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Der Welt-Detektiv Band 6

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Geisterschloss Dohlenstein – Kapitel 4

Geisterschloss Dohlenstein
Abenteuer eines flüchtigen Pariser Studenten
Eine Geister- und Räubergeschichte
Kapitel 4 – Theodor unter der Räuberbande

Nachdem sie so eine geraume Zeit geschwelgt hatten und die Räuber ziemlich betrunken waren, befahl der Hauptmann, den Anbruch des Tages gewahrend, dass ein jeder sich in seine Zelle begeben, sich dort ruhig verhalten und zu einer Unternehmung für den nächsten Abend vorbereiten sollte.

»Werde ich auch dabei sein, Hauptmann?«, sprach Theodor.«

»O nein! So schnell verschenke ich mein Zutrauen nicht. Du wirst in der Zelle des Veteranen wohnen, wohin dich dieser abführen wird. Niklas aber wird wieder zu seinem Dienstherrn zurückkehren, um keinen Verdacht zu erregen. Nächste Nacht wird er zurückkehren und dich von alledem unterrichten, was du wissen musst. Wenn du genügend unterrichtet bist und wir auf deine Treue zählen können, dann sollst du an unseren gefahrvollen Unternehmungen teilnehmen und den Gewinn mit uns teilen.«

Alle Räuber, wohl an die 80 Mann, wünschten Theodor eine gute Nacht. Niklas führte ihn durch mehrere unterirdische Gewölbe, hier und da durch aufgehängte Lampen beleuchtet, in ein sieben bis acht Fuß im Quadrat großes Gemach, in welchem sich ein recht gutes Bett befand, das ihm als das für ihn bestimmte angewiesen wurde. Beide schienen sich etwas zu sagen auf dem Herzen zu haben, aber ein gegenseitiges Misstrauen hielt sie zurück. Niklas sagte seinem neuen Kameraden eine freundschaftliche gute Nacht und ging fort. Allein in der Dunkelheit zurückgelassen dachte Theodor über das Sonderbare seiner Lage nach. Sein erster Gedanke war an seine Eltern, deren Unruhe und Verzweiflung er sich lebhaft vorstellte. Dann nur an sich selbst denkend, stellte er sich den Ruhm vor, den er ernten würde, wenn er das Land von einer so gefürchteten Räuberbande, wie die von Sassafras es war, befreite, und beendete seine Betrachtungen damit, dass er fast so ruhig einschlief, als hätte er sich in seiner Hütte von den Mühen des Tages erholen wollen.

Endlich wachte er auf, sprang aus dem Bett, ging aus seiner Zelle und durchlief den Gang, in dessen Mitte sich die Tür zu seiner Kammer befand, was er am Morgen kaum bemerkt hatte. Der Gang hatte ungefähr 350 bis 360 Fuß Länge und wurde durch vier an den Seiten der Länge nach befestigte Scheinwerfer erhellt. Theodor ging zu dem einen, sah nach seiner Uhr, die man ihm gelassen hatte, und fand, dass es Nachmittag vier Uhr sei. Er folgte dem Gang rechts, um den Ort zu untersuchen, in dem er leben sollte. An jeder Seite fand er nummerierte Türen, der seines Zimmers, in welchem er die Nacht verbracht hatte, ähnlich war, was ihn glauben ließ, dass dies der allgemeine Schlafort für die ganze Truppe wäre. Da einige der Türen geöffnet waren, warf er, ohne in diese einzutreten, einen Blick hinein und fand seine Vermutung bestätigt. Am Ende des Ganges wurden seine Schritte durch ein festes eisernes Gitter gehemmt, was ihn nötigte, auf demselben Wege wieder zurückzugehen, den er gekommen war. Er ging nun zum anderen Ende desselben zurück und trat in einen geräumigen, mit schönem kupfernen Küchengeschirr wohl gezierten Saal. In diesem befanden sich zwei Öfen und ein Kamin, auf dessen Feuer die zum großen Frühstück bestimmten Speisen kochten.

»Du bist es also, mein Hähnchen«, sprach ein altes Weib zu ihm, das den schweren Bratenwender aufgehoben hatte. »Du bist es also, der die Zahl unserer Braven vermehrt hat? Er ist recht artig, es würde doch schade sein, wenn der gehenkt würde.«

»Schweig! Alte Hexe«, rief der Hauptmann, der durch eine andere Tür eintrat. »Willst du aus diesem auch eine feige Memme machen, wie aus Fidesco und Wilhelm, die wir dir zuletzt als Küchenjungen fassen mussten? Beim Henker, wenn so etwas noch einmal geschieht, so werde ich dich in die andere Welt schicken, damit du dir dort nach Gefallen deine feigen Memmen ziehen kannst. Ist das Frühstück bald fertig?«, fuhr er weiter fort. »Wo sind denn jene zwei Buben, die es anrichten sollen?«

»Einen Augenblick, Herr Sassafras«, antwortete die erschreckte Alte. »Sie holen etwas Holz, was ich benötige, um meinen Braten gar zu machen. Du kannst dich einstweilen an den Tisch setzen und wirst sogleich bedient werden.«

»Nun, komm, Theodor, und höre nicht auf die alte Barbel, denn du würdest es sonst bereuen.«

Theodor ging in den Saal, wo man am Vortag zu Abend gegessen hatte. Dort fand er alle Räuber beisammen, die einen im Spiel, die anderen damit beschäftigt, ihre Waffen zu putzen, deren Magazin in einem Seitenzimmer war. Alle standen auf, als sie Sassafras kommen sahen, und beendete ihre Beschäftigungen, um sich mit ihm an den Tisch zu setzen. Sie grüßten ihn mit Achtung und nickten Theodor freundlich zu, das dieser erwiderte und sich dann auf Befehl des Hauptmanns zu seiner Rechten zwischen ihn und seinen Leutnant setzte. Der Unterleutnant saß zur Linken des Chefs. Theodor lernte ihren Rang erst aus den folgenden Gesprächen kennen.

»Nun«, fragte ihn Sassafras, indem er ihm zu trinken einschenken ließ, »fühlst du dich wohl unter uns?«

»Ich habe die Zeit noch nicht gehabt, mir zu missfallen, Hauptmann. Meine erste Beschäftigung, als ich zu Euch kam, war, dass ich einem guten Mahl beiwohnte, meine zweite, dass ich mich ins Bett legte, wo ich bis zu diesem Augenblick geschlafen habe …«

»Du hast geschlafen?«

»Wie in meinem Bett, Hauptmann.«

»Nun denn, das ist ein gutes Zeichen.«

»Kaum bin ich erwacht, so lasst Ihr mich wieder zu Tisch setzen, und ich habe die Ehre, an Eurer Seite zu sitzen. Alles das verspricht mir ein gutes Leben, weit besser als das, was ich in meinem armen Dorf erhoffen durfte.«

»Brav! Bursche fahre so fort, und wir wollen was aus dir machen.«

»Meine Freunde«, setzte er hinzu, indem er sich an die ganze Truppe wandte, »diese Nacht gilt es, einen guten Schlag auszuführen. Ich habe vom Niklas vernommen, dass auf der großen Heerstraße, einige Meilen von unserer Höhle, eine bedeutende Sendung Geld transportiert werden soll, welches der Erzherzog vom Kaiser verlangte. Bloß dreißig Mann sind zur Bewachung dabei. Ich habe beschlossen, dieses kleine Detachement anzugreifen. Fünfzig der Unseren sollen auf verschiedenen Wegen beim Hirschsprung zu mir stoßen. Dort wollen wir einen Hinterhalt anlegen, und die kaiserlichen Gelder sollen unsere gemeinschaftliche Kasse füllen.«

»Es lebe der Hauptmann!«, schrien die Räuber.

»Das ist noch nicht alles. Zehn von euch werden unter dem Befehl des Rotbart von der Eremitage aus einen Ausfall machen. Fidelio soll zehn andere nehmen, um an den Ufern des Rheins zu schlagen. Der Rest der Truppe aber soll unter dem Befehl des Niklas, der gegen 10 Uhr hier eintreffen wird, die Höhle und das Schloss bewachen. In Letzterem sollen Spukgeschichten vorgenommen werden, um die Bewohner des Dorfes in Respekt zu erhalten, obgleich Theodors Verschwinden sie für immer abhalten wird, in die Höfe und das Innere des Schlosses einzudringen.«

Das Mahl endete mit gewöhnlicher Fröhlichkeit. Das Los entschied über diejenigen, die mit dem Hauptmann und seinen beiden Leutnants gehen sollten. Niklas kam, seinem Versprechen gemäß, gegen 10 Uhr an und verteilte seine Leute auf ihre Posten.

Sassafras und die beiden Leutnants begaben sich mit den ihren auf die verschiedenen Wege, die zu ihrer Bestimmung führten.

Als Niklas mit Theodor allein war, zog er diesen in eine Ecke des Saales und sprach zu ihm mit leiser Stimme: »Was hältst du von diesem Ort?«

Der junge Mensch, ungewiss, was er antworten sollte, schwieg still, und warf einen misstrauischen Blick auf den Fragenden.

»Ich habe deine Mutter gesehen«, sagte der andere, »sie ist trostlos und glaubt dich für immer verloren.«

»Meine Mutter!«

»Nein«, rief Niklas mit einer Art von Heftigkeit aus, »ich kann nicht glauben, dass der Sohn des ehrlichen Brandt schon so verdorben sei, sich in Gesellschaft von Räubern zu gefallen. Du sagst nichts, weil du mich nach der Gesellschaft verurteilst, in der du mich findest. Ich sehe, dass allein mein Vertrauen mir das deine erwerben kann, und so will ich es dir auch ganz geben. Aber wenn du mich betrügst, wenn du mich dem Hauptmann verraten könntest … Doch dieser Verdacht ist unser nicht würdig. Was würde das Zeugnis eines Unbekannten bei ihm fruchten, wenn ich die Dienste erwäge, die ich seit einigen Jahren ihm zu erweisen schien?«

»Ach, lieber Niklas, du nimmst eine sehr große Last von meiner Seele. Ich bin überglücklich, in dir die Gesinnung wahrzunehmen, mit denen ich mich gegenwärtig ebenfalls beschäftige.«

»Es sind nun zwei Jahre, dass ich von der Bande des berüchtigten Sassafras und ihren Verheerungen an den beiden Ufern des Rheins sprechen hörte. Das Ministerium ergriff keine Maßnahmen, dieser ausschweifenden Horde Einhalt zu gebieten, und dieses schimpfliche Verfahren brachte in mir einen Entschluss zur Reife. Ich suchte die Polizei auf, schilderte ihr mit aller möglichen Beredsamkeit die Gräueltaten dieser Räuber und machte sie mit meinem Entschluss bekannt, mich bei der Bande anwerben zu lassen, um im Geheimen für ihre Zerstörung zu arbeiten. ›Wie heißt du?‹, fragte mich ein oberer Polizeibeamter. ›Michel Berghem‹, war meine Antwort. Mein Name wurde niedergeschrieben. ›Michel Berghem‹, fuhr er weiter mit Güte fort, ›dein Entschluss zeugt von Mut und Rechtschaffenheit. Führe ihn nun so schnell und gut als möglich aus und lass mir von Zeit zu Zeit wissen, wie weit du damit bist. Ich werde dir mit meiner ganzen Macht beistehen. Und solltest du einmal festgenommen werden, so bewahre diesen Ring, der dir zum Schutz gegen alle Verfolgung dienen wird.‹ Ich dankte Seiner Exzellenz, bewaffnete mich mit einem Säbel und ein Paar Pistolen und strich, in einen Mantel gehüllt, im Wald umher, den ich als den Schauplatz der Räubereien Sassafras und seiner unwürdigen Gesellen kannte. Drei Nächte hindurch gelang es mir nicht, sie aufzufinden. Die vierte Nacht endlich war ich erfolgreicher. Ich hörte einige Flintenschüsse, die auf unglückliche Reisende gerichtet waren. Ich hatte mich in diese Richtung begeben, floh aber bei ihrer Annäherung. Zwei Menschen hatten es auf sich genommen, mich zu verfolgen und holten mich um so leichter ein, da meine Flucht nur gestellt war. Man führte mich vor den Hauptmann, der, da er mich in Kleidung der Seinen erblickte, mich fragte, von welcher Bande ich wäre. ›Von keiner in diesem Augenblick‹, antwortete ich. ›Ich diente in der vom Schinderhannes, welche vor ungefähr vierzehn Tagen zerstreut wurde, auf eigene Rechnung, bis dass ich wieder zu ihnen stoßen werde.‹

›Bist du mit deiner Lage zufrieden?‹, fragte er mich freundlich.

›Bei meiner Treue, nein! Hauptmann, da kommt fast gar nichts heraus. Lieber wollte ich ein ehrlicher Mann werden, als bei solch einem gefährlichen Handwerk so wenig ausrichten.‹

Er lachte. ›Wohlan!‹, sprach er weiter, ›wenn du mir treu sein willst, wie du es dem Schinderhannes warst, so will ich dich in meine Truppe aufnehmen, die, wie du sehen sollst, der seinen nicht nachsteht. Versprichst du es?‹

›Ich schwöre es, Hauptmann.‹

›Folge mir denn.‹

Damit glaubte ich, sei alles erledigt, als er sich auf einmal anders besann und mich fragte: ›Wie heißt du?‹

›Niklas Werne‹, war meine Antwort.

›Wohlan! Du sollst in unserem Aufenthalt aufgenommen werden. Allein bevor ich mich auf dich verlassen kann, muss ich erst deine Treue erproben. Meine Leute werden dir die Augen verbinden und dich dahin tragen, wo wir unseren heimatlichen Herd aufgeschlagen haben. Noch steht es dir frei, dein Wort zurückzunehmen.‹

›Hauptmann, bis zum Tod gehöre ich dein.‹

Er ließ nun aus Zweigen eine Art Tragbahre machen, auf die man mich legte, und mir dann die Augen verband.

›Noch habe ich dir zu sagen‹, fuhr Sassafras weiter fort, ›dass du dich einer dreimonatigen Prüfung unterwerfen musst, bevor du in unsere Geheimnisse eingeweiht wirst.‹

›Zehn, wenn du willst, Hauptmann, vorausgesetzt, dass ich während dieser Zeit gut verpflegt werde. Nur muss ich bedauern, dass ich während dem nicht mit euch schlagen kann.‹

›Oh, du wirst unter uns Gelegenheit genug finden, um dich zu zerstreuen. Wir haben vor einigen Monaten einen Menschen von der Truppe deines ersten Hauptmanns rekrutiert, daher du bald Bekanntschaft finden wirst.‹

Dieser Zufall war mir wenig erfreulich. Ich sah nur zu leicht die Unmöglichkeit ein, von einem Menschen erkannt zu werden, der mich früher nie gesehen hatte. Tut nichts zur Sache, ich verbarg meine Unruhe. Nach einer Stunde fühlte ich, dass man mich sanft auf die Erde setzte. Man nahm mir meine Binde ab, und ich befand mich inmitten von etwa dreißig Banditen, die sich alle drängten, um ihren neuen Kameraden zu sehen.

›Wo ist Knob?‹, fragte der Hauptmann. Ich vermutete, dass wir uns beide einander gegenübergestellt werden würden, und fasste mich also so gut als möglich.

›Er ist mit Fidelio gegangen‹, antwortete eine Stimme.

Mehrere andere aber fielen ihm ins Wort und sagten, dass sie noch nicht zurück seien.

›Sobald sie ankommen werden, soll er zu mir kommen.‹

Fidelio kam zurück. Seine Leute trugen Felleisen, Reisekoffer und Effekten aller Art.

›Ist Knob da?‹, fragte Sassafras.

›Hauptmann, er ist im Land der Toten‹, antwortete Fidelio. ›Beim Angriff auf den Postwagen, den wir plünderten, ist er von einer Kugel getroffen worden, und ich selbst, glücklicher als er, bin mit einem Säbelhieb, der mir den linken Arm aufritzte, davongekommen.‹

›Oh! Der arme Knob‹, rief ich schmerzlich aus, ›ich glaubte ihn schon herzlich umarmen zu können. Das war ein tapferer Kerl!‹

›Ich sehe, dass du ihn kennst‹, sagte der Hauptmann. ›Allein was klagst du? Ist das nicht unser aller Schicksal? Und doch ist es besser so, als am Galgen zu sterben.‹

Als die dreimonatige Prüfungszeit, während welcher ich viel Umsicht zeigte, vorüber war, ließ mich Sassafras auf sein Zimmer kommen.

›Niklas‹, sagte er zu mir, ›ich bin mit dir zufrieden, und jetzt ist die Zeit gekommen, wo du mir nützlich werden kannst. Aber ..‹ Er fuhr fort, indem er mich aufmerksam betrachtete. ›Nicht bei unseren Unternehmungen will ich dich einsetzen. Weißt du auch, dass du eher wie ein rechtschaffener, ehrlicher Mann aussiehst als wie einer von den Unseren. Du brauchst deshalb nicht rot zu werden. Man kann sich das Gesicht nicht selbst geben, mein Freund! Zudem hat mich gerade dieses Gesicht bestimmt, dich dem Feuer nicht auszusetzen.‹

Ich glaubte mich auf immer von der Außenwelt abgeschnitten, und sicherlich verriet ich auf meinem Gesicht einen hohen Grad von Unzufriedenheit.

›Ich sehe‹, sagte der Hauptmann, ›dass du wohl lieber vorziehen würdest, dich mit uns auszuzeichnen. Doch tröste dich, deine Dienste werden uns nicht weniger nützlich und notwendig sein.‹

Er teilte mir noch mit, was sich im Schloss Dohlenstein, dessen Lage er mir genau beschrieb, zutrug, sagte mir, dass er einen geschickten und unverdächtigen Menschen brauche, der die bewachen sollte, die in Versuchung geraten würden, da hineinzudringen, und dass ich zu diesem Behuf das Dorf bewohnen müsse, unter welches sich die unterirdischen Gänge, die wir bewohnen, erstrecken. Diese Nachricht machte mich froh, doch ließ ich mir davon nichts anmerken, und der Hauptmann blieb bei der Überzeugung, dass mir diese Art Verbannung etwas Zwang antäte. Er führte mich durch alle Umwege der unterirdischen Wohnungen und brachte mich ins Freie, nachdem er mir alle nötigen Instruktionen erteilt hatte, die er für mein weiteres Verhalten und für meine geheimen Reisen zu der Höhle für nötig erachtete.

»Was soll ich dir weiter sagen, lieber Theodor? Es sind nun mehr als acht Monate, dass ich sowohl auf als auch unter der Erde lebe, ohne dass es mir noch möglich war, meinen Plan auszuführen. Ich habe der Obrigkeit bereits verschiedene Vorschläge gemacht. Allein einige dieser wurden verworfen, andere mit Nachlässigkeit betrieben, und die Bande ist bisher fast unversehrt geblieben. Heute …«

»Still!«, sagte Theodor, »da ist Barbara.«

»Fürchte sie nicht, mein junger Freund, die ist meine Mutter, die ich hier einzuführen das Mittel fand, und der ich diesen Namen habe annehmen lassen. Wilhelm und Fidesco sind meine jüngeren Brüder, welche nacheinander in die Hände der Räuber gefallen sind, als ob sie es nicht gewollt hätten. Dich mitgezählt sind also fünf ehrliche Leute in der Höhle. Aber was vermag diese kleine Zahl gegen zwanzig dieser Bösewichte ausrichten, die sich jede Nacht hier befinden? Ich habe all mein Mögliches getan, um die Truppe des Hauptmanns zu dezimieren, doch hat es mir bis jetzt noch nicht gelingen wollen. Ich erwarte viel von der heutigen Unternehmung, da die Eskorte, die die angebliche Sendung bei sich führt, dreimal stärker sein soll, als ich sie angegeben habe. Allein ich fürchte, dass des Hauptmanns gutes Glück ihn gar noch einmal auf unsere Pläne führt. Dieser Mensch hat großen Mut, einen Scharfblick ohne Gleichen, und es ist schade, dass er seine großen Anlagen dazu anwendet, Böses zu tun.«

Niklas wurde durch die Ankunft des Unterleutnants Fidelio und seiner Compagnie unterbrochen, die eben von ihrer Plünderung zurückkamen. Drei mit Mantelsäcken bepackte Pferde, deren Besitzer sie ermordet hatten, waren die Frucht dieser Unternehmung.

Einen Augenblick später ließen sich neue Ankömmlinge vernehmen. »Beim Satan! Niklas«, sagte der Hauptmann, »wir kommen von einer harten Affäre und unsere Mühen waren diesmal umsonst. Zwanzig der Unseren sind auf dem Kampfplatz geblieben. Ich habe sieben Verwundete, dabei drei tödlich. Zum Henker! Das ist ein schwerer Verlust. Jahre gehören dazu, um solche Menschen wieder zu bekommen, wie die waren. Verdammte Soldaten! Es waren derer wenigstens hundert. Das, was mich noch tröstet, ist, dass sie keinen der Unseren lebendig bekommen haben. Es hat übrigens meiner ganzen Geistesgegenwart bedurft, uns aus diesem bösen Gemenge herauszuziehen. Hätte ich den Kopf verloren, so wäre keiner von uns davongekommen. Gariot, Paul und Croco verdienen das meiste Lob. Sie haben meine Manöver prächtig unterstützt, und sind zweimal ins Gemenge zurückgekehrt, um zwei ihrer Kameraden lebendig den Händen der Feinde zu entreißen, und haben sie zurückgebracht. Frisch herbei, Alte, und gieße Wein ein! Wir sind seiner sehr bedürftig, um unsere Kräfte wieder zu sammeln.«

Nachdem er fünf- bis sechsmal getrunken hatte, bemerkte Sassafras, dass Rotbart noch nicht zurückgekehrt war. Er war im Begriff, nach ihm zu schicken, als die Schildwache seine Ankunft verkündete. Er trat stolz an der Spitze seiner Truppe ein, vor sich auf dem Pferd eine junge Dame haltend, die ohnmächtig zu sein schien.

»Hauptmann«, sagte er, »seit langer Zeit suchst du eine Gefährtin. Hier ist eine, die ich fand. Sie war in Begleitung mit einer alten Frau, welche unsere Leuten große Lust hatten, sie in die andere Welt zu befördern. Allein ich war dagegen, in der Meinung, dass ihre Gesellschaft der Schönen mehr als die Barbaras gefallen würde. Das ist alles, was wir auf unserem Weg von der Eremitage aus, wohin du uns geschickt hast, gefunden haben. Sieh, da ist Philipp, der die andere auf seinem Pferd hält, und wie du siehst, große Mühe hat, sie festzuhalten, obgleich wir sie recht gut angebunden und ihr bei Strafe des Todes verboten haben, sich noch länger zu gebärden. Nun, komm herunter, Alte! Sei vernünftig, und es soll dir kein Leid geschehen.«