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Westernkurier 07/2008

Auf ein Wort, Stranger,
ein Mann ohne Sattel ist wie ein Maler ohne Augenlicht.

Zugegeben, diese Aussage aus dem Mund des bekannten Westernmalers C. M. Russell ist für unsere heutige Zeit ein ziemlich gewagter Vergleich. Aber man muss diese Worte in ihrer Zeit sehen, dort konnten sie nicht treffender sein.

Der Sattel war das erste Stück einer Ausrüstung, die sich der Cowboy anschaffte, und das Letzte, dessen er sich entledigte, ergo das Wichtigste.

Ein Cowboy verkaufte in der Not sein Pferd, seine Waffen, ja sogar seine Stiefel, aber niemals seinen Sattel. Sobald er diesen verkaufte, war er nicht länger ein Cowboy.

Die Aussage »er hat seinen Sattel verkauft« war gleichzusetzen mit der Bedeutung: Der betreffende Cowboy war beruflich erledigt.

Yeah, Leute, so einfach war das damals.

Sehen wir uns also nun dieses Heiligtum jenes Typus Mensch, der heute noch aus der Geschichte des Wilden Westens nicht wegzudenken ist, einmal etwas genauer an.

So ein richtiger Sattel war schwer, sowohl in finanzieller als auch in gewichtiger Hinsicht. Er kostete den Durchschnittscowboy mindestens einen ganzen Monatslohn, wenn sogar nicht mehr, und er wog selten weniger als dreißig, ja manchmal sogar bis zu fünfzig Pfund.

Es gab ihn in drei Grundformen:

  1. der Texas-Sattel, der im Südwesten bevorzugt wurde
  2. der California Center Fire-Sattel, der im Westküstengebiet verwendet wurde
  3. der Swell Fork-Sattel, mit welchem im Nordwesten geritten wurde

Manche Leute zählen zwar noch den von George McClellan für die US-Kavallerie konstruierten Cavalry oder McClellan-Sattel dazu, aber nach übereinstimmender Meinung fast aller Cowboys konnte man dieses Machwerk getrost vergessen.

Nur die ersten drei oben erwähnten Sättel waren einzig und allein für ihren Zweck gebaut worden: für harte Arbeit mit dem Pferd, um viele Stunden, Tage, ja Wochen bei jeder Gangart und bei jedem Wetter darauf zu sitzen, ohne dass Ross und Reiter mehr ermüden als unbedingt notwendig. Und, wenn der Cowboy sich schließlich nach einem langen, nicht selten 16 Stunden dauernden Arbeitstag zur Ruhe legte, ihm auch noch als Kopfkissen zu dienen. Auf einem McClellan zu sitzen, war nach übereinstimmenden Berichten vieler Zeitgenossen hingegen so bequem und erheiternd wie ein Ritt auf einem Nadelkissen durch einen Raubtierkäfig. Zu dieser Kategorie zählte auch noch der Damensattel europäischer Prägung, bei dem die Dame, wenn sie denn eine war, mit an einer Seite herunterhängenden Beinen praktisch seitlich auf dem Pferd saß. Shirley Sotheby, eine waschechte Pioniersfrau, sagte anno 1891 einmal hierzu:

»Solche Dinger waren in der Wildnis für die reitenden Frauen gefährlicher als Indianer und Klapperschlangen. Es gäbe ganz gewiss heute ein paar Millionen Amerikaner weniger, wenn Frauen nicht geritten wären wie Männer.«

Also liebe Leser, egal was Ihnen mancher sogenannte Western- und Reitexperte auch weismachen will, vergessen Sie die beiden zuletzt genannten Modelle wieder ganz schnell.

Jetzt zum Aufbau eines wirklichen Sattels.

Das Grundgerüst ist der Sattelbaum (Saddle Tree). Er besteht aus zwei lang gestreckten Hartholzschalen, die vorne am Hals des Pferdes durch einen gabelartigen Vorderzwiesel (Saddle Fork) und hinten durch den halbkreisförmigen Hinterzwiesel (Cantle) verbunden sind. Meistens noch mit Stahlbändern verstärkt ist dieser Sattelbaum also derart in zwei Hälften geteilt, das Rückgrat und Widerrist des Pferdes frei bleiben. Das ganze Holzgerüst wird dann mit Rohleder überzogen und vernäht. Der Hinterzwiesel, auch Sattelkranz genannt zur steil aufragenden Sitzlehne hochgezogen und das lederverkleidete Sattelhorn mit Stahlbändern an die Sattelgabel angeschraubt.

Der eigentliche Sitz besteht aus starkem Hartleder, das die beiden Seitentrachten zwischen Sattelkrone und Sattelgabel überzieht. Zwei längliche, breite Hartlederplatten, sogenannte Sattelunterlagen werden so an den Seitentrachten befestigt, dass sie genau in der Mitte des Sattels, also dort, wo sie auf das Rückgrat des Pferdes zu liegen kommen, beweglich zusammenstoßen. Diese Platten sind mit weichem Filzstoff unterlegt und an den Rändern mit sogenannten Schweißbändern (jetzt zur Abwechslung mal span. Sudaderos) besetzt. Wird nun der Sattel auch noch auf eine Satteldecke gelegt, ergibt sich für ein Pferd die größtmöglichste Polsterung zwischen dem harten Sattelgerüst und seinem Rücken.

Uff und schweißabwisch, wer bis dato nur Bahnhof verstanden hat – ging mir anfangs übrigens auch so – den kann ich nur auf Teil 2 meiner Sattelgeschichte vertrösten. Dieser ist leider aufgrund der Komplexität (mein Gott, was für ein Wort) dieses Themas notwendig geworden. Jedenfalls wird an dieser Stelle anhand einiger historischer Zeichnungen das Ganze noch mal langsam, und für die Landwirtschaft auch zum Mitschreiben genauestens erklärt.

Aber jetzt zurück zum eigentlichen Thema dieser Westernkolumne.

Worüber haben wir uns gerade unterhalten?

Ach ja, der Cowboysattel und seine Herstellung im Allgemeinen. Hier also nun die letzten Feinheiten.

Das eigentliche Sitzleder wird jetzt noch an seiner Vorderseite beidseitig durch die Front-Jockeys und an der Rückseite mit den Back-Jockeys ergänzt, welche mit den Kanten der Sattelunterlagen abschließen und aus weichem, aber festem Leder bestehen. Dieses wird dann mit dem Überzugsleder von Gabel und Krone, sprich Sattelhorn und Sattellehne zu einer Einheit vernäht. Steigbügelriemen und Sattelgurt an Eisenringen befestigt, wobei unter dem Steigbügelriemen sich beiderseits breite, vom Sitzleder bis an die Steigbügelhalter reichende Schutzschilder befinden, die die Beine des Reiters vor Schweiß schützen. Dann kommt noch der Sattelgurt hinzu, der von der einen Seite des Sattels unter dem Leib des Pferdes zu dessen anderer Seite führt, dann noch an den Jockeys einige Conchas mit langen Flechtriemen angebracht und fertig ist das gute Stück.

Conchas sind hohl gekrümmte Kreisscheiben aus Kupfer, Silber oder vernickeltem Blech, die schnallenartige Aussparungen haben, sodass man einen Lederriemen hindurchziehen kann. Wollte ich nur mal so nebenbei erwähnen, bevor mich jetzt gleich der nächste Fragesteller unterbricht.

Jetzt könnte ich noch darauf eingehen, wofür die Conchas so alles gut sind, auf andere Dinge hinweisen, die einen Cowboysattel erst zu einem richtigen Cowboysattel machen, als da wären Satteldecke, Sattelstempel, Sattelgurt, Satteltakelung oder das Sattelgerücht. Aber ich denke mal nun reicht es, wir alle haben eine kleine Pause verdient. Beschäftigen wir uns mit diesen Dingen also im nächsten Westernkurier.

In diesem zweiten Teil meiner Ausführungen folgt dann außerdem noch etwas Geschichtliches zum Thema Sattel. Aber keine Angst, damit das Ganze nicht zu einer staubtrockenen Angelegenheit wird, füge ich dem Bericht diesmal jede Menge Bildchen bei.

Jetzt aber genug, es ist an der Zeit für ein anständiges Sun-of-a-Gun-Stew und einen Hut voll Schlaf. Denn beides, Essen wie Schlafen ist für einen richtigen Cowboy ein verdammt ernstes Geschäft, savy?

In diesem Sinne,

euer Slaterman

Quellennachweis:

  • H.J.Stammel: Der Cowboy von A bis Z
  • Thomas Jeier: Treibt sie nach Norden