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Der Welt-Detektiv Band 6

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Der Marone – Quacos seltsame Begegnungen

der-marone-drittes-buchThomas Mayne Reid
Der Marone – Drittes Buch
Kapitel 14

Quacos seltsame Begegnungen

Als Quaco die Lichtung betrat, trug er einen großen Pack, unter dem er sich’s den ganzen Weg von Savanna-la-Mer her hatte sauer werden lassen. Ausgenommen die schweinsledernen Stiefeln an den Füßen und einen alten randlosen Hut auf dem Kopf trug er nur ein Paar Hosen. Das war alles, was Quaco von Kleidungsstücken an sich hatte, ja, was er überhaupt an solchen besaß, denn obwohl des Maronenhauptmanns Leutnant, so war seine Kleidung doch nicht vollständiger als die eines gewöhnlichen Gemeinen der Maronenbande. Deswegen war der Hauptmann auch in keiner Weise über die kärgliche Bekleidung Quacos verwundert, wohl aber über sein wildes Aussehen beim Eintritt in die Lichtung, so wie ihm sofort auch noch einiges anderes auffiel. Die dunkle Haut des Riesen war mit weißem Schweiß bedeckt, der aus jeder Pore hervor tropfte. Das war jedenfalls infolge des langen Marsches, zumal in den brennenden Sonnenstrahlen und wegen des großen von ihm getragenen Gewichts, denn der Korb auf seinem Rücken schien mindestens fünfzig Pfund schwer zu sein, die große oben auf demselben festgebundene Muskete gar nicht mitgerechnet.

Alles dies war nichts Ungewöhnliches, anders war es freilich mit dem unerklärlichen heftigen Ausdruck seines Gesichts, dem wilden Rollen seiner gelblichen Augensterne, den schnellen eiligen Schritten und den wunderlichen seltsamen Gebärden, mit denen er seine Ankunft schon zuvor ankündigte.

Obwohl dies von Cubina ganz gut bemerkt worden war, so tat dieser, stets an eine gewisse Zurückhaltung seinen Leuten gegenüber gewohnt, doch ganz, als ob er nichts Besonderes wahrgenommen habe und sagte deshalb zu dem näher Herankommenden: »Ich bin froh, dich hier zu treffen, Quaco.«

»Und ich froh sein, Capitain Cubina, Sie hier finden! Schnell gelaufen, so schnell wie meine Beine wollen, Sie zu suchen!«

»Ha!«, sagte Cubina, »Neuigkeiten vielleicht? Bist du irgendjemanden im Wald begegnet? Vielleicht dem jungen Engländer vom Hof des Jessuron? Ich erwarte ihn hier, aber er scheint den Weg verfehlt zu haben.«

»Keinen Engländer getroffen, Capitain, aber den Cussos Vochan gesehen, dem begegnet.«

»Carambo!«, rief Cubina erstaunt. »Du hast den Custos Vaughan getroffen? Wann und wo?«

»Wann? Diesen Morgen. Wo? Ungefähr eine halbe Meile von dem großen Carrion-Kreuzweg. Da traf ich ihn!«

Der auf das letzte Wort gelegte Nachdruck fiel Cubina auf, denn er schien ihm anzudeuten, dass Quaco auch noch einen anderen angetroffen habe.

»Trafst du weiter keinen?«, fragte er schnell und offenbar auf eine Antwort höchst begierig.

»Ja-a, Capitain«, sprach der Leutnant höchst langsam und schleppend, was mit seinem beim Eintritt in die Lichtung verratenen aufgeregten Wesen gar sehr im Widerspruch stand. Aber Quaco sah, dass sein Hauptmann auf die Ankunft des jungen Engländers warte und glaubte deshalb, nicht nötig zu haben, sich mit seinen Mitteilungen so sehr zu beeilen. »Ja-a, ich traf den alten Pluto, den Oberkutscher von Willkommenberg. Er ritt an der Seite des Cussos.«

»Weiter trafst du keinen, Quaco?«

»Nicht gerade dann«, antwortete Quaco, der augenscheinlich die interessante Neuigkeit, die er mitzuteilen hatte, noch zurückhielt.

»Aber später? Heraus damit, Quaco! Hast du irgendjemanden getroffen, der auf demselben Weg ging?«

Der befehlende Ton, zugleich mit einer ihn unterstützenden, die höchste Ungeduld verratenden Handbewegung brachte Quaco jetzt zu einem viel schnelleren Geständnis, als er es sonst wohl abgelegt haben würde.

»Ich getroffen, Capitain Cubina«, sagte er und blies seine Backen bei der großen Wichtigkeit der nun zu machenden Mitteilung mächtig auf, während seine Augen wie zwei gelbe feurige Kugeln schrecklich in ihren Höhlen rollten und fürchterlich verdreht wurden – »ich getroffen keinen Mann, aber einen Geist!«

»Einen Geist?«, fragte Cubina ungläubig.

»Ja, einen Geist, ich schwör’s beim großen Accompong! Denselben Geist, den ich schon mal gesehen habe, den Geist des alten Chakra!«

Der Maronenhauptmann stutzte, was der Leutnant seiner Verwunderung über die seltsame Nachricht zuschrieb. Diesen Irrtum benahm Cubina ihm aber bald, da er dringend fragte: »Wo hast du denn den Geist angetroffen?«

»Ich ihn eigentlich gar nicht getroffen«, antwortete Quaco, »ich ihn nur gesehen auf dem Weg vor mir, ungefähr hundert Schritte von mir. Aber ich war nahe genug, um gewiss zu sein und es war Chakras Geist, ganz wie ich ihn schon einmal gesehen habe da bei dem Teufelsloch! Der alte Knabe kann nicht ruhig im Grab schlafen, er geht in den Wäldern herum!«

»Wie weit war es von der Stelle entfernt, wo du Herrn Vaughan angetroffen hast.«

»Nicht so weit, Capitain. Einige tausend Schritte vielleicht, mein ich. Sobald der Geist mich sah, schlüpfte er in die Büsche, und ich sah nichts mehr davon. Merkwürdig genug, der Tag war schon angebrochen und die Hähne hatten auch gekräht. Ich hörte sie schon auf des alten Johnsons Pflanzung dicht dabei krähen, und das hat das Gespenst wohl nicht vertragen können und ist in den Fluss gesprungen.«

»Wir können hier nicht mehr länger auf den jungen Engländer warten – wir müssen fort, fort von hier, Quaco, so schnell wie möglich.«

Mit diesem Ausruf wollte Cubina unverzüglich forteilen.

»Halt, Capitain«, sagte Quaco und unterbrach ihn mit einer Handbewegung, die klar andeutete, dass er noch mehr mitzuteilen habe. »Ihr habt ja nicht alles gehört, ich habe noch mehrere angetroffen.«

»Noch mehrere?«

»Eine gute Viertelmeile hinter der Stelle, wo ich den Geist des alten Myalmannes gesehen habe, wer, glaubt Ihr wohl, der mir da begegnet sei?«

»Wer denn?«, forschte Cubina begierig.

»Nun, die Teufelssöhne, schöne Gesellschaft für das Gespenst Chakra, die verdammten Spanier vom Judenhof.«

»Ach! Maldito!«, rief der Maronenhauptmann mit lauter, die höchste Unruhe verratender Stimme, und machte zugleich eine Gebärde, die klar andeutete, dass ihm plötzlich ein Licht aufgegangen war. »Die Spanier, sagst du? Sie sind ebenfalls hinter ihm her! Komm, Quaco! Setz den Pack nieder, wirf ihn irgendwo in den Busch! Jetzt ist kein Augenblick zu verlieren! Ich begreife nun ganz wohl alle die Begegnungen, die du auf deinem Weg gehabt hast. Glücklicherweise habe ich mein Schießgewehr und du hast das deine. Wir mögen sie beide vor Nacht noch nötig haben. Lege den Pack ab und folge mir.«

»Halt und nehmt mich auch mit!«, rief eine Stimme am Saum der Lichtung. »Ich habe auch ein Gewehr.«

Und in demselben Augenblick trat der junge Engländer mit seiner Flinte auf der Schulter aus dem Unterholz hervor und schritt auf die Ceiba zu.