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Der Welt-Detektiv Band 6

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Das Haus in der Königsstraße

In der Kanzlei des Anwalts Sigmund Adam in Rosenheim ging alles seinen gewohnten Gang bis zum Sommer 1967. Der Anwalt und seine Mitarbeiter registrierten seltsame Störungen der Telefonapparate. Anrufe wurden unterbrochen, alle Apparate klingelten gleichzeitig, obwohl kein Anrufer dran war. Die Störungen dauerten an, und als sie unerträglich wurden, forderte der Bürovorsteher J. Engelhard einen Wartungsdienst an. Mehrere Wochen lang überprüften Techniker Kabel, Geräte und Anschlüsse, konnten jedoch keine Fehler feststellen.
Am 5. Oktober ersetzte die Post die Fremdgeräte durch offizielle Geräte der Post und installierte ein Messgerät. Ein ähnliches Gerät stand in der Telefonzentrale der Post. Bereits am selben Tag wurde ein Anruf verzeichnet, obwohl niemand im Büro telefonierte. Zeuge waren Rechtsanwalt Adam und ein Steuerberater. Das Gerät der Post registrierte weiterhin Dutzende Anrufe, obwohl in der Anwaltskanzlei niemand telefonierte. Da nie jemand alleine im Büro war, konnte niemand unbemerkt telefonieren. An einem einzigen Tag wurden in einer Viertelstunde 42 Anrufe registriert. Es kam zur Debatte zwischen Adam und der Post. Ende Oktober wurden die Geräte nochmals getauscht, gegen welche, die ein Schloss an der Wählscheibe hatten, deren Schlüssel nur Adam besaß. Die Anrufe gingen weiter und Adam erstattete bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt. In 5 Wochen wurde die Nummer der Zeitansage mehrere 100 Male gewählt.

Waren anfangs nur die mysteriösen Anrufe unerklärlich, ereigneten sich ab Herbst auch andere rätselhafte Ereignisse. Sicherungen brannten ohne ersichtlichen Grund durch, Lampen erloschen, Birnen zerplatzten, Neonröhren drehten sich um 90 Grad und fielen zu Boden. Elektriker überprüften das Stromnetz und sämtliche elektrischen Geräte, tauschten Röhren und Glühbirnen.
Irgendwann war Anwalt Adam sicher, dass es in seiner Kanzlei nicht mit rechten Dingen zuging. Außer seinen Mitarbeitern wurden auch Techniker, Handwerker und viele Klienten Zeugen dieser Vorfälle. Bei so vielen Zeugen war es kein Wunder, dass auch die Medien Wind von den sonderbaren Vorfällen bekamen.

Ein Mitarbeiter des Elektrizitätswerkes wurde zu Hilfe gezogen. Paul Brunner nahm die wissenschaftliche Herausforderung neugierig an. Nach vielen Überprüfungen wurden Fehler an Geräten, Kabeln und Anschlüssen ausgeschlossen. Versiegelte Messgeräte, um Manipulationen zu verhindern, wurden eingesetzt. Aufzeichnungen wurden nur zu Arbeitszeiten festgestellt, nicht an Wochenenden oder nachts. Die Phänomene in der Kanzlei eskalierten in den nächsten Wochen. Sämtliche Neonröhren fielen zu Boden, Glühbirnen zerplatzten, aus dem Kopierer liefen Chemikalien aus. Als eine geplatzte Birne eine Mitarbeiterin der Kanzlei verletzte, verhängte man die Lampen, um weitere Unfälle zu vermeiden. Letztendlich wurde das gesamte Rosenheimer Versorgungsnetz überprüft.
Am 11. Dezember befanden sich Brunner und sein Assistent im Büro der Sekretärinnen, als sich plötzlich die Bilder an der Wand bewegten. Die Frauen waren vor Angst gelähmt, die Männer beobachteten fasziniert das neue Phänomen. Ein Bild bewegte sich um mehr als 300 Grad und wickelte die Schnur um den Haken. Brunner gestand sich ein, mit den Ereignissen überfordert zu sein. Er beendete seine Tests und erstellte einen Abschlussbericht.

Die Kanzlei Adam geriet vollends in das Rampenlicht der Medien, die bundesweit über die Phänomene berichteten. Dr. Kager vom Max-Planck-Institut und Dr. Zicha von der Uni München wurden hinzugezogen und führten voneinander unabhängige Untersuchungen durch. Sie kamen zum Ergebnis, dass eine unsichtbare Kraft Spannungen auf die Geräte ausübte. Nach physikalischen Gesetzen war es jedoch unerklärlich. Weitere Wissenschaftler wurden hinzugezogen und führten Tests durch. Professor Bender war wie die anderen Professoren der Meinung, dass es sich um eine intelligente Kraft handelte, denn es wurden nicht wahllos Telefonnummern angerufen, sondern nur die Nummer der Zeitansage. Da die Phänomene nur während der Bürozeiten auftraten, ging man von einem Poltergeist aus.
Als alle möglichen Tests durchgeführt waren, beschränkten sich die weiteren Untersuchungen auf die Büroangestellten. Die Angestellten sowie die Wissenschaftler standen unter hohem Druck. Die Medien berichteten täglich und die Mitarbeiter der Kanzlei wurden von Tag zu Tag nervöser. Am schreckhaftesten war das 18-jährige Lehrmädchen Annemarie Schaberl. Die Phänomene begannen nach ihrem Arbeitsbeginn um 7:30 Uhr. Einem von Professor Benders Mitarbeitern fiel auf, dass Lampen zu schwingen anfingen, wenn Annemarie darunter ging. Da alle Angestellten sehr mitgenommen waren, wurden sie angewiesen, einige Tage Urlaub zu nehmen. Sobald Annemarie im Urlaub war, zeigten sich im Büro keinerlei anormale Aktivitäten.
Als sie aus ihrem Urlaub am 9. Jänner zurückkam, wurden die mysteriösen Phänomene zunehmend schlimmer. Ein 180 kg schwerer Eichenschrank rückte wie von Geisterhand von seinem Standort weg, Schubladen bewegten sich von selbst. Am 18. Jänner wurde Annemarie gekündigt und mit ihr verschwanden sämtliche Phänomene. Rechtsanwalt Adam blieb ein Schaden von etwa 15.000 DM. Einige Quellen berichten, dass der Anwalt Annemarie Schaberl nicht kündigte.

Auslöser für die Phänomene war indirekt Annemarie Schaberl. Sie wurde psychologischen Tests unterzogen und als unstabil und reizbar eingestuft. Sie litt an frustrierter Wut, die sie gekonnt überspielte. All ihre Empfindungen entluden sich bei ihr per Psychokinese und lösten so die Phänomene aus.

Der Rosenheim Spuk gilt als einer der bekanntesten, besten untersuchten und wissenschaftlich geprüften parapsychologischen Fälle der Nachkriegszeit in Deutschland. Aufzeichnungen, Testergebnisse und Berichte über den Fall liegen im Stadtarchiv von Rosenheim.

Ein lieber Freund, dessen Schulweg damals täglich an diesem Haus vorbei führte, erinnert sich noch gut an diese Zeit. Für einen Schuljungen war es einerseits interessant, die Fernsehteams und Reporter zu beobachten, die das Haus belagerten, andererseits auch ziemlich gruselig, an diesem Haus vorbeigehen zu müssen.

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Copyright © 2013 by Andrea Hoch

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