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Der Marone – Der Weg wird gebahnt

Der-Marone-Zweites-BuchThomas Mayne Reid
Der Marone – Zweites Buch
Kapitel 22

Der Weg wird gebahnt

»Katharina!«, begann der Vater ernsthaft, als er in den Kiosk eintrat.

»Vater!«

Dieser Anruf wurde mit leiser Stimme gesprochen, während die Sprecherin ihre Augen nicht von dem Gegenstand, auf den sie sah, fortwandte.

Der Gegenstand war ein kleiner seidener Geldbeutel, der auf dem Tisch lag. Er war ohne Schnur, obwohl die noch daran sitzenden abgerissenen Enden eines blauen Bandes zeigten, dass er nicht immer so gewesen war.

Loftus Vaughan kannte weder die Geschichte des Geldbeutels noch den Grund, weshalb er dalag, weder die Veranlassung, die ihn der Schnur beraubte, noch die Ursache, warum seine Tochter ihn so traurig ansah. Auch hätte er sich schwerlich um den Geldbeutel irgendwie bekümmert, hätte er nicht die trüben Blicke seiner Tochter bemerkt.

»Ah, dein Geldbeutel!«, sagte er, nahm ihn in die Hand und besah ihn genauer. »Jemand hat das Band abgerissen. Wie schade. Wer hat es nur getan?«

Um die Antwort kümmerte er sich wenig, da er auch durchaus nicht vermutete, dass das fortgenommene kleine Stück Band mit der bei seiner Tochter bereits den ganzen Morgen bemerkten Traurigkeit in Verbindung stände. Sowohl die ausgedrückte Verwunderung als auch die gestellte Frage sollten nur zur Einleitung der von ihm beabsichtigten ernsten Unterhaltung dienen.

»O Papa! Das hat nichts zu bedeuten«, sagte Käthchen, eine bestimmte Antwort vermeidend. »Es ist ja nur ein Stückchen blaues Band, das kann ich leicht durch ein anderes ersetzen, das ebenso gut ist.«

Ach, Käthchen! Wohl mochtest du leicht das Band an deinem Geldbeutel ersetzen, aber nicht so leicht den Seelenfrieden wieder gewinnen, der zu gleicher Zeit aus deiner Brust schied. Als das Band zerrissen wurde, wurde auch zugleich dein armes Herz für alle Zeit zerrissen!

Ein ähnlicher Gedanke mochte sie wohl bei der Antwort erfüllen, denn ihr Gesicht nahm noch ein viel düsteres und traurigeres Aussehen an, als es schon zuvor hatte.

Herr Vaughan setzte das Gespräch über den Geldbeutel nicht länger fort, sondern sah durch die Fenstergitter, wo er Smythje in der Verfolgung einiger Schmetterlinge gewahrte, auf den er jetzt die Aufmerksamkeit seiner Tochter hinzulenken beabsichtigte.

Dies war umso leichter, als Smythje gerade ein Lied vor sich hinsummte, und ebenso gut gehört als gesehen werden konnte.

»Ich wollt’, ich wäre ein Schmetterling«, sang der heitere und kurzweilige Smythje. »Ich wollt’, ich wäre ein Schmetterling, von Veilchen und Rosen und Lilien umgeben.

An jede Blum’ ich dann kosend mich, hing’, und …«

Und dann, als wollte er die gepriesene Annehmlichkeit des Insektenlebens sofort tatsächlich erläutern, haschte er plötzlich einen prachtvollen Schmetterling und hielt das arme schwache Geschöpf zappelnd zwischen den mit den feinen Glaceehandschuhen bedeckten Fingern.

»Ist er nicht ein prächtiger Kerl?«, sagte Vaughan, sah zuerst bewundernd auf Smythje und heftete dann die Augen auf seine Tochter, ihre Antwort erwartend.

»Das muss er wohl sein, da jedermann so sagt, Papa!«

In Käthchens Antwort lag gewiss durchaus keine Bewunderung für Smythje und nichts, was den Custos  weiter ermuntern konnte.

»Ist das nicht auch deine Ansicht, Käthchen?«

Dies traf schon mehr den eigentlichen Kern, allein die Antwort war ebenso ausweichend.

»Das ist deine Ansicht, Papa, und die sollte uns beiden genügen.«

Abermals unterbrach hier Smythjes klangvolle Stimme das Gespräch und leitete es auf einen andern Gegenstand.

Smythje sang: »Wie wollt’ ich trachten nach Reichtum und Macht, nie woll’ ich Sklaven zu Füßen mir seh’n!«

»Ach, Freund Smythje!«, rief der Custos, für sich selbst redend, aus, obwohl es für Käthchen berechnet war. »Das ist alles gar nicht mehr nötig, du hast die Sklaven ja schon! Fünfhundert in allem! Und Reichtum und Macht hast du auch, wahrhaftig! Du hast das alles dir nicht erst zu wünschen nötig. Schloss Montagu gibt dir das alles, Freundchen!«

Smythje sang wieder: »Der Reichtum schafft Sorgen nur, Kummer und Angst, und die Macht verleihet gewisslich kein Glück!«

»Hörst du wohl, Käthchen? Was er für schöne Gedanken vorbringt!«

»Sehr schön, wirklich, und ganz wie für ihn gemacht«, erwiderte Käthchen sarkastisch. »Denn eigentlich sind es nicht seine eigenen, aber er fühlt sie doch, und das ist ebenso gut.«

»Ein prächtiger Besitz!«, fuhr Vaughan fort und kehrte zu dem zurück, was ihn viel mehr interessierte, als alle schönen Stellen des Smythjeschen Liedes, während er den in den Worten seiner Tochter enthaltenen bitteren Spott vollkommen unbeachtet ließ. »Ein prachtvoller Besitz, sag’ ich dir, und mit dem meinen vereinigt, wird es das größte Besitztum auf der Insel sein. Auf der Insel, sage ich? O, in ganz Westindien – ja, in der ganzen westlichen Welt! Hörst du wohl, meine Tochter?«

»Ja, Papa, ich höre«, erwiderte die junge Kreolin. »Aber, du sprichst ja ganz, als ob die beiden Güter zusammenkommen sollten? Beabsichtigt Herr Smythje, Willkommenberg zu kaufen? Oder willst du Schloss Montagu kaufen?«

Diese Fragen wurden mit offenbar nur angenommener Einfalt gestellt, denn in Wahrheit wusste die Fragerin nur zu gut, worauf ihres Vaters Rede eigentlich hindeutete. Deshalb wünschte sie, ungeduldig über die ihr jeden Augenblick drückender werdende Zweideutigkeit, den eigentlichen Gegenstand so bald wie möglich offen zur Sprache zu bringen.

Auch der Custos schien dasselbe zu wünschen, wie dies seine Antwort bewies.

»O, Käthchen, du kleiner Schelm!«, sagte er, froh über die ihm nun gebotene Gelegenheit, sich deutlicher auszusprechen. »Du hast den Nagel wirklich gerade auf den Kopf getroffen. Du hast ganz recht vermutet, nur dass wir beide die Käufer sind. Herr Smythje will in der Tat Willkommenberg kaufen, und was meinst du wohl, was er dafür bezahlen will? Das rate mal!«

»Aber Vater, das kann ich wirklich nicht. Wie sollte ich das wohl können? Gewiss, das kann ich nicht. Ich weiß nur so viel, es würde mir sehr leid tun, wolltest du Willkommenberg verlassen. Obwohl ich nun gerade nicht erwarte, hier je glücklich zu sein, so meine ich doch, ich würde anderswo auch wohl nicht glücklicher werden.«

Herr Vaughan war zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, um die Betonung des nun zu bemerken oder den ganzen Doppelsinn der Worte seiner Tochter.

»Ha, ha, ha!«, lachte er. »Herrn Smythjes Kauf würde uns aus Willkommenberg nicht vertreiben. Davor habe nur keine Angst, mein Kind! Aber versuch doch mal, den Preis zu erraten, den er zahlen will?«

»Vater, das brauche ich gar nicht zu versuchen, denn ich bin gewiss, ich kann nicht raten, nicht auf tausend Pfund.«

»Was, tausend Pfund! Nicht ein einziges Pfund, außer, dass sein großes, edelmütiges Herz so viel wiegt, wozu noch seine Hand gerechnet werden muss, denn das, Katharina, das ist der Preis, den er bezahlen will!«

Vaughan hielt diese Rede mit bedeutungsvollem Blicke und einer triumphierenden Handbewegung, die offenbar sein Erstaunen über seine eigene Beredsamkeit ausdrücken sollte.

Er wartete auf eine Antwort, eine sein freudiges Lächeln und die frohe von ihm mitgeteilte Botschaft erwidernde Antwort.

Er wartete vergeblich. Ungeachtet der Verständlichkeit seiner Auseinandersetzungen wollte Käthchen ihn absichtlich nicht verstehen.

Ihre Antwort war ein offenbares und ärgerliches Ausweichen auf die eigentliche Frage.

»Sein Herz und seine Hand, sagst du? Beide wiegen wohl gerade nicht schwer. Dennoch, ist das nicht zu wenig für ein Gut, wo so manche Hände und so manche Herzen vorhanden sind? Wem will er denn diese geben? Das hast du mir noch nicht gesagt, Papa!«

»Ich will es dir jetzt mitteilen«, erwiderte der Vater und sprach in einem viel ernsteren Ton, als sei er über Käthchens offenbar absichtliches Missverstehen erzürnt. »Ich will es dir mitteilen, indem ich dir sage, was ich ihm für Schloss Montagu zu geben beabsichtige. Ich sagte dir schon, wir wären bei diesem Geschäft beide Käufer. Das ist ein ehrlicher Handel, Käthchen. Hand für Hand, und Herz für Herz! Herr Smythje gibt seines und ich gebe deines!«

»Meines!«

»Ja, deines!« Gewiss, Käthchen ich täusche mich nicht darüber, gewiss wirst du mit dem Austausch zufrieden sein?«

»Vater«, sagte das junge Mädchen im ernsten und entschiedenen Ton, wie ihn eine Frau haben kann, »ein Austausch der Herzen kann zwischen Herrn Smythje und mir nicht stattfinden. Er mag mir vielleicht schon seines gegeben haben, ich weiß es nicht und kümmere mich nicht darum. Aber dich will ich nicht täuschen, Vater! Mein Herz kann er niemals haben, denn das ihm zu geben, steht nicht mehr in meiner Macht.«

»Unsinn!«, rief Herr Vaughan, über diese gänzlich unerwartete Erklärung stutzig. »Du täuscht dich selbst, mein Kind, wenn du so sprichst. Ich wenigstens sehe nicht ein, warum du Herrn Smythje nicht leiden solltest, so ein edelmütiger, gebildeter und schöner Mann wie er ist! Komm, du spaßest doch nur bloß, Käthchen? Du magst ihn leiden. Du hasst ihn nicht, nicht wahr?«

»Nein, nein! Ich hasse ihn nicht! Warum sollte ich das? Herr Smythje hat mir nichts zuleide getan, mich nie beleidigt, und ich glaube, er ist gewiss sehr ehrenwert.«

»Nun, ist das nicht gerade so viel, als wenn du sagst, dass du ihn leiden magst?«, versetzte der Vater im Ton wiederkehrender Begütigung.

»Leiden mögen ist doch nicht Liebe«, murmelte Käthchen, wie zu sich selbst redend.

»Aber es kann dazu werden«, sagte der Custos aufmunternd. »Das ist oft der Fall, besonders wenn zwei Mann und Frau werden. Übrigens ist es gar nicht einmal gut für junge Eheleute, wenn sie zuerst vernarrt ineinander sind. Wie in meiner alten Fibel stand! ›Heiße Liebe bald wird kalt!‹ Hab’ nur keine Angst, kleines Käthchen, du wirst schon Herrn Smythje gut leiden mögen, wenn du erst Herrin von Schloss Montagu bist und deinen Platz zwischen den ersten Damen der Insel einnimmst. Sollte das nicht Glück genug sein, kleines Käthchen?«

Ach, dachte die junge Kreolin, eine Hütte, mit ihm geteilt, würde ein größeres Glück sein, ein viel, viel größeres!

Es ist sicher unnötig, noch zu bemerken, dass das ihm, auf den sich dieser Herzenswunsch bezog, nicht Herr Smythje war.

»Als Frau Montagu Smythje«, fuhr der Custos in der Absicht fort, die schönen Aussichten der Tochter in den lebhaften Farben auszumalen, »wirst du viele angesehene Freunde haben, die angesehenen im ganzen Land. Und erinnere dich wohl, mein Kind, jetzt ist es nicht so. Du weißt es ja wohl selbst, Katharina?«

Diese letzten Worte waren in der Voraussetzung eines geheimen Einverständnisses zwischen Vater und Tochter gesprochen. Seine Absicht dabei war, mit Gewalt dem jungen Mädchen gewisse Tatsachen und Verhältnisse ins Gedächtnis zu rufen, damit sie um so begieriger die Gelegenheit ergreifen möge, aus der demütigenden, ihr erst in letzter Zeit bekannt gewordenen Lage herauszukommen.

Ob diese zutraulichen Worte nun den gewünschten Eindruck wirklich hervorbrachten, dies wahrzunehmen, ließ der Sprecher sich nicht die gehörige Zeit, sondern fuhr in demselben Atem fort, das rosenfarbige Gemälde zu vollenden, das zu entwerfen er bereits begonnen hatte.

»Ja, mein kleines Käthchen! Du wirst dann von allen Beobachtungen beachtet werden, wirst der Gegenstand aller möglichen Aufmerksamkeiten sein, Pferde, Sklaven, Anzüge, Equipagen, alles wirst du nach Herzenslust haben. Auch die große Reise nach London wirst du machen. Wahrhaftig, ich hätte selbst Lust, dahin zu gehen! In der großen Weltstadt wirst du mit den höchsten Personen verkehren, Opern und Bälle besuchen, wo du eine Schönheit sein wirst, mein Käthchen, eine gefeierte Schönheit. Hörst du wohl? Jedermann wird von Frau Montagu reden. Wie gefällt dir denn das jetzt?«

»Ach, Papa!«, erwiderte die junge Kreolin offenbar gänzlich ungerührt durch alle die Vorspiegelungen von Glanz und Größe. »Mir würde das alles nicht gefallen, ich bin fest davon überzeugt. Ich habe niemals viel auf solche Dinge gegeben, du weißt es ja. Sie können kein Glück verschaffen, mir wenigstens nicht! Fern von unserer eigenen Heimat würde ich niemals glücklich sein können! Was für Vergnügen könnte ich in einer großen Stadt haben? Keines. Ganz das Gegenteil. Ich würde überall unsere großen Berge und Wälder vermissen, unsere wundervollen Bäume mit ihren prächtigen wohlriechenden Blüten, unsere glänzend gefiederten Vögel mit ihrem sanften Gesang. Opern und Bälle! Ich kann die Bälle nicht leiden. Und gar eine Schönheit zu sein, Papa, das verabscheue ich gänzlich!«

Käthchen dachte hierbei an den Smythje-Ball und seine unangenehmen Ereignisse, die vielleicht jetzt um so unangenehmer in der Erinnerung waren, als sie während jener Nacht mehr als einmal den Ausruf erste Ballschönheit gehört hatte, und zwar auf eine angewandt, die zur Vereinsamung ihres Herzens so wesentlich beigetragen hatte!

»O, das wird sich alles bald geben«, erwiderte Vaughan, »wenn du nur erst einmal in die feine Gesellschaft eingeführt bist. Das ist bei den meisten jungen Mädchen der Fall. Aber nun, Käthchen«, fuhr der Custos fort, jetzt eine nicht geringe heimliche Ungeduld verratend, »müssen wir unbedingt zu einem Verständnis kommen. Herr Smythje wartet.«

»Worauf wartet er, Papa?«

»Aber höre mal, mein Kind«, sagte Herr Vaughan, gereizt durch seiner Tochter vorgebliche und offenbar nur angenommene Unfähigkeit, ihn zu verstehen, »das musst du jetzt doch wissen? Habe ich es dir eigentlich nicht schon gesagt? Herr Smythje bietet dir jetzt sein Herz und seine Hand an und verlangt als Erwiderung die deine. Und du wirst sie ihm nicht ausschlagen! Du kannst nicht, du darfst nicht!«

Loftus Vaughan hätte jedenfalls freundlicher gesprochen, hätte er den letzten Satz ganz weggelassen, denn dieser klang fast wie ein mit einer Drohung verbundener Befehl, der diejenige, für die er bestimmt war, offenbar verletzen, ja sie sogar zum Widerstand aufregen musste. Das wäre auch ganz sicher der Fall gewesen, wäre dies am Abend des Smythje-Balles, anstatt nun am Morgen nachher, gesprochen worden.

Allein das dort Vorgefallene hatte in der Brust der jungen Kreolin alle Hoffnung ausgetilgt, je mit Herbert Vaughan glücklich werden zu können, hatte auch zugleich jeden Gedanken an Widerstand gegen den Willen ihres Vaters zerstört, und deshalb unterwarf sie sich mit einer Art von fühllosem Verzweifeln dem bereits von ihr gefassten Entschluss, das von ihrem Vater von ihr verlangte Opfer ohne allen weiteren Aufschub zu bringen.

»Ich habe dir die Wahrheit gesagt«, sagte Käthchen und blickte dabei fest in das Gesicht ihres Vaters, als wolle sie ihm die Unzulänglichkeit aller von ihm vorgebrachten Gründe und Umstände recht begreiflich machen. »Ich kann Herrn Smythje mein Herz nicht geben, und werde ihm selbst dasselbe sagen.«

»Nein, nein!«, fiel der ungestüme Vater plötzlich ein. »Das darfst du durchaus nicht tun. Gib ihm deine Hand und sage nichts von deinem Herzen. Das kannst du ihm nachher gestehen, wenn du erst richtig verheiratet bist.«

»Niemals – niemals!«, sagte das junge Mädchen und seufzte dabei tief und angstvoll. »Eine solche Täuschung kann ich nicht ausführen. Nein, Vater, selbst nicht für dich. Herr Smythje soll alles wissen, und wenn er meine Hand ohne mein Herz haben will …«

»Dann versprichst du ihm deine Hand zu geben?«, unterbrach sie der Custos, hoch erfreut über diese, freilich nicht ohne eine Bedingung gewährte Einwilligung.

»Du bist es, Vater, der sie ihm gibt, nicht ich!«

»Genug jetzt!«, rief Herr Vaughan und wandte die Augen hastig nach dem Garten, um den Insektenjäger aufzusuchen. »Ich will sie ihm geben«, fuhr er fort, »und zwar jetzt sogleich! – Herr Smythje!«

Smythje stand nahe bei dem Custos in höchster Erwartung und antwortete sofort auf den Ruf. In kurzer Zeit erschien er in der offenen Tür.

»Herr Smythje!«, sagte der Custos, der eine der wichtigen Angelegenheit entsprechendes Aussehen prunkender und hochtrabender Feierlichkeit angenommen hatte.

»Sie haben um meiner Tochter Hand angehalten. Und jetzt, Herr, bin ich so glücklich, Ihnen ihre Einwilligung dazu mitzuteilen, dass Sie mein Schwiegersohn werden! Ich muss Ihnen gestehen, Herr, ich bin stolz auf diese Ehre!«

Hier machte Herr Vaughan eine Pause, um Atem zu holen.

»Ah, ah!«, stammelte Smythje jetzt. »Das ist ein großes Glück für mich, wirklich unerwartet, wahrhaftig! Ah, ah! Fräulein Vaughan, ich habe nie geträumt, nein, wahrhaftig niemals …«

»Nun Kinder«, unterbrach ihn der Custos scherzend und versuchte durch die Unterbrechung Smythjes offenbare Verlegenheit zu verbergen, »ich habe euch mit einander verlobt und will euch jetzt mit meinem besten Segen allein lassen.«

So redend verließ der zufriedengestellte Vater den Kiosk, ging den Fußsteig entlang und verschwand in der Tür des großen Hauses.

Wir wollen uns bei den nun allein gelassenen Liebenden nicht eindrängen, noch ein einziges zwischen ihnen gewechseltes Wort wiederholen. Möge deshalb der Bericht genügen, dass, als Smythje aus dem Kiosk kam, sein Aussehen mehr ruhig als eigentlich triumphierend erschien. Ein Teil des düsteren Ausdruckes in Käthchens Gesicht schien auf ihn übertragen zu sein, und fast hätte man glauben mögen, er wäre in seinem Antrag vollkommen unglücklich gewesen, stände nicht dem das zwischen ihm und seinem künftigen Schwiegervater bald nachher bei ihrem Begegnen in der großen Halle geführte kurze Gespräch entgegen.

»Nun?«, fragte Herr Vaughan neugierig.

»Ja, alles in bester Ordnung. Verlobte, aber doch, sonderbar das, unwillkürlich sonderbar!«

»Wieso sonderbar?«, fragte Herr Vaughan.

»Ja nun, ich erwartete, sie würde vielleicht in Ohnmacht fallen, aber nichts von dem, gar nichts, auf Ehre! Sie empfing meine Erklärung mit der äußeren Kälte!«

Sie hatte in der Tat noch mehr getan, sie hatte ihm ihre Hand ohne ihr Herz gegeben, und Smythje wusste das ganz wohl, denn Käthchen Vaughan hatte ihr Versprechen gehalten.