Heftroman der

Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

J. R. R. Tolkien – Herr der Ringe 3

Die Filme und was so nicht im Buch steht

Viele Jahre galt das Buch »Der Herr der Ringe« als unverfilmbar.
Dann plötzlich, Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts sollte sich das ändern. Ein Mann von hobbitähnlicher Statur mit Namen Peter Jackson hatte erkannt, dass die Technik soweit fortgeschritten war, dass er es wagen konnte, die Geschichte in Bilder umzusetzen.

Was daraus geworden ist, dürfte unterdessen jedem Kinobesucher und Filmliebhaber bekannt sein. Doch kennt auch jeder, der die Filme gesehen hat, die Romanvorlage?

Inwieweit wurde das geschriebene Wort tatsächlich auf die Leinwand gebracht?

Anhand einiger Beispiele möchte ich versuchen zu erläutern, was so nicht bzw. wie es im Buch steht. Dabei liegt es mir fern, jede noch so kleine Veränderung herauszuarbeiten, denn dass es bei der Verfilmung einer Romanvorlage zu Veränderungen und Anpassungen kommen muss, dürfte jedem Leser klar sein. Fazit ist jedoch, dass alle Veränderungen im Sinne der Geschichte vorgenommen wurden, alle wesentlichen Bestandteile erhalten geblieben sind und dass die Veränderungen zum allgemeinen Verständnis der Zuschauer beigetragen haben.

Teil 3: Die Rückkehr des Königs

Der Film »Die Rückkehr des Königs« beginnt damit, wie Deagol den Ring findet, wie Smeagol diesen an sich bringt und er sich daraufhin in das Geschöpf Gollum verwandelt. All das erzählt Gandalf bei seinem Besuch im Auenland Frodo. An dieser Stelle wirkt diese Szene natürlich viel emotionaler, als wenn sie rückblickend erzählt worden wäre, und unterstreicht noch einmal die Macht des Ringes und die Notwendigkeit seiner Vernichtung.

Eine der größten Veränderungen im 3. Film gegenüber der Romanvorlage handelt vom Tod Sarumans und Grima Schlangenzunges. Da außer in der Vision in Galadriels Spiegel nie von einem Überfall auf das Auenland berichtet wird, haben die Filmemacher das Kapitel des Buches »Die Befreiung des Auenlandes« gar nicht berücksichtigt. Doch im Buch stirbt erst da der Weiße Zauberer durch die Hand seines Dieners Grima, der daraufhin selbst von Hobbits durch Pfeile getötet wird. Im Film nun kommt der Tod für die beiden schon viel früher und auch viel dramatischer. Saruman wird von Grima gestoßen und fällt aus den Höhen des Ortanc direkt in ein Metallrad, aus dem Stacheln hervorstehen, die ihn aufspießen. Grima wird daraufhin von einem Pfeil von Legolas getötet. Mit diesem Tod Sarumans wird der scheinbare Hauptfeind beseitigt und die Handlung kann sich nun voll auf die wirkliche Bedrohung Sauron richten.

Die weiteren Wege der Gemeinschaft trennen sich im Buch nun relativ schnell. Im Film begeben sie sich zusammen nach Edoras, was für die Übersichtlichkeit der Handlung sicher von Vorteil ist. Deshalb wird die Szene, als Pippin in den Palantir schaut, auch nach Edoras verlegt. Den Blick in den Palantir nutzt der Regisseur dann auch sehr effektvoll, um Sauron als den wahren und größten Feind vorzustellen.

Dass Arwen Bruchtal nicht verlässt, hatte ich bereits erwähnt. Sie ist es auch nicht, die Elrond dazu drängt, das zerbrochene Schwert neu zu schmieden. Aragorn erhält die neu geschmiedete Klinge Anduril bereits vor Aufbruch der Gefährten aus Bruchtal. Im Film wird die Übergabe des Schwertes an Aragorns Entwicklung angepasst und es passiert in dem Moment, als er sich dazu entscheidet, sein Erbe anzunehmen. Elrond überbringt das Schwert und rät Aragorn, die Pfade der Toten zu begehen. In dieser Szene erwähnt der Elbenfürst, dass Arwen im Sterben liege und ihr Schicksal nun an das Schicksal des Ringes gebunden sei.
Das sind frei erfundene Szenen, denn Elrond bleibt in der Romanvorlage in Bruchtal und plant und entscheidet von dort aus. Leider geht so viel von Elronds Weit- und Umsicht verloren, aber es erspart auch die Einführung weiterer Charaktere im Film, die diesen dann nur unnötig unübersichtlicher gemacht hätten.
Mit dem Schwert in den Händen folgt Aragorn dann dem anderen Weg, der ihm im Film von Gandalf prophezeit wird. Der Aufbruch selbst wird im Film auch etwas anders dargestellt als im Buch, um die enge Bindung von Aragorn, Legolas und Gimli zu vertiefen. Aragorn will sich nicht allein fortschleichen und Eowyn bemerkt die Abreise. Statt der Hoffnungslosigkeit, die sich im Film bei den Rohirrim daraufhin breitmacht, sind diese in der Vorlage eigentlich eher froh, diese drei undurchschaubaren Gestalten los zu sein.
Der Weg, den die drei Gefährten dann beschreiten – die Pfade der Toten – nutzt der Regisseur wieder für Action und Dramatik. Im Buch verläuft diese Szene eher unproblematisch und es kommt auch zu keinen Kämpfen. Bleiben wir gleich beim zukünftigen König. Die Untoten schließen sich ihm an und entscheiden, nachdem sie die schwarzen Schiffe erobert haben, die Schlacht auf dem Pelennor. Zumindest im Film. Im Buch beschränkt sich das Eingreifen der Untoten auf die Eroberung der Schiffe, um ihren Eid zu erfüllen. Doch welcher Kinobesucher hätte bei der Übermacht des Feindes eine Niederlage geglaubt? Mithilfe des untoten Heeres wird der Sieg optisch auf alle Fälle glaubhafter.

Doch bis zum Sieg auf dem Pelennor ist es noch weit.
Zunächst lernen wir den Truchsess von Gondor Denethor kennen. Der Einfachheit halber verschweigen die Filmemacher, dass Denethor im Besitz eines Palantirs ist und dadurch vom Ring der Macht weiß. Das ist laut Buch auch der Grund für den Wahnsinn, dem er verfallen ist. Im Film dagegen wird dieser Wahnsinn mit der Angst vor der Rückkehr des Königs und in der Folge seiner Absetzung als Statthalter begründet. Dieser Wahnsinn wird mit der Szene belegt, als Denethor zu einem Lied, zu welchem er Pippin drängt, speist, nachdem er seinen Sohn Faramir in den sicheren Tod geschickt hat. Doch auch sein eigener Tod später wird filmisch viel spektakulärer umgesetzt als im Buch. Da rettet Gandalf Faramir, Denethor zeigt den Palantir und wirft sich dann selbst in die Flammen. Der Sturz von der Veste im Film rundet das Ende des Wahnsinnigen besser ab. Allerdings sorgt die veränderte Darstellung Denethors dann noch für weitere Veränderungen im Film. Nicht Gandalf und Pippin rufen über die Leuchtfeuer um Hilfe, wie es gezeigt wird, sondern das geschieht schon im Auftrag Denethors, bevor Gandalf und Pippin eingetroffen sind. Durch diese Veränderung wird im Film der rote Pfeil, der vom letzten Leuchtfeuer aus nach Edoras gebracht wird, erspart. Damit entfällt im Film eine weitere Figur – Hirgon, der den roten Pfeil dann auch als Antwort zurück nach Minas Tirith bringen soll, damit die Hilferufenden wissen, dass ihr Ruf angekommen ist. Diese Szene hätte die Filmhandlung eventuell verkompliziert, deshalb konnte man Pippin hier gut einbringen und auch seinen gewachsenen Mut unter Beweis stellen. Denn im Buch erlebt Pippin seine Zeit in Minas Tirith etwas anders als im Film. Da lernt er Beregond und seinen Sohn Bergil kennen und verbringt viel Zeit mit ihnen. Im Film wird dafür eine andere Szene eingefügt, als Gandalf und Pippin auf dem Balkon stehen und sich über den Tod unterhalten. Diese Szene veranschaulicht sehr schön Gandalfs Menschlichkeit und seinen Glauben, dass immer Hoffnung besteht.
Beregond verhinderte übrigens, dass Denethor seinen Sohn Faramir verbrennen konnte, doch diese Szene lief, wie oben beschrieben, im Film ganz anders ab.

Dass Faramir als Filmfigur etwas anders charakterisiert wird als im Buch, wurde anhand des Ringes schon erklärt. Auch im weiteren Verlauf gibt es im Film um Faramir kleine Veränderungen und der Regisseur entschließt sich zu einem Rückblick auf die Zeit, als Boromir noch in Minas Tirith weilte, um zum einen Boromirs Traumvision andererseits aber auch die Rolle Faramirs als ungeliebter Sohn Denethors zu zeigen. Dass Boromirs Bruder trotzdem ein mutiger Kämpfer ist, unterstützen die Filmemacher mit seiner Rückkehr aus Osgiliath, als er allein von seinem Pferd nach Minas Tirith zurückgebracht wird. An dieser Stelle wird wieder ein Charakter aus dem Buch weggelassen, denn es ist Imrahil, der den durch einen vergifteten Pfeil verwundeten Faramir in die Stadt zurückträgt.
Seine Heilung durch Aragorn und das Kennenlernen Eowyns in den Häusern der Heilung wird später nur angedeutet. Die entstehende Liebe zwischen den beiden kann der Zuschauer nur vermuten.

Eowyns Rolle, bis auch sie in die Häuser der Heilung gelangt, wurde im Film ebenso etwas abgewandelt. Durch die recht frühen Einblendungen ihrer Kampfkünste in Edoras und ihre Dialoge mit Aragorn weiß man im Film, dass die Schildmaid von Rohan den Wunsch hegt, in den Kampf zu ziehen. Was geändert wurde, ist ihr Motiv, dass sie mit in die Schlacht zieht. Eowyn ist im Buch eine tragische Figur, die den Wunsch hat, in der Schlacht ihr Leben ruhmreich zu beenden. Deshalb verkleidet sie sich und gibt sich als Dernhelm aus.

Im Film wird dieser Name nicht genannt, da Merry die Herrin unter der Maske sofort erkennt.
Theoden wähnt seine Nichte in Sicherheit, doch als er im Sterben liegt, ist sie es, die die letzten Worte mit ihm wechselt. Die enge Beziehung zwischen den beiden wird so im Film bis zum Ende des Königs aufrechterhalten, doch im Buch ist es Merry, der den König zuletzt lebend sieht und mit ihm spricht. Auch die Umstände von Theodens Tod entsprechen nicht der Buchvorlage. Er wird nicht durch den Hexenkönig umgebracht, sondern ein Pfeil verletzt sein Pferd Schneemähne und das begräbt seinen Reiter dann unter sich. Diese Tragik fällt im Film der Action des Kampfes zum Opfer.
Die Schlacht auf dem Pelennor wird im Film, wie auch schon die Schlacht in Helms Klamm, der Übersichtlichkeit wegen, abgeändert. Im Buch wird die Schlacht außerhalb der Stadt ausgetragen. Grond durchbricht zwar das Stadttor, aber nur der Hexenkönig reitet in die Stadt und trifft dort auf Gandalf. Das Einbeziehen der Stadt in die Schlacht erscheint in den bewegten Bildern aber viel glaubhafter und auch viel dramatischer. Die Lage wird bis zur Aussichtslosigkeit zugespitzt, sodass das Eingreifen des untoten Heeres unter Aragorns Führung an dieser Stelle sinnvoll eingebettet werden konnte.
Nach der Schlacht wird im Film gezeigt, wie Pippin auf dem Schlachtfeld nach seinem Freund Merry sucht und ihn schließlich auch findet. Im Buch verlässt Pippin die Stadt nicht. Er trifft Merry eher zufällig in einer Gasse. Durch das aktive Suchen im Film wird die tiefe Freundschaft zwischen den beiden Hobbits an dieser Stelle nochmals deutlich sichtbar.

Frodo und Sam werden von Gollum zu den Treppen von Cirith Ungol geführt. Während des Aufstiegs kommt es in der Verfilmung wieder zu einer drastischen Änderung gegenüber der Vorlage. Gollum schafft es durch einen miesen Trick, dass Frodos Wut auf Sam soweit geht, dass er seinen treuen Gefährten fortschickt. Hier findet der Konflikt zwischen den Dreien sowie Gollums Niedertracht einen ihrer Höhepunkte. Tatsächlich werden Sam und Frodo unbeabsichtigt in Kankras Labyrinth getrennt.
Sam kehrt jedoch zurück und findet den vermeintlich toten Frodo. Hier konzentrieren sich die Filmemacher auf die wesentlichen Kernaussagen des Buches und vermeiden es, dass Sam den Ring benutzen muss, um zu erfahren, dass Frodo noch lebt. Diese Konzentration der Handlung wird um der Spannung willen im Film auch weiterhin gehalten, jedoch wird Sams Rolle als Held deutlicher gemacht, als er beispielsweise Gorbag tötet. Im Buch gelangt Sam zu seinem Herrn, ohne dass er einen Ork umbringen muss.
Der Weg zum Schicksalsberg bleibt dem Zuschauer aber in all seiner Qual erhalten. Dass der Ring immer schwerer für Frodo wird, wird im Film anhand der Wunden um Frodos Hals veranschaulicht. Von solchen Wunden schreibt Tolkien nichts im Buch.
Alles in allem wird Frodos und Sams letzte Wegstrecke aber ziemlich unverfälscht und sehr beeindruckend im Film wiedergegeben.

Parallel zur letzten Wegstrecke der Hobbits planen Gandalf, Aragorn, Eomer, Legolas und Gimli die letzte Schlacht. Im Film ist es Aragorn, der den Vorschlag macht, zum Schwarzen Tor zu marschieren und dort Sauron direkt anzugreifen. Dieser Vorschlag kommt ursprünglich von Gandalf. Diese Änderung hängt vielleicht damit zusammen, dass Aragorns Entscheidung, die Königswürde anzunehmen, dem Zuschauer da bereits bekannt ist. Im Buch weigert sich der zukünftige König an dieser Stelle noch immer, die Stadt zu betreten. Doch diese Symbolik bleibt im Film außen vor und es muss kein neuer Schauplatz, nämlich Aragorns Lager, eingeführt und erklärt werden.
Der Weg zum Morannon und die letzte Schlacht werden zumindest in der Special Extended Edition ziemlich genau in Bilder umgesetzt. Es sind nur noch Kleinigkeiten, wie Aragorns Rede oder die Aufstellung des Heeres in einem Kreis, die von Buch abweichen. Dinge, die die vorherigen Veränderungen aber letztendlich alle in sich stimmig machen.
Genau wie die folgenden Szenen von Aragorns Krönung. Im Film wird dabei auf bekannte Schauplätze zurückgegriffen, was dem Zuschauer die Orientierung erleichtert. Auch Arwens Anwesenheit, die im Buch erst 2 Monate später eintrifft, bringen alle Veränderungen im Film damit zu einem stimmigen Abschluss.

Bleibt noch die Rückkehr ins Auenland. Auch da schließt sich der Kreis. Man könnte als Zuschauer meinen, dass zwischen dem Aufbruch und der Heimkehr im Auenland die Zeit stehen geblieben ist.
Der letzte Abschied in den Grauen Anfurten entspricht demzufolge auch nicht ganz dem Buch, doch damit wird ein klarer Schluss für den Film gezeigt. Im Buch weiß Sam, dass Frodo gehen muss, und Celeborn verlässt Mittelerde nicht.

Gerade im 3. Teil der Verfilmung gibt es noch so viele Veränderungen, die auf Veränderungen aufbauen. Doch auf alle diese Kleinigkeiten möchte ich gar nicht hinweisen, denn Pater Jackson hat gezeigt, dass er bei seinen Änderungen das Wesentliche der Geschichte immer und an jeder Stelle berücksichtigt hat. Die Filme sind in sich logisch, alle wichtigen Szenen und Dialoge sind von ihm berücksichtigt worden sowie auch Kleinigkeiten, auf die bestimmt nur hartgesottene Fans achten.
Der einzige wirkliche Mangel, der zugunsten der Filmhandlung und daraus resultierender Spannung und Dramatik entstanden ist, ist die Vielfältigkeit und die ganz eigene Mystik, mit der Tolkien Mittelerde erschaffen hat. Das Zusammenspiel von Gut und Böse wird im Film sehr schön veranschaulicht, doch Mittelerde hat darüber hinaus eben noch viel mehr zu bieten.


Bilder: Archiv der Autorin, Quellen nicht mehr bekannt

Quellen:

  • J.R.R. Tolkien, Der Herr der Ringe, Klett Cotta Verlag
  • DVD »The Lord of the Rings«, Special Extended Edition

 Copyright © 2008 by Anke Brandt


Der vollständige Artikel steht als PDF-Download zur Verfügung.

Bisherige Downloads: 1359