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Varney, der Vampir – Kapitel 15

Thomas Preskett Prest
Varney, der Vampir
oder: Das Blutfest

Ursprünglich als penny dreadful von 1845 bis 1847 veröffentlicht, als es zum ersten Mal in Buchform erschien, ist Varney, der Vampir ein Vorläufer von Vampirgeschichten wie Dracula, die es stark beeinflusst hat.

Kapitel 15

Der alte Admiral und sein Diener. Die Mitteilung des Wirts vom Nelson’s Arms.

Während diese höchst ernsten und schwerwiegenden Angelegenheiten auf dem Anwesen vor sich gingen, während jeder Tag und fast jede Stunde mehr und mehr schlüssige Beweise für eine Angelegenheit lieferte, die anfangs zu ungeheuerlich erschien, um überhaupt geglaubt zu werden, kann man sich gut vorstellen, welch unglaubliches Aufsehen die Klatschbasen der Nachbarschaft durch die übertriebenen Berichte erregten, die sie erreicht hatten.

Die Bediensteten, die, wie sie erklären, aus keinem anderen Grund das Gut verlassen hatten als aus schierer Angst vor den schrecklichen Besuchen des Vampirs, verbreiteten die Nachricht weit und breit, sodass in den angrenzenden Dörfern und Marktflecken der Vampir von Bannerworth Hall zu einem regelrechten Gesprächsthema wurde.

Ein solch göttliches Geschenk für die Liebhaber des Wundersamen war seit der Erinnerung jenes intelligenten Individuums – des ältesten Bewohners – nicht mehr auf dem Land erschienen.

Und außerdem gab es eine Sache, die einige Leute mit besserer Bildung und reiferen Urteilen verblüffte: Je mehr sie sich bemühten, die Sache zu erforschen, um, wenn möglich, dem ein Ende zu setzen, was sie von Anfang an für eine große Lüge hielten, desto mehr Beweise fanden sie, um ihre eigenen Sinne in dieser Sache zu verwirren.

Überall, in jedem Haus, sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Privaten, wurde ständig etwas über den Vampir gesagt. Kindermädchen begannen zu glauben, dass ein Vampir den alten Scratch und den alten Bogie bei Weitem übertraf, um ihre kleinen Schützlinge zur Ruhe zu bringen, wenn nicht sogar in den Schlaf zu wiegen, bis sie selbst zu ängstlich wurden, um das Thema anzusprechen.

Aber nirgendwo wurde über diese Sache mit mehr systematischem Eifer geklatscht als in einem Gasthaus namens Nelson’s Arms, das sich an der Hauptstraße des nächsten Marktfleckens in der Nähe des Herrenhauses befand.

Es schien, als ob die Liebhaber des Gespenstischen dort ihr Hauptquartier aufschlugen, und die zahlreichen Diskussionen machten die Gäste so durstig, sodass man den Wirt erklären hörte, dass er aus tiefstem Herzen einen Vampir fast mit einer umstrittenen Wahl gleichsetzte.

Es war gegen Abend desselben Tages, an dem Marchdale und Henry Sir Francis Varney besuchten, als eine Postchaise vor dem erwähnten Gasthaus vorfuhr. In dieser befanden sich zwei Personen von äußerst unterschiedlicher Erscheinung und allgemeinem Aussehen.

Der eine war ein Mann, der auf die siebzig zuzugehen schien, obwohl seine noch immer rötliche und gebräunte Gesichtsfarbe und seine stentorische Stimme darauf hindeuteten, dass er sich die Zeit noch viele Jahre lang vom Leibe halten wollte.

Er trug weite und teure Kleidung, aber jedes Kleidungsstück hatte einen maritimen Touch, wenn man das in Bezug auf Kleidung so sagen darf. Auf seinen Knöpfen befand sich ein Anker, und die allgemeine Zusammenstellung und Farbe der Kleidung entsprach weitestgehend der Marineuniform eines Offiziers von hohem Rang vor fünfzig oder sechzig Jahren.

Sein Begleiter war ein jüngerer Mann, und aus seinem Äußeren gab es kein Hehl. Er war ein echter Seemann, und er trug die Tracht eines solchen an Land. Er sah stattlich aus, war gut gekleidet und offensichtlich wohlgenährt.

Als die Chaise vor die Tür des Gasthauses fuhr, machte dieser Mann eine Bemerkung zu dem anderen, die wie folgt lautete: »Ahoi.«

»Na, du Trottel, was jetzt?«, rief der andere.

»Man nennt das hier das Nelson’s Arms; und Sie wissen, dass man die beste Hälfte seines Lebens nur einmal hat.«

»Meinst du!«, war die einzige Erwiderung, die er auf seine Bemerkung erhielt; aber damit schien er sehr zufrieden zu sein.

»Halt an!«, rief er dem Postillion zu, der im Begriff war, die Kutsche in den Hof zu fahren. »Halt an, du schmieriger Kerl! Wir wollen nicht auf die Mole fahren.«

»Ah!«, sagte der alte Mann, »lass uns aussteigen, Jack. Das ist der Hafen; und, hörst du, sei verflucht. Lass uns nicht fluchen, und keine Schimpfwörter, du fauler Taugenichts.«

»Aye, aye«, rief Jack, »ich bin jetzt seit zehn Jahren nicht mehr an Land gewesen, und ich habe nicht ein bisschen Landgangshöflichkeit gelernt, Admiral. Ich bin nicht Ihr Handlanger gewesen, ohne ein wenig über Landberechnungen zu lernen. Niemand würde mich jetzt für einen Seemann halten, denke ich, Admiral.«

»Halt den Mund!«

»Aye, aye, Sir.«

Jack, wie er genannt wurde, stieg aus der Chaise, als die Tür geöffnet wurde, und zwar mit einer Bewegung, die so sehr der ähnelte, die stattgefunden hätte, wenn er am Kragen herausgezerrt worden wäre, dass man fast versucht war zu glauben, dass ein solches Kunststück von einer unsichtbaren Macht vollbracht worden sein musste.

Dann half er dem alten Herrn beim Aussteigen, und der Wirt des Gasthauses begann mit der üblichen Verbeugung, mit der ein Reisender in einer Postchaise üblicherweise eher begrüßt wird als in einer einfachen Postkutsche.

»Seid still!«, rief der Admiral, denn ein solcher war er in der Tat. »Seid ruhig.«

»Beste Unterbringung, Sir … guter Wein … gut gepolsterte Betten … gute Bedienung … gute Luft …«

»Bleib da stehen«, sagte Jack und gab dem Wirt eine scheinbar sanfte Ermahnung, die aber in einem solchen Stoß in die Rippen bestand, dass er so viele Bewegungen machte wie ein Clown in einer Pantomime, wenn er heiße Würstchen feilbot.

»Nun, Jack, wo sind die Segelanweisungen?«, fragte sein Kapitän.

»Hier, Sir, im Kästchen«, entgegnete Jack und holte einen Brief aus seiner Tasche, den er dem Admiral reichte.

»Wollen Sie nicht eintreten, Sir?«, fragte der Wirt, der sich inzwischen von dem Schlag in die Rippen ein wenig erholt hatte.

»Was nützt es, in den Hafen einzulaufen und die Hafengebühren zu bezahlen, bis wir nicht wissen, ob es das Richtige ist, du Trottel?«

»Nein; ach, du liebe Zeit, Sir, natürlich – Gott segne mich, was kann der alte Herr meinen?«

Der Admiral öffnete den Brief und las:

Wenn Sie im Nelson’s Arms in Uxotter Halt machen, werden Sie von mir hören, und man kann nach mir schicken, dann werde ich Ihnen mehr erzählen.
Mit freundlichen Grüßen, sehr gehorsam und demütig, JOSIAH CRINKLES.

»Wo zum Teufel sind wir?«

»Das ist Uxotter, Sir«, sagte der Wirt, »und Sie sind im Nelson’s Arms. Gute Betten … guter Wein … gut …«

»Schweig!«

»Ja, Sir… oh, natürlich.«

»Wer, zum Teufel, ist Josiah Crinkles?«

»Ha! Ha! Ha! Ha! Das bringt mich zum Lachen, Sir. Wer zum Teufel, in der Tat! Man sagt, der Teufel und Anwälte, Sir, wissen etwas voneinander – das bringt mich zum Lachen.«

»Ich werde dich gleich auch auf der anderen Seite deines d … d … d … d … d … d … lächeln lassen. Wer ist Crinkles?«

»Oh, Mr. Crinkles, Sir, jeder kennt ihn. Ein höchst respektabler Anwalt, Sir, in der Tat, ein höchst respektabler Mann, Sir.«

»Ein Anwalt?«

»Ja, Sir, ein Anwalt.«

»Nun, ich bin verwirrt!«

Jack stieß einen langen Pfeifton aus, und Herr und Diener sahen sich erschrocken an.

»Hängt mich!«, rief der Admiral, »wenn ich jemals in meinem Leben so überrumpelt wurde.«

»Ja, ja, Sir«, sagte Jack.

»Hundertsiebzig Meilen weit zu fahren, um das Gesicht eines schurkischen Anwalts zu sehen.«

»Aye, aye, Sir.«

»Ich werde ihn fertigmachen – Jack!«

»Euer Ehren?«

»Steig wieder in die Kutsche.«

»Nun, aber wo ist Master Charles? Die Anwälte sind allesamt gesegnete Schurken, Sir; aber wie dem auch sei, vielleicht hat uns einmal in seinem Leben einer von ihnen den richtigen Weg gewiesen, und wenn es so ist, dann seid nicht der Yankee, der ihn bei den Piraten zurücklässt. Ich schäme mich für Euch.«

»Du höllischer Schurke, wie kannst du es wagen, mir so eine Predigt zu halten, du schmieriger Schurke?«

»Weil Ihr es verdient habt.«

»Meuterei – Meuterei – bei Gott! Jack, ich werde dich in Eisen legen lassen – du bist ein Schurke und kein Seemann.«

»Kein Seemann! – kein Seemann!«

»Nicht ein Stück.«

»Sehr gut. Es ist also Zeit, da ich aus den Büchern des Zahlmeisters gestrichen wurde. Auf Wiedersehen; ich hoffe nur, dass Sie einen besseren Seemann finden, der Ihnen treu bleibt und nicht Jack Pringle ist. Das ist alles, was ich Euch wünsche. Ihr habt mich in der Bucht von Korfu keinen Seemann genannt, als die Kugeln unsere Nobs versenkten.«

»Jack, du Halunke, gib mir deine Flosse. Komm her, du … du … du … Schurke. Du willst mich verlassen, was?«

»Nein, auch wenn ich es könnte …«

»Dann komm rein.«

»Sagen Sie mir nicht, ich sei kein Seemann. Nennen Sie mich eine Nervensäge, wenn Sie wollen, aber verletzen Sie nicht meine Gefühle. Ich bin zart wie ein Baby, wirklich. Tun Sie es nicht.«

»Verdammt noch mal, wer tut was?«

»Der Teufel.«

»Wer denn?«

»Dann tun Sie es nicht.«

So zankend betraten sie das Gasthaus, zur großen Belustigung einiger Umstehender, die sich versammelt hatten, um den Disput zwischen ihnen zu hören.

»Möchten Sie ein Privatzimmer, Sir?«, fragte der Wirt.

»Was geht Sie das an?«, sagte Jack.

»Sei ruhig, ja?«, rief sein Herr. »Ja, ich hätte gern ein Privatzimmer und etwas Grog.«

»Stark wie der Teufel!«, warf Jack ein.

»Ja, Sir – ja, Sir. Gute Weine … gute Betten … gute …«

»Das haben Sie alles schon einmal gesagt«, bemerkte Jack und versetzte dem Wirt einen weiteren kräftigen Stoß in die Rippen.

»Verdammt!«, rief der Admiral, »Sie können nach diesem verfluchten Anwalt schicken, Herr Wirt.«

»Mr. Crinkles, Sir?«

»Ja, ja.«

»Wer, darf ich sagen, Sir, möchte ihn sprechen?«

»Admiral Bell.«

»Gewiss, Admiral, gewiss. Sie werden ihn als einen sehr umgänglichen, netten kleinen Mann vorfinden, Sir.«

»Und sagen Sie ihm, dass Jack Pringle auch hier ist«, rief der Seemann.

»Oh, ja, ja – natürlich«, sagte der Wirt, der von den Stößen in die Rippen, die er erhalten, und dem Lärm, den seine Gäste bereits in seinem Haus gemacht hatten, so verwirrt war, dass er, hätte man ihn plötzlich unter Eid gestellt, kaum hätte sagen wollen, wer Herr und wer Diener war.

»Nun, Jack«, sagte der Admiral, »Du kommst den ganzen Weg hierher, um einen Anwalt zu sehen.«

»Ja, ja, Sir.«

»Wenn er gesagt hätte, dass er ein Anwalt ist, hätten wir gewusst, was wir tun sollen. Aber es ist eine Falle, Jack.«

»Das denke ich auch. Wie auch immer, wir werden ihn abservieren, wenn wir ihn erwischen.«

»Gut – das werden wir auch.«

»Und dann weiß er vielleicht noch etwas über Master Charles, Sir, wissen Sie. Erinnern Sie sich nicht daran, wie er einmal in Portsmouth an Bord kam, um Sie zu sehen?«

»Ah! In der Tat.«

»Und wie er sagte, er hasse die Franzosen, und das als kleiner Bursche. Was für ein Durchhaltevermögen und Verstand. ›Onkel‹ sagte er zu Euch, ›wenn ich ein großer Mann bin, gehe ich auf ein Schiff und bekämpfe alle Franzosen auf einen Haufen‹, sagte er. ›Und sie auch schlagen, mein Junge‹, antwortetet Ihr, denn Ihr dachtet, er hätte dies vergessen. Und dann sagtet Ihr: ›Was soll das heißen, Dummkopf? Schlagen wir sie nicht immer?‹«

Der Admiral lachte und rieb sich die Hände, während er laut rief: »Ich erinnere mich, Jack – ich erinnere mich an ihn. Es war dumm von mir, eine solche Bemerkung zu machen.«

»Ich weiß, Sie waren ein alter Narr, den ich für Sie hielt.«

»Komm, komm. Da!«

»Nun denn, wieso nennen Sie mich nicht einen Seemann?«

»Aber Jack, du trägst Arglist in dir wie ein echter Seebär.«

»Da haben wir es wieder. Auf Wiedersehen. Wissen Sie noch, als wir Mast an Mast mit den beiden Fregatten der Yankees lagen und sie beide einnahmen? Damals haben Sie mich nicht als Seemann bezeichnet, als das Blut aus dem Speigatt floss. War ich damals ein Seemann?«

»Das warst du, Jack, und du hast mir das Leben gerettet.«

»Das habe ich nicht.«

»Doch, hast du.«

»Ich sage, ich war es nicht – es war ein Marlspieker.«

»Aber ich sage, du hast es getan, du schurkischer Halunke. Ich sage, du warst es, und ich lasse mir auf meinem eigenen Schiff nicht widersprechen.«

»Das soll Euer Schiff sein?«

»Nein …es … ich …«

»Mr. Crinkles«, sagte der Wirt, riss die Tür weit auf und beendete damit sogleich die Diskussion, die immer die Tendenz zu haben schien, sehr hitzig zu werden.

»Der Hai, um Himmels willen!«, sagte Jack.

Ein kleiner, adrett gekleideter Mann erschien und betrat etwas zaghaft den Raum. Vielleicht hatte er vom Wirt gehört, dass die Leute, die nach ihm geschickt worden waren, eher von der gewalttätigen Sorte waren.

»Sie sind also Crinkles?«, rief der Admiral. »Setzen Sie sich, auch wenn Sie ein Anwalt sind.«

»Ich danke Ihnen, Sir. Ich bin ein Anwalt, genau, und mein Name ist mit Sicherheit Crinkles.«

»Sehen Sie sich das an.«

Der Admiral legte den Brief in die Hände des kleinen Anwalts.

Der sagte: »Darf ich ihn lesen?«

»Ja, selbstverständlich.«

»Laut?«

»Lesen Sie ihn zum Teufel, wenn Sie wollen, in einem Flüsterton oder wie ein westindischer Wirbelsturm.«

»Oh, sehr gut, Sir. Ich … ich bin bereit, gefällig zu sein, also werde ich ihn laut vorlesen, wenn es Ihnen recht ist.«

Dann öffnete er den Brief und las wie folgt:

An Admiral Bell.
Admiral, da ich aus verschiedenen Umständen weiß, dass Sie ein aufrichtiges und lobenswertes Interesse an Ihrem Neffen Charles Holland haben, wage ich es, Ihnen in einer Angelegenheit zu schreiben, in der Ihre sofortige und aktive Zusammenarbeit mit anderen ihn aus einem Zustand retten kann, der sich, wenn man ihn fortbestehen lässt, als sehr nachteilig und letztendlich unglücklich erweisen wird.
Sie werden also hiermit davon in Kenntnis gesetzt, dass er, Charles Holland, viel früher, als er es hätte tun sollen, nach England zurückgekehrt ist, und dass der Zweck seiner Rückkehr darin besteht, eine Ehe mit einer in jeder Hinsicht anstößigen Familie und mit einem höchst anrüchigen Mädchen einzugehen.
Sie, Admiral, sind sein nächster und fast einziger Verwandter auf der Welt; Sie sind der Vormund seines Besitzes, und daher ist es Ihre Pflicht, einzugreifen, um ihn vor den ruinösen Folgen einer Heirat zu bewahren, die ihn selbst und alle, die an seinem Wohlergehen interessiert sind, ins Unglück stürzen wird.
Die Familie, in die er einheiraten möchte, heißt Bannerworth, und die junge Dame heißt Flora Bannerworth. Wenn ich Ihnen jedoch sage, dass in dieser Familie ein Vampir lebt und dass er, wenn er in diese Familie einheiratet, einen Vampir heiratet und Vampire als Kinder haben wird, habe ich wohl genug gesagt, um Sie zu warnen und Sie zu veranlassen, keine Zeit zu verlieren und sich auf den Weg zu machen.
Wenn Ihr im Nelson’s Arms in Uxotter Halt macht, werdet Ihr von mir hören. Man kann nach mir schicken, dann werde ich Ihnen mehr erzählen.

Mit freundlichen Grüßen, sehr gehorsam und demütig,
JOSIAH CRINKLES

P.S. Ich füge Ihnen Dr. Johnsons Definition eines Vampirs bei, die wie folgt lautet:
VAMPYRE (ein deutscher Blutsauger) – woran Sie erkennen, wie viele Vampire seit undenklichen Zeiten auf Kosten von John Bull am Hof von St. James gut unterhalten worden sein müssen, wo man kaum etwas anderes als deutsche Blutsauger antrifft.

Der Anwalt hörte auf zu lesen, und der erstaunte Blick, mit dem er das Gesicht von Admiral Bell betrachtete, hätte ihn unter anderen Umständen sehr amüsiert. Sein Verstand war jedoch viel zu sehr mit dem Gedanken an die Gefahr für Charles Holland, seinen Neffen, beschäftigt, um sich über irgendetwas zu amüsieren. Als er also feststellte, dass der kleine Anwalt nichts sagte, brüllte er los.

»Nun, Sir?«

»Wir … wir … wir«, sagte der Anwalt.

»Ich habe nach Ihnen geschickt, und hier sind Sie, und hier bin ich, und hier ist Jack Pringle. Was haben Sie zu sagen?«

»Nur so viel«, sagte Mr. Crinkles und erholte sich ein wenig, »nur so viel, Sir, dass ich diesen Brief in meinem ganzen Leben noch nie gesehen habe.«

»Sie … haben ihn nie … gesehen?«

»Niemals.«

»Sie haben ihn nicht geschrieben?«

»Ich schwöre bei meinem Ehrenwort, Sir, ich habe ihn nicht geschrieben.«

Jack Pringle pfiff, und der Admiral sah verwirrt aus. Wie der Admiral in dem Lied wurde auch er blasser.

Und dann fügte Mr. Crinkles hinzu: »Ich kann mir nicht vorstellen, wer meinen Namen für einen Brief wie diesen gefälscht hat. Was das Schreiben an Sie betrifft, Sir, so habe ich nie von Ihrer Existenz gehört, außer in der Öffentlichkeit, als einer jener tapferen Offiziere, die ein langes Leben damit verbracht haben, edel die Schlachten ihres Landes zu schlagen, und die Anspruch auf die Bewunderung und den Beifall eines jeden Engländers haben.«

Jack und der Admiral sahen sich erstaunt an, und dann rief Letzterer aus: «Was! Das von einem Anwalt?«

»Ein Anwalt, Sir«, sagte Crinkles, »weiß vielleicht die Taten galanter Männer zu würdigen, auch wenn er sie nicht nachzuahmen vermag. Dieser Brief, Sir, ist eine Fälschung, und ich verlasse Sie jetzt, nur sehr erfreut über den Vorfall, der mir die Ehre eines Gesprächs mit einem Gentleman verschafft hat, dessen Name in die Geschichte seines Landes eingehen wird. Guten Tag, Sir! Guten Tag!«

»Nein, ich bin beschämt, wenn Sie so gehen«, sagte Jack, während er zur Tür sprang und sich mit dem Rücken dagegen stützte. »Sie sollen ein Glas mit mir trinken, zu Ehren der Helden von Old England, verdammt, auch wenn Sie zwanzig Anwälte wären.«

»Das ist richtig, Jack«, sagte der Admiral. »Kommen Sie, Mr. Crinkles, ich denke, um Ihretwillen gibt es vielleicht zwei anständige Anwälte auf der Welt, und Sie sind einer von ihnen. Wir müssen zusammen eine Flasche des besten Weins trinken, den sich das Schiff – ich meine das Haus – leisten kann.«

»Wenn es Euer Befehl ist, Admiral, so gehorche ich mit Vergnügen«, sagte der Anwalt, »und obwohl ich Euch bei meiner Ehre versichere, dass ich diesen Brief nicht geschrieben habe, so sind doch einige der darin erwähnten Dinge hier so allgemein bekannt, dass ich Euch einige Informationen darüber geben kann.«

»Können Sie das?«

»Ich bedaure, das zu sagen, denn ich respektiere die Betroffenen.«

»Dann setzen Sie sich, setzen Sie sich. Jack, lauf in das Zimmer des Stewards und hol den Wein. Wir werden ihn jetzt an Steuerbord und Backbord einnehmen. Wer zum Teufel könnte diesen Brief geschrieben haben?«

»Ich habe nicht die geringste Ahnung, Sir.«

»Nun … nun, macht nichts; es hat mich hierher gebracht, das ist etwas, also werde ich nicht viel darüber meckern. Ich wusste nicht, dass mein Neffe in England war, und ich wage zu behaupten, dass er nicht wusste, dass ich es war; aber hier sind wir beide, und ich werde nicht eher ruhen, bis ich ihn gesehen habe und herausgefunden habe, wie der Dingsda …«

»Der Vampir.«

»Ah! Der Vampir.«

»Schauderhaft!«, sagte Jack Pringle, der inzwischen den Wein hereinbrachte, sehr gegen die Einwände der Bedienung des Etablissements, die der Meinung war, dass er damit ihre Interessen verletzte. »Meine Güte, wenn ich wüsste, was ein Vamp ist, es sei denn, er ist ein entfernter Verwandter von Davy Jones!«

»Hüte deine freche Zunge«, sagte der Admiral, »niemand will, dass du eine Bemerkung machst, du großer Trottel!«

»Sehr gut«, sagte Jack, setzte den Wein auf den Tisch und zog sich ans andere Ende des Raumes zurück, wobei er bei sich selbst dachte, dass er bei einer bestimmten Gelegenheit nicht als großer Trottel bezeichnet wurde, als die Kugeln ihre Nobs versenkten und sie Arm in Arm mit Gott weiß wem auf dem Hof waren.

»Nun, Herr Anwalt«, sagte Admiral Bell, der einen großen Teil der Gewohnheiten eines rauen Seemanns in sich trug. »Nun, Herr Anwalt, hier ist erst einmal ein Glas auf unsere bessere Bekanntschaft, denn um Teufel noch mal, wenn ich Sie nicht mag!«

»Sie sind sehr freundlich, Sir.«

»Ganz und gar nicht. Es gab eine Zeit, da wäre es mir genauso leicht gefallen, einen jungen Hai zum Abendessen in meine Kajüte einzuladen wie einen Anwalt, aber ich beginne zu sehen, dass es so etwas wie einen anständigen, guten Kerl in der Justiz gibt; also viel Glück für Sie, und Sie werden nie einen Freund oder eine Flasche vermissen, solange Admiral Bell einen Schuss im Spind hat.«

»Verdammt«, sagte Jack.

»Zum Teufel du, was meinst du damit?«, brüllte der Admiral in wütendem Ton.

»Ich habe nicht mit Ihnen gesprochen«, rief Jack, etwa zwei Oktaven höher. »Es sind zwei Jungs auf der Straße, die so tun, als würden sie sich prügeln, und ich weiß genau, dass sie es nicht tun.«

»Nicht so laut.«

»Ich gehe jetzt. Man hat mir auch nicht gesagt, dass ich mich zurückhalten soll, als unsere Nobs vor der Küste von Beirut versenkt wurde.«

»Beachten Sie ihn nicht, werter Herr Anwalt«, fügte der Admiral hinzu. »Er weiß nicht, wovon er redet. Kümmern Sie sich nicht um ihn. Fahren Sie fort und erzählen Sie mir alles, was Sie über den … den …«

»Der Vampir!«

»Ah! Ich vergesse immer die Namen von fremden Fischen. Ich nehme an, es handelt sich um eine Art Meerjungfrau?«

»Das kann ich nicht sagen, Sir; aber sicherlich hat die Geschichte, in all ihren schmerzlichen Einzelheiten, im ganzen Land großes Aufsehen erregt.«

»In der Tat!«

»Ja, mein Herr. Sie sollen erfahren, wie es dazu kam. Es scheint, dass eines Nachts Miss Flora Bannerworth, eine junge Dame von großer Schönheit, die von allen, die sie kannten, respektiert und bewundert wird, von einem seltsamen Wesen besucht wurde, das zum Fenster hereinkam.«

»Mein Gott«, sagte Jack, »wenn ich es nicht gewesen wäre, wünschte ich, es wäre so.«

»Sie war so versteinert vor Angst, dass sie gerade noch Zeit hatte, halb aus dem Bett zu kriechen und einen Schreckensschrei auszustoßen, als der fremde Besucher sie in seinen Griff nahm.«

»Donnerwetter«, sagte Jack, »das muss ja eine Sturmböe gewesen sein.«

»Siehst du diese Flasche?«, brüllte der Admiral.

»Allerdings; ich denke, es ist an der Zeit, dass ich eine neue besorge.«

»Du Schurke, ich werde es dich an deinem dummen Schädel spüren lassen, wenn du diesen Gentleman noch einmal unterbrichst.«

»Werden Sie nicht gewalttätig.«

«Nun, wie ich schon sagte«, fuhr der Anwalt fort, »gelang es ihr durch ein großes Glück, zu schreien, was zur Folge hatte, dass das ganze Haus alarmiert wurde. Die Tür ihrer Kammer, die fest verschlossen war, wurde aufgebrochen.«

»Ja, ja …«

»Ah«, rief Jack.

»Sie können sich das Entsetzen und die Bestürzung derjenigen vorstellen, die das Zimmer betraten, als sie sie in den Fängen einer teuflischen Gestalt vorfanden, deren Zähne sich an ihrem Hals festgebissen hatten und die gerade dabei war, ihr das Blut aus den Adern zu saugen.«

»Der Teufel!«

»Bevor irgendjemand Hand an die Gestalt legen konnte, um sie festzuhalten, war sie von ihrer schrecklichen Beute überstürzt geflohen. Vergeblich wurde auf sie geschossen.«

»Und sie ließen es entkommen?«

»Sie folgten ihm, so gut es ging, und sahen, wie es die Gartenmauer des Anwesens erklomm; dort entkam es und hinterließ, wie Sie sich vorstellen können, bei allen ein schwer zu beschreibendes Gefühl des Grauens.«

»Nun, ich habe noch nie etwas Vergleichbares gehört. Jack, was hältst du davon?«

»Ich habe noch gar nicht angefangen zu denken«, sagte Jack.

»Aber was ist mit meinem Neffen Charles?«, fügte der Admiral hinzu.

»Von ihm weiß ich nichts.«

»Nichts?«

»Nicht ein Wort, Admiral. Ich wusste nicht, dass Sie einen Neffen haben oder dass ein Herr, der mit Ihnen verwandt oder verschwägert ist, in irgendeiner Weise mit diesen mysteriösen und höchst unerklärlichen Umständen in Verbindung steht. Ich erzähle Ihnen alles, was ich aus den üblichen Berichten über diese Vampir-Sache erfahren habe. Mehr weiß ich nicht, das versichere ich Ihnen.«

»Nun, ein Mann kann nicht sagen, was er nicht weiß. Es ist mir ein Rätsel, wer mir diesen Brief geschrieben haben könnte.«

»Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen«, sagte Crinkles. »Ich versichere Ihnen, mein ehrenwerter Herr, dass mich der Umstand, dass jemand meinen Namen auf diese Weise benutzt, sehr verletzt. Aber da Sie nun einmal hier sind, erlauben Sie mir zu sagen, dass es mein größter Wunsch, mein Vergnügen und der Stolz meines restlichen Lebens sein wird, einem so tapferen Verteidiger meines Landes zu Diensten zu sein, einem Mann, dessen Name zusammen mit der Erinnerung an seine Taten in das Herz eines jeden Briten eingraviert ist.«

»Er redet wie ein Buch«, sagte Jack. »Ich konnte selbst nie eines lesen, weil ich nicht wusste, wie, aber ich habe Sie lesen hören, und das ist genau die Art von unverständlichem Geschwafel.«

»Wir wollen keine deiner dummen Bemerkungen hören«, sagte der Admiral, «also sei still.«

»Aye, aye, Sir.«

»Nun, Anwalt, Sie sind ein ehrlicher Mensch, und ein ehrlicher Mensch ist im Allgemeinen ein vernünftiger Mensch.«

»Sir, ich danke Ihnen.«

»Wenn es stimmt, was in diesem Brief steht, hat mein Neffe Charles eine Vorliebe für dieses Mädchen, das von einem Vampir in den Hals gebissen wurde.«

»Das ist mir klar, Sir.«

»Was würden Sie nun tun?«

»Eine der schwierigsten und vielleicht auch ungnädigsten Aufgaben«, sagte der Anwalt, »ist es, sich in Familienangelegenheiten einzumischen. Das kalte und ruhige Auge der Vernunft sieht die Dinge in der Regel in einem ganz anderen Licht, als sie denen erscheinen, deren Gefühle und Zuneigung in ihren Ergebnissen stark beeinträchtigt sind.«

»Sehr richtig. Fahren Sie fort.«

»In Anbetracht dessen, was meiner bescheidenen Meinung nach eine vernünftige Sichtweise dieses Themas ist, würde ich sagen, dass es für Ihren Neffen eine schreckliche Sache wäre, in eine Familie einzuheiraten, deren Mitglieder für die Heimsuchungen eines Vampirs anfällig sind, mein lieber Herr.«

»Es wäre nicht angenehm.«

»Die junge Dame könnte Kinder haben.«

»Oh, viele«, rief Jack.

»Sei nicht so frech, Jack.«

»Aye, aye, Sir.«

»Und sie könnte sogar selbst, wenn sie nach dem Tod ein Vampir wird, kommen und ihre eigenen Kinder fressen.«

»Ein Vampir werden! Was, wird sie auch ein Vampir werden?«

»Mein lieber Herr, wissen Sie nicht, dass es eine bemerkenswerte Tatsache ist, was die Physiologie der Vampire angeht, dass jeder, der von einem dieser schrecklichen Wesen gebissen wird, ein Vampir wird?«

»Zum Teufel!«

»Es ist eine Tatsache, Sir.«

»Pfui!« fauchte Jack, «sie könnte uns alle beißen, und wir wären eine ganze Schiffsmannschaft von Vampiren. Das gäbe ein verflixtes Getöse!«

»Es ist nicht erfreulich«, sagte der Admiral, als er sich von seinem Stuhl erhob und im Zimmer auf und ab ging, »es ist nicht erfreulich. Hängt mich an meinem eigenen Arm auf, wenn es das ist.«

»Wer hat das gesagt?«, rief Jack.

»Wer hat dich gefragt, du Grobian?«

»Nun, Sir«, fügte Mr. Crinkles hinzu, »ich habe Ihnen alle Informationen gegeben, die ich geben kann; und ich kann nur wiederholen, was ich schon einmal die Ehre hatte, ausführlicher zu sagen, nämlich, dass ich Ihr bescheidener Diener bin und Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung stehe.«

»Danke – danke, Mr. … a … a …«

»Crinkles.«

»Ah, Crinkles. Sie werden bald wieder von mir hören, Sir. Jetzt, wo ich hier unten bin, werde ich der Sache auf den Grund gehen, denn sie ist tiefer, als man je ergründen kann. Charles Holland war der Sohn meiner armen Schwester; er ist der einzige Verwandte, den ich in der weiten Welt habe, und sein Glück liegt mir mehr am Herzen als mein eigenes.«

Crinkles wandte sich zur Seite, und das Funkeln in seinen Augen ließ vermuten, dass der ehrliche kleine Anwalt sehr betroffen war.

»Gott segne Sie, Sir«, sagte er, »leben Sie wohl.«

»Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.«

»Auf Wiedersehen, Anwalt«, rief Jack. »Passen Sie auf, wo Sie hingehen. Wenn Sie ein anständiger Kerl zu sein scheinen, können Sie dem Teufel freien Lauf lassen und mit wehenden Fahnen in den Himmel kommen, vorausgesetzt, Sie machen gegen Ende der Reise keine groben Schnitzer.«

Der alte Admiral warf sich mit einem tiefen Seufzer in einen Stuhl.

»Jack«, sagte er.

»Aye, aye, Sir.«

»Was ist jetzt zu tun?«

Jack öffnete das Fenster, um die unnötige Wärme eines riesigen Schluckes loszuwerden, den er sich gegönnt hatte, während der Anwalt von dem Vampir erzählte, und dann wandte er sein Gesicht wieder seinem Herrn zu und sagte: »Tun? Was sollen wir tun? Wir sollten sofort losgehen und Charles, unseren Neffen, aufsuchen und ihn alles darüber fragen, und auch die junge Dame aufsuchen und den Vampir aufspüren, wenn wir können, und die ganze Angelegenheit von Breitseite zu Breitseite durchgehen, bis wir alle Einzelheiten kennen. Dann können wir die Sache noch einmal durchdenken und sehen, was zu tun ist.«

»Jack, du hast recht. Komm mit.«

»Ich weiß, dass ich recht habe. Wissen Sie jetzt, in welche Richtung Sie steuern sollen?«

»Natürlich nicht. Ich war noch nie in diesen Breitengraden, und der Kanal sieht kompliziert aus. Wir werden einen Lotsen rufen, Jack, und dann wird es uns gut tun, und wenn wir auflaufen, wird es seine Schuld sein.«

»Das ist ein sehr großer Trost«, sagte Jack. »Kommen Sie.«