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Der Mythos Tempelritter – Teil 3.8

Einst waren sie im Hochmittelalter die mächtigste Organisation auf Gottes Erden. Sie waren führend im Bankwesen, sie besaßen die größte Flotte des Abendlandes. Zeugen ihrer schier übermächtigen Größe und ihres Reichtums findet man noch heute: Der Newport Tower in Newport, Rhode Island, der als Leuchtturm der Templer gilt; Santa Mariá de Eunate in Spanien, welche die Templer nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem erbauten; Temple Church in London, die den Templern als englisches Hauptquartier diente; die Klagemauer sowie der Tempelberg in Jerusalem, wobei aufgrund der derzeitigen religiösen und politischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und Palästina es dort unmöglich erscheint, umfangreiche Ausgrabungen durchführen zu können. Die Liste der noch existierenden zeitgenössischen Sachzeugen und Bauwerke ist groß und würde den hiesigen Rahmen sprengen.
Wer waren die Templer? Wie waren sie organisiert? Wer waren ihre Führer? Gingen die geheimnisvollen Templer am Freitag, den 13. Oktober 1307 tatsächlich unter? Oder gibt es heute noch Nachfahren der Templer? Fragen über Fragen.
In einer losen Folge möchte ich versuchen, den Mythos der Tempelritter ein wenig zu beleuchten.


Die Großmeister des Tempelordens


Arnaud de Toroge 1180-1184

Der Nachfolger von Eudes de Saint-Amand, Arnaud de Toroge), ist von Geburt ein Spanier, denn er wird 1167 als dortiger Meister genannt. Da Eudes im September 1179 in Gefangenschaft geriet, so mag, weil die Nachricht von seinem Tod nicht gleich in Jerusalem bekannt werden mochte, Arnaud erst 1180 die großmeisterliche Würde erhalten haben, um so mehr, da die Bulle Omne datum erst im Jahre 1181 an ihn ausgestellt ist.

Da sich die Umstände des Reiches immer mehr verschlimmerten und demnach vor allem ein tüchtiger Reichsverweser sich als notwendig erachtete, so richtete sich, nach den berichteten vereitelten Versuchen, der Blick der Barone auf die Schwester des Königs, Sibylle, die Witwe des Markgrafen Wilhelm. Die Prälaten und Barone rieten dem König daher, den Herzog Heinrich von Burgund einzuladen, damit sich dieser mit der Prinzessin vermähle, Regent des Reiches werde und künftig die Krone übernehme. Allein der Zustand des heiligen Landes war so wenig anziehend, dass der Eingeladene nicht kam. Balduin, geplagt von Leibesschwäche sowie von dem nicht ganz unbegründeten Argwohn, Fürst Rainald von Antiochien und der Graf von Tripolis nebst anderen Missvergnügten möchten ihn absetzen, gab übereilterweise seine Schwester dem Ritter Veit von Lusignan an Ostern 1180 zur Ehe, welcher sie, wie einige meinten, geschwängert hatte.

Veit war von vornehmer Geburt, ebenso schön wie tapfer; aber arm, gutmütig und von beschränkter Einsicht, deshalb nicht geschickt, die schlauen, selbstsüchtigen Pullanen zu beherrschen. Jedermann, nur nicht die Tempelherren, war mit dieser Wahl unzufrieden, weshalb Veit einen schweren Stand bekam und durch diese Heirat die syrischen Zustände noch verwickelter wurden. Balduin bat den Sultan um Waffenstillstand, Saladin gewährte diesen, weil das Reich Damaskus schon seit fünf Jahren von dürftigem Wachstum heimgesucht war, er sich auch zu umfassenden Unternehmungen rüsten wollte. Nur dem Grafen von Tripolis verschaffte er keine Ruhe und suchte dessen Land arg heim, während der Graf voller Furcht zu Arqa saß. Ja selbst die Templer und Hospitaliter verhielten sich in ihren Burgen ruhig, aus Furcht, die Macht Saladins auf sich zu ziehen, bis dieser auch dem Grafen von Tripolis Waffenstillstand gewährte und in sein Land zurückging.

Graf Raimund von Tripolis hatte in seinem bisherigen Bemühen, wie schon angedeutet, viele Gegner gefunden und sich deshalb der Regierung wenig angenommen. An der Spitze der Gegenpartei stand des Königs Mutter und deren Bruder, der Seneschall des Reiches, Graf Joscelin III. Als Raimund seinerzeit in das Reich Jerusalem, und zwar nach Tiberias, welches seiner Gemahlin gehörte, reisen wollte, verbot ihm der König auf Veranlassung der Gegenpartei den Eintritt ins Land. Wurde nun auch dieses Verbot aus Verwenden der besser gesinnten Barone zurückgenommen, so empfand doch der Graf diese Beleidigung so tief, dass er aus Rachsucht den Ruin des Landes herbeiführte. Auch das üble Benehmen des leichtsinnigen Fürsten Boemund III. von Antiochien brachte neue Uneinigkeit. Dieser hatte seine Gemahlin Theodora, Nichte des Kaisers Manuel, verstoßen und lebte mit einer gewissen Sibylle im Konkubinat. Der König Balduin und der Patriarch von Antiochien hatten ihn schon oft ermahnt, seine Gemahlin wieder zu sich zu nehmen und jenes Weib von sich zu lassen, aber er fügte sich nicht. Als er deswegen in Bann geriet, verfuhr er feindselig gegen Geistliche und Kirchen und belagerte den Patriarchen, worauf dieser das Land mit dem Interdikt belegte, Boemund aber in seinem bösen Sinn verharrte. Um diese dem heiligen Land so nachteiligen Händel beizulegen, da man fürchtete, Boemund werde sich um Hilfe an Saladin wenden, sandte man an ihn von Jerusalem aus eine Gesandtschaft, bestehend aus dem Patriarchen Heraclius, Fürsten Rainald und den Großmeistern der Templer und Hospitaliter. Allein Boemund gab nicht nach und das Fürstentum Antiochien wurde dadurch so zerrüttet, dass Saladin auch hier auf guten Erfolg seiner Pläne rechnen konnte.

Um Hilfe im Abendland zu erwecken, trugen einige Templer Klage- und Ermahnungsschreiben des Papstes umher. Die Könige Philipp von Frankreich und Heinrich II. von England, denen diese Schreiben bei ihrer Zusammenkunft zu St. Remy in der Normandie übergeben wurden, versprachen Unterstützung.

Frecherweise brach Fürst Rainald, königlicher Statthalter jenseits des Jordan, den Waffenstillstand, worauf Saladin 1182 mit einem Heer herbeikam. In der eilig durchgeführten Beratung konnte man sich in Jerusalem nicht einigen und fasste den übereilten Entschluss, anstatt das Land diesseits des Jordan zu schützen, sich im Mai jenseits aufzustellen, was den Sultan nicht hinderte, zahlreiche Scharen über den Jordan beim See Genezareth zu entsenden und das Land furchtbar zu verwüsten, wobei viele Templer umkamen. Hierauf zog sich die christliche Ritterschaft zusammen und lagerte sich an der Quelle Sephoris zwischen Nazareth und Hittin. Als sie dort die Nachricht erhielten, der Sultan lagere bei Tiberias und verwüste die ganze Gegend, zog das christliche Heer gegen ihn, worauf er über den Jordan zurückwich. Aber als er vor Bet Sche’an, dem früheren Skythopolis, heftigen Widerstand erfuhr, rückte er wieder vor nach Tiberias und bot den Christen die Schlacht an. Beide Heere trafen sich zwischen Tiberias und Bet Sche’an, unweit der Gebirgsfeste Belvoir. Die Türken hatten 20 000 Reiter, die Christen derer nur 700, von welchen noch mancher vor Beginn des Kampfes aus Verzagtheit die Flucht ergriff. Dennoch, und trotz der brennenden Sonnenhitze, siegten die Christen über die Übermacht der Feinde. Nach einigen Wochen kam im August eine türkische Flotte vor Beirut an. Saladin bedrängte diese Stadt von der Landseite. Die Besatzung wehrte sich tapfer. Als der Sultan, der von einem Pfeil am Auge verwundet worden war, aus einem abgefangenen Brief ersah, dass die christliche Flotte und Ritterschaft binnen drei Tagen ankommen würde, kehrte er mit seinem Heer nach Damaskus zurück und brachte von dort aus die sarazenischen Fürsten Syriens und Mesopotamiens vollends unter seine Botmäßigkeit.

Die Miliz des Reiches Jerusalem lagerte wieder an der Quelle Sephoris. Sie versuchte in Saladins Abwesenheit einige Eroberungen zu machen, jedoch außer dem Höhlenkastell zu Savad brachte sie nichts in ihre Gewalt als nur Beute.

Die Furcht vor dem Sultan ließ die Fürsten zu keinem ernsten und umfassenden Entschluss gelangen, sodass der Meister Arnaud in einer ruhmlosen Zeit Oberhaupt des Tempelordens war.

Um Beratungen über die üble Lage des Landes zu pflegen, versammelten sich im Februar 1183 geistliche und weltliche Stände zu einem Reichstag in Jerusalem. Alle syrischen Fürsten waren durch die vielen Unglücksfälle an ihrem Vermögen sehr heruntergekommen, aus dem Abendland war nur späte Hilfe zu erwarten, da dort die Lust an den ruhmlosen und oft vergeblichen Kreuzzügen immer mehr schwand. So fasste man den Entschluss, im Reich Jerusalem eine Vermögenssteuer auszuschreiben, aber niemand kam es bei, die reichen Güter der beiden Ritterorden in Syrien und die noch reicheren im Abendland, als doch eigentlich für den Nutzen des heiligen Landes bestimmt, in der allgemeinen Not zu diesem ursprünglichen Zweck zu verwenden. So verrückt war der Standpunkt dieser ritterlich – mönchischen Vereine, so fremdartig ihre Bestimmung, so furchtbar ihr Ansehen, dass niemand diese naheliegende und natürliche Hilfe in öffentliche Erwägung zu ziehen wagte.

Kaum war jener ungenügende Ausweg, Geld zu beschaffen, eingeschlagen, als Saladin von einem Kriegszug nach Mesopotamien zurückkam. König Balduin setzte die Plätze des Reiches in guten Stand und versammelte seine Scharen an der Quelle Sephoris. Da Balduin durch seine schreckliche Krankheit fast des Augenlichts und des Gebrauchs der Hände und Füße sich beraubt sah, so übergab er seinem Schwager, dem beschränkten Grafen Veit von Joppe die Regierung; ein neues Unglück für das beklagenswerte Land. Mit Widerstreben gehorchten die Barone, alle waren des Kampfes überdrüssig und fürchteten die Macht Saladins. Das christliche Heer war durch zahlreiche Pilgerscharen unter dem Grafen Heinrich von Brabant verstärkt, es bestand aus fast 1300 Reitern und mehr als 15 000 Fußtruppen. Saladin kam unter großen Verwüstungen herbei und lagerte an der Quelle Tubania, vier Meilen von Sephoris, am Weg von Bet Sche’an nach Neapolis, unweit von der damals von Templern und Hospitalitern gemeinschaftlich besetzten Burg Faba. Dorthin führte am 30. September der Graf von Joppe das Heer, in welchem der Missmut sowie unter den Baronen die Widerspenstigkeit gegen den Grafen anhielt, sodass sie unter dem Vorwand den Angriff verweigerten, Saladins Heer sei zu zahlreich, seine Stellung zu vorteilhaft. Vergebens reizte der Sultan an diesem und den folgenden Tagen zum Kampf, die syrischen Barone blieben halsstarrig, so gern sich die Pilger zum Kampf entschlossen hätten. Sie kannten nicht den Zwist der Pullanen und wunderten sich nicht wenig, dass solche zahlreiche Scharen die Gelegenheit zum offenen Kampf nicht ergreifen mochten. Ungeachtet der Tatsache war den ungestümen und allerdings stärkeren Türken gegenüber und bei der Beschaffenheit des dortigen Geländes ein solches Zögern nicht unzweckmäßig, aber es ging nicht aus einem verständigen Entschluss, sondern nur aus der feindseligen Zwietracht hervor, war auch der Sinnesart der Kreuzfahrer zuwider. Saladin zog sich endlich zurück, die Pilger kehrten heim, die syrische Ritterschaft suchte ihre Besitzungen auf.

Im November rückte der unermüdliche Sultan vor die Feste Krak. Die dem Grafen von Joppe feindseligen Großen, besonders Boemund von Antiochien, Raimund von Tripolis, Balduin von Rama, hatten den König unterdessen vermocht, die Regierung wieder selbst zu übernehmen. Dieser ließ nun am 29. November 1183 seinen 5-jährigen Neffen Balduin, Sohn seiner Schwester Sybille und des Markgrafen Wilhelm von Montferrat zum König krönen. Auf Drängen der Barone, ihnen einen kräftigen Reichsverweser zu geben, ernannte er auf dem Zuge zur Entsetzung von Krak den Grafen von Tripolis, aber sehr ungern, zum Heerführer. Saladin wich von der Belagerung der Burg zurück. Nun wollte der König aus tödlichem Hass gegen den Grafen von Joppe diesem alle seine Würden entziehen. Als er, selbst auf inständigen Bitten des Patriarchen Heraclius und beider Großmeister, sich von seinem Entschluss nicht abbringen ließ, entstand unter den Baronen allgemeine Spaltung. Der Patriarch und die Großmeister wandten sich vom König ab, der Graf von Joppe schritt zu Tätlichkeiten, Balduin sah sich genötigt, den Grafen Raimund als Reichsverweser zu bestätigen. Hiermit waren der Patriarch, die Großmeister, der Seneschall Joscelin und Fürst Rainald höchst unzufrieden.

Der Graf von Tripolis, ein schlauer Mann und wohl wissend, dass er solchen Gegnern gegenüber nicht bestehen könne, suchte sich unter folgenden Bedingungen sicherzustellen und seine Feinde zu täuschen. Er begehrte bis zur Volljährigkeit des jungen Königs, also auf zehn Jahre, das Amt eines Reichsverwesers. Der Erziehung und Beaufsichtigung des jungen Königs entsagte er. Er verlangte eine feste Stadt als Unterpfand der aufzuwendenden Kosten. Alle übrigen Burgen des Reiches stellte er unter die Obhut der beiden Ritterorden, um diese sich zu Freunden zu machen. Endlich wurde festgesetzt, dass, wenn der junge König vor seiner Volljährigkeit sterben sollte, die Reichsverwaltung dem Grafen so lange verbliebe, bis der Papst, der Kaiser und die Könige von Frankreich und England das Weitere über die Wiederbesetzung des jerusalemitischen Throns bestimmt haben würden. Diese Bedingungen wurden angenommen, dem Grafen von Tripolis Beirut übergeben und dem Oheim der Gräfin von Joppe, dem Seneschall Joscelin, die Aufsicht über den jungen König anvertraut. Um dem sinkenden Reich kräftige Hilfe zu verschaffen, ging eine Gesandtschaft, bestehend aus dem Patriarchen Heraclius von Jerusalem und den beiden Großmeistern (also sah sich der Reichsverweser drei seiner mächtigsten Gegner eine Zeit lang entledigt) auf das Konzil, welches Papst Lucius III. zu Verona hielt. Hier starb 1184 der Meister Arnaud von Toroge, der an Regsamkeit und Entschiedenheit seinem Vorgänger wenig geglichen hatte. Dagegen wuchs die Macht des Konvents. Doch hatte der Orden auch unter Arnauds Führung im Abendland zugenommen. Schon im Jahre 1180 stellte Kaiser Friedrich I. den Templern eine Urkunde aus, in welcher er sie seines besonderen Schutzes versicherte. Sie ist um so beachtenswerter, da sich die deutschen Kaiser sonst wenig um den Tempelorden kümmerten, noch weniger sich seiner annahmen. Gewiss wirkte sein Gönner, Papst Alexander, auf den Kaiser, mit dem er sich nach langem Hader ausgesöhnt hatte. Den Templern aber war viel daran gelegen, sich in Deutschland festzusetzen, wozu die kaiserliche Empfehlung nur förderlich sein konnte.

Der Erzbischof Wilhelm von Tyrus, welcher in Arnauds Todesjahr seine treffliche Chronik schließt, deutet des Ordens großen Reichtum an. Die angesehensten Fürsten und Barone wetteiferten miteinander, den Orden durch Vermächtnisse und Geschenke zu bereichern. Im Jahre 1182 vermachte König Heinrich II. von England in seinem Testament jedem der beiden geistlichen Ritterorden 5000 Mark in Silber, beiden gemeinschaftlich zur Verteidigung des heiligen Landes überdies noch 5000 Mark. Mit diesem Reichtum stieg die Selbstsucht, die Hab- und Genusssucht im Orden. Die Ritter hausten auf ihren Komtureien im Abendland, sie fragten nicht nach der Hilfsbedürftigkeit Palästinas und machten sich bereits in jenen Jahren durch Übermut und Weltsinn verhasst.