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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die Skalpjäger – Die Präriekaufleute

Die-SkalpjägerThomas Mayne Reid
Die Skalpjäger

Erster Teil
Zweites Kapitel
Die Präriekaufleute

New-Orleans, den 3. April 18…
Lieber St. Vrain!
Unser junger Freund Henry Haller geht nach St. Louis, um malerische Gegenden aufzusuchen. Sorgen Sie dafür, dass er gehörig eingeweiht wird.
Der Ihre,
Louis Walton

An Charles St. Vrain, Esq.
Planters Hotel
St. Louis

Mit dieser lakonischen Epistel schiffte ich mich am 10. April in St. Louis ein und fuhr zum Planters Hotel. Nachdem ich mein Gepäck untergebracht und mein Pferd (meinen Liebling, der mich begleitet hatte) eingestellt, zog ich ein reines Hemd an, stieg in den Komtur hinab und fragte nach Mr. St. Vrain.

Er war nicht da, er war vor mehreren Tagen den Missouri hinaufgegangen.

Dies war ein unerwarteter Schlag, da ich keine andere Empfehlung nach St. Louis mitgebracht hatte. Aber ich bemühte mich, die Rückkehr Mr. St. Vrains abzuwarten. Man glaubte, dass er in weniger als einer Woche zurück sein werde.

Ich bestieg täglich mein Pferd und ritt zu den Hügeln und auf die Prärie hinaus, ich schlenderte im Hotel umher und rauchte meine Zigarre unter seinen schönen Arkaden, ich trank Sherry Cobblers im Salon und studierte im Lesezimmer die Journale.

Mit derartigen Beschäftigungen schlug ich den ganzen Tag lang die Zeit tot.

Im Hotel war eine Gesellschaft von Männern abgestiegen, die einander gut zu kennen schienen. Ich könnte sie eine Clique nennen, aber das ist kein gutes Wort und drückt das, was ich meine, nicht gut aus. Sie schienen eher eine Schar befreundeter jovialer Gesellen zu sein. Sie durchstreiften zusammen die Straßen und saßen nebeneinander an der table d’hôte, wo sie gewöhnlich noch lange sitzen blieben, nachdem die regelmäßigen Tischgäste sich entfernt hatten. Ich bemerkte, dass sie die teuersten Weine tranken und die feinsten Zigarren, welche im Haus zu erhalten waren, rauchten.

Diese Männer zogen meine Aufmerksamkeit an. Mir fiel ihr eigentümliches Benehmen, ihre aufrechte, indianerartige Haltung auf den Straßen und die jugendliche Heiterkeit, welche den westlichen Amerikaner so sehr charakterisiert, auf.

Sie trugen eine beinahe gleiche Kleidung: schönes schwarzes Tuch, weiße Wäsche, Atlas und Diamantnadeln. Ihre Backenbärte waren breit, aber kurz geschnitten, und mehrere von ihnen trugen Schnurrbärte. Ihr Haar fiel wallend über ihre Schultern und mehrere von ihnen hatten ihre Hemdkragen umgeschlagen und ließen gesund aussehende sonnverbrannte Kehlen erblicken. Mir fiel eine gewisse Ähnlichkeit ihrer Physiognomien auf. Ihre Gesichter glichen einander nicht, aber es lag eine unverkennbare Gleichartigkeit im Ausdruck des Auges, ohne Zweifel das Zeichen, welches gleichmäßige Beschäftigung und Erfahrung gemacht hatten.

Waren es Spieler? Nein, die Hände des Spielers sind weißer, er hat mehr Juwelen an seinen Fingern, seine Weste hat ein buntes Muster und seine ganze Kleidung wird prunkvoller und super eleganter sein. Überdies mangelt dem Spieler die Miene freien, ungezwungenen Selbstvertrauens, er wagt sie nicht anzunehmen. Er darf im Hotel wohnen, aber er muss sich ruhig, zurückhaltend benehmen. Der Spieler ist ein Raubvogel, und seine Gewohnheiten sind, wie die aller Raubvögel, schweigend und einsam. Sie gehören nicht diesem Stand an.

»Wer sind diese Männer?«, fragte ich einen neben mir Sitzenden, indem ich auf die Männer, von denen ich gesprochen habe, blickte.

»Die Prärie-Männer.«

»Die Prärie-Männer?«

»Ja, die Santa-Fé-Händler.«

»Händler!«, wiederholte ich einigermaßen überrascht, da ich solche Eleganz nicht mit meinen Ideen vom Handel und den Prärien vereinigen konnte.

»Ja«, fuhr der mir Auskunft Erteilende fort, »jener starke, hübsche Mann in der Mitte ist Bent, Bill Bent, wie er genannt wird. Der Herr zu seiner Rechten ist der junge Sublette. Der andere, der zu seiner Linken steht, ist einer von den Cocteaus, und jener dort ist der nüchterne Jerry Volger.«

»Dies sind also die berühmten Präriekaufleute?«

»Ganz richtig.«

Ich betrachtete sie mit zunehmender Neugier. Ich bemerkte, dass sie mich anblickten und ich der Gegenstand ihres Gesprächs war.

Kurze Zeit später trennte sich einer von ihnen, ein eleganter, feuriger, junger Mann, und schritt zu mir heran.

»Hatten Sie nicht nach Mr. St. Vrain gefragt?«

»Ja!«

»Charles?«

»Ja, das ist der Name.«

»Der bin ich.«

Ich zog meinen Empfehlungsbrief heraus und gab ihn dem Fremden, welcher einen Blick auf seinen Inhalt warf.

»Mein lieber Freund«, sagte er, indem er herzlich meine Hand erfasste, »es tut mir verteufelt leid, dass ich nicht hier war. Ich bin erst heute Morgen den Fluss herabgekommen. Wie eifrig es von Walton war, dass er seinen Brief nicht an Bill Bent adressierte. Wie lange sind Sie hier?«

»Drei Tage. Ich bin am 10. angekommen.«

»Bei Gott, Sie sind verloren. Kommen Sie, damit ich Sie bekannt mache. Mr. Bent! Bill Jerry!« Und im nächsten Augenblick hatte ich allen Präriekaufleuten, von welcher Brüderschaft, wie ich fand, mein neuer Freund St. Vrain ein Mitglied war, die Hand geschüttelt.

»Ist das das erste Läuten?«, fragte einer, als der laute Schall eines Gongs durch die Galerien klang.

»Ja«, antwortete Bent, indem er seine Uhr zurate zog. »Es ist gerade noch Zeit, uns zu setzen. Kommt!«

Bent schritt dem Salon zu, und wir alle folgten ihm ohne Widerspruch.

Der Frühling war herangekommen und die junge Minze hatte Sprossen getrieben. Eine botanische Tatsache, mit welcher meine neuen Freunde vertraut zu sein schienen, da sie sämtlich Mint-Julep bestellten.

Die Mischung und das Schlürfen des Getränkes erfüllten unsere Zeit aus, bis uns das zweite Anschlagen des Gongs zu Tisch rief.

»Setzen Sie sich zu uns, Mr. Haller«, sagte Bent. »Es tut mir leid, dass wir Sie nicht eher gekannt haben. Sie sind einsam gewesen.«

Und hiermit ging er in das Speisezimmer voraus, wohin ihm seine Gefährten und ich folgten.

Ich brauche ein Dinner in Planters Hotel in St. Louis mit seinen Hirschsteaks, seinen Büffelzungen, seinen Präriehühnern und seinen köstlichen Froschschenkeln aus dem Illinois-Button nicht zu beschreiben. Nein, ich möchte das Dinner nicht beschreiben, und was das, was darauf folgte, betrifft, so fürchte ich, es nicht zu können.

Wir saßen da, bis wir den Tisch ganz allein hatten. Dann wurde das Tischtuch abgenommen, und wir begannen Regaliazigarren zu rauchen und Madeira zu zwölf Dollar die Flasche zu trinken. Dieser wurde von jemandem nicht in einzelnen Flaschen, sondern halb dutzendweise bestellt!

Bis hierher habe ich die Erinnerung noch gut genug, und weiß auch, dass, wenn ich eine Weinkarte oder einen Bleistift zur Hand nahm, diese Gegenstände aus meinen Fingern gezogen wurden. Ich erinnere mich, Gespräche von wilden Abenteuern unter den Pawnee, Comanchen und Blackfeet angehört zu haben, bis ich von Interesse erfüllt wurde und einen Enthusiasmus für das Prärieleben zu fühlen begann. Hierauf fragte mich einer, ob ich nicht Lust hätte, mich einer Reise anzuschließen. Darauf hielt ich eine Rede und schlug vor, meine neuen Bekannten auf ihrer nächsten Reise zu begleiten. Darauf sagte St. Vrain, dass ich der rechte Mann für ihr Leben sei, was mir sehr gefiel. Dann sang jemand ein spanisches Lied, ich glaube zur Gitarre, und ein anderer tanzte einen indianischen Kriegstanz. Danach erhoben wir uns alle und sangen im Chor das Lied vom Sternenbanner. Von da an weiß ich weiter nichts, als dass ich am folgenden Morgen mit einem Kopfschmerz erwachte, der mir den Kopf zersprengen zu wollen schien.

Ich hatte kaum noch Zeit gehabt, eine Reflexion über meine Torheiten vom vergangenen Abend anzustellen, als sich die Tür öffnete und St. Vrain mit einem halben Dutzend meiner Tischgenossen in mein Zimmer stürmte. Ihnen folgte ein Kellner, der mehrere große, mit Eis und einer blass-bernsteinfarbigen Flüssigkeit gefüllte Gläser trug.

»Ein Sherry Cobbler, Mr. Haller«, rief der eine, »das Beste auf der Welt für Sie. Leeren Sie ihn, mein Junge, es wird Sie in einem Eichhörnchensprung abkühlen.«

Ich trank die erquickende Flüssigkeit, wie es verlangt wurde.

»Nun, mein lieber Freund«, sagte St. Vrain, »fühlen Sie sich nicht um hundert Prozent wohler? Aber sagen Sie mir, ob Sie es ernst meinten, als Sie davon sprachen, mit uns einen Zug über die Ebenen zu machen? Wir brechen in einer Woche auf. Es wird mir leidtun, mich so bald von Ihnen trennen zu müssen.«

»Aber ich habe es ernst gemeint. Ich gehe mit Ihnen, wenn Sie mir nur zeigen wollen, wie ich es anfangen soll.«

»Nichts leichter als das! Kaufen Sie sich ein Pferd.«

»Ich habe eins.«

»Dann einige grobe Kleidungsstücke, eine Büchse, ein Paar Pistolen …«

»Halt, halt! Ich habe alle diese Dinge. Das ist es nicht, worauf ich hindeute, sondern dies: Sie, meine Herren, bringen Waren nach Santa-Fé, Sie verdoppeln oder verdreifachen Ihr Kapital mit denselben. Nun habe ich auch zehntausend Dollars hier auf einer Bank liegen. Was sollte mich hindern, den Vorteil mit dem Vergnügen zu verbinden und mein Geld ebenso anzulegen wie Sie?«

»Nichts, nichts! Eine gute Idee«, antworteten mehrere.

»Nun, wenn dann einer von Ihnen die Güte haben will, mit mir zu gehen und mir zu zeigen, welche Arten von Waren ich für den Markt von Santa-Fé anschaffen soll, so werde ich seine Weinrechnung bei Tisch bezahlen, und das ist keine Kleinigkeit, wie ich denken sollte.«

Die Präriemänner lachten, erklärten, dass sie alle mit mir einkaufen gehen wollten, und nach dem Frühstück brachen wir Arm in Arm en masse auf.

Bis zum Dinner hatte ich bereits fast meinen ganzen verfügbaren Fonds in gedruckten Callico, langen Messern und Spiegeln angelegt, und nur so viel behalten, um in Independence, dem Punkt, von wo wir zu den Prärien aufbrechen wollten, einen Maultierwagen zu kaufen und Gespannführer zu mieten.

Einige Tage darauf dampfte ich mit meinen Gefährten den Missouri hinauf, um den Weg über die pfadlosen Prärien des fernen Westens anzutreten.