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Westernkurier 11/2012

Auf ein Wort, Stranger! Wer die Wörter Indianer oder Natives hört, denkt sofort an nordamerikanische Indianerstämme. Sehr wenig hingegen wird im deutschsprachigen Raum über die Ureinwohner Kanadas berichtet.

Vor wie vielen Tausend Jahren Menschen über die Beringstraße in das heutige Alaska, Kanada und Grönland wanderten, ist nicht genau bekannt. Lange nach den nordamerikanischen Indianern trafen die Inuit (Singular Inuk) ein. In ihrer Sprache, dem Inuktitut bedeutet es »Wesen mit Seele«. Wegen ihrer Ernährungsweise bezeichneten sie die Stämme der Algonkin und Cree als Eskimo – Rohfleischesser.

Der Landstrich, in dem sich die Inuit bevorzugt aufhielten, war nicht immer mit Schnee und Eis bedeckt. Als sich das Klima zusehends änderte, passten sich die Menschen den Gegebenheiten an. Sie waren reine Jäger und nicht auf landwirtschaftliche Erzeugnisse angewiesen. Während der wärmeren Jahreszeiten lebten sie in festen Siedlungen, solange es in der Umgebung genügend Beute gab. Schneehäuser benutzen sie nur kurzfristig während der Jagd. Je nach Region und Klima waren Behausungen und Nahrung unterschiedlich. Sie lebten in Zelten aus Fellen und Häuten oder in Erdsodenhäusern, nutzten Steinlampen mit Robbenöl und jagten Robben, Walrösser, Wale, Karibus, Elche und Moschusochsen. Da für die Jagten größere Gemeinschaften notwendig waren, schlossen sich verwandte Familien zu Verbänden in Camps zusammen.

Inuit zeigen ein leicht mongolisches Erscheinungsbild und die Babys weisen am unteren Ende der Wirbelsäule einen bläulichen, sogenannten Mongolenfleck auf. Die Merkmale unterscheiden sich jedoch in der Schädel- und Nasenform von den asiatischen, mongolischen und indianischen Menschen. Anthropologisch bilden die Inuit einen selbstständigen arktisch-mongolischen Rassenzweig und sind keine Indianer. Zu diesem Ergebnis kam Ansgar Walk nach langen Aufenthalten und Forschungen bei Inuit.

Bis zum Zweiten Weltkrieg hatte die Begegnung mit Weißen geringe Auswirkungen, obwohl es immer wieder Epidemien durch Krankheiten gab, die Walfänger einschleppten. 1770 wollten deutsche Missionare an der Küste Labradors die Inuit christianisieren und zwangen sie, deutsche Namen anzunehmen. Einige deutsche Wörter sind in abgeänderter Form im Inuktitut vorhanden, wie etwa Wochentage.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erweiterte die Hudson Bay Company ihre Gebiete. Die Inuit wurden beim Tausch mit den begehrten Gewehren der Händler und anderen Dingen der westlichen Welt gegen ihre Felle schamlos übervorteilt. Ab dem Zweien Weltkrieg  änderte sich ihr Leben. Der Staat nutzte die Rohstoffvorkommen und nahm Gebiete in Beschlag. Die Inuit zogen in feste Häuser und mussten sich in kürzester Zeit an ein neues Leben ohne die tägliche Jagd gewöhnen, mit der man kaum Geld verdienen konnte. Lediglich die Robbenjagd bot eine Einnahmequelle, bis Tierschützer in Europa durch Boykottaufrufe die Absatzmärkte zusammenbrechen ließen. Andere Arbeit gab es in der Arktis jedoch nicht. Sie wurden zu Empfängern staatlicher Zuwendungen. Als die Schulpflicht eingeführt wurde, mussten die Kinder weit entfernt liegende Internate besuchen, da es in den dünnbesiedelten Gebieten keine Schulen gab. Sie sollen zu Weißen umerzogen wegen.

Auch wenn die Industrialisierung in der Arktis Einzug genommen hat, sind Jagd und Fischerei Teil der Inuit-Kultur geblieben. Robbenfelle sind auch heute zur Herstellung von Kleidung und Schuhen wegen ihrer guten Wärmeeigenschaften unersetzlich. Waren es früher Harpunen und Pfeil und Bogen, jagt man heute mit modernen Gewehren.

Ungefähr 60.000 kanadische Inuit leben in 53 Kommunen im arktischen Norden, in einem riesigen Gebiet mit wenig mehr als einem Menschen auf einhundert Quadratkilometern. Die Umstellung vom nomadischen Leben auf das einer modernen Industriegesellschaft stellte für die Inuit ein großes Problem dar. Wie auch die nordamerikanischen Natives sind die Inuit mit Drogen- und Alkoholmissbrauch und in manchen Gemeinden mit einer hohen Selbstmordrate konfrontiert. Seit 1962 besitzen sie kanadisches Wahlrecht und sind bestrebt, ihre Interessen selbst wahrzunehmen. Seit 1999 verwalten sie das Territorium Nunavut weitgehend selbst. Auch im kanadischen Parlament in Ottawa sind Inuit vertreten. Eine bedeutende politische Organisation stellt der Inuit Tapirisat of Canada dar, dessen Ziel es ist, politische und Umweltfragen auch außerparlamentarisch zu vertreten. Die fortschreitende Erschließung Kanadas, die Nutzung der Bodenschätze sowie Waldrodungen führen nach wie vor Konflikte mit sich.

Zusammenkünfte zu besonderen Anlässen werden mit einem traditionellen Festessen begleitet. Da früher die Inuit weder über Tische noch Stühle verfügten, wird das Native Food, welches gereicht wird, auch heute am Boden sitzend eingenommen. Als Besteck dienen Messer für Männer und Frauen verwenden ihr Ulu, ein gebogenes Frauenmesser.

Inuit sind großartige Künstler, die das Schnitzen seit jeher beherrschten. Forscher fanden im arktischen Eis geschnitzte Kämme, Kultgegenstände, Spielzeug und Waffen. Laut Experten ist Inuit-Kunst auf Anhieb erkennbar, obwohl sich der Stil je nach Künstler und Region unterscheidet. Im Südwesten werden rohe, grobgliedrige, surrealistische Figuren aus hartem Stein hergestellt, im Südosten sind die Skulpturen aus weichem Stein gefertigt und auf Hochglanz poliert. In der heutigen Zeit ist die Kunst für die Inuit zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden. Der Vertrieb erfolgt in erster Linie über Inuit-Kooperativen.

So wie alle Völker, gibt es auch bei den Inuit viele Legenden und Mythen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.
Sedna, die Hüterin der Gewässer und Seetiere, war vor unzähligen Jahren ein Mädchen, das nicht heiraten wollte. Eine Tages kam ein fremder Mann, ein Sturmvogel in Menschengestalt und nahm sie in seinem Kajak mit. Der Vater suchte sein Kind und wollte es wieder mit nach Hause nehmen. Als der Sturmvogel mit ausgebreiteten Schwingen über das Boot der Flüchtenden flog, drohte das Boot zu kentern. Der Vater schmiss seine Tochter ins Meer und als sie sich ans Boot klammerte, schlug er ihr die Hände ab. Sie sank auf den Meeresgrund und wurde zu Hüterin der Seetiere. Die Inuit nennen sie Takanalukarnaluk – das Weib in der Tiefe. Sedna schickt den Menschen die Tiere, doch sie kann sie ebenso gut verweigern, wenn die Tabus der arktischen Welt gebrochen werden.

So long Fellows

Eure Montana

Quellen:

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