Heftroman der Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Schwäbische Sagen 6

Schwäbische-Sagen

Die Wunderblume
Mündlich aus Gönningen

Eine Frau aus Gönningen fand einstmals auf dem Stöffelesberg eine schöne Blume. Die brach sie ab und steckte sie sich an die Brust. Als sie hierauf im Wald etwas weiter hinaufgestiegen war, tat sich eine Tür vor ihr auf, und da saßen in einer Erdhöhle drei weiße Fräulein, und ein schwarzer Pudel lag am Eingang der Tür. Sie hätte die drei Fräulein erlösen und sich selbst sehr glücklich machen können. Aber vor Angst wagte sie es nicht, ein Wort zu reden und ging still wieder fort.


Das Fräulein auf dem Rosenstein
Mündlich aus Heubach

Ein kleines weißes Fräulein, das man gewöhnlich das »Schlossfräulein« nennt, drehte vom Hohberg auf den Rosenstein und kommt dann bis an das sogenannte »Schloss« vor Heubach. Niemand gewagt es, das weiße Fräulein anzusprechen. Es führt die Menschen auf Irrwege. Auf dem Hohberg überhaupt ist es gar nicht geheuer. Hier tanzen auf der sogenannten Rietebene, wo im Gras ein Hexenring ist, alle Freitagnacht die Hexen. Ihrer Hauptversammlung halten sie hier aber in der Nacht an Karfreitag, reiten dazu an hin auf Besen und verwandeln sich in Katzen.


Das Kuterweiblwe
Mündlich aus Tettnang

In Tettnang ging ihnen ehedem ein Weib um, das den Abwurf von Flachs und Hanf, »Kuter« (Kutter) genannt, unterm Arm trug und deshalb das »Kuterweiblwe« hieß.


Die Kutterappel
Mündliche Überlieferung aus Grantschen

Im »Buch«, einem Wald zwischen Grantschen und Helzen, ging vor diesem eine Frau um, die hat beständig »gekuttert« (gekittert, d. i. gekichert, gelacht), und wurde deshalb vom Volk »Kutterappel« (Lachnärrin) genannt. Sie hatte einen Bund Schlüssel an sich hängen. Von dem jetzigen Geschlecht hat sie wohl niemand mehr gesehen.


Die Nonne mit dem Schlüssel
Mündliche Überlieferung aus Sulz

In Sulz am Neckar stand vor nicht gar langer Zeit noch ein Haus, das früher ein Kloster gewesen war. In diesem Haus erschien zur Adventszeit eine Nonne und hielt dem Hausherrn an einem Stöckchen oftmals einen Schlüssel hin, den er aber nicht zu nehmen wagte. Später brach er sein Haus ab, entfernte alle Menschen, die helfen wollten, und ist seitdem sehr reich geworden. Jener Schlüssel gehörte wahrscheinlich zu dem Keller, in welchem nach der Aussage eines »fahrenden Schülers« noch viele Schätze, namentlich ein goldenes Kruzifix verborgen liegen sollten.


Die angebotenen Schätze
Mündliche Überlieferung aus Balingen

Zwei arme Weiber aus Balingen lasen einmal Holz im Wald, als plötzlich eine wunderschöne Frau vor dem einen Weib stand und ihm die herrlichsten Sachen von Silber und Gold anbot.

»Sieh doch nur die prächtigen Sachen!«, rief sie der anderen Frau zu, hatte aber nicht den Mut, etwas zu nehmen. Es befiel sie eine große Angst. Als sie heimgekommen war, musste sie sich hinlegen und ist wenige Tag darauf gestorben. Sie hätte wahrscheinlich jene Frau im Wald erlösen können, wenn sie etwas von den angebotenen Kostbarkeiten genommen hätte.


Das Fräulein am Quell der Nagold
Mündliche Überlieferung aus Nagold

Ein vornehmes Fräulein hatte sich einst in der Umgegend von Altensteig verirrt und hörte endlich ein Wasser rauschen und kam zu dem Ursprung der Nagold, die es Ir-Nagold nannte, weil es daselbst sich verirrt hatte. Ebenso hieß dann auch der Weiler am Ursprung des Flusses, den man jetzt Ur-Nagold schreibt. Das Volk aber spricht den Namen gewöhnlich »Her-Nagold« aus.

Aus Dankbarkeit schenkte das Fräulein den Altensteigern den ganzen Wald, der mehrere Tausend Morgen groß ist. Seit ihrem Tod aber geht dieses Fräulein bis auf den heutigen Tag geistweise in der Umgegend der Quelle und zeigt sich alljährlich mehrmals, und zwar immer in weißen Kleidern und mit freundlichen Mienen. Einem Kind, das Erdbeeren im Wald suchte, hat es schon einmal zwei Taler geschenkt. Die Kirche von Ur-Nagold ist die Mutterkirche für die ganze Umgegend und liegt einsam mitten im Tannenwald.


Die Schlüsselbergerin
Mündliche Überlieferung aus Königsbronn

In der Nähe von Königsbronn, kaum 300 Schritt vom Ursprung der Brenz entfernt, erhebt sich ein steiler, riesenhafter Fels, der Herwartstein, auf dessen Gipfel früher die feste Burg Herwartstein lag. Hier wohnte einst eine Gräfin von Helfenstein, die man gewöhnlich die Schlüsselbergerin nennt. Dieselbe tat viel Gutes, solange sie lebte, und machte eine Stiftung, wonach alljährlich am Tag des heiligen Veit (am 15. Juni) unter die Armen Brot und Geld verteilt werden sollte, und zwar sollte dies immer durch den jedesmaligen Ortspfarrer geschehen. Sie hatte aber gedroht, wenn diese Austeilung je unterbleibe, so würde sie selbst kommen und den Pfarrer mahnen. Der Pfarrer Steinhöfer vergaß einmal den Tag. Da kam in der Nacht die Schlüsselbergerin, klirrte mit ihren Schlüsseln und zog an der Glocke des Hauses.

Auf dem Schloss Herwartstein, von dem fast nichts mehr zu sehen ist, soll sich früher oft am hellen Tag eine weiße Jungfrau gezeigt haben.

Vom Herwartstein bis in das Kloster zu Königsbronn führt ein unterirdischer Gang.


Die Schlüsseljungfer
Mündliche Überlieferung aus Bühlertann

Im Schloss Tannenburg bei Bühlertann geht ein weißes Fräulein um, die ein großes Bund Schlüssel am Arm trägt, daher man sie Schlüsseljungfer oder auch Schließerin nennt. Außerhalb des Schlosses zeigt sie sich immer nur auf dem Fußweg, der von Tannenburg herabführt und von dem Weg nach »Halde« durchschnitten wird. Sie geht schnell an den Leuten vorüber, hat aber noch niemals den Tambach überschritten. Sie ist als Braut gekleidet, hat einen Kranz oder Band um den Kopf und wird Kränzlesjungfer, Brautjungfer, Hochzeitmädle oder auch wohl das Fräulein von Tannenburg genannt. Sie soll eine Liebschaft mit zwei Männern gehabt haben. Die bekamen ihretwegen Streit und der eine erstach den anderen. Wegen dieser Schuld muss sie umgehen und treibt allerlei Spuk. So hatten sich einmal mehrere Knaben unter einer großen Eiche bei Tannenburg versammelt und sollten probieren, wie es einem sei, der erhängt würde. Nachdem es mehrere Knaben an sich hatten versuchen lassen, hing eben wieder einer, als plötzlich ein dreibeiniger Hase dahergelaufen kam. Darüber erschraken die Kinder dergestalt, dass sie alle davonliefen und ihren Kameraden hängen ließen. Seitdem hieß diese Eiche die »Bubeneiche«. Später wurde sie gefällt. Jener dreibeinige Hase aber war niemand anderes als die Hochzeitjungfer. Einige glauben, diese Hochzeitjungfer sei eigentlich verschieden von der Schlüsseljungfer.


Die drei Frauen bei Lorch
Mündliche Überlieferung aus Lorch

Auf dem Elisabethenberg bei Lorch, den das Volk gewöhnlich Vogelsberg nennt, stand eine alte Burg der Hohenstaufen. Hier ließen sich sonst, besonders zur Weihnachtszeit, drei weiße Frauen sehen und sangen sehr schön, dass man es weithin hörte. Sie waren aber scheu und kamen nur so nahe zu den Menschen her, dass man sie eben erkennen konnte. Von diesem Berg aus soll ein unterirdischer Gang ins Kloster Lorch geführt haben.