Ihnen – ein schwarzer Hengst mit roter Nase und langem, vollen Schweif – ein halber Araber. Er hat ein kleines Zeichen über dem linken Auge.«

Dies war allerdings die Beschreibung meines Moro und ich begann eine Art von abergläubischer Scheu vor meinem rätselhaften Nachbarn zu fühlen.

»Sehr wahr«, antwortete ich, »das ist alles richtig und ich habe den Hengst vor vielen Monaten von einem louisianischen Pflanzer gekauft. Wenn Sie soeben zweihundert Meilen weit vom unteren Teil des Rio Grande hergekommen sind, so möchte ich wissen, wie Sie etwas von mir oder meinem Pferd zu kennen vermögen.«

»Dispensad me, Cavallero. Das meinte ich nicht. Ich bin von unten hergekommen, um die Karawane zu treffen und ein amerikanisches Pferd zu kaufen. Das Ihre ist das Einzige in der Cavalcada, welches ich kaufen möchte, und wie es scheint, das Einzige, welches nicht zum Verkauf ist.«

»Es tut mir leid, aber ich habe die Eigenschaften dieses Tieres erprobt. Wir sind Freunde geworden. Ein gewöhnliches Motiv würde mich nicht bewegen, mich von ihm zu trennen.«

»O, Señor, es ist kein gewöhnliches Motiv, was mich so begierig macht, es zu kaufen. Wenn Sie wüssten, dass vielleicht …«

Er zauderte einen Augenblick. »Aber nein, – nein – nein …« Nachdem er einige halb zusammenhängende Worte gemurmelt, unter denen ich das buenas noches, Cavallero! erkennen konnte, erhob sich der Fremde mit demselben rätselhaften Wesen, welches ihn charakterisiert hatte, und verließ mich.

Ich konnte das Läuten des kleinen Glöckchens an den Rädern seiner Sporen hören, als er sich langsam durch die bunte Menge wand und in die Nacht hinausschritt.

Der leere Platz wurde bald von einer dunklen Manola eingenommen, deren bunte Maguar, gestickte Chemisette, braune Knöchel und kleinen blauen Schuhe meine Aufmerksamkeit erregten. Dies war alles, was ich von ihr sehen konnte, mit Ausnahme des gelegentlichen Blitzens ihrer schwarzen Augen durch die Schießscharten des rebozo topodo.

Allmählich wurde meine Nachbarin großmütiger – das Spähloch erweiterte sich – und die Umrisse eines sehr hübschen und sehr maliziösen Gesichtchens zeigten sich vor mir. Das Ende der Schärpe wurde geschickt von der linken Schulter geworfen und ein nackter voller Arm, der in kleinen juwelenbesetzten Fingern endete, hing nachlässig herab.

Ich bin verschämt genug, aber beim Anblick dieses verlockenden Geschöpfes konnte ich mich nicht länger halten.

Ich bückte mich zu ihr herab und sagte in meinem besten Spanisch: »Erweisen Sie mir die Gunst, Fräulein, mit mir einen Walzer zu tanzen.«

Die schelmische kleine Manola hielt anfangs den Kopf gesenkt und errötete. Hierauf erhob sie die langen Wimpern ihrer Augen, blickte wieder auf und antwortete mit einer Stimme, die ebenso melodisch war, wie die eines Kanarienvogels.

»Con Gusto, Señor.«

»Vamonos!«, rief ich, über meinen Triumph entzückt, und wirbelte mich bald darauf mit meiner schönen Tänzerin im Walzer umher.

Wir kehrten wieder auf unsere Plätze zurück und tanzten, nachdem wir uns mit einem Glas Albuquerque, einem Stück Baumkuchen und einer Zigarette erquickt hatten, von Neuem.

Dieses angenehme Programm wurde ein halbes Dutzend mal wiederholt, nur dass die Tänze bloß zwischen Walzer und Polka abwechselten, denn meine Manola tanzte die Polka so gut, als ob sie eine geborene Böhmin gewesen wäre. An einem von meinen Fingern stak ein Fünfzig-Dollar-Diamantring, von dem meine Tänzerin zu denken schien, dass er muy buenito sei. Da ihre feurigen Augen mein Herz erweichten und der Champagner eine ähnliche Wirkung auf meinen Kopf hervorbrachte, begann ich darüber nachzudenken, ob es nicht angemessen sein würde, den Diamant von dem kleinsten meiner Finger an den stärksten von den ihren übergehen zu lassen, für welchen er ohne Zweifel gerade gepasst haben würde. Plötzlich aber bemerkte ich, dass ich von einem langen, wild aussehenden Lepero – einem echten Pelade – beobachtet wurde, der uns mit seinen Augen und zuweilen in Persona nach allen Teilen des Zimmers folgte. Der Ausdruck seines Gesichts war ein Gemisch von Eifersucht und Rachsucht – und meine Tänzerin bemerkte ihn, gab sich aber, wie es mir schien, keine Mühe, denselben zu besänftigen.

»Wer ist er?«, flüsterte ich, als der Mann in seiner quadrierten Serape an uns vorüberkam.

»Este mi marido, marido, Señor – es ist mein Ehemann«, war die ruhige Antwort.

Ich schob den Ring bis dicht an die Wurzel meines Fingers hinauf und schloss meine Hand fest, wie einen Schraubstock darüber.

»Vamos a tomar otra coprida«, sagte ich, mit dem Vorsatz, meiner hübschen Poblana sobald als möglich gute Nacht zu sagen.

Der Taos-Whisky hatte jetzt seine Wirkungen auf die Tänzer hervorgebracht. Die Trapper und Gespannführer waren lärmend und aufrührerisch geworden, die Leperos, mit denen jetzt das Zimmer halb gefüllt war, begannen, von Wein, Eifersucht und altem Hass und dem Tanz aufgeregt, wildere und düstere Mienen zu machen. Die gefransten Jagdhemden und braunen Tuchröcke fanden vor den schwarzäugigen Majas von Mexiko Gnade – teils aus Achtung für oder der Furcht vor dem Mut, welche oft einer Liebe wie die ihre zugrunde liegt.

Obgleich die Handelskarawanen beinahe den ganzen Verkehr von Santa Fe betreiben und es offenbar im Interesse der Stadtbewohner war, mit den Händlern im guten Vernehmen zu stehen, hassten einander die beiden Rassen, die angloamerikanische und hispania-indianische, doch von ganzem Herzen, und dieser Hass zeigte sich jetzt auf der einen Seite in renommierender Verachtung – auf der anderen in gemurmelten Carajos und wilden Racheblicken. Ich plauderte mit meiner munteren Tänzerin. Wir saßen auf der Bank, wo ich mich ihr vorgestellt hatte. Bei einem zufälligen Aufblicken begegnete ein glänzender Gegenstand meinem Auge. Es schien ein bloßes Messer in den Händen eines bösen Geistes. Ich wurde nur mit einem kurzen Blick auf diesen gefährlichen Meteor beglückt und hatte mich entschlossen, den Stahl zu parieren, als mich jemand am Ärmel zog und ich beim Umschauen meinen Bekannten mit der purpurnen Manga wahrnahm.

»Dispensadme«, sagte er mit freundlichem Nicken. »Ich habe soeben erfahren, dass die Karawane nach Chihuahua weitergeht.«

»Ganz recht. Hier ist kein Markt für unsere Waren.«

»Sie gehen also natürlich weiter?«

»Gewiss, ich muss.«

»Werden Sie auf diesem Wege zurückkehren, Señor?«

»Es ist sehr wahrscheinlich – ich habe für jetzt keine andere Absicht.«

»Vielleicht würden Sie dann bereit sein, sich von Ihrem Pferd zu trennen? Sie werden in dem großen Tal des Mississippi viele ebenso gute finden.«

»Weder das eine noch das andere ist wahrscheinlich.«

»Aber Señor, wollen Sie mir, wenn Sie dazu geneigt sein sollten, versprechen, es mir anzubieten?«

»O, das will ich Ihnen gern versprechen.«

Unsere Unterhaltung wurde hier von einem ungeheuer dürren, halb betrunkenen Missourier unterbrochen, der dem Fremden auf die Zehen trat und schrie: »He! Auf, alter Fettlappen, und gib mir einen Stuhl.«

»Y porque?«, fragte der Mexikaner, indem er seinen Fuß an sich zog und mit erstaunter Entrüstung aufblickte.

»Porki mag zum Teufel gehen! Ich bin des Springens müde, ich verlange einen Sitzplatz. Weiter ist es nichts, alter Gaul.«

In dem Benehmen dieses Mannes lag etwas so Tyrannisches und Brutales, dass ich mich zur Einmischung berufen fand.

»Nun«, sagte ich zu ihm, »Sie haben nicht das Recht, diesen Herrn seines Platzes zu berauben, viel weniger noch auf eine solche Art.«

»He, Mister! Wer zum Teufel hat verlangt, dass Sie Ihren Kopf auftun sollen? Auf, sage ich!« Bei diesen Worten fasste er den Mexikaner am Zipfel seiner Manga, wie um ihn vom Sitz zu ziehen.

Ehe ich noch Zeit hatte, diese rohe Rede und Gebärde zu beantworten, sprang der Fremde auf und schleuderte den Renommierten mit einem gut angebrachten Schlag zu Boden.

Dies schien das Signal zu sein, um mehrere andere Streitigkeiten zum Ausbruch zu bringen. Man stürmte in allen Teilen der Sala aufeinander ein. Trunkenes Geschrei vermischte sich mit Racherufen. Messer zuckten aus ihren Scheiden – Frauen kreischten, Pistolen blitzten und knallten und das Zimmer füllte sich mit Rauch und Staub. Die Lichter verlöschten. Man konnte in der Dunkelheit ein heftiges Ringen hören. Der Fall von schweren Körpern wurde unter Stöhnen und Flächen vernehmbar – und fünf Minuten lang waren dies die einzigen Töne.

Da ich keinen Grund hatte, auf irgendjemand besonders erzürnt zu sein, blieb ich da, wo ich mich erhoben hatte, stehen, ohne Messer oder Pistole anzuwenden, während mich meine erschreckte Maja an der Hand festhielt. Ein peinliches Gefühl in der Nähe meiner linken Schulter zwang mich plötzlich meine Tänzerin loszulassen, und ich fühlte, wie ich mit der unerklärlichen Schwäche, welche auf den Empfang einer Wunde folgt, zu der Bank schwankte. Hier sank ich in eine sitzende Positur nieder und blieb in derselben, bis der Kampf vorüber war, während ich wusste, dass ein Blutstrom über meinen Rücken hinablief und meine Kleidungsstücke durchnässte.

So saß ich, wie gesagt, bis der Kampf zu Ende war. Es wurde Licht gebracht und ich konnte eine Anzahl von Männern in Jagdhemden mit heftiger Gestikulation hin und her gehen sehen. Einige von ihnen sprachen für die Gerechtigkeit des ›Spaßes‹, wie sie es nannten, während andere, und zwar die Achtbaren unter den Händlern, gegen ihn schalten. Die Leperos und Frauen waren alle verschwunden, und ich konnte bemerken, dass die Amerikaner das Feld behalten hatten. Mehrere dunkle Gegenstände lagen auf dem Boden, es waren Körper von Toten und Sterbenden. Der eine war der Missourier, der andere ein Leperos. Ich konnte nichts von meinem Bekannten sehen. Auch meine Fandanguera, con sa marido, war verschwunden. Als ich einen Blick auf meine linke Hand warf, kam ich zu der Überzeugung, dass auch meinem Diamantring das Gleiche widerfahren war.

»St. Vrain! St. Vrain!«, rief ich, als ich die Gestalt meines Freundes in die Tür treten sah.

»Wo sind Sie, Haller, mein alter Junge? Wie geht es Ihnen? Alles in Ordnung?«

»Ich fürchte, nicht ganz.«

»Guter Gott! Was ist das? Sie sind in die Feistrippen gestochen. Hoffentlich nicht schlimm! Herunter mit dem Hemd! Lassen Sie uns nachsehen.«

»Erst wollen wir in mein Zimmer gehen.«

»Nun, so kommen Sie, lieber Junge, lehnen Sie sich auf mich – So! So!«

Der Fandango war vorüber.