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Felsenherz der Trapper – Teil 9.6

Felsenherz-der-Trapper-Band-9Felsenherz der Trapper
Selbsterlebtes aus den Indianergebieten erzählt von Kapitän William Käbler
Erstveröffentlichung im Verlag moderner Lektüre GmbH, Berlin, 1922
Band 9
Die belagerte Hazienda
Sechstes Kapitel
Der besiegte Feind

Bald war die Luft völlig rein, bald hatte man das Tor der hohen Mauer erreicht.

»Sancho, Ihr sorgt für Chokariga!«, rief der Trapper und ließ den verwundeten Freund zu Boden gleiten. »Ihr anderen drei folgt mir. Wir müssen den Großen Bär haben, müssen die Flinten der Apachen auflesen, bevor die Rothäute zur Besinnung kommen und zurückkehren!«

Die drei Vaqueros zauderten nicht, diesem Befehl zu gehorchen. Sie sahen sehr wohl ein, dass Felsenherz abermals das einzig Richtige beabsichtigte.

Sancho aber wurde schon nach wenigen Minuten durch das geöffnete Tor eingelassen. Andere Vaqueros eilten nun gleichfalls hinaus, halfen die Büchsen der Apachen aufzusammeln. Was sie nicht bergen konnten, zerschlugen sie.

Inzwischen aber hatte die Rothäute ein noch ärgeres Missgeschick getroffen. Die Mustangs waren in geschlossener Masse, scheu gemacht durch den Qualm, durchgebrochen, rasten über die Prärie dahin, zerstreuten sich allmählich.

So fand denn die aufgehende Sonne nur noch tote und schwer verwundete Apachen in der Nähe der Hazienda. Nur ein Lebender weilte als Gefangener innerhalb der Mauern: der Große Bär!

Nördlich der Hazienda brannte das gefüllte Erdölbecken weiter, schickte dicke Qualmwolken in die nun windstille Luft empor. Das in den See geflossene Petroleum war bereits aufgezehrt. Der See lag wieder still und düster da, bedeckt mit einer Schicht von Ruß, die ihm ein seltsames Aussehen gab.

Rauchgeschwärzt waren die einst weiß getünchten Mauern der Hazienda und ihrer Gebäude, schwarz und versengt waren Gras, Baum und Strauch auf weite Entfernung. In den Ställen der Hazienda waren acht Pferde und die beiden Rinder erstickt.

Was bedeutete das alles gegenüber der Tatsache, dass die Apachen nun kaum noch Schusswaffen besaßen, dass sie erst ihre Mustangs mühsam einfangen mussten und ihre Anführer verloren hatten!

Zwei Stunden nach Sonnenaufgang trafen dann zur allgemeinen Freude wohlbehalten der Majordomo mit den beiden Wagen und den drei Vaqueros ein.

Mittags nahte, sehr demütig und bescheiden, eine Abordnung der Rothäute, bestehend aus den fünf ältesten Kriegern, nachdem Felsenherz einen nur leicht vermundeten Apachen ausgeschickt hatte, damit dieser den anderen die Gefangennahme des Oberhäuptlings melde.

Chokariga, dessen Wunde nun fachgemäß verbunden worden war, empfing zusammen mit Felsenherz und Señor Alvaro diese fünf Unterhändler.

Die Apachen hatten bei dem Angriff auf die Hazienda gegen fünfzig Tote und Verwundete verloren und an hundertzwanzig Gewehre eingebüßt. Die Unterhändler wussten sehr gut, dass ein neuer Sturm gegen die Hazienda nun aussichtslos war und dass sie auf die Bedingungen, die Felsenherz ihnen stellte, eingehen mussten.

Diese Bedingungen für die Freilassung des Oberhäuptlings waren derart, dass Señor Alvaro vorläufig vor den Apachen sicher war. Der Große Bär hatte sich damit einverstanden erklärt, mit den Bleichgesichtern und Chokariga feierlich die Friedenspfeife zu rauchen und für mindestens ein halbes Jahr eine Waffenruhe zu vereinbaren, wenn die eingesammelten Gewehre den Kriegern zurückgegeben würden. Dies sollte jedoch erst geschehen, nachdem die Hauptmasse der Apachen über den Rio Grande in ihre eigentlichen Jagdgebiete abgezogen war. Nur fünfzig sollten in der Nähe der Hazienda zurückbleiben.

So geschah es denn auch. Am dritten Tag nach jenem nächtlichen Angriff und dem ungeheuren Brand des Petroleumbeckens, das übrigens erst nach Wochen gelöscht werden konnte, durfte der Große Bär mit den fünf alten Kriegern die Hazienda verlassen. Als er als Letzter langsam davonritt, wandte er sich nochmals um und warf den vor dem Tor stehenden Weißen und dem Comanchen einen Blick wildesten Hasses zu. Insbesondere war es Sancho, der Indsmenfresser, auf dem die glühenden Augen des stolzen, so tief gedemütigten Apachen längere Zeit ruhten.

Sancho lachte hinter ihm her.

»Leicht begreiflich, dass er mich noch mehr hasst als Euch und Euren Freund Chokariga, Señor Felsenherz«, meinte der kleine, sehnige Sancho dann. »Das, was wir beide miteinander abzumachen haben, ahnt niemand! Ich rede nicht gern über meine Angelegenheiten. Aber Euch, Señor, will ich es gelegentlich erzählen. Vielleicht könnt Ihr mir einen Rat geben, vielleicht helft Ihr mir, das zu finden, was … Doch davon ein anderes Mal!«

Eine Woche blieben Felsenherz und sein roter Bruder noch als Gäste bei Señor Alvaro. Chokarigas Wunde heilte rasch. Dann brachen die Freunde zusammen mit dem früheren Gambusino nach Norden auf.

Das, was sie von Sancho gehört hatten, erschien ihnen wert, aufs Genaueste nachgeprüft zu werden.