Der Kapitän Fracasse – Band 1 – 3. Kapitel
Théophile Gautier
Der Kapitän Fracasse
Ein Mantel-und-Degen-Roman, 1863
Band 1
Drittes Kapitel
Die Herberge Zur blauen Sonne
Der Ort, an dem die müden Ochsen von selbst Halt machten, war eine armselige Ansammlung von Hütten, die in einer weniger abgelegenen Gegend niemand ein Dorf nennen würde.
Dieses Dorf bestand aus fünf oder sechs kleinen Häusern, die sich unter schönen Bäumen befanden, deren Wachstum durch ein wenig Erde und Dünger gefördert worden war. Diese Häuser, aus Lehm, Kiefern, halbbehauenen Baumstämmen und rohen Brettern gebaut, mit großen, moosbewachsenen Dächern, die fast bis zur Erde herabreichten, und mit Schuppen, in denen sich einige schmutzbedeckte Ackergeräte befanden, schienen eher für unreine Tiere als für nach dem Bilde Gottes geschaffene Wesen geeignet zu sein. Sie wurden auch von einigen schwarzen Schweinen mit ihren Herren geteilt, ohne dass die einen vor den anderen den geringsten Ekel verrieten.
Vor den Toren standen oder saßen einige Kinder mit dicken Bäuchen, dünnen Armen und Beinen und fiebrigen Gesichtern, in zerlumpten Hemden oder nur mit einer Schnur zusammengebundenen Wämschen, – einer Kleidung, die sie in ihrer Unschuld nicht mehr zu schämen schienen, als wohnten sie im irdischen Paradies.
Durch das Dickicht ihres Haares, das noch nie von einem Kamm berührt worden war, funkelten ihre vor Neugierde phosphoreszierenden Augen wie die eines Nachtvogels durch die Zweige. Angst und Sehnsucht kämpften in ihren Gesichtern. Am liebsten hätten sie die Flucht ergriffen und sich hinter einer Hecke versteckt, aber der Wagen und seine Ladung ließen sie wie angewurzelt stehen bleiben.
Etwas dahinter, auf der Schwelle ihrer Hütte, schaukelte eine dürre Frau mit fahlem Gesicht und eingefallenen Augen einen halbverhungerten Säugling auf dem Arm. Das Kind drückte mit seiner kleinen, schon braunen Hand eine unfruchtbare Brust, deren Weiß in diesem vom Elend entwürdigten Wesen noch die junge Frau verriet.
Die Frau betrachtete die Komödianten mit stierem Blick, ohne sich, wie es schien, über das, was sie sah, Rechenschaft abzulegen.
Neben ihrer Tochter kauerte die Großmutter, noch gebeugter und runzliger als Hekuba, die Gattin des Priamos, des Königs von Ilion. Ihre Arme glichen nur noch Stäben, an denen die pergamentartige Haut klebte. Die Augenbrauen hingen in den Augenhöhlen wie Schmarotzerpflanzen am Eingang einer Höhle, und an der Stelle des Mundes war nur noch ein Stern aus Falten zu sehen, die einen gemeinsamen Mittelpunkt hatten.
Beim Anblick dieses hundertjährigen Scheusals rief der Pedant, der zu Fuß neben dem Wagen herging: »Ha, dieses schreckliche alte Weib! Neben ihr sind die Parzen liebenswürdige Schäferinnen. Sie ist so in Alter und Fäulnis versunken, dass kein Jungbrunnen sie je wieder verjüngen kann. Sie ist die leibliche Mutter der Ewigkeit, und als sie geboren wurde – wenn sie überhaupt geboren wurde, denn ihre Geburt muss weiter zurückliegen als die Schöpfung -, da hatte Saturn schon einen weißen Bart. Und doch ist diese alte Hexe in ihrer Jugend zweifellos schön gewesen, denn gerade aus den schönsten Mädchen werden die schrecklichsten alten Weiber. Nehmt euch das zu Herzen, meine jungen Damen«, fuhr Blazius fort und wandte sich an Isabelle und Serafina, die näher gekommen waren, um ihn zu hören. »Wenn ich bedenke, dass es nur sechzig Winter nach Ihren Frühlingen braucht, um Sie in so schreckliche Spukgestalten zu verwandeln wie diese Mumie, die aus ihrer Kiste gekrochen ist, so betrübt mich das zutiefst und versöhnt mich mit meiner hässlichen Larve, die dieser Gefahr nicht ausgesetzt ist, sondern deren Hässlichkeit im Gegenteil durch die Jahre auf komische Weise vervollkommnet wird.«
Junge Frauen mögen es nicht, wenn man ihnen auch nur in nebulöser Ferne die Aussicht eröffnet, alt und hässlich zu werden. Mit einem verächtlichen Achselzucken, als wären sie an solche Spötteleien gewöhnt, wandten sich die beiden Schauspielerinnen von dem Pedanten ab, traten an den Wagen heran, von dem bereits Kisten und Koffer abgeladen wurden, und schienen sorgfältig darauf zu achten, dass man ihre Sachen nicht beschädigte.
Es war unmöglich, dem Pedanten zu antworten. Blazius hatte, indem er von vornherein seine eigene Hässlichkeit opferte, jede Erwiderung abgeschnitten. Er wandte diese List sehr oft an, um Stiche auszuteilen, ohne selbst welche zu erhalten.
Das Haus, vor dem die Zugtiere mit dem Instinkt der Tiere, die nie vergessen, wo sie Futter und Streu gefunden haben, anhielten, war eines der bedeutendsten des Dorfes.
Mit einer gewissen selbstbewussten Kühnheit stand es am Rande der Straße, vor der die anderen Hütten, sich ihrer Armut schämend, zurückwichen und wie arme, hässliche Mädchen, die im Bad überrascht wurden, ihre Blöße mit ein paar Handvoll Blättern bedeckten.
In dem Bewusstsein, das schönste Haus des Ortes zu sein, wollte die Herberge die Blicke herausfordern, und ihr Schild streckte den Arm quer über den Weg, als wollte es die Reisenden zu Fuß oder zu Pferd festhalten.
Dieses Schild, das an der Vorderseite des Hauses an einer Art eisernem Galgen hing, an dem man im Notfall einen Menschen hätte aufhängen können, bestand aus einer verrosteten Blechtafel, die, vom Wind hin- und herbewegt, ständig mit ihren Ringen kreischte und klapperte.
Ein wandernder Sudler hatte darauf das Tagesgestirn gemalt, aber nicht mit goldenem Antlitz und goldenem Haar, sondern mit einer blauen Scheibe und Strahlen derselben Farbe, nach Art jener Sonnenschatten, mit denen die Heraldik zuweilen das Feld ihrer Wappenschilder besät.
Aus welchem Grunde hatte man die blaue Sonne zum Zeichen dieser Herberge gewählt? Die goldenen Sonnen sind an den Heerstraßen so zahlreich, dass man sie nicht mehr voneinander zu unterscheiden vermag, und ein wenig Eigenart ist bei Wirtshausschildern nicht verkehrt.
Aber das war nicht der wahre Grund, auch wenn er sehr plausibel erscheinen mag.
Der Maler, der dieses Bild malte, hatte nur noch blaue Farbe auf seiner Palette, und um sich mit neuen Farben zu versorgen, hätte er eine Reise in eine größere Stadt unternehmen müssen. Deshalb predigte er die Vorzüglichkeit des Azurs vor allen anderen Farben und malte in dieser himmlischen Farbe blaue Löwen, blaue Pferde und blaue Hähne auf die Schilder der verschiedenen Gasthäuser.
Der Gasthof Zur blauen Sonne hatte ein Dach aus Ziegeln, von denen einige dunkelbraun und andere wieder leuchtend rot waren, was bewies, dass kürzlich Reparaturen vorgenommen worden waren und dass es wenigstens nicht in die Gästezimmer regnete.
Die der Straße zugewandte Seite des Hauses war mit Kalk verputzt und gestrichen, das Gebälk nach baskischer Art rot bemalt.
An den anderen Seiten hatte man sich diesen Luxus erspart, hier zeigte sich die Lehmwand in ihrer ganzen Nacktheit.
Weniger ungebildet oder arm als der Rest des Dorfes, hatte der Wirt einige Zugeständnisse an die Erfordernisse des zivilisierten Lebens gemacht. Das Fenster des schönen Zimmers war verglast, eine Seltenheit zu jener Zeit und in jenem Land. Die anderen Fensteröffnungen hatten einen mit Leinwand oder geöltem Papier bespannten Rahmen oder waren mit einem Fensterladen verschlossen, der mit demselben roten Ochsenblut gestrichen war wie die Balken der Fassade.
Ein an das Haus angebauter Schuppen diente als Unterstand für Wagen und Tiere. Zwischen den Gittern der Krippen lief das Heu wie zwischen den Zähnen eines riesigen Kammes hindurch, und lange, aus alten Tannenstämmen ausgehöhlte und auf Pfähle gestellte Tröge enthielten das am wenigsten verfaulte Wasser, das die benachbarten Teiche lieferten.
Meister Chirriguirri behauptete daher mit Recht, dass es im Umkreis von zehn Meilen keine so bequeme und gut eingerichtete Herberge gäbe wie die Zur blauen Sonne. Mit dieser Behauptung täuschte er weder sich noch andere, denn die nächste Herberge war mindestens zwei Tagesreisen entfernt.
Der Baron von Sigognac empfand unwillkürlich eine gewisse Scham, sich inmitten dieser Truppe von Wanderkomödianten zu befinden, und zögerte, die Schwelle des Gasthauses zu überschreiten, denn Blazins, der Tyrann, der Matamor und der Leander überließen ihm die Ehre des Vortritts, und Isabella, die die ehrliche Schüchternheit des Barons erriet, näherte sich ihm mit einem entschlossenen, schmollenden Gesichtsausdruck.
»Aber in der Tat, Herr Baron, Sie zeigen eine eisigere Zurückhaltung gegenüber Frauen als Joseph und Hippolyte. Wollen Sie mir nicht den Arm reichen und mich in diese Herberge geleiten?«
Sigognac verbeugte sich und bot Isabella die Hand, die mit der Spitze ihrer zarten Finger seinen abgetragenen Ärmel berührte, so dass dieser leichte Druck den Wert einer Aufmunterung erhielt. Tatsächlich kehrte der Mut des jungen Barons augenblicklich zurück, und er betrat mit triumphierender Miene das Wirtshaus. Es war ihm gleich, ob die ganze Welt ihn sah.
Im herrlichen Königreich Frankreich kann sich ein Mann, der eine schöne Frau begleitet, niemals lächerlich machen, sondern höchstens Neid erregen.
Der Wirt kam seinen Gästen entgegen und stellte sein Haus den Reisenden mit einem Pathos zur Verfügung, das die Nachbarschaft zu Spanien verriet.
Ein ledernes Wams, das von einem Gürtel mit Messingschnalle um die Hüften gehalten wurde, betonte die kräftigen Formen seiner Büste. Aber die mit einem Zipfel hochgezogene Schürze und ein großes Messer in einer hölzernen Scheide mäßigten den wilden Ausdruck, der vielleicht in seinem Gesicht lag, und mischten dem ehemaligen Schmuggler eine beruhigende Portion Koch bei, so wie sein freundliches Lächeln die beunruhigende Wirkung einer tiefen Narbe ausglich, die von der Mitte der Stirn bis unter das kurz geschnittene Haar verlief.
Diese Narbe, die Chirriguirri, der sich mit dem Barett in der Hand grüßend verneigte, den Blicken der Betrachter zwangsläufig darbot, unterschied sich von der Haut durch eine dunkelviolette Farbe und durch ein Zusammenziehen des Fleisches, das die schreckliche Lücke nicht ganz zu schließen vermochte.
Er muss ein kräftiger Bursche gewesen sein, wenn er seine Seele nicht durch einen solchen Ritz entweichen ließ, und seine Seele hatte wohl auch kein besonderes Verlangen, zu sehen, was sie im Jenseits erwartete.
Misstrauische und ängstliche Reisende hätten das Wirtshaus für einen solchen Mann vielleicht für zu friedlich gehalten, aber, wie gesagt, die blaue Sonne war einst die einzige bewohnbare Herberge in dieser Wüste.
Das Zimmer, in das der Baron Sigognac und die Komödianten traten, war nicht so prächtig, wie Chirriguirri versicherte. Der Boden bestand aus gestampftem Lehm, und in der Mitte des Raumes befand sich eine aus großen Steinen errichtete Estrade, die als Herd diente.
Eine Öffnung in der Decke, durch die eine Kette von einer Eisenstange herabhing, ersetzte den Schornstein, so dass der ganze obere Teil des Raumes zur Hälfte im Rauchnebel verschwand, dessen Flocken sich langsam den Weg zur Öffnung bahnten, wenn der Wind sie nicht zufällig nach unten trieb.
Um die Feuerstelle herum, aber nur auf drei Seiten, damit der Koch freien Zugang hatte, schaukelten Holzbänke über den unebenen Boden, der wie die Schale einer riesigen Orange aussah.
Hier und da standen Schemel, die aus drei Beinen bestanden, die in ein Stück Brett gesteckt waren und von denen eines über die anderen hinausragte, so dass es im Notfall als Rückenlehne dienen konnte, obwohl ein Sybarit einen solchen Stuhl sicher als Folterinstrument betrachtet hätte.
Tannenholzspäne, die in eisernen Klammern brannten, warfen über allem einen roten, rauchigen Schein. Zwei oder drei kupferne Pfannen, die an der Wand hingen, warfen diesen Schein zurück, und von der Decke hing an einem eisernen Haken ein langer Speckstreifen, der im Halbdunkel eine beunruhigende Ähnlichkeit mit einem Gehängten aufwies.
Aber die Schauspielertruppe war zu zahlreich, um sich von einem solchen Anblick erschrecken zu lassen, und außerdem waren diese tapferen Leute durch ihr Nomadenleben an die seltsamsten Herbergen gewöhnt.
In der Ecke einer der Bänke schlief, als die Komödianten eintraten, ein kleines Mädchen von acht oder neun Jahren, jedenfalls schien es nicht älter zu sein, so mager und klein war es. Mit den Schultern an die Lehne der Bank gelehnt, ließ sie den Kopf, von dem lange Haarflechten herabhingen, auf die Brust fallen, so dass man ihre Züge nicht erkennen konnte. Die Muskeln ihres Halses, dünn wie die eines gerupften Vogels, schienen kaum in der Lage zu sein, die dichte Masse der Haare in dieser hängenden Stellung zu tragen.
Ihre Arme hingen schlaff zu beiden Seiten des Körpers herab, und ihre Beine, die zu kurz waren, um den Boden zu erreichen, schwebten mit gekreuzten Füßen in der Luft. Diese Füße waren von der Kälte, der Sonne und dem rauen Wetter ziegelrot verfärbt. Zahlreiche, teils vernarbte, teils frische Kratzer an ihnen zeugten von häufigen Wanderungen durch Büsche und Wälder. Die kleinen, zierlichen Füße steckten in grauen Staubstiefeln, wohl das einzige Schuhwerk, das sie je gekannt hatte.
Was die Kleidung des Mädchens betrifft, so war sie die einfachste, die man sich vorstellen konnte, und bestand nur aus zwei Stücken, einem Hemd aus so grobem Leinen, dass die Schiffe feinere für ihre Segel haben, und einem Mantel aus gelbem Barchent nach aragonesischer Mode, der zweifellos aus dem am wenigsten abgenutzten Teil eines mütterlichen Unterrockes geschneidert war.
Der bunte Vogel, der die übliche Verzierung dieser Art von Frauenröcken bildete, wirkte in der ihm hier zugedachten Stellung eigentümlich, denn sein Schnabel befand sich am Gürtel und seine Füße am Rand des Saumes, während sein Körper, von den Falten auseinandergezogen oder zusammengedrückt, jenen schimärischen Vögeln glich, die man auf alten byzantinischen Mosaiken sieht.
Isabella, Serafina und die Soubrette nahmen auf dieser Bank Platz, und ihr Gewicht, zusammen mit dem sehr leichten Gewicht des kleinen Mädchens, reichte kaum aus, um die Masse der Duenna, die auf der anderen Seite saß, auszugleichen.
Die Männer verteilten sich auf die anderen Bänke und ließen zwischen sich und dem Baron von Sigognac respektvoll eine Lücke.
Ein paar Handvoll Reisig hatte die Flamme wieder angefacht, und das Knistern der trockenen Reiser, die sich in der Glut krümmten, erfreute die Reisenden, die von den Strapazen des Tages etwas angegriffen waren und, ohne es zu wissen, den Einfluss der Malaria oder der schlechten Luft spürten, die in dieser Gegend herrscht, weil sie von stehenden Gewässern umgeben ist, die der undurchdringliche Boden nicht aufnehmen kann.
Chirriguirri näherte sich den Reisenden mit aller Höflichkeit und Anmut, die ihm sein barbarisches Aussehen erlaubte.
»Was kann ich den Herrschaften anbieten? Mein Haus ist mit allem ausgestattet, was Standespersonen sich wünschen können. Schade, dass Sie gestern nicht gekommen sind. Ich hatte einen Wildschweinkopf zubereitet, der so köstlich schmeckte, dass leider nicht mehr genug davon übrig war, um einen hohlen Zahn zu füllen.«
»Das ist bedauerlich«, sagte der Pedant und leckte sich die Mundwinkel. »Wilder Schweinskopf ist ein Gericht, das ich jedem anderen vorziehe, und ich wünschte, ich hätte mir davon ein paar Verdauungsbeschwerden zugezogen.«
»Und was hätten Sie zu der Wildpastete gesagt, die die Herren, die ich heute Morgen bewirtet habe, bis auf den letzten Rest aufgegessen haben?«
»Ich hätte gesagt, sie sei vorzüglich gewesen, und ich hätte das Verdienst des Kochs gebührend anerkannt. Aber was nützt es, den Appetit mit trügerischen Speisen grausam anzuregen, die um diese Zeit längst verdaut sein müssen? Statt dieser Schüsseln, deren Vortrefflichkeit wir gar nicht bezweifeln, sage uns lieber, was es heute gibt, denn das Tempus der Vergangenheit ist, zumal in der Küche, ein sehr unglückliches, und der Hunger liebt bei Tisch den Indikativ der Gegenwart. Also weg mit dem Präteritum! Es ist für die Gegenwart Verzweiflung und Fasten. Das Futur erlaubt dem Magen wenigstens angenehme Träume. Darum bitte ich Euch, erzählt nicht halbverhungerten, armen Teufeln Dinge, die gewesen sind.«
»Sie haben recht, mein Herr«, erwiderte Chirriguirri mit einer zustimmenden Geste. »Die Erinnerung ist nichts Greifbares, und doch kann ich nicht umhin, zu bedauern, dass ich meine Lebensmittelvorräte auf so unkluge Weise habe verzehren lassen. Gestern war meine Speisekammer bis zum Rand gefüllt, und vor zwei Stunden habe ich die Unvorsichtigkeit begangen, meine letzten sechs Terrinen köstlicher Entenleber ins Schloss zu schicken.«
»Ha, was für eine Hochzeit von Kana könnte man aus all den Speisen machen, die Ihr nicht mehr habt und die von glücklichen Gästen verzehrt wurden. Aber Ihr habt uns nun lange genug schmachten lassen; sagt uns ohne weiteres, was Ihr habt, nachdem Ihr uns mit so schönen Worten gesagt habt, was Ihr nicht habt.«
»Ihr Wunsch ist sehr gerecht. Ich habe Speck, Schinken und Stockfisch«, antwortete der Wirt und bemühte sich, so schamhaft zu erröten wie eine gute Hausfrau, die überrascht ist, wenn ihr Mann plötzlich drei oder vier Freunde mit nach Hause bringt.
»Gut«, rief die hungrige Schar wie aus einem Munde, »dann gebt uns Speck, Schinken und Stockfisch.«
»Ja, ich will eine Specksuppe kochen lassen, die ihresgleichen sucht«, fuhr der Wirt fort, hatte seine Kühnheit wiedergefunden und ließ seine Stimme wie eine Trompetenfanfare ertönen. »Die Brotkrümel werden in feinstem Gänsefett geröstet, die Kohlblätter mit ambrosischem Geschmack zubereitet und mit einem Speck gekocht, der weißer ist als der Schnee auf dem Gipfel des Maladetta – eine Suppe, die würdig wäre, die Tafel der Götter zu zieren.«
»Mir läuft das Wasser im Munde zusammen, aber beeilt euch, denn ich sterbe fast vor Hunger«, sagte der Tyrann mit der Miene eines Menschenfressers, der frisches Menschenfleisch wittert.
»Zagarriga! Deck schnell den Tisch in der schönen Stube«, rief Chirriguirri einem Jungen zu, der vielleicht gar nicht da war, denn der Gerufene gab trotz der eindringlichen Rufe des Patrons kein Lebenszeichen von sich. »Was den Schinken betrifft, so hoffe ich, dass die Herren damit zufrieden sein werden. Er kann dem besten Bayonner den Rang streitig machen, denn er ist weiß, rot und zart und der appetitlichste der Welt«.
»Wir glauben das alles wie das Evangelium«, rief der Pedant ungeduldig, »aber bringt bald dieses Wunder des Schinkens heraus, oder es wird hier zu kannibalischen Szenen kommen wie bei Schiffbrüchigen. Wir haben keine Verbrechen begangen wie der Herr Tantalus, um auf diese Weise gequält zu werden.«
»Sie haben vollkommen recht«, hob Chirriguirri in seinem ruhigsten Ton wieder an. »Heda, ihr alle da draußen, rührt euch, beeilt euch, spuckt! Die Herren sind hungrig und können nicht warten.«
Das Küchenpersonal rührte sich ebenso wenig wie der vorhin erwähnte Zagarriga, aus dem guten Grund, weil es ihn nicht gab und nie gegeben hatte. Die ganze Bedienung des Gasthauses bestand aus einer großen, hageren Dirne, die Mionnette genannt wurde, aber diese imaginäre Dienerschaft, die Meister Chirriguirri immer wieder herbeirief, gab nach seiner Meinung dem Gasthaus einen guten Ruf, belebte und bevölkerte es und rechtfertigte die hohe Zeche.
Der Wirt Zur blauen Sonne war durch das wiederholte Rufen der Namen dieser Chimärenknechte schließlich so weit gekommen, dass er selbst an die Existenz solcher Menschen glaubte und sich fast wunderte, dass sie ihn nicht um Lohn angegangen waren – eine Bescheidenheit, die er ihnen im Übrigen zu danken wusste.
Aus dem dumpfen Klirren und Klappern im Nebenzimmer schloss der Wirt, dass der Tisch noch nicht gedeckt war, und um Zeit zu gewinnen, begann er die Vorzüge des Stockfisches zu preisen. Das war allerdings ein trockenes Thema, das eine gewisse Beredsamkeit erforderte. Glücklicherweise war Chirriguirri daran gewöhnt, fade Speisen durch die Würze seiner Worte schmackhaft zu machen.
»Die Herren«, sagte er, »werden den Stockfisch zweifellos für eine gewöhnliche Speise halten, und sie haben nicht Unrecht, aber es gibt einen großen Unterschied beim Stockfisch. Dieser hier wurde vom kühnsten Seemann des Golfs von Gascogne an der Küste Neufundlands gefangen. Es ist ein auserlesener Stockfisch, weiß, schmackhaft, überhaupt nicht holzig, in Öl gebraten ganz vorzüglich und dem Lachs, dem Thunfisch und dem Schwertfisch weit vorzuziehen. Seine Heiligkeit der Papst genießt nichts anderes während der Fastenzeit und auch an Freitagen und Sonnabenden und anderen Fastentagen, wenn er der Schleien und Makrelen überdrüssig ist. Pierre Lessorbat, der meine Küche beliefert, ist auch der Lieferant Seiner Heiligkeit. Stockfisch, wie ihn der Heilige Vater genießt, ist gewiss nicht zu verachten, und die Herrschaften werden ihn vorzüglich finden, denn sonst wären sie keine guten Katholiken.«
»In der Tat«, antwortete der Pedant, »wir würden uns sehr geschmeichelt fühlen, wenn wir diesen päpstlichen Stockfisch in uns aufnehmen könnten; aber nun möge dieser wunderbare Fisch bald aus der Pfanne auf den Teller springen, sonst lösen wir uns in Dunst und Nebel auf wie Schemen und Gespenster, wenn der Hahn kräht und die Sonne wieder aufgeht.«
»Aber es wäre nicht gut, den Fisch vor der Suppe zu essen, das hieße, die Ochsen vor den Wagen zu spannen«, entgegnete Meister Chirriguirri mit Stolz verächtlicher Miene, »und die Herren sind viel zu gut erzogen, als dass sie sich ein solches Vergehen zuschulden kommen lassen sollten. Nur noch ein wenig Geduld, die Specksuppe ist gleich fertig«.
»Bei den Hörnern des Teufels«, rief der Tyrann, »ich würde mich mit einer spartanischen Suppe begnügen, wenn sie nur sofort serviert würde.«
Der Baron von Sigognac schwieg und verriet keine Ungeduld. Er hatte am Vorabend gegessen! In seinem Hungerschloss hatte er sich längst an die einsiedlerische Enthaltsamkeit gewöhnt, und diese häufige Wiederholung der Mahlzeiten überraschte seinen nüchternen Magen.
Auch Isabella und Serafina beklagten sich nicht, denn junge Damen, von denen man glaubt, sie ernährten sich von Tau und Blumensaft, verraten nicht gern ihren Heißhunger.
Der Matamor, auf seine Magerkeit bedacht, schien ganz entzückt zu sein, denn er hatte eben seinen Gürtel um ein Loch enger geschnallt, und der Dorn der Schnalle war ohne viel Mühe in das Loch eingeschlagen. Der Leander gähnte und fletschte die Zähne.
Die Duenna war eingeschlafen, und unter ihrem zusammengedrückten Kinn zeigten sich drei schlaffe Fleischfalten wie Würste.
Das kleine Mädchen, das am anderen Ende der Bank geschlafen hatte, war aufgewacht und hatte sich aufgerichtet. Jetzt konnte man ihr Gesicht sehen, denn sie hatte ihr schwarzes Haar zur Seite gestrichen, das auf der Stirn abgefärbt zu sein schien, so braun war es.
Aber unter dieser braunen Gesichtsfarbe schimmerte eine matte, wachsartige Blässe hindurch. Die Wangen, deren Knochen hervortraten, waren farblos. Die Haut der bläulichen Lippen, deren krankhaftes Lächeln die weißen Zähne sichtbar machte, war rissig. Alles Leben schien sich in die Augen geflüchtet zu haben.
Die Magerkeit des Gesichtes ließ diese Augen ungeheuer groß erscheinen, und der breite schwarze Ring, der sie umgab, verlieh ihnen einen fieberhaften, eigentümlichen Glanz. Das Weiße schien fast blau, so sehr stachen die Augensterne aus dem dunklen Braun hervor, und so dicht war die Doppellinie der Wimpern.
In diesem Augenblick verrieten diese seltsamen Augen eine kindliche Bewunderung und Begierde, die sich hartnäckig auf die Juwelen Isabellas und Serafinas hefteten, deren geringen Wert die kleine Wilde wohl nicht ahnte.
Das Glitzern eines Besatzes aus unechtem Gold, der trügerische Schein einer Kette aus venezianischen Perlen blendete sie und versetzte sie in eine Art Ekstase.
Offenbar hatte sie noch nie in ihrem Leben etwas so Schönes gesehen. Ihre Nüstern weiteten sich, eine leichte Röte stieg ihr in die Wangen, ein sardonisches Lächeln umspielte ihre bleichen Lippen und wurde von Zeit zu Zeit von einem fieberhaften, schnellen, trockenen Zähneklappern unterbrochen.
Zum Glück achtete niemand in der Gesellschaft auf diesen armseligen, von nervösen Zuckungen geschüttelten Lumpenhaufen, denn man wäre erschrocken über den unheimlich wilden Ausdruck, der aus den Zügen dieser blassen Larve sprach.
Endlich konnte die Kleine ihre Neugier nicht mehr zügeln und streckte ihre braune, feingliedrige und kalte Hand wie die eines Affen nach Isabellas Kleid aus, dessen Stoff ihre Finger mit sichtlichem Vergnügen und lustvoll kitzelnd betasteten. Dieser abgenutzte Samt, der sich in jeder Falte spiegelte, schien ihr der neueste, der kostbarste und der weichste der Welt zu sein.
Obwohl die Berührung leicht war, drehte sich Isabelle um und sah die Bewegung der Kleinen, der sie ein mütterliches Lächeln schenkte. Sofort setzte die Kleine mit einer instinktiven Gewandtheit, die einer vollendeten Schauspielerin zur Ehre gereicht hätte, ein kindisch-dummes Gesicht auf und sagte in ihrem bäuerlichen Dialekt und mit kläglicher Stimme: »Ach, das ist so schön wie der Mantel der heiligen Jungfrau auf dem Altar«.
Dann senkte sie die langen Wimpern, lehnte die Schultern gegen die Lehne der Bank, faltete die Hände, kreuzte die Daumen und tat so, als ob sie vor Müdigkeit einschliefe.
Mionnette, die große hagere Magd, verkündete in diesem Augenblick, dass das Essen fertig sei, und man begab sich in den Nebenraum.
Die Schauspieler machten der Küche des Meisters Chirriguirri alle Ehre und stillten, ohne sich von der gepriesenen Vorzüglichkeit überzeugen zu können, ihren Hunger und vor allem ihren Durst mit langen Zügen aus dem ledernen Weinschlauch, der sich immer mehr zusammenzog wie ein Dudelsack, aus dem die Luft entweicht.
Man wollte sich gerade wieder von der Tafel erheben, als plötzlich Hundegebell und Pferdegetrappel in der Nähe des Wirtshauses zu hören war. Drei ungeduldige Schläge gegen die Tür kündigten einen Reisenden an, der nicht gewohnt war, lange zu warten.
Mionnette eilte, die Tür zu öffnen, und ein Kavalier, der ihr den Türflügel fast ins Gesicht warf, trat inmitten einer Meute von Hunden ein, die die Magd beinahe über den Haufen rannten und sich im Zimmer zerstreuten, die gerade vom Tisch genommenen Teller ableckten und in einer Minute mit ihren Zungen die Arbeit von drei Wäscherinnen verrichteten.
Ein paar kräftige Peitschenhiebe, ohne Rücksicht auf Schuld oder Unschuld, beruhigten wie durch Zauberhand die Aufregung. Die Hunde flüchteten keuchend unter die Bänke, streckten die Zungen heraus, legten die Köpfe auf die Pfoten oder kringelten sich, und der Kavalier betrat mit lautem Sporengeklirr den Raum, in dem die Schauspieler aßen, mit der Dreistigkeit eines Mannes, der immer zu Hause ist, wo er will.
Meister Chirriguirri, der sonst nicht so schüchtern war, folgte ihm mit dem Barett in der Hand und einem dienstbeflissenen, fast ängstlichen Gesichtsausdruck.
Der Kavalier blieb auf der Schwelle des Zimmers stehen, berührte leicht die Krempe seines Filzhutes und schritt mit ruhigem Blick den Kreis der Komödianten ab, die seinen Gruß erwiderten.
Er zählte dreißig bis fünfunddreißig Jahre. Sein blondes, spiralförmig frisiertes Haar umrahmte sein sanguinisches, joviales Gesicht, das von der Luft und der schnellen Bewegung dunkel gerötet war. Die Augen waren dunkelblau, die Nase etwas stumpf, aber sonst wohlgeformt. Die Oberlippe zierte ein kleiner roter Schnurrbart, der an den Spitzen gewölbt und nach oben gezwirbelt war, während der Kinnbart in Form eines Artischockenblattes gestutzt war.
Dazwischen lag ein Mund, dessen etwas schmale Oberlippe wettmachte, was die breite, rote, kräftige Unterlippe vielleicht zu sinnlich gemacht hatte. Das Kinn war vorzüglich, und die Stirn, die er entblößte, indem er seinen Hut auf einen der Holzstühle warf, war weiß und glatt, weil sie durch den Schatten des Hutes vor der Sonnenhitze geschützt war, und verriet, dass dieser Kavalier, bevor er den Hof mit dem Landleben vertauschte, einen sehr zarten Teint gehabt haben musste.
Mit einem Wort, die ganze Physiognomie war angenehm, und die Heiterkeit des freimütigen Zechers und Gesellschafters mäßigte den Stolz des Adligen in angemessener Weise.
Die Kleidung des Eintretenden bewies durch ihre Eleganz, dass der Marquis – so lautete sein Titel – trotz seines Aufenthaltes in der Provinz den Kontakt zu den Kleidermachern der Hauptstadt nicht abgebrochen hatte.
Ein umgeschlagener Spitzenkragen ließ den Hals frei, und zwischen dem zitronenfarbenen, sehr kurzen, mit Silber besetzten Wams und den Beinkleidern quoll eine Flut weißer Wäsche hervor. Auch die Ärmel des Wamses ließen das Hemd bis zu den Ellbogen sehen.
Die blauen, mit strohfarbenen Bändern verzierten Beinkleider reichten bis leicht über die Knie, wo sie auf die mit silbernen Sporen besetzten Stiefel trafen.
Ein blauer Mantel mit silbernen Verzierungen, der über die Schulter hing und von einer Agraffe zusammengehalten wurde, vervollständigte diese Kleidung, die vielleicht ein wenig zu kokett für die Jahreszeit und das Land war, die aber sofort durch die Erklärung gerechtfertigt wurde, dass der Marquis gerade mit der schönen Yolande auf der Jagd gewesen war und sich nach Kräften eloxiert hatte, um seinen Ruf als schöner und eleganter Mann aufrechtzuerhalten.
»Für meine Hunde eine Suppe, für mein Pferd einen Metzen Hafer, für mich ein Stück Brot und Schinken und für meinen Piqueur etwas, worauf er Appetit hat«, sagte der Marquis in jovialem Ton und setzte sich an den äußersten Rand der Tafel neben die Soubrette, die, als sie einen so eleganten und schönen Herrn erblickte, ihm sofort einen feurigen Blick und ein siegreiches Lächeln zuwarf.
Meister Chirriguirri stellte einen Teller und einen Becher aus Zinn für den Marquis auf den Tisch, und die Soubrette schenkte ihm mit der Anmut einer Hebe einen kräftigen Trunk ein, den er in einem Zug hinunterstürzte.
Die ersten Minuten vergingen damit, den wütenden Hunger des Jägers zu stillen, dann ließ der Marquis seinen Blick um den Tisch schweifen und bemerkte den Baron von Sigognac, der unter den Komödianten neben Isabella saß und den er von der Jagd her kannte.
Isabella lächelte den Baron an, der leise mit ihr sprach. Es war jenes schmachtende, unbestimmte Lächeln, das mehr Sympathie als Heiterkeit verriet und in dem der, der die Frauen kennt, sich nicht täuschen kann.
Dem Marquis fehlte es nicht an dieser Erfahrung. Die Anwesenheit Sigognacs inmitten dieser Vagabundenschar überraschte ihn nicht mehr, und die Verachtung, die ihm die ärmliche Kleidung des armen Barons einflößte, ließ deutlich nach.
Diese Unternehmung, seiner Liebsten auf dem Thespiskarren durch das Labyrinth komischer oder tragischer Abenteuer zu folgen, schien ihm ein fantasievolles und poetisches Gemüt zu verraten.
Er winkte Sigognac zu, um ihm zu zeigen, dass er seine Absicht durchschaute. Aber als echter Hofmann respektierte er das Inkognito des Barons und schien nur mit der Soubrette beschäftigt zu sein, der er eine Menge teils aufrichtiger, teils spöttischer Schmeicheleien machte, die sie ebenso mit lautem Lachen quittierte, was ihr zugleich Gelegenheit gab, ihre prächtigen Zähne zu zeigen.
Der Marquis, der ein so gut begonnenes Abenteuer fortsetzen wollte, hielt es für angebracht, sich als leidenschaftlicher Theaterliebhaber und Kenner der dramatischen Literatur zu gebärden.
Er beklagte sich, dass man in der Provinz auf dieses Vergnügen des Theaterbesuchs verzichten müsse, das doch so geeignet sei, den Geist zu bilden, die Sprache zu veredeln und den feinen Ton zu vervollkommnen.
Dann wandte er sich an den Tyrannen, der der Chef der Truppe zu sein schien, und fragte ihn, ob er schon Verpflichtungen eingegangen sei, die ihn daran hinderten, einige Aufführungen der besten Stücke seines Repertoires im Schloss von Bruyères zu geben, wo es sehr leicht sei, im großen Saal oder in der Orangerie ein Theater einzurichten.
Der Tyrann antwortete gutmütig und lächelte in seinen langen Bart, dass nichts leichter sei als das, und dass sein Ensemble, eines der besten in der ganzen Provinz, dem gnädigen Herrn zur Verfügung stehe – »vom König bis zur Soubrette«, fügte er lachend hinzu.
»Das kommt mir sehr gelegen«, erwiderte der Marquis, »und was die Bedingungen betrifft, so wird es auch hier keine Schwierigkeiten geben. Die Summe bestimmen Sie selbst. Mit Thalia wird nicht gefeilscht, denn sie ist eine Muse, die bei Apollon in hohem Ansehen steht und am Hofe ebenso gern gesehen ist wie in der Stadt und in der Provinz, wo man nicht so arm und gebeugt ist, wie man in Paris zu glauben pflegt.«
Nachdem der Marquis dies gesagt hatte, berührte er die Soubrette, ohne dass sie es ihm übel nahm, bedeutungsvoll mit dem Knie, erhob sich vom Tisch, zog seinen Filzhut bis zu den Augen herunter, begrüßte die Gesellschaft mit der Hand und entfernte sich unter dem Gebell seiner Meute, um im Schloss alles für den Empfang der Schauspieler in Ordnung zu bringen.
Es war spät, und man musste am nächsten Morgen früh aufbrechen, denn das Schloss von Bruyères lag ziemlich weit entfernt, und wenn ein kräftiges Ross eine Strecke von drei oder vier Meilen auf einem Querfeldeinpfad mit leichter Anstrengung zurücklegen kann, so braucht ein schwer beladener Wagen, der von bereits ermüdeten Stieren auf einer sandigen Straße gezogen wird, viel länger.
Die Frauen zogen sich in eine Art Schuppen zurück, in dem ein Strohlager vorbereitet war; die Männer blieben in der Stube und behalfen sich, so gut sie konnten, auf den Bänken und Stühlen.