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Der Welt-Detektiv Band 6

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Eine verhängnisvolle Ehe

Eine verhängnisvolle Ehe
Eine wahre Geschichte aus Wien

Nach den großen Pestepidemien stieg die Bevölkerungszahl in Wien. Ende des 18. Jahrhunderts gab es schätzungsweise 200.000 – 250.000 Einwohner. Die ersten Manufakturen entstanden, der Adel lebte in feudalen Herrschaftshäusern, man machte sich Gedanken über die Verunreinigungen der Straßen, nur Frauen hatten noch immer sehr wenig Rechte.

Mehr oder weniger gehorsam fügten sie sich ihren Ehemännern und Eltern, die die Männer ihrer Töchter aussuchten.

Thekla Riener (oder Niener) stammte aus gut bürgerlichem Haus. Anton Grünborn, ein betuchter Mann in den besten Jahren warb um die hübsche, junge Frau. Ihrem Vater, Georg Riener imponierte die finanzielle Unabhängigkeit des älteren Mannes, die auch ihm als künftigen Brautvater zugutekommen würde. Thekla ließ sich von Grünborns gutem Auftreten nicht täuschen. Für sie war er ein kalter Mensch, den sie nicht mochte. Doch irgendwann fügte sie sich den Anordnungen ihrer Eltern und das Schicksal nahm am 15. August 1794 seinen Lauf. Es war der Tag ihrer Hochzeit, die sehr pompös abgehalten wurde.

Sie zog in das Haus ihres Ehemannes, die genaue Lage ist leider nicht bekannt. Sehr bald zeigte er sein wahres Gesicht. Sobald er das Haus verließ, gab es einen einzigen Raum, in dem sie sich aufhalten durfte. Dort verbrachte sie die Zeit mit Handarbeiten.

Nur wenige Tage war sie verheiratet, als er erzürnt war, weil sie Besuch von ihrer Mutter erhalten hatte. Das sei nur zum Zweck, um Liebesbriefe an ihren Geliebten zu schmuggeln, wie der wütende Ehemann vermutete. Sie beteuerte, dass sie außer ihm nur ihren Vater kenne.

Er besorgte Bretter und Werkzeug und nagelte das Fenster zu, damit sie nicht mehr hinaus und niemand hereinsehen konnte. Sie beschwor ihn, niemals einen Geliebten gehabt zu haben, doch er war in seinem Wahn unnachgiebig. Auf ihr Flehen hin, ließ er sich herab, ihr eine Kerze als einzige Lichtquelle zu lassen.

Ihren Eltern überreichte Grünborn einen ansehnlichen Geldbetrag und bat sie, ihre Tochter zurzeit nicht zu besuchen, da er ihre Liebe erst erwerben müsse. Äußerliche Einflüsse wären in dieser Phase schädlich. Gern stimmten die Eltern dem Vorschlag zu, da sie ja wussten, wie gut es ihr Kind bei ihm hätte.

Trotz des Gefängnisses, das er für seine Frau errichtet hatte, quälte ihn die Eifersucht bis zum Wahnsinn. Wiederholt forderte er den Namen ihres Liebhabers. Immer wieder beteuerte Thekla ihre Unschuld und dass es gar keine Möglichkeit gäbe, einen anderen Mann zu treffen. Auch habe sie vor der Hochzeit niemals einen anderen Mann schöne Augen gemacht.

In seinem Irrsinn war er taub für die Beteuerungen. Er traf schreckliche Vorkehrungen, die nur dem Gehirn eines Wahnsinnigen entspringen konnten.

Als Thekla von ihrem Mann in den Raum gezerrt wurde, den er für seine Zwecke hergerichtet hatte, gab es keine Rettung mehr. Das Fenster hatte er mit einer Matratze gegen Schall abgeschirmt, vor dem Kasten stand ein großer Spiegel. Doch die Dinge, die Thekla das Blut in ihren Adern gefrieren ließ, waren ein Marterstuhl und verschiedene Folterinstrumente, an die Grünborn als Assessor des Kriminalgerichts gelangen konnte.

Ein letztes Mal forderte er sie auf, den Namen ihres Liebhabers zu nennen, ansonsten würde sie die Folter zu spüren bekommen. All ihre Beteuerungen und ihr Flehen ließen ihn ungerührt. Er packte sie, zerrte sie auf den Stuhl und band sie fest. Im Spiegel gegenüber sollte sie sehen, welch Verwüstungen an ihrem Körper geschahen.

Ungeachtet ihrer Schmerzensschreie ließ er seinem Sadismus freien Lauf. Thekla durchlebte das, was im Mittelalter Verbrechern wie vielen Unschuldigen angetan worden war, um Geständnisse zu erpressen. Irgendwann registrierte Grünborn in seinem Wahn, dass die arme Frau keinen Laut mehr von sich gab. Er entfernte die spanischen Stiefel und die Daumenschrauben von seiner toten Frau, band sie los und trug sie ins Schlafzimmer. Danach rief er einen Arzt. Als dieser den verstümmelten Körper und das vor Schmerz verzerrte starre Antlitz der Toten sah, schickte er jemanden zur nächsten Polizeistation.

Als die Polizei eintraf, ließ sich Grünborn widerstandslos festnehmen. Der Tatbestand wurde aufgenommen, wobei die verstümmelte Leiche und die Folterinstrumente deutliche Beweise waren. Im Zimmer der Unglücklichen fand der Kommissar unter dem Kasten ein Papier, auf dem Thekla das Martyrium ihrer kurzen Ehe niedergeschrieben hatte.

Da die Todesstrafe inzwischen abgeschafft worden war, wurde Grünborn zu lebenslangem schweren Kerker verurteilt, wo er dem Irrsinn verfiel.

Theklas Eltern brachte das Blutgeld vom Verkauf ihrer Tochter kein Glück. Ihr Vater verfiel dem Alkohol, die Mutter der Spielsucht. Beide starben in Armut.

Quellen:

Dunkle Geschichten aus dem Alten Wien, Pichler Verlag

(ah)