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Im Gespräch mit Friedrich Tenkrat

Friedrich Tenkrat wurde am 18.12.1939 in Wien geboren. Vater Friedrich Emanuel Tenkrat, Mutter Wilhelmine, geb. Riehs.

Nach acht Schuljahren vierjährige Schriftsetzerlehre (1954-1958). Eineinhalb Jahre Maschinensetzer in der Schweiz (Winterthur, Solothurn, Pratteln). Ein halbes Jahr Korrektor bei der Süddeutschen Zeitung in München. In Wien als Korrektor bei den Firmen Herold und Pressehaus tätig. Buchverlags-Revisor beim Molden-Verlag. Erste schriftstellerische Gehversuche.
Verheiratet seit 7.5.1966. Gattin Anna, geb. Hopitzan.
Zwei Kinder: Friedrich, 1.11.1966, Karin, 29.4.1969.
Sein erster Roman wurde 1969 im 12 Uhr Krimi veröffentlicht.
Seitdem veröffentlichte er unter über 30 Pseudonymen mehr als 1300 Heftromane und Taschenbücher mit einer Welt-Gesamtauflage von rund 45 Millionen Exemplaren. Außerdem schrieb er Erotik-Romane, mehr als 2000 Illustriertenromane, wahre Geschichten, Kurzkrimis und Reports, Liedtexte und 1 Drehbuch.
Im Bastei-Verlag erschien bis 1990 seine Gruselroman-Serie Tony Ballard, die seit 2005 im Zaubermond-Verlag als Hardcover fortgesetzt wird. Er wirkte u. a. mit an den Serien Jerry Cotton, Kommissar X, John Sinclair, Vampir Horror Roman, Mark Baxter, Lassiter, John Cameron, Gespenster-Krimi und vielen anderen mehr mit.


Geisterspiegel: Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Friedrich Tenkrat: Ich habe schon in der Schule immer die längsten Aufsätze geschrieben. Später war das Schreiben dann mein Hobby. Es gefiel mir, Krimis zu verfassen und mit meinen selbst erfundenen Helden immer neue Abenteuer zu erleben. Irgendwann schickte ich meine Werke dann an deutsche Verlage. So begann es.

Geisterspiegel: Gibt es heute noch unveröffentlichte Original-Tenkrats der Frühzeit? Werden diese irgendwann einmal erscheinen? Oder sind sie aus deiner Sicht reine Übungsstücke, die nicht veröffentlicht werden sollten? Wenn doch, stünde der Geisterspiegel zur Verfügung …

Friedrich Tenkrat: Leider habe ich alles weggeworfen. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sich irgendwann mal jemand dafür interessiert.

Geisterspiegel: Wie bist du zur Jerry Cotton Serie gekommen (sowohl als Leser und Autor)?

Friedrich Tenkrat: Als Leser konnte man an Jerry Cotton nicht vorbeigehen. Er war zu präsent. Bevor ich als Autor in die Serie einstieg, schrieb ich viele Romane für andere Reihen: Kommissar X, Fledermaus, Cliff Corner. Mark Baxter, Sam & Sally, Inspektor Kennedy, Franco Solo, Gaslicht, Spuk und so weiter und so fort …

Geisterspiegel: Wer hat dich zu Cotton geholt? Peter Thannisch?

Friedrich Tenkrat: Joachim Honnef.

Geisterspiegel: Woher nimmst du all deine Ideen? Du sagtest zwar einmal, dass du »wie ein Schwamm« alles aufgreifst, doch meiner Meinung nach sind die Inhalte von einigen deiner Romane nicht unbedingt Dinge, die man im Alltag mitbekommt.

Friedrich Tenkrat: Viele meiner Nebenfiguren gibt es auch im wirklichen Leben. Was sie mir erzählen, fließt in die Romane ein, wenn es gerade dazu passt. Die knallharten Unterwelt-Buben sind natürlich frei erfunden. Ideen gibt es wie Sand am Meer. Wenn man mit offenen Augen durchs Leben geht, kann man sie nicht übersehen (Zeitung, Radio, Fernsehen …).

Geisterspiegel: Wie lange brauchst du in etwa, um ein Romanheft oder ein (Jerry Cotton-)Taschenbuch zu schreiben?

Friedrich Tenkrat: Früher habe ich ein Heft in vier bis fünf Tagen geschrieben. Heute lasse ich mir Zeit und brauche doppelt so lange.

Geisterspiegel: Hast du selbst Roman(heft)e gelesen, bevor du angefangen hast, Romane zu schreiben?

Friedrich Tenkrat: Ja, aber nicht allzu viele. Mein Vater empfahl mir Edgar Wallace zu lesen, und von dessen Krimis war ich begeistert.

Geisterspiegel: Wirst du neben den Tony Ballard und Jerry Cotton Taschenbüchern noch weitere Heftromane schreiben?

Friedrich Tenkrat: Vorläufig nicht.

Geisterspiegel: Wie kommt es, dass inzwischen keine Jerry Cotton Heftromane, sondern nur noch die Taschenbücher von dir erscheinen?

Friedrich Tenkrat: Peter Thannisch möchte so viele Cotton-Taschenbücher wie möglich von mir haben. Und da ich auch noch vier Tony-Ballard-Bücher im Jahr liefern muss, bleibt mir für Hefte keine Zeit.

Geisterspiegel: Wie kam es zur Tony Ballard Fortsetzung bei Zaubermond?

Friedrich Tenkrat: Dennis Erhardt hat mich angerufen – ich war gerade bei der Gartenarbeit – und gefragt, ob ich mir eine Fortsetzung vorstellen könne. Ich habe ja gesagt.

Geisterspiegel: Was hat dich dazu bewogen, Tony Ballard fortzusetzen?

Friedrich Tenkrat: Vielleicht wollte ich unbewusst den Fehler, ihn beendet zu haben, wieder gutmachen.

Geisterspiegel: Gibt es Romane von dir, die dir aus heutiger Sicht überhaupt nicht mehr gefallen?

Friedrich Tenkrat: Sicher. Aber frag mich nicht, welche das sind. Ich hab’s verdrängt.

Geisterspiegel: Wie würdest du die Entwicklung deiner »Schreibe« beschreiben?

Friedrich Tenkrat: Ich denke, ich habe dazu gelernt und schreibe heute etwas reifer als früher.

Geisterspiegel: Wie äußert sich das reifere Schreiben aus Deiner Sicht?

Friedrich Tenkrat: Ich denke beim Schreiben mehr nach, als früher.

Geisterspiegel: Wie siehst du die Zukunft des Buches im Allgemeinen und die des Heftromans im Besonderen?

Friedrich Tenkrat: Bücher wird es wohl immer geben, aber Hefte? Ich weiß es nicht. Es sind schon zu viele Serien »gestorben«, und ein Ende dieses Trends ist noch nicht in Sicht, wie ich bisweilen höre.

Geisterspiegel: Wie siehst du heute – mit 20 Jahren Distanz – das Bad Tony Ballards im Drachenblut? War es ein Fehler? Oder hat es die Serie gefördert?

Friedrich Tenkrat: Ich habe einfach alle Möglichkeiten ausgelotet, Tony Ballard interessant, abwechslungsreich und spannend zu gestalten, und da habe ich eben auch mal eine Anleihe bei den alten Nibelungen genommen. Der Serie hat es nicht geschadet.

Geisterspiegel: Aber Ballard war in dieser Zeit, bis du das klugerweise rückgängig machtest, unverwundbar. Ketzerisch gefragt: Warum hat er da nicht ein blaues Trikot mit einer roten Unterhose übergestreift und hat sich SB für Super-Ballard drauf nähen lassen, ist in die Hölle marschiert und hat alles niedergemacht und das Böse vernichtet?

Friedrich Tenkrat: Vielleicht hätte ich das auch noch machen sollen. Ist mir leider nicht eingefallen.

Geisterspiegel: Bist du da nicht an die ohnehin oft wackeligen Grenzen der inneren Logik des Heftromans gestoßen?

Friedrich Tenkrat: Ich hab das alles nie zu eng gesehen, sondern meiner Fantasie einfach freien Lauf gelassen.

Geisterspiegel: Wir redeten schon vor langer Zeit darüber. Franco Solo und die Mafia. Helden wie Sinclair Ballard & Co. im Kampf gegen die Hölle. Wie siehst du diese Grenzen und wie bist du damit umgegangen?

Friedrich Tenkrat: Ich habe die Grenzen sehr weit abgesteckt und bin damit ziemlich locker umgegangen, um mir den Spaß am Schreiben nicht zu vermiesen.

Geisterspiegel: In diesem Zusammenhang sollte man auch noch mal den Ghoul von Mallorca erwähnen.

Friedrich Tenkrat: Vergiss den Ghoul. Ich habe noch sehr viele andere Romane geschrieben.

Geisterspiegel: Der Heftroman als Publikationsform stirbt. Die Serien werden immer weniger. Würdest du heute einem Autor den Einstieg noch empfehlen?

Friedrich Tenkrat: Nein. Dr. Schäfer vom Kelter Verlag sagte voriges Jahr auf der Frankfurter Buchmesse zu mir, er könne niemandem mehr reinen Gewissens empfehlen, Autor zu werden, weil man davon kaum noch leben könne.

Geisterspiegel: »Ghoul von Mallorca«. Mit Distanz. War dieser Roman, wo Phorkys, Rufus und Co. diesen Ghoul schufen, der Tony vernichten sollte und dann immer weglief, wirklich nötig?

Friedrich Tenkrat: Nein, und ich bin auch nicht stolz auf diesen Roman. Aber ich werde mich dafür nicht entschuldigen, denn schließlich gab es auch Leser, denen er gefallen hat. So ist das ja immer. Was beim einen ankommt, lehnt ein anderer total ab. Jedem Menschen Recht getan …

Geisterspiegel: Entschuldigen nicht. Warum auch? Aber zur selben Zeit entstanden für Kelter und Pabel wesentlich interessantere Einzelromane. Hast du zu der Zeit nicht so recht gewusst, wohin Ballard gehen sollte? Auf mich macht das den Eindruck.

Friedrich Tenkrat: Ich habe zwischendurch immer wieder Einzelromane geschrieben. Nicht nur für Kelter. Auch für Pabel. Und nebenher ist Tony zur echten Serie »gereift«.

Geisterspiegel: Wann hast du dich bei Tony Ballard für den Kurswechsel entschlossen, weg vom konventionellen Horror hin zu dieser actiongeladenen Mischung mit Abenteuern in fremden Dimensionen?

Friedrich Tenkrat: Das ist einfach passiert. Ich wollte Tony Ballard zwischen John Sinclair und Zamorra ansiedeln und habe ihn in diese Richtung laufen lassen.

Geisterspiegel: Zu deinen besten Romanen zählen die ersten beiden Blutbestien-Romane und der Insektenzweiteiler. Gleichzeitig waren sie wegen der Brutalität recht umstritten. Warum hast du Einzelromane in dieser Form bei Bastei nicht weiterverfolgt oder gar versucht mit solchen Stoffen zum Taschenbuch oder Hardcover zu kommen? Der österreichische Stephen King quasi?

Friedrich Tenkrat: Ich hatte eine Familie zu ernähren und weder Zeit noch Lust auf irgendwelche Experimente.

Geisterspiegel: Aber warum hast du nicht versucht, im Heft die eingeschlagene Richtung der Blutbestien-Romane und des Insektenzweiteilers fortzuführen, auch auf den Ballard zu übertragen. Damit hättest du eine Familie ernähren können.

Friedrich Tenkrat: Der Jugendschutz war nicht allzu sehr (eigentlich überhaupt nicht) von den genannten Romanen begeistert. Also habe ich ein wenig zurückgeschaltet.

Geisterspiegel: Thema: Franco Solo. Der hat mit Tony Ballard insofern ja gemeinsam, dass er ewig gegen übermächtige Gegner kämpft und immer wieder überlebt. Wie schafft man es als Autor, diesen Widersinn so umzusetzen, dass sich der Leser auf dieses Spiel einlassen mag?

Friedrich Tenkrat: Wenn der Roman gut ist, sehen die Leser gerne über solche Kleinigkeiten hinweg.

Geisterspiegel: Hier sind wir auch wieder bei dem Spiel, das Heftautor und Heftleser treiben. Es ist doch keine Kleinigkeit, den Leser über die Unlogik hinwegsehen zu lassen, dass Hefthelden und ihre kleine Gruppe Helfer immer und immer wieder gegen scheinbar übermächtige Gegner, die zudem oft in der Überzahl sind, antreten.

Friedrich Tenkrat: Du scheinst Kill Bill nicht gesehen zu haben.

Geisterspiegel: Wie gelingt es, sich beim Schreiben darüber nicht ständig Gedanken zu machen? Denn als Autor ist man sich dessen doch bewusst?

Friedrich Tenkrat: Man lässt die Geschichte laufen und genießt es. Wer zu kritisch ist, sollte keinen Horror-Roman, sondern einen Krimi lesen. Oder gibt es Vampire, Ghouls, Werwölfe und all dieses Geschmeiß wirklich?

Geisterspiegel: Du hast immer in fast allen Genres geschrieben. Was reizt dich daran?

Friedrich Tenkrat: Die Abwechslung.

Geisterspiegel: Ist das deiner Ansicht nach der Grund, weshalb du so lange Spaß, Freude und Erfolg hattest und auf für das Heft hohem Niveau geschrieben hast, sodass Peter Thannisch dich letztlich so oft wie möglich im JC-Taschenbuch veröffentlichen will?

Friedrich Tenkrat: Peter Thannisch gefallen meine Storys und meine Schreibe. Hinzu kommt, dass ich in der deutschen Rechtschreibung einigermaßen sattelfest bin, sodass er mit meinen Manuskripten kaum Arbeit hat.

Geisterspiegel: Der Frauengrusel. Da triffst du zumeist den richtigen Ton zwischen Liebesgeschichte und Unheimlichem. Macht es dir Spaß, so etwas zu schreiben?

Friedrich Tenkrat: Auf jeden Fall. Die Horror-Fans haben mir meine Zweigleisigkeit anfangs übel genommen, doch mit der Zeit haben sie sich daran gewöhnt.

Geisterspiegel: Ich nicht. Im damaligen Fandom war ich einer der Ersten, der diese Romane schätzte. Aber wo liegt der Spaß und wie findet man den richtigen Tonfall?

Friedrich Tenkrat: Man muss ein Gespür dafür haben, was bei den Frauen ankommt. Das ist nicht jedem gegeben.

Geisterspiegel: Wo liegt A.F. Morlands Erfolgsgeheimnis?

Friedrich Tenkrat: An seinem Fleiß, und an seinem steten Bestreben, die Erwartungshaltung seiner Leser zu erfüllen.

Geisterspiegel: Warum hast du den Western so vernachlässigt?

Friedrich Tenkrat: Weil ich nicht auf noch mehr Hochzeiten tanzen konnte. Außerdem dachte ich, kein allzu guter Western-Autor zu sein. Mit den Romanen, die ich für die Serie Redlight-Ranch schrieb, habe ich dann (laut Thannisch) das Gegenteil bewiesen.

Geisterspiegel: In der Fantasy bist du auch nicht unterwegs gewesen, warum?

Friedrich Tenkrat: Tony Ballard hat doch einen Fantasy-Touch. Oder etwa nicht?

Geisterspiegel: Aber es gibt keinen Fantasy-Roman der reinen Lehre von dir. Wäre das noch mal eine Herausforderung für dich, auf den Spuren Tolkiens oder Howards zu wandeln? Oder auch einen großen historischen Roman zu schreiben, der im Mittealter oder der Antike angesiedelt ist?

Friedrich Tenkrat: Zurzeit reizt mich so etwas überhaupt nicht.

Geisterspiegel: Macht das Schreiben immer noch Spaß?

Friedrich Tenkrat: Ja. Zwar nicht jeden Tag, aber doch sehr, sehr viele Tage im Jahr.

Geisterspiegel: Wie entstand Tony Ballard?

Friedrich Tenkrat: Ich wollte nicht immer wieder einen neuen Geisterjäger und neue Waffen erfinden, deshalb schrieb ich die Romane dann irgendwann immer mit demselben Helden – und Tony Ballard war geboren.

Geisterspiegel: Im Vergleich: Wer war dir lieber, Kommissar X oder Jerry Cotton? Oder eine andere Krimi-Serie?

Friedrich Tenkrat: Meiner Frau gefielen meine KX-Romane besser. Mir machte es Spaß, an beiden Serien mitzuarbeiten.

Geisterspiegel: Was gefiel deiner Frau an den KX-Romanen besser? Wo siehst Du den (Heft-)Krimi heute, der nach dem Boom der sechziger in den siebziger und achtziger Jahren bis auf Jerry Cotton (die Institution) fast völlig verschwand und nun mit Chicago und Kelters Neuausgabe von Mr. Chicago unter dem Titel Al Capone ein Comeback im Romanheft gibt?

Friedrich Tenkrat: Meiner Frau gefiel einfach die Figur und das Umfeld des Jo Walker besser. Kürzlich habe ich mit einem Freund über die Zukunft des Heftromans gesprochen. Er meinte: »Wenn es die großen Verlage nicht mehr machen, machen es die Kleinen.« Da könnte was dran sein.

Geisterspiegel: Welche Richtung werden die Ballard-HC bei Zaubermond einschlagen? Sowohl von der Handlung als auch deinem persönlichen Stil her?

Friedrich Tenkrat: Das werde ich bestimmt nicht verraten, sonst ist ja die Spannung weg.

Geisterspiegel: Weg von Handlungsdetails. Werden wir grundsätzlich. Wird es der harte, actionbetonte Horror bleiben (in der bewährten Mischung mit der Fantasy)? Oder wirst du auch versuchen, mit dem spannenden, aber nichtsdestotrotz gewaltlosen Horror á la Ring und Ju-On experimentieren, wo das Böse nicht greifbar scheint, geisterartig ist? Wie könnte man so etwas überhaupt für den Heftroman im Allgemeinen oder Tony Ballard im Besonderen umsetzen? Wirst du generell versuchen, zu experimentieren?

Friedrich Tenkrat: Vorläufig werde ich am Erfolgskonzept des Tony Ballard nichts ändern. Experimente schließe ich aber nicht aus.

Geisterspiegel: Stimmen die Gerüchte der Achtziger, dass just gegenüber deinem Hause ein Bordell eröffnete, und gibt es das immer noch?

Friedrich Tenkrat: Das Bordell war nicht direkt gegenüber, sondern um die Ecke, etwa 300 Meter Luftlinie entfernt. Es existiert schon lange nicht mehr.

Geisterspiegel: Hast du in der Ballard-losen Zeit viel Fanpost erhalten?

Friedrich Tenkrat: Nach dem Serien-Ende kamen viele Protestbriefe. Die Leser waren enttäuscht, traurig, wütend. Aber das hat sich mit der Zeit gelegt, und dann bekam ich nur noch selten Post.
Geisterspiegel: Wo siehst du das Horrorgenre heute? Welche Möglichkeiten hat der geschriebene Horror noch gegen das bewegte Bild, das jede Illusion erzeugen kann? Ist der Film des Horrors Zukunft?

Friedrich Tenkrat: Das Kino im Kopf kann sehr viel mehr als jede Filmproduktion, weil der Fantasie einfach keine Grenzen gesetzt sind. Deshalb wird es auch weiterhin Horrorromane geben.

Geisterspiegel: Aber zuletzt wird der Horror mehr und mehr zur Nischenliteratur. Bei den großen Publikumsverlagen wird er sowohl im Heft, Taschenbuch und Hardcover zum Mauerblümchen. Stattdessen erscheint mehr und mehr Horror in Kleinverlagen. Im Kino und auf DVD dagegen boomt der Horror (insbesondere mit größtenteils überflüssigen Neuverfilmungen, aber auch mit den niveauvollen Filmen wie Ring, Dark Water, Ju-On). Widerspricht das nicht deiner These? Der literarische Horror ist auf dem Rückzug. Der aus bewegten Bildern auf dem Vormarsch. Oder siehst du das als vorübergehende Zeiterscheinung?

Friedrich Tenkrat: Es krankt meiner Ansicht nach daran, dass sich viele Menschen nur noch passiv unterhalten lassen wollen. Lesen ist ihnen zu anstrengend. Aber vielleicht kommt es wieder in Mode.

Geisterspiegel: Strebst du an, Ballard auch wieder als Heftserie bei Bastei aufzunehmen, um Sinclair und Zamorra wieder zu ergänzen? Wenn ja, wie stehen die Chancen? Wenn nein, warum nicht?

Friedrich Tenkrat: Als Heftserie wird es Ballard aus heutiger Sicht nicht mehr geben. Das wäre mir zu stressig und würde meine Freude am Schreiben zu sehr mindern.

Geisterspiegel: Unterscheiden sich Kelter, Pabel und Bastei in ihrer Arbeitsweise mit den Autoren? Wo hattest du die größten Freiheiten? Gibt es da noch feinere Unterschiede bei Frauenromanen und Männerserien?

Friedrich Tenkrat: Es sind nicht die Verlage, sondern die Menschen, die entweder für ein gutes oder schlechtes Arbeitsklima sorgen. Ich kam mit fast allen gut aus und hatte alle Freiheit, die man sich als Autor wünschen kann – sowohl bei den Frauen- als auch bei den Männerserien.

Geisterspiegel: Gibt es in deinem Hinterkopf noch DEN großen Roman, denn du schreiben möchtest?

Friedrich Tenkrat: Im Moment nicht. Mein »großer Roman« MORDSCHWESTER AGNES kann auf Amazon downgeloadet werden.

Geisterspiegel: Welcher Reiz über das Genre Horror aus? Was ist DAS Spezielle?

Friedrich Tenkrat: In diesem Genre ist nichts unmöglich. Da kann man sich die verrücktesten Dinge zusammenspinnen. Wenn man sie gut zu Papier bringt, werden sie von den Lesern dankbar angenommen. Das macht riesigen Spaß.
Geisterspiegel: Das Fandom der 80er. Was ist davon geblieben? Wie siehst du es im Rückblick?

Friedrich Tenkrat: Ich durfte damals auf den wenigen Fantreffen, die ich besuchte, viele begeisterte junge Menschen kennenlernen. Das war sehr schön. Einige schreiben mir auch heute noch.

Geisterspiegel: Du hast wenige, aber nachhaltige Auftritte gehabt. Was besonders auffiel, war dein entspannter Umgang auch mit den kritischsten Fans, wie ich es einer war. Andere mochten uns (den Norbert und mich) deswegen nicht. Als Beispiel hierfür mag das Interview dienen, das wir für Zauberspiegel 3 führten. Auch auf dem nächsten Con warst du uns gegenüber locker, freundlich und offen. Wie kommt man zu so einer Grundhaltung, auch jene Fans mit ausgesuchter Freundlichkeit zu behandeln, die augenscheinlich nur meckern? Wird man dich auf einem Con (vielleicht im Münchner Raum) mal wieder treffen?

Friedrich Tenkrat: Ich bin für leben und leben lassen. Wenn einer eine andere Meinung hat als ich, toleriere ich sie. Es wäre schrecklich, wenn alle Menschen gleich wären. Ob ich wieder einmal auf einem Con erscheine, weiß ich nicht. Möglich wäre es.

Geisterspiegel: Wird es in den Ballard-HC Comebacks »toter« Figuren geben?

Friedrich Tenkrat: Nichts ist unmöglich.

Geisterspiegel: Zu welchen Kollegen pflegst du noch Kontakte?

Friedrich Tenkrat: Zu den beiden Helmuts: Der eine nennt sich Jason Dark, der andere Hal Warner. Und zu Tony Shell.

Geisterspiegel: Würdest du dein Leben noch einmal so leben?

Friedrich Tenkrat: Auf jeden Fall.

Geisterspiegel: Wie siehst du das Alter? Und was erwartest du noch vom Leben?

Friedrich Tenkrat: Das Alter macht einen reifer. Das ist zu begrüßen. Vom Leben erwarte ich mir Gesundheit. Sonst nichts.

Geisterspiegel: Jetzt wo Bastei die Co-Autoren bei John Sinclair zugegeben hat, kann man ja offen drüber reden. Wie bist du zu Sinclair gekommen? Und warum?

Friedrich Tenkrat: Der Vorschlag, bei Sinclair mitzuschreiben, kam von Jason. Und ich hab’s mit Freude getan.

Geisterspiegel: Würdest du noch mal bei JS mitwirken, ggf. sogar mal die Führung übernehmen und ein Konzept gestalten bzw. das Team führen (rein hypothetisch)?

Friedrich Tenkrat: Mit Sicherheit nicht.

Geisterspiegel: Was unterscheidet Sinclair und Ballard?

Friedrich Tenkrat: Der Autorenname (Scherz). Den Unterschied müssen die Leser selbst herausfinden.

Geisterspiegel: Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, unsere Fragen zu beantworten!

Friedrich Tenkrat: Gern geschehen. Ich wünsche dem Geisterspiegel eine lange Internetpräsenz.