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Fort Aldamo – Band 7

Band-7-Finnewackers-HöllenrittBill Murphy
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 7
Finnewackers Höllenritt

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 09.02.2016, Titelbild von Günter König

Kurzinhalt:
Finnewacker, der eisenharte und unerbittliche Master Sergeant des Höllenforts Aldamo, steht weiterhin wie ein Fels in der Brandung von Hass und Gewalt. Die Männer der Strafkompanie sind eine wilde, zügellose Horde von verurteilten Dieben, Deserteuren und brutalen Schlägern, die allesamt nichts mehr zu verlieren haben.

Acht von ihnen planen den Ausbruch. Vor keiner Hinterlist, keiner Gemeinheit schrecken sie zurück. Und ganz plötzlich schlagen sie zu …

Leseprobe:

Der Himmel schien ein einziger greller Fetzen Sonnenlicht zu sein. Brütende Hitze lastete zwischen den hohen Steinmauern des alten spanischen Forts, das seit dem Ende des Bürgerkrieges der Strafkompanie der US-Kavallerie als Standort diente.

Schlaff hing die Fahne der Union am Flaggenmast hoch über dem Turm. Nicht der geringste Luftzug wehte, der den Männern hätte Kühlung bringen können.

Die Posten auf dem Turm und den Wehrgängen standen im Schatten der Sonnendächer und schauten in das glühende Geviert der hohen Mauern hinab, froh, gerade an diesem Tag zum Wachdienst eingeteilt zu sein.

Die Kompanie exerzierte!

Das gleichmäße harte Schlagen der Stiefel auf dem Pflaster des Innenhofes erfüllte die Luft. Die hundert Männer marschierten in Viererreihen mit geschulterten Karabinern, deren Kammern offenstanden – wie es der Vorschrift entsprach. Hin und her marschierte die sich im monotonen Takt wiegende Phalanx der Kompanie, der das triste Grau der Sträflingsdrilliche einen geradezu ehern geschlossenen Anblick verlieh. Eingehüllt in eine Wolke von Mief, die sich aus den Gerüchen von Schweiß, Lederzeug und Waffenöl gebildet hatte, zogen die Männer an den Unterkünften und den Pferdeställen entlang bis zur Mauer. Dann kam der Befehl: »Kehrt marsch!«

Und der gepeinigte Haufen stapfte zurück, nur dass die Ersten nun die Letzten waren und umgekehrt. Bis die Männer des nun ersten Gliedes mit der Brust fast die Mauer des Küchenhauses berührten.

»Kehrt marsch!«, tönte dann abermals die Stimme des kleinen

Sergeanten. Auf den Fuß genau kamen seine Kommandos. Und die Kompanie marschierte zurück.

Seit zwei Stunden nun!

Inzwischen waren acht Mann zusammengebrochen und von den Sanitätern, die im Schatten des großen Torbogens unter dem Torhaus bereitstanden, weggetragen worden. Wieder stürzte einer inmitten der Kompanie krachend zu Boden und rührte sich nicht mehr. Die nachfolgenden Männer stiegen über den Kameraden hinweg, und die Phalanx drohte aus der monotonen Gleichmäßigkeit zu geraten.

Sergeant Fitzgerald reckte sich. »Links, zwei, drei, vier, links, zwei, drei, vier!«, hallte seine Stimme von den Mauern wider, bis die Männer wieder Tritt gefasst hatten.

Master Sergeant Finnewacker, der allgewaltige Herrscher nicht nur über das Fort und die Männer, sondern auch über deren Leben und Sterben, stand in der Tür der Kommandantur. Die Sanitäter warteten gespannt auf sein Zeichen. Aber das gab er erst, nachdem die Kompanie fast die Mauer erreicht hatte und der arme Teufel allein in der prallen Sonne auf dem Pflaster lag – neben ihm sein Karabiner.

Alle Männer, gleich, welchen Rang sie besessen hatten, waren vor der Versetzung nach Fort Aldamo aus der glorreichen US-Kavallerie ausgeschlossen und zu Infanteristen degradiert worden. Und das schlimmste Vergehen, dessen sich ein Infanterist schuldig machen konnte, war, dass er sein Gewehr fallen ließ.

Die beiden Sanis spritzten aus dem Schatten, hoben den Mann und dessen Karabiner eiligst auf, denn die Kompanie hatte schon kehrtgemacht und stapfte wieder heran und trugen ihn reimend weg. Im Laufschritt, wie es Master Sergeant Finnewackers neuster Vorschrift entsprach. In Fort Aldamo hatte sich jeder Mann im Laufschritt zu bewegen, und dabei spielte es keine Rolle, ob er sich auf dem Weg zu seiner Unterkunft oder zur Latrine befand.

Der Küchenbulle, ein Sergeant in blauem Tuch, trat an Finnewackers Seite.

»Du musst mir das sagen, wenn du den Dienstplan änderst, Finnewacker«, sagte er. »Das Futter ist fertig. Es wird mir bei dieser Hitze sauer.«

Finnewacker musterte den Sergeant mit einem schrägen Blick. »Die Männer sind so hungrig, die würgen gleich alles in sich hinein. In zehn Minuten wird der Fraß ja nicht gleich restlos verdorben sein.«

Der Sergeant, der wie alle Chargierten des Forts zum Stammpersonal gehörte, entfernte sich wortlos, stapfte über den Platz und verschwand im Küchenhaus, in dem sich auch der Brunnen befand, der die Wasserversorgung der Fortbesatzung sicherstellte.

Der Master Sergeant trat in den Sonnenglast, groß und massig, wie er war, die Hände auf dem Bücken verschränkt. Das dicke Notizbuch, das von den Männern genauso gefürchtet wurde wie er selbst, ragte ihm einen Inch weit vorn aus der Knopfleiste seiner sauber gebürsteten blauen Feldbluse.

Ein Ruck lief durch die Reihen der Männer. Der Schlussakt, das Ende der Tortur die Erlösung nahte. Und jeder riss sich noch einmal zusammen, damit er vor den Augen des bulligen Master Sergeants Gnade fand.

Sergeant Fitzgerald hatte den Master Sergeant in den Sonnenschein treten sehen und zog sich in den Schatten zurück.

Da tönte auch schon die Stimme des Master Sergeants über die Männer hinweg. »Kompaniiiie – hört auf mein Kommando!«

Er zählte mit, um in den Takt zu kommen. Die Stiefel schlugen härter und klaren wie es schien.

»Kompaniiiie – halt!«

Das Halt kam nach drei Schritten und genau auf dem linken Fuß. Ein Schlag noch, und die Kompanie stand wie ein Mann.

Finnewacker lächelte eitel und zufrieden. Wenn er vor der Front stand, dann klappte es, da gab es kein Nachschlagen – nichts.

»Rechts um! Richtet euch!«, befahl er mit schneidender Stimme.

Stiefelscharren erfüllte die Luft. Er wartete, bis es verstummte.

»Augen geradeee-aus!«, bellte er scharf. Dann schritt er schnell zur Seite und musterte mit kritischen Blicken die Richtungen der vier Reihen. Wie an einer Schnur ausgerichtet standen die hundert Sträflinge da. Nein! Es gab nichts auszusetzen.

Zufrieden trat er vor die Front und ließ den Blick schweifen. Restlos erledigt, nass geschwitzt und pulsierenden Blutdruck in den Köpfen standen die Männer wie Zinnsoldaten in Reih und Glied in dieser brütenden Hitze und blickten ihm ängstlich entgegen. Und diese Welle von Respekt und Furcht genoss er.

»Die Männer, die heute schlappgemacht haben und ihre Gewehre haben in den Dreck fallen lassen, sind für die nächsten vierzehn Tage zum Festungserweiterungskommando eingeteilt!«, rief er mit gehobener Stimme. »Wie steht ein Infanterist der ruhmreichen US-Armee vor dem Feind da, wenn er nicht gelernt hat, sein Gewehr, mit dem er das eigene Leben und das seiner Kameraden verteidigen soll, festzuhalten!« Er trat einen Schritt zurück und fuhr mit gedämpfter Stimme fort. »Zugführer Kommando übernehmen! – Essenempfang!«

Er machte auf dem linken Absatz kehrt und schritt schnell in die Kommandantur zurück. Hinter seinem Rücken ging ein Aufatmen durch die Reihen. Bis auf jene neun unglücklichen Teufel, die von der Hitze zu Boden geschmettert worden waren, waren sie alle davongekommen.

Fort Aldamo war die Hölle! Doch das Festungserweiterungskommando war die Hölle in der Hölle. Keiner dieser Männer hatte vor seiner Versetzung nach Fort Aldamo auch nur geahnt, dass es so etwas gab.

Das Festungserweiterungskommando war Finnewackers Erfindung und zugleich sein Steckenpferd. Das alte spanische Fort stand in einer weiten Ebene mitten auf einem Hügel mit flachen Hängen, und diese flachen Hänge ließ er vom Festungserweiterungskommando abtragen, um dann steile Mauern errichten zu lassen. Mit Spaten und Hacke mussten die Männer dem karstigen Erdreich zu Leibe rücken, es in Säcke füllen und in der weiten Ebene breittragen. Steine zu den Mauern wurden aus den Bergen im Osten herangetragen, die dort mit Hammer, Meißel und Brechstangen aus den Felsen gebrochen werden mussten.

Die Verwendung von Sprengstoff war verpönt. Finnewacker betrachtete

das als Verschwendung von Eigentum der amerikanischen Nation. Sergeant Fitzgerald betrat hinter ihm die Kommandantur. Er war Finnewackers Stellvertreter. Der kleine kraushaarige Mann nahm den Hut ab, warf ihn auf den Tisch und schritt zum Wassereimer, schöpfte eine Kelle heraus und trank.

»Ist dir der Hals trocken geworden?«, spöttelte Finnewacker.

»Eine Stunde exerzieren bei dieser Hitze hätte völlig gereicht«, meinte der kleine Mann vorwurfsvoll.

»Du hast das Wohl der Leute im Auge«, erwiderte Finnewacker. »lch weiß. Aber ich denke auch an das Wohl der Männer. Umsonst sind die Kerle alle nicht hier, und für manchen ist die Zeit viel zu kurz bemessen, um einen anständigen Soldaten aus ihm zu machen. Ich aber trage die Verantwortung, dass jeder Mann, der seine Strafzeit hier abgedient hat, als vollwertiger und verlässlicher Soldat in die US-Kavallerie zurückkehrt.«

Fitzgerald setzte sich zu ihm an den Tisch. »Ich habe nicht das Wohl der Männer im Auge, Finnewacker, sondern die Stimmung in der Kompanie. Und die ist auf dem Nullpunkt.«

Finnewacker senkte die Lider. »Meuterei? Bislang sind wir mit jeder Meuterei hier fertig geworden. Und zwar ich ganz persönlich, mein Lieber!«

»Irgendetwas braut sich zusammen!«, sagte Fitzgerald. »Ich habe mit den Zug- und Gruppenführern gesprochen. Die spüren das auch alle. Nur lässt sich nicht ermitteln, wo die Unruhestifter sitzen.«

Ratten mal aus den Löchern kommen, dann können wir sie sehen und dann schlagen wir ihnen die Köpfe ab.« Nacheinander traten alle Dienstränge ein und nahmen am Tisch Platz. Sergeant Kleiber, der Küchenbulle, erschien mit seinen Leuten, und die deckten rasch den Tisch. Es gab Bohnensuppe mit Hammelfleisch. Flink schöpften die sieben Sträflinge, die zu diesem Dienst eingeteilt waren, den chargierten die Teller voll.

»Gesegnete Mahlzeit!«, brummte Finnewacker dann laut, und alle griffen zu.

Sergeant Kleiber setzte sich mit an den Tisch. Die Sträflinge nahmen an der Wand Aufstellung und ließen die Teller nicht aus den Augen, um sofort zur Stelle zu sein, wenn einer der Corporals oder Sergeants nachgelegt haben wollte. Es ging zu wie in einer Offiziersmesse. Nur die weißen Tischtücher, Servietten und das Tafelsilber fehlten.

Quelle:

  • Bill Murphy: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 7. Bastei Verlag. Köln. 09.02.2016