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Westernkurier 06/2007

Auf ein Wort Stranger, weißt du, wer Donehogawa oder Hah-Sah-no-an-dah, wie ihn der Wolfs-Clan der Seneca nannte, war?
Obwohl er als erster Regierungskommissar für indianische Angelegenheiten in die Geschichte Amerikas einging, ist sein Name hierzulande nahezu völlig unbekannt. Aber gerade Männer wie Ely Samuel Parker waren es, die der jungen amerikanischen Nation halfen, mit Riesenschritten dem Zwanzigsten Jahrhundert entgegen zu eilen. Sie schrieben wahre Geschichte und nicht jene Aufschneider und Lügenbarone, die sich Wyatt Earp oder Buffalo Bill nannten.

Doch wie so oft im Leben wurden auch hier die Falschen zu Helden hochgejubelt, während die wahren Heroen leer ausgingen. Sei es, dass sie nicht die nötigen Beziehungen, der verkehrten politischen Partei angehörten oder, wie in diesem Fall, ganz einfach die falsche Hautfarbe hatten. Deshalb ist es an der Zeit, das jemand an Menschen erinnert, die wirklich Großes geleistet haben und Ely Parker gehört mit Sicherheit zu ihnen.

Eigentlich hieß er Donehogawa, was frei übersetzt in etwa soviel bedeutet wie »Keeper of the Western Door of the Long House of the Iroquoise«.

Um dem Leser einmal ein Bild jener Zeit aufzuzeigen, will ich einige Ereignisse, die während Parkers Wirken tatsächlich passiert sind, erwähnen.

  • Am 04.03.1869 wird Ulysses Gran amerikanischer Präsident.
  • Im Dezember 1869 erhalten die Frauen in Wyoming das Wahlrecht.
  • Im Jahr darauf gründet John D. Rockefeller die Standard Oil Company, in Rom erklärt der Vatikan die Unfehlbarkeit des Papstes und in England wird die allgemeine Schulpflicht eingeführt.

Jetzt stelle man sich vor, passiert etwas, dass man in etwa vergleichen kann, ohne jetzt diesem Menschen nahe zu treten wollen: Ein afrikanischer Asylant wird Innenminister von Deutschland!

So in ungefähr war es, als Ely Parker sein Amt antrat.

Er war ein Seneca-Indianer und sein kometenhafter Aufstieg bis in die höchsten Kreise der amerikanischen Regierung begann, als er gerade mal zehn Jahre alt war. Er arbeitete als Stallbursche in einem Armeeposten, wo ihn die dortigen Offiziere ständig wegen seiner schlechten Englischkenntnisse verspotteten. Zutiefst in seinem Stolz verletzt entschloss er sich, so gut englisch lesen und schreiben zu lernen, dass ihn nie wieder irgendjemand auslachen würde. Er ging auf eine Missionarsschule, die er mit Bravour absolvierte und kam zu dem Schluss, dass der Träger eines indianischen Namens in der Welt der Weißen nicht ernst genommen wurde. Er änderte seinen Namen in Ely Samuel Parker um. Schon bald erkannte er, dass er seinem Volk am besten helfen konnte, wenn er Rechtsanwalt wurde.

Er arbeitete drei Jahre in einer Anwaltskanzlei in Ellicottville, im Staate New York. Doch als er vor der Anwaltskammer seine Prüfung ablegen wollte, erklärte man ihm herablassend, dass nur Weiße als Anwalt praktizieren dürften.

Aber Parker gab nicht auf.

Er informierte sich darüber, welche Berufe ein Indianer ausüben durfte, besuchte dann das Rensselaer Polytechnic Institute und wurde einer der besten Diplomingenieure seiner Zeit. Er war noch keine dreißig Jahre alt, als ihn die amerikanische Regierung mit der Überwachung von Dammbauten betraute. Sein Beruf führte ihn bis nach Illinois, wo er sich mit dem Angestellten einer Lederhandlung anfreundete. Der Name des Mannes war Ulysses S. Grant.

Bei Ausbruch des Bürgerkrieges kehrte er nach New York zurück, um ein Indianerregiment aufzustellen.

Als er um die Erlaubnis hierzu bat, wurde er vom Gouverneur schroff abgewiesen.

»Der Bürgerkrieg ist ein Krieg der Weißen!«, wurde ihm erklärt.

»Fahren Sie nach Hause und kümmern Sie sich um ihre Farm. Wir werden auch ohne Hilfe von Indianern mit unseren Angelegenheiten fertig.«

Der ganze Disput ist übrigens historisch verbürgt.

Sichtlich geknickt kehrte Parker nach Hause in die Reservation Tonawanda zurück, teilte aber seinem Freund U. S. Grant von dieser Angelegenheit mit.

Kurze Zeit später ließ Grant seinen Freund zu sich kommen, und beide machten den Feldzug von Vicksburg nach Richmond mit. Als Lieutenant Colonel war Ely Parker dabei, als Lee bei Appomatox Court House kapitulierte. Grant bat ihn sogar, wegen seiner Wortgewandtheit, die Kapitulationsbedingungen abzufassen.

In den folgenden Jahren wurde Parker immer öfters damit beauftragt, Differenzen mit den Indianerstämmen und der US-Regierung beizulegen.

Als Grant dann zum Präsidenten gewählt wurde, ernannte er ihn zum Kommissar für Indianische Angelegenheiten.

Voller Begeisterung trat Parker seine Arbeit an, jedoch stellte er recht bald fest, dass das Indian Bureau korrupter war, als er erwartet hatte.

Aber er setzte sich mithilfe Grants durch. So dachte er jedenfalls.

Er war es, der Red Cloud und Spotted Tail mit ihrer Indianerdelegation ins weiße Haus brachte, er war es, der dafür sorgte, dass die nächsten Jahre Frieden zwischen den Plains-Indianern und der amerikanischen Regierung herrschte.

Aber die Macht und die Engstirnigkeit der Weißen gewann mehr und mehr die Oberhand. Parker war seiner Zeit einfach um Jahrzehnte voraus. Die weiße Oberschicht konnte einen Emporkömmling indianischer Abstammung in ihren Reihen einfach nicht hinnehmen. Ein Kaufmann namens Welsh brachte ihn schließlich dazu, mit sofortiger Wirkung von allen Ämtern zurückzutreten.

Welsh bezichtigte Parker in einem öffentlichen Brief als einen Mann, der Indianerblut in seinen Adern hatte und somit nur einen winzigen Schritt von der Barbarei entfernt war. Es sei unzumutbar, so eine Person mit diesem Posten zu betrauen.

Nur ein wirklicher Christ könne dieses Amt bekleiden, heuchelte er und legte eine Liste mit dreizehn Anklagen vor, die Parker zu widerlegen hatte.

Das ganze Schauspiel war an den Haaren herbeigezogen und voller Heuchelei. Obwohl ein Gericht Parker in allen Punkten entlastete und ihn zu seiner Arbeit belobigt, hatte dieser verstanden, dass wieder einmal seine Hautfarbe und seine Herkunft über sein weiteres Schicksal entschieden und nicht sein Wissen und Wirken.

1871 reichte er seinen Rücktritt ein, ging in die Geschäftswelt von New York und erwarb sich mit seinem Wissen ein Vermögen.

Welsh starb hingegen in bitterer Armut und das Indianerproblem erreichte mit den Schlachten des Fetterman-Massakers und Little Big Horn seinen unrühmlichen Höhepunkt.

Am 30. August 1895 starb Ely Samuel Parker. Die Buffalo Historical Society hatte es gewünscht, ihn auf dem Forest Lawn Friedhof direkt neben dem Grab von Sa-go-ye-wat-has beizusetzen. Mit Zustimmung seiner Witwe wurde er 1897 dorthin umgebettet. In einer feierlichen Zeremonie wurde der Grabstein durch die Historical Society enthüllt. Der Seneca Moses Shongo hielt dabei die Rede zu Ehren Ely Parkers.

Diese wahre Geschichte belegt wieder einmal, dass der Traum vom American Way of Life nur bestimmten Personen vorbehalten war und ist. Rassismus, Intoleranz und Machtgier spielten damals wie heute noch eine wichtige Rolle in den Regierungskreisen jenes Landes, welches da westlich von uns hinter dem Atlantik liegt.

In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal.

Euer Slaterman