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Westernkurier 01/2007

Auf ein Wort Stranger, ist der Western out?

In einer Zeit, in der sich Begriffe wie Notebooks, Fastfood oder Fun-Generation in den Köpfen vieler Menschen eingeprägt haben, bleibt nicht mehr viel Platz für Dinge wie Ehre, Freundschaft oder die Unumstößlichkeit eines gegebenen Wortes.

Aber genau das ist es, was den guten alten Western ausmacht. Wer von uns hat in seiner Jugend nicht schon einmal davon geträumt mit dem Protagonisten dem Regenbogen entgegen zu reiten, den Rauch eines Lagerfeuers zu riechen, oder mit den Indianern auf Kriegspfad zu gehen?

Was Owen Wister und später auch Ernest Haycox und Zane Grey in Vollendung gelang, nämlich die Romantisierung des Cowboys und seiner Umwelt, griffen andere Schriftsteller auf und diese Literaturgattung entwickelte sich auch durch Film und Fernsehen zu einer schier unendlich scheinenden Heldengeschichte.

Und damit soll jetzt Schluss sein?

Ich sage Nein und möchte deshalb hier an dieser Stelle eine Lanze für den Western brechen.

In loser Folge werde ich auf geschichtliche Ereignisse, historische Zeitgenossen und heitere Anekdoten hinweisen, mit der Hoffnung, dass jeder Klick auf diese Seite ein Schritt in Richtung Erhalt des Westernromans sein wird.

Beginnen möchte ich heute mit einem Bericht über den sogenannten California-Trail und einer damit verbundenen Tragödie, die fast in Vergessenheit geraten ist.

Die Donner-Party

1846 war das Jahr der Entscheidungen. Die Amerikaner hatten sich entschlossen, ihren Kontinent jetzt ohne Kompromisse vollständig zu erobern. Sie wollten Texas weder den Mexikanern noch den Texanern überlassen, sich Kalifornien einverleiben, die Prärien und Gebirge westlich des Mississippis besiedeln und aller Welt zeigen, dass nur sie die Nation der Zukunft waren.

»Go West« hieß das Schlagwort jener Tage.

Anfang April 1846 verließ ein Wagentreck mit einem halben Dutzend Familien unter der Führung von George Donner die kleine, verschlafene Ortschaft Springfield in Illinois mit dem Ziel Kalifornien vor Augen.

In der ersten Maiwoche erreichte man Independence, eine kleine Stadt im Bundesstaat Missouri, die im Laufe der Zeit zum Sprungbrett unzähliger Siedlertrecks gen Westen geworden war. Vor den Menschen lag der sogenannte California-Trail. Ein Trail, der durch einen Ozean aus Gras führte, über himmelhohe Gebirgsketten und durch glühend heiße Salzwüsten. Bevölkert von einer Unzahl wilder Tiere und skalphungrigen Indianer. Es gab keinen vorgezeichneten Weg, kaum Markierungen, sondern nur die unendliche Weite des Westens mit seiner paradiesischen und zugleich höllischen Natur.

In Independence wurden zunächst Ausrüstungen und Vorräte ergänzt indessen sich weitere Menschen dem Treck anschlossen. Nachdem die letzten Vorbereitungen abgeschlossen waren, machten sich die Familien Donner, Reed, Graves, Keseberg, Breen, Murphy, Eddy und McCutchen und Wolfinger auf den Weg. Über Fort Kearney und Ash Hollow bis nach Fort Laramie. Aber als man endlich Fort Bridger, die letzte zivilisierte Bastion auf dem California-Trail, mitten im Niemandsland gelegen erreicht hatte, war es eigentlich viel zu spät um die vorausliegenden Berge noch zu überqueren. Es war ganz offensichtlich, das der Winter die schwerfälligen Planwagen des Trecks mitten in der Bergwelt von Utah oder Nevada unweigerlich an der Weiterreise hindern würde. Man würde, ob man wollte oder nicht den Winter wohl oder übel in Ft. Bridger verbringen müssen. Aber dazu fehlte den Familien ebenso wie zu einer Rückreise das Geld. Die Situation erschien ausweglos. In dieser verzweifelten Lage war man bereit jeden Vorschlag anzunehmen, der eine Weiterführung der Reise versprach. George Donner verfiel dabei auf die Unheil bringende Idee, der sogenannten Hastingsabkürzung Glauben zu schenken. Irgendein Reiseschriftsteller namens Hasting versuchte den Menschen glaubhaft einen Weg zu beschreiben, über den man in der Hälfte der eigentlichen Zeit Kalifornien erreichen konnte.

Theoretisch klang dies ziemlich verlockend, praktisch aber hatte es noch nie jemand mit den schwerfälligen Ochsengespannen und den plumpen Fuhrwerken eines Wagentrecks versucht, im Winter über die Berge zu kommen. So kam es, wie es kommen musste.

Inmitten der Desert Range in Utah bis hin zu den Ruby Mountains in Nevada blieb ein Wagen nach dem anderen auf der Strecke. Ein plötzlich hereinbrechender und ungewöhnlich harter Winter zwang die Siedler schließlich am Ufer eines Sees ein Lager aufzuschlagen.

Nachdem alle Vorräte aufgebraucht waren, begann man zunächst damit, die Zugtiere des Trecks zu schlachten – Ochsen, Mulis, Pferde. Dann folgten die Haustiere, Hunde, Katzen, Vögel. Dann die Menschen.

Zuerst die Toten, dann …

Um sich ein vollständiges Bild des Grauens zu machen, möchte ich abschließend C.F. McGlashan zitieren, der den Bericht eines Zeitzeugens ausfindig gemacht und diesen 1940 zum Thema einer Arbeit an der Stanford-University hatte.

»Es war wahrhaftig schockierend. Als man Patrick Breen und seine Frau fand, lagen sie einfach da, sonnten sich und dachten anscheinend mit keinem Gedanken an die Zukunft. Sie hatten die beiden Kinder von Tamsen Donner verzehrt. Neben ihnen lag der Körper von Mrs. Graves, fast alles Fleisch war von den Gliedmaßen abgeschnitten. Herz und Leber sorgfältig entfernt kochten in einem kleinen Topf auf dem Feuer. Das 13 Monate alte Kind der Toten saß an ihrer Seite, die Hände auf den zerfleischten Körper der Mutter gelegt und wimmerte: ›Mama!‹ Es glich einem hilflosen unschuldigen Lamm unter den Wölfen dieser Wildnis.«

Mehr möchte ich nicht zu diesem Thema schreiben, ich denke die Ereignisse sprechen für sich.

Quellennachweis:

  • H.J. Stammel: Der Cowboy von A bis Z
  • Dietmar Kügler: Sie starben in den Stiefeln
  • THomas Jeier: Treibt sie nach Norden
  • Dee Brown: Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses
  • PaulTrachtmann und div. andere Autoren in der Time Life Reihe Der Wilde Westen
  • Dietmar Kügler: Der Sheriff

Noch ein Nachtrag in eigener Sache.

Nachdem ich hier bemüht bin, ein hoffentlich realistisches Bild des Westens abzugeben, möchte ich ein für alle Mal mit gewissen Vorurteilen aus dem Wilden Westen abrechnen.

Dazu gehört auch das unsägliche, aber allseits bekannte Wort Lasso.

Sowohl der historische als auch der heutige Cowboy benutzt dieses Wort niemals, wenn ein Lariat oder Rope, also ein Wurfseil gemeint ist.

In unserem Sprachbereich ist dieses Wort wohl auf den Märchenerzähler Karl May zurückzuführen. Von Montreal Kanada bis Mexiko-City jedenfalls erkennt man einen blutigen Anfänger daran, dass er ein Wurfseil Lasso nennt.

Bis zum nächsten Mal

Euer

Slaterman