Paraforce Band 14
Sie rannte so schnell, wie sie noch nie zuvor in ihrem Leben gerannt war.
Sie rannte, bis ihr die Luft knapp wurde, das Blut in den Ohren rauschte und jeder Muskel ihres Körpers zu schmerzen begann.
Dennoch hatte sie das Gefühl, nicht von der Stelle zu kommen.
Stattdessen rückten ihre Verfolger stetig näher, so nahe, dass sie bereits ihren heißen Atem im Nacken zu verspüren glaubte.
Panik drohte Jane Mulford zu übermannen. Dennoch rannte sie weiter, erschöpft, keuchend, wimmernd.
Der Tod hatte sich an ihre Fersen geheftet und sie wusste es. Wie ein gejagtes Tier hetzte sie durch den Buschgürtel. Dornensträucher zerfetzten ihr Kleid, Zweige peitschten ihr ins Gesicht und immer wieder stolperte sie über Wurzelwerk, das hier und da aus dem sandigen Boden ragte.
Jedes Mal dauerte es länger, bis sie wieder auf die Füße kam, trotzdem rannte sie, ohne sich eine Pause zu gönnen, immer sofort weiter.
Instinktiv wandte sich Jane nach Westen.
Sie hatte die örtlichen Gegebenheiten nicht genau im Kopf, aber sie wusste, dass, wenn sie diese Richtung beibehielt, sie irgendwann auf Jack Bartons Tankstelle am Interstate treffen musste.
Plötzlich stolperte sie erneut und fiel hin. Ihr Knöchel schien zu explodieren und der Schmerz fraß sich innerhalb von Sekunden wie glühende Lava durch den Unterschenkel bis hoch zu den Hüften. Jane schrie, stemmte sich mit den Händen auf und versuchte, sofort wieder auf die Füße zu gelangen. Aber es ging nicht, im Gegenteil, sie musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht erneut aufzuschreien.
Keuchend sank sie wieder zu Boden.
Tränen standen in ihren Augen, während sie mit der Hand über den verletzten Knöchel tastete. Sie musste kein Arzt sein, um zu wissen, dass der Knöchel verstaucht oder vielleicht sogar gebrochen war.
Aus und vorbei, war ihr nächster Gedanke.
Im gleichen Moment raschelte es hinter ihr. Ihr Herz drohte auszusetzen, als sie sah, wie sich zwei Männer durch das Strauchwerk schoben. Sie wirbelte herum, krallte ihre Finger in den Boden und versuchte, ihren Verfolgern kriechend zwischen den Büschen im Unterholz zu entkommen.
Vergeblich!
Eine schwielige Männerhand griff mit einer wütenden Bewegung nach ihrem Fuß und wirbelte sie herum.
Sie schrie, versuchte sich aufzurichten, aber der andere Mann presste ihr den kalten Stahl seiner Revolvermündung gegen die Schläfe.
»Endstation, Baby«, sagte er und kicherte albern.
Jane Mulford war wie paralysiert. Obwohl sie genau wusste, was sie von Will Stone und Sam Parker, ihren beiden Verfolgern, zu erwarten hatte, konnte sie nichts anderes tun, als ihren Blick auf Stone zu richten, der vor ihr auf die Knie gegangen war und mit gespielter Sorglosigkeit seine Hose aufknöpfte.
»Ts, ts, ts«, sagte Stone dabei und schüttelte den Kopf. »Du kleines Fötzchen, du hast doch wohl nicht ernsthaft geglaubt, dass du damit durchkommen wirst, oder?«
Ohne auf eine Antwort zu warten, redete er weiter.
»Kellermann hatte dich schon lange im Verdacht. Wenn es nach dem Professor gegangen wäre, hättest du bereits die letzte Woche nicht mehr erlebt. Aber dein geiler Arsch reizte mich schon immer. Wenn du also nett zu mir bist, überlege ich es mir vielleicht noch mal und lass dich laufen. Nachher, wenn du verstehst, was ich meine.«
Halb verrückt vor Angst und mit flackernden Augen beobachtete sie, wie Stone den Reißverschluss ihrer Hose öffnete. Sie versuchte, sich zu wehren, aber sein Partner packte sie an den Haaren und riss ihren Kopf brutal nach hinten.
Jane öffnete den Mund zu einem Schmerzensschrei, den Parker erstickte, indem er ihr mit einem debilen Grinsen den Revolverlauf zwischen die Zähne schob.
Sie spürte Blut im Mund und würgte.
»Du hast es gehört, Baby. Also streng dich gefälligst an, sonst puste ich dir mit meinem Ballermann das Hirn aus dem Schädel.«
***
Colonel James Warner war ein Bär von einem Mann, hochgewachsen, muskulös und mit Schultern so breit wie ein Wandschrank. Sein markanter Schädel wurde beherrscht von einem militärisch kurzen Bürstenhaarschnitt, dunklen Augen und einer riesigen Hakennase, die wie ein Geierschnabel aus seinem wettergegerbten Gesicht hervorstach.
Warner galt als einer der besten Verteidigungsstrategen der Army. Eine Eigenschaft, der er es zu verdanken hatte, dass er diesen Samstagabend nicht in den Armen seiner Frau verbrachte, sondern in den unterirdischen Hallen des texanischen Instituts für Biophysik und Virologie.
Dementsprechend war seine Laune, als er dem Leiter des Instituts durch ein gespenstisches, halbdunkles Netz aus Gängen und Treppen folgte, das ihn immer tiefer in die Erde hineinzubringen schien.
Professor Doktor Albert Kellermann, der Chef der Forschungsanstalt, führte ihn im Eiltempo immer weiter nach unten.
»Eines möchte ich von Anfang an klarstellen«, brummte er dabei, »ich zeige Ihnen das hier nur, weil es Ihre Vorgesetzten so wollen. Sie finanzieren meine Experimente, ergo bin ich ihnen gegenüber loyal. Dass ich nicht gerade begeistert bin, Ihnen Forschungsarbeiten zu zeigen, die eigentlich noch im Anfangsstadium stehen, steht auf einem anderen Blatt. Meiner Meinung nach bringt das weder Ihnen noch mir etwas, außer, dass Sie mich für unhöflich halten und ich nicht weiter arbeiten kann.«
Na toll, dachte Warner. Für diese Einstellung bin ich also hierher gefahren, anstatt den Abend mit meiner Frau zu verbringen. Du elender Wichser, wenn du nicht bald etwas kooperativer wirst, sorge ich dafür, dass du in Zukunft im Sandkasten weiter experimentieren kannst.
»Dann sind wir uns ja einig«, entgegnete er giftig. »Ich wüsste auch etwas Schöneres, als diesen Abend mit Ihnen zu verbringen.«
Der Professor stutzte, blieb stehen und musterte den Offizier mit einem Blick, der deutlich freundlicher war. Warners patzige Antwort schien Wirkung zu zeigen.
»Sie müssen mich verstehen«, erklärte er. »Sie erhalten hier trotz meiner Bedenken Kenntnis von einem streng geheimen Forschungsprojekt, ich nenne es das Kellermann-Experiment, aber davon später mehr. Anfangs musste ich dafür noch viel Kritik einstecken, doch jetzt, wo die ersten Ergebnisse sichtbar sind, habe ich langsam das Gefühl, als ob jeder Eierkopf in Ihrem Verein versucht, sich damit in der Öffentlichkeit zu profilieren. Erst gestern hatte ich so einen Windbeutel aus der Hauptstadt hier, der glaubte, mit meinem Wissen in Washington einen auf Wichtig machen zu können. Verstehen Sie jetzt, warum ich, mit Verlaub gesagt, etwas ungehalten bin, wenn ich meine Forschungsergebnisse ständig irgendwelchen Besuchern präsentieren soll?«
Der Offizier winkte ab. »Keine Angst, Professor, ich werde Sie nicht lange aufhalten. Sie müssen mir weder einen wissenschaftlichen Vortrag über den Verlauf Ihrer Experimente halten, noch werde ich versuchen, aus Ihren Worten in irgendeiner Art und Weise Kapital zu schlagen. Es genügt, wenn Sie mir Ihre bisherigen Ergebnisse zeigen, damit ich beim nächsten Meeting vor General Sullivan nicht wie ein Idiot dastehe.«
Warner folgte dem Professor einen engen Gang entlang zu einer Tür, vor der zwei bewaffnete Sicherheitskräfte Wache standen.
»Was wissen Sie über dieses Projekt?«, fragte Kellermann, nachdem die beiden Posten den Weg auf den dahinter liegenden Raum freigegeben hatten.
»Eigentlich so gut wie nichts«, sagte der Colonel, als der Wissenschaftler die Tür hinter ihnen ins Schloss zog und sie wieder alleine waren. »Ich weiß nur das, was man sich hinter vorgehaltener Hand zuflüstert.«
Andächtig blickte er sich um.
Der Raum, ein quadratisches, fensterloses Zimmer, war mit zahllosen Halogenstrahlern gespickt, die ihn in einem geradezu überirdischen Licht erscheinen ließen. Sämtliche Scheinwerfer richteten sich auf ein riesiges Podest, das fast die gesamte Länge der gegenüberliegenden Wand einnahm. Dort stand, inmitten unzähliger elektronischer Gerätschaften, ein würfelförmiger Glaskasten, in dem ein Gesteinsbrocken lag, der zur Hälfte mit einer gelartigen, glänzenden Schicht überzogen war.
»Was Sie hier sehen, ist genaugenommen ein Stück Mars.«
»Und?«, erwiderte Warner sichtlich enttäuscht. Soweit er wusste, gab es in den Forschungslaboren des Landes zusammengenommen Tausende von Gesteinsbrocken nichtirdischer Existenz, wobei es dahingestellt war, ob sie vom Mond, dem Mars oder der Venus stammten. Was zum Teufel also war an diesem faustgroßen Stein so besonders, dass man ihm deswegen das Wochenende versaute?
Kellermann sagte es ihm und er bekam weiche Knie.
»Sie … Sie wollen also damit sagen, dass dieser komische Belag außerirdischen Ursprungs ist?«
Kellermann strahlte. »In der Tat, diese Handvoll Mikrobenmasse ist der definitive Beweis, dass es irgendwo da draußen tatsächlich Leben gibt.«
Der Professor warf einen wissenden Blick auf den Steinbrocken und legte Warner die Hand vertraulich auf die Schulter.
»Aber es kommt noch besser. Diese Lebensform, die Sie hier sehen, ist praktisch unzerstörbar. Wir haben es mit Hitze, Kälte, Säure und toxischen Giften versucht, mit Pistolenkugeln, Messern, Hammer und Meißel, das Ergebnis war jedes Mal dasselbe. Wir wissen zwar nicht, was im Innern dieses Aliens während der Versuche, es zu vernichten, vorging, unsere Forschungen stehen erst am Anfang, aber Fakt ist: Diese gelartige Masse ist unverwundbar. Und jetzt kommen meine Experimente ins Spiel. Haben Sie ungefähr eine Vorstellung, was es bedeuten würde, wenn es mir gelingt, diese unverwundbare Oberfläche für militärische Zwecke nutzbar zu machen?«
Warner schnappte nach Luft. Sein Gehirn brauchte einen Atemzug lang, um zu verarbeiten, was er soeben gehört hatte.
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