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Hexen- und Gespenstergeschichten 3

Hexen-und-Gespenster-GeschichtenHexen- und Gespenstergeschichten
Ein geschriebenes Lesebuch aus dem Jahr 1806

An Hexen und Gespenster
glaubt kein gescheiter Mann.
Nur in verrückten Köpfen
trifft man noch sowas an.

I. Hexengeschichten
3. Das Hexenwetter in dem Marktflecken O…

Es ereignete sich in diesem Ort im Jahre 1800 eine traurige Wettergeschichte. Es waren gerade vor der Ernte drei heiße Sommertage, die Sonne brannte heftig auf den Scheitel der Menschen, und man erstickte beinahe vor schwülstiger Sommerluft, als am Ende des dritten Tages sich von Norden her schwarze Gewitterwolken zeigten. Kaum waren sie dem Flecken nahe gekommen, als der Ortspfarrer das Zeichen zum Gebet in der Kirche geben ließ, und er selbst mit einem hölzernen Kruzifix das Wetter segnete, aber sogleich wieder nach Haus ging. Indes wurden die Gewitterwolken immer schauerlicher, sie veränderten ihre schwarze Farbe in eine graue, sie brausten gleich dem Brausen der Meereswellen und drehten sich immer in einem Wirbel herum gleich den Wasserwirbeln in Flüssen. Es zog nicht schnell vorüber, sondern schien stehen zu bleiben übet den mit reichen Früchten beladenen Äckern um O… herum. Alles jammerte und heulte. Doch wurde mehr geflucht über den Messner, dass er nicht fortläute. Wo ist der Pfarrer? Ist er in der Kirche? Als man ihnen das Gewesene übermittelte, so drangen einige wilde Bauern in den Pfarrhof ein, andere in die Kirche und dem Glockenturm. Indes Erstere den Pfarrer schalten, läuteten die anderen alle Glocken so gewaltig zusammen, dass man wahrhaft hätte glauben sollen, der Himmel wäre eingefallen.

Unter dem Läuten kam ein Dorfrichter. »Welche Dummheit!«, rief er. »Alle Glocken zu läuten, die Susannaglocke, und dann die Mariannglocke! Dies sind die Wetterglocken, denn das Wetter ist ein Hexenwetter.«

Der Anführer hing sich selbst nach aller Schwere an das Seil der Mariannglocke. Das Wetter war fürchterlich. Blitz und Donner folgten sich splitternd aufeinander. Indes liefen die Bauern vom Pfarrhaus wieder heraus, von denen einer – der Wildeste und Gröbste – in die Kirche lief, den eisernen Kreuzpartikel vom Nebenaltar heranriss und damit außer der Kirche gegen alle vier Ecken segnete. Als er aber etliche Male um die ganze Kirche herumgelaufen war und gerade wieder in die Kirche gehen wollte, so kam ein Blitz … und Krtsch! … lag der Mann mit dem Kreuzpartikel unter der Kirchtür. Noch hörte man ein Schmettern vom Donner, aber keine Glocke mehr. Die Kirche schien voll Feuer zu sein, Die, welche läuteten, wurden niedergeschlagen. In der Kirche waren einige auf die Stühle niedergesunken. Unter dem Kirchtor lag der segnende Bauer wie tot, und seine Hand, worin er den Kreuzpartikel hielt, auseinandergerissen und versengt. Kurz! Im Kirchturm schlug es ein. Der Blitz fuhr durch die Kirche und da war ihm der Mann mit der metallenen Monstranz eben willkommen, denn bei Ungewitter soll man eher alles Metall weglegen, als eines sich nehmen. Feuer entstand nicht. Aber der Pfarrer hatte alle Hände voll zu tun, um mithilfe des Baders die vom Blitz Getroffenen zu retten. Der benedizierende Bauer war tot, die Übrigen gerettet, doch trugen sie alle ein Merkmal davon. Der Dorfrichter war auf einer Seite gelähmt. Ein anderer bekam eine Nervenkrankheit und zitterte lebenslänglich, war auch zu keiner schweren Arbeit mehr recht geschickt. Im Turm war die Uhr ganz ruiniert. Der Kirche geschah nichts. Das Wetter war aber noch nicht vorbei, vielmehr wurde es immer stärker, weil das Sausen, Pfeifen und Geräusch durch die Luft stärker wurde. Es stand nicht lange an, und ach! Es hagelte, doch hatte der Hagel nur den dritten Teil des Feldes getroffen, welcher noch von der Ortsherrschaft ansehnlich vergütet wurde. Unter dem Hagelwetter und nach demselben ereignete sich indes ein Zufall, den ich noch berühren muss, weil er den Bauern erst recht deutlich bewies, dass das Wetter von einer Hexe gemacht worden sei. Während dem heulenden Wind, Blitz, Donner und Hagel fuhr ein schwarzes Ding durch die Lüfte hin und her.

Da schrie jedermann: »Da seht ihr die Hexe!«

Der eine sah die Ofengabel, auf der sie fuhr, der andere den Teufel vor ihr sitzen und kutschieren. Es fuhr, je nachdem der Wind heftiger blies, bald auf und bald ab.

Endlich schoss einer nach der Hexe. Aber sie war zu hoch, als dass sie mit der Flinte erreicht werden konnte. Endlich riss sie der Wind weiter fort, und verschwand. Bei nachlassendem Wind sah man die Hexe herunterfliegen und sich auf einen Baum setzen. Einige wollten nun gleich auf den Baum los, zitterten aber unter dem Laufen und gingen wieder heim. Andere aber, mit geladenen Flinten und mit tausend Kreuzen versehen, gingen langsamen Schrittes drauf los. Als sie noch mehr als zweihundert Schritte von der sichtbaren Hexe entfernt waren, zielten sie schon auf dieselbe, rückten mit gespannten Hähnen immer näher und feuerten alle zugleich los, als sie selbige zu erreichen glaubten.

Da die schwarze Hexe nur an einem einzigen Ast hing und von den Kugeln getroffen wurde, fiel sie auf die Erde. Und was war es?

Ein schwarzer Schurz oder Vorfleck war es, den ein Dorfweib zum Trocknen zum Dach hinausgehängt und den der starke Wind mit fortgerissen hatte.

Freilich glaubten die Schützen anfangs, die Hexe habe sich in einen Schurz verwandelt. Da sie aber die Merkbuchstaben A.M. daran lasen und landen, dass er selbst der Frau eines der Hexenschützen gehöre, ließen sie sich endlich vom Gegenteile überzeugen.

Obwohl ich nichts als Geschichten ohne alle besondere Anmerkung zu schreiben mir vorgenommen habe, so muss ich doch noch die Hauptsätze aus der Predigt des Herrn Pfarrers hersetzen, welche er nach diesem Hexenwetter gehalten hatte.

Vorerst handelte sie von der Fürsorge Gottes und von dem Vertrauen, dass sie auf dieselbe setzen sollten. Dann bewies er, dass es kein Hexenwetter geben könne, dass Donner und Hagel ebenso gewiss von Gott seien wie Regen und Sonnenschein. Darauf redete er ein paar Worte vom Ziel und Ende der Glocken, und dass ihre Weihung und sogenannte Taufe nicht wider die Hexen seien. Endlich brachte er die Mittel vor, den vom Blitz Getroffenen zu helfen, und die Mittel des Blitzableiters, um fernerhin den Turm zu sichern.

Ein paar Strophen aus jenem Lied, das der Herr Pfarrer nach der Predigt von der ganzen Gemeinde singen ließ, muss ich euch doch noch hinzufügen:

Es donnert, Mensch! Wer donnert?
Wer blitzt aus dem Wolkenzelt?
Schaut auf, o Menschen! Wer?
Der Herr, der große Herr der Welt!

In seiner ausgestreckten Hand
liegt schweigend die Natur.
Und Erd und Himmel sind im Brand,
ist nicht mehr – spricht er nur.