Mythos Stonehenge
Geschichte und Entstehung
Erst während des 20. Jahrhunderts haben archäologische Ausgrabungen verlässliche Informationen über sein Alter und seine Geschichte ergeben, die es uns jetzt ermöglichen zu sagen, welches die hauptsächlichen Merkmale von Stonehenge sind und wann ungefähr in welcher Reihenfolge die verschiedenen Formen erbaut wurden.
Stonehenge wurde in verschiedenen Abschnitten gebaut, wahrscheinlich zunächst ein Steinkreis als Einfriedung für Zeremonien, der von Wall und Graben umgeben war. Ungefähr um 2200 v. Chr. wurden die 32 Blausteine von den Preseli-Bergen im Südwesten von Wales herangeschafft. Der Altarstein stammt sehr wahrscheinlich aus einer Region bei Milford Haven (Pembrokeshire).
Stonehenge wurde zweifellos von einem Volk gebaut, das weit gespannte Handelsverbindungen hatte und seine Hauptsiedlungen zwischen 1600 und 1300 v. Chr. in diesem Gebiet gründete. Um das Monument herum liegen etwa 400 Tumuli (Hügelgräber) aus der Zeit zwischen 2000 und 1500 v. Chr. Sie enthielten reiche Grabbeigaben und Splitter von Blausteinen, ähnlich denen der konzentrischen Kreise.
Stonehenge scheint seine Bedeutung als Stätte für Begräbnisse gegen Ende der Bronzezeit verloren zu haben. Ungefähr zwischen 55 v. Chr. und 410 n. Chr. rissen die Römer eine Reihe der aufrecht stehenden Steine nieder. Außerdem stürzten zwei aufrechte Steine und ein Deckstein westlich des Altarsteins im Januar 1797, sowie ein anderer mit seinem Deckstein 1900 um.
1958 wurden diese Steine wieder aufgerichtet, wodurch das Monument ungefähr wieder sein Aussehen zurzeit der römischen Besatzung erhielt. Auf einigen dieser umgefallenen Steine wurden flache Eingravierungen entdeckt (1953). Sie stellen Bronzeaxtschneiden dar, die in Großbritannien zwischen 1600 und 1400 v.Chr. benutzt wurden, und einen Dolch mit Griff, der zwischen 1600 und 1500 v.Chr. in Mykene (Griechenland) benutzt wurde.
Stonehenge birgt auch heute noch eine Menge Geheimnisse. Es ist immer noch ungeklärt, aus welchem Grund, von wem und vor allem wie dieses Monument gebaut worden ist. Das Monument wird oft mit den Druiden in Verbindung gebracht. Wie aber schafften es diese Menschen, solche Megalithbauten zu errichten, zumal einer diese Steine ein ungefähres Gewicht von 26 Tonnen besitzt? Warum schafften sie die Steine von den Preseli-Bergen im Südwesten von Wales heran, obwohl in der näheren Umgebung genug Steine vorhanden waren? Zu welchem Zweck wurde Stonehenge errichtet? Es gibt einige Theorien zu diesen Fragen, aber eine konkrete Antwort gibt es nicht.
Stonehenge ist in drei Bauphasen in der Zeit von etwa 3000 bis 1500 v. Chr. entstanden.
3000 – 2100 v. Chr.
Aus der ersten Bauphase existiert nur noch der Ringwall, der die Stätte umgibt. Dieser war ursprünglich um die zwei Meter hoch und hat einen Durchmesser von 114 Metern. Es gehörte auch noch ein etwa zwei Meter tiefer Außengraben dazu, dessen Durchgang in die Stätte mit zwei Steinblöcken markiert war.
Außerhalb des Eingangs befanden sich der Heel Stone (ein fünf Meter hoher Stein mit einem Gewicht von 35 Tonnen) sowie ein frei stehendes Holztor. An der Innenseite des Walls befand sich ein Ring aus 56 Erdgruben, nach ihrem Entdecker Aubrey Holes genannt, die lange Zeit als Gräber dienten/für die Feuerbestattung benutzt wurden.
Aufbau der Steine
Am Ende der ersten Bauphase wurden evtl. die vier Station Stones hinzugestellt.
2100 – 2000 v. Chr.
Die Anlage wurde von neuen Siedlern erweitert, Teile der Avenue wurden angelegt und der Felsenstein wurde mit einem magischen Zirkel umrandet. Aus Wales wurden vier Tonnen schwere Blausteine (Dolorit) herangeschleppt und im Abstand von 1,8 Metern in zwei Kreisen aufgestellt. Die Arbeit hierzu wurde aber abgebrochen.
Um 2000 v. Chr.
In der Frühbronzezeit wurde weitergemacht, es wurden aus den Marlborough Downs 50 Tonnen schwere Sandsteinblöcke herangeschleppt, die zu fünf Trilith-Konstruktionen in hufeisenförmiger Anordnung aufgestellt wurden, die mittlere sieben Meter hoch, die anderen ca. sechs Meter hoch.
Um dieses Hufeisen wurde ein vier einhalb Meter hoher Steinring aus 30 Sandsteinblöcken, die je 25 Tonnen wogen gebaut, auf dem umlaufend Balken aus dicken Steinplatten lagen.
Später sollten Blausteine in zwei Kreise um den Sandsteinring gestellt werden, dieser Versuch wurde aber abgebrochen.
Um 1500 v. Chr.
In dieser Zeit erhielt Stonehenge sein heutiges Aussehen. Im Inneren wurde ein Hufeisen aus einzelnen Blausteinen gebaut, in die Mitte wurde ein Altartstein gestellt. Konzentrisch zwischen die Sandsteinringe kamen Blaustein-Stelen.
Astronomie
Seit dem frühen achtzehnten Jahrhundert weiß man, dass die Achse des Kreises aus Sarsensteinen etwa auf einen Punkt weist, von dem aus ein Beobachter im Zentrum von Stonehenge den Sonnenaufgang am längsten Tag des Jahres in seiner am Horizont am weitesten nördlich liegenden Stellung sehen konnte. Der Eingang wurde ebenfalls während der Zeit der Benutzung von Stonehenge geringfügig neu ausgerichtet, um astronomische Veränderungen des Sonnenaufgangs zur Zeit der Sommersonnenwende über Jahrhunderte hin zu kompensieren.
In jüngerer Zeit wurde die Theorie vertreten, dass die Verbindungslinien zwischen den vier Stationssteinen ebenfalls auf die am Horizont nördlichste und südlichste Stellung für den Auf- und Untergang von Sonne und Mond hinweisen könnten und der Breitengrad von Stonehenge gewählt worden sei, damit diese Richtungslinien paarweise im rechten Winkel dazu verlaufen würden.
Weiterhin wurde die Theorie aufgestellt, der Ring der Aubrey-Löcher hätte als vereinfachtes Modell der Umlaufbahn von Sonne und Mond benutzt werden können, um Eklipsen vorauszusagen. Außerdem wurde behauptet, Stonehenge habe als Observatorium gedient, um sehr genaue Beobachtungen der äußersten Punkte für Aufgang und Untergang des Mondes vorzunehmen.
Untersuchungen anderer Steinkreise in Großbritannien sowie in Stonehenge selbst zeigten jedoch, dass die meisten – wenn nicht sogar alle – dieser Ausrichtungen rein zufälliger Natur sind und von den Menschen der Jungsteinzeit und Bronzezeit, die diese Steine aufrichteten, nicht beabsichtigt waren. Ausrichtungen hatten ihrer Absicht nach eher Symbolgehalt als wissenschaftliche Grundlage, obwohl sie in vielen Fällen ganz allgemein mit der Richtung des Sonnenaufgangs und -untergangs verbunden waren. Der Gebrauch von Stonehenge als astronomische Beobachtungsstätte der vorgeschichtlichen Zeit wird weiterhin eine Sache der Mutmaßung bleiben. Archäologische Funde stützen diese Behauptung nicht. Soviel ist klar, doch weiß man nicht, wozu diese faszinierende Anlage wirklich diente.
War Stonehenge ein Sonnentempel, ein Mondobservatorium, ein Zentrum der heiligen Energie, ein außerirdisches Monument? Es wurde sehr viel über die angeblichen Peillinien geschrieben, die einige Steine mit Ereignissen des Sonnenkalenders verbinden sollen. Deshalb kam man zu dem Schluss, dass Stonehenge als komplexes, astronomisches Observatorium errichtet wurde. Es stimmt auch, dass die Linie, die vom Heelstein zum Altarstein führt, weiter zu dem Punkt gezogen werden kann, an dem die Sonne am Tag der Sommersonnenwende aufgeht. Doch haben jüngste Forschungen ergeben, dass einige dieser Peillinien Fehler aufweisen, wie Janet und Colin Bord in Ancient Mysteries of Britain beschrieben. Dadurch wurde es nötig, die Rolle von Stonehenge völlig neu zu erforschen.
Druiden
Vor dreihundert Jahren vertrat der Altertumsforscher John Aubrey zum ersten Mal die Meinung, Steinkreise seien Tempel der Druiden. Seit damals wurde allgemein angenommen, Stonehenge sei von den Druiden erbaut und benutzt worden. Diese Annahme ist sicherlich falsch. Alles, was wir über die Druiden wissen, wurde von Schriftstellern der Antike festgehalten – wie etwa von Julius Cäsar. Sie berichten, dass es sich um eine keltische Priesterschaft handelte, die ihre Blütezeit in Britannien in der Zeit der Eroberung durch die Römer, eventuell aber auch schon in einigen vorausgehenden Jahrhunderten hatte.
Zu jener Zeit jedoch standen die Steine von Stonehenge schon seit zweitausend Jahren und das Denkmal war wahrscheinlich bereits eine Ruine. Überdies ist diesen Berichten ganz klar zu entnehmen, dass die Druiden keine eigenen Tempel bauten, sondern ihre Zeremonien auf Waldlichtungen abhielten. Es mag jedoch sein, dass die Druiden ihr Wissen und die Beobachtung von Naturereignissen – wozu auch Astronomie gehört – von den Erbauern Stonehenges ererbt hatten, und dass dieses Wissen über Jahrhunderte hinweg durch mündliche Überlieferung weiter vermittelt worden war.
Es wird berichtet, dass die Überlieferungen der Druiden in einer Reihe endloser Verse enthalten waren und ein Novize für das Auswendiglernen bis zu zwanzig Jahre brauchte. Da es für das vorgeschichtliche Britannien keinerlei Nachweise für irgendeine Methode der Aufzeichnung oder des Niederschreibens von Zahlen gibt, wäre dies eine Möglichkeit gewesen, dieses Wissen zu bewahren und von einer Generation an die nächste weiterzugeben. Heute wissen wir zum Beispiel, dass im Pazifik genaue Segelanweisungen für lange Seereisen durch mündliche Überlieferung über mehrere Jahrhunderte weitergegeben wurden.
Heilsteine
Eine andere Theorie zu Stonehenge geht auf den Volksglauben zurück, der besagt, dass die Steine von Stonehenge, ebenso wie viele andere Megalithen, heilende Kräfte haben. Dieser Glaube wurde erstmals im 12. Jahrhundert n. Chr. in Geoffrey von Monmouths History of the Kings of Britain erwähnt. Weiterhin wies der Erdenergieforscher Paul Devereux in seinem »Drachenprojekt«, das er 1978 begann, nach, dass mindestens einer der stehenden Steine von Rollright in Oxfordshire starke Schwankungen in der Magnetenergie aufwies.
Interessant ist, dass die Bewohner dieser Region seit Jahrhunderten nach Knochenbrüchen oder Frakturen zu den Rollright-Steinen kamen, weil sie annahmen, dass die Steine sie heilen würden – und die moderne Medizin hat erkannt, dass Elektromagnetismus tatsächlich den Heilungsprozess nach Knochenbrüchen beschleunigt. Ist das nun Zufall?
Vielleicht waren diese Kräfte auch den Erbauern von Stonehenge und anderen Megalithen bekannt, und sie errichteten ihre Anlagen an Orten, wo sie von den natürlichen Energiequellen der Erde Gebrauch machen konnten. Das »Drachenprojekt« hat gezeigt, dass viele Megalithen tatsächlich auf oder bei geologischen Falten stehen, die mit tektonischen Störungen oder ausströmender Strahlung in Verbindung gebracht werden. Überlegungen zur Erdenergie führten unweigerlich zu den Alignements – gerader Linien, die prähistorische oder vorchristliche Monumente, heiligen Orte und alte Kultstätten miteinander verbinden und sichtbarer Zeichen eines riesigen Netzes unterirdischer Erdenergiekanäle sein könnten.
Auch wenn diese Überlegungen bereits 1921 vom Hobbyforscher Alfred Watkins auf die britischen Inseln angewandt wurden, ist in China der »Lung mei« oder »Drachenweg« (auf dem der Name des Devereux-Projekts aufbaut) bereits seit Jahrhunderten akzeptiert. Dieses Konzept liefert auch überraschende Parallelen zu den Energiemeridianen, die auch für die Akupunktur große Bedeutung haben. Im Westen ist das Thema Erdenergie bis heute umstritten, auch wenn viele Menschen deren Existenz oder Kraft nicht mehr anzweifeln.
Die Kalendertheorie
Stonehenge könnte dazu benutzt worden sein, die Sommer- und Wintersonnenwende, das Frühlings- und Herbstäquinoktium (Tagundnachtgleiche) sowie Sonnen- und Mondfinsternis vorauszusagen. Vielleicht hat es auch zur Vorhersage der verschiedenen Stellungen von Sonne und Mond zur Erde und damit zur Vorhersage der Jahreszeiten gedient, war also eine Art Kalender. Stonehenge könnte auch ein Versammlungsort für religiöse Zeremonien gewesen sein, die mit Sonne und Mond zu tun hatten. Die Betonung der Kreisform könnte den Kreislauf des Lebens, den von Geburt und Tod sowie den der Jahreszeiten widerspiegeln.
Rechenmaschine?
Man setzte gegenüberliegend zwei Steine ein, die die Mondknoten repräsentieren, und bewegt sie in jedem Jahr um drei Löcher im Uhrzeigersinn weiter. Ebenso einen Mondstein, der jeden Tag gegen den Uhrzeiger um zwei Löcher, und einen Sonnenstein, der alle dreizehn Tage um zwei Löcher, ebenfalls gegen den Uhrzeiger versetzt wird. Die entstehenden Differenzen zum tatsächlichen Lauf der Gestirne ließen sich durch andauernde Beobachtung ausgleichen. Kommen nun Mond- und Sonnenstein mit einem Stein der Mondknoten in einem Punkt zusammen, zeigen sie eine Sonnenfinsternis an. Auf diese Weise kann eine Verfinsterung im Voraus angekündigt werden. So betrachtet war Stonehenge ein hinreichend gutes Abbild der Himmelsmechanik.
So sehr wir auch dazu neigen diese oder ähnliche Theorien anzunehmen, gibt es leider keinerlei Beweise, die nahe legen würden, dass die Menschen der Megalithkultur Stonehenge als »Rechenmaschine« für Sonnenfinsternisse benutzten.
Quellen:
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