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Adventskalender 2021 – 3. Türchen

Friedel und Dorle
Ein Adventsmärchen
Aus: Tante Lisbeths Weihnachtsbuch, Regensburg, 1902

Es war einmal ein liebes, herziges Geschwisterpaar, ein Bübchen und ein Mägdlein, Friedel und Dorle; die lebten in der Nähe eines freundlichen Tannenwaldes in einem armseligen Hüttchen. Ach! Es waren arme Kinder! Der brave Vater war Förster im nahen Wald gewesen. Als man ihn eines Tages tot nach Hause brachte, da starb auch bald die arme Mutter vor Herzeleid, und nun waren Friedel und Dorle allein, Die beiden hatten sich immer sehr lieb gehabt, doch nun, wo ihnen gar niemand mehr blieb, liebten sie sich noch mehr als zuvor.

Im schönen Frühling und Sommer hatten sie keine Not gekannt und auch in dem freigebenden Herbst nicht, aber nun war der kalte, eisige Winter da, und den beiden Kleinen bangte vor ihm.

»Ach, Friedel«, schluchzte Dorle, »nun finden wir keine Trauben und Beeren, keine rotwangigen Äpfel mehr. Es blühen keine Blumen, die wir zu Sträußchen winden und verkaufen könnten. Dann hätten wir doch Brot, um leben zu können.«

»Habe nur Mut, Dorle«, tröstete Friedel sein Schwesterchen und nahm ihre kalten Händchen in die seinen. »Der liebe Gott wird für uns sorgen. Jetzt beginnt der kalte Dezember, aber mit ihm beginnt auch die schöne Zeit, die dem Geburtsfest des lieben Jesukindchens vorangeht, die Adventzeit.«

»O ,Friedel, das weiß ich wohl, ach! Wie oft hat Mütterchen uns davon erzählt! Wenn sie noch bei uns wäre, dann wären wir keine armen Kinder!« Und Dorle weinte.

»Pick, pick, pick«, klopfte da ein Vöglein mit deinem Schnäbelchen an das kleine Fenster der Hütte. »Pick, pick.«

»Horch, Dorle, das Vöglein lockt uns hinaus. Sollen wir nicht einmal den grünen Tannenwald durchstreifen?«

»Pick, pick«, klang es schon wieder vom Fenster her, und als Dorle ihre tränenfeuchten Äuglein emporhob, sah sie ganz deutlich, wie das freundliche Tierchen mit dem Köpfchen nickte: »Komm mit, komm mit!«

Dorle war getröstet und sprach: »Ja, Friedel, komm, wir wollen zum Wald gehen. Der liebe Gott hat uns gewiss das Vöglein nicht umsonst geschickt.«

Friedel schlang ein fadenscheiniges Tuch um Dorles Schultern und dann gingen beide hinaus.

Bewahrt uns das Hüttchen, ihr Engelein,
bald werden wir wieder zurück sein.

Das war der gewöhnliche Abschiedsgruß, den Dorle und Friedel sprachen, wenn sie ihr Häuschen verließen. Nun waren sie schon recht tief im Wald. Es lag zwar hoher Schnee, es war ja im Dezember; doch die Tännchen blickten alle so freundlich und wohlwollend auf die kleinen Besucher, dass es diesen im Herzen gut tat und sie gar keine Kälte empfanden. Und siehe da: Auf einem lichtgrünen Tännchen gewahrten sie bald das freundliche Vöglein, welches sie zum Wald gelockt hatte. Wieder flötete es, und die beiden vernahmen ganz deutlich die Worte: »Hier lasst euch nieder.«

Friedel und Dorle sahen sich mit großen Augen an, doch als sie tun wollten, wie das Vöglein gesagt hatte, zerteilte sich die Schneedecke und ein weiches Moosbänkchen kam zum Vorschein.

»O, wie schön, wie schön«, rief das überraschte Dorle, und beide Kinder setzten sich in das warme Moos.

»Siehst du nun, Dorle,« sprach Friedel, »habe ich nicht recht gehabt? Der liebe Gott verlässt uns nicht. Man muss nie den Mut verlieren, Schwesterchen.«

Dorle schämte sich ein bisschen und wollte eben antworten, aber da kam ihr eine laute Stimme, zuvor die im tiefsten Bass brummte: »Das will ich meinen!«

Erschreckt schauten die beiden Kleinen um sich, und Dore (schmiegte sich ängstlich an ihr mutigeres Brüderchen. Aber es war gar nicht nötig, dass sie sich fürchteten: Vor ihnen stand, wie aus dem Boden gewachsen, ein winzig kleines Männlein, das zwar einen langen, grauen Bart und eine Brummstimme, aber auch ein liebes, freundliches Gesichtchen hatte. Nun trat es nahe an die Kinder heran und sprach: »Nein, Kleine, den Mut müsst ihr nicht verlieren und immer auf den lieben Gott vertrauen. Seht, das Vögelchen hat mir von eurem Kummer erzählt, und nun bin ich schon da, um euch zu helfen.«

»O, du gutes Männlein«, sprachen Dorle und Fredel wie aus einem Munde. »Aber sage uns, was müssen wir denn tun?«

»Vorerst nichts«, erwiderte der Kleine, »als euch etwas stärken. Eure blassen Gesichtchen sagen mir, dass ihr es nötig habt.« Dann stampfte das Zwerglein mit dem Füßchen auf den Schnee, und sogleich stand ein zierliches Schüsselchen mit köstlich duftendem Hirsebrei da, und dabei lagen zwei niedliche Löffelchen. Dorle und Friedel verzehrten mit großem Appetit die seltene Speise, die das Männlein ihnen freundlich anreichte, und der Kleine schaute ihnen mit Vergnügen zu. Was ihm aber ganz besonders gefiel, das war, dass die Kleinen vorher ihr Gebet nicht vergaßen, und auch nachher andächtig dem lieben Gott dankten.

»Piep, piep«, ließ sich das Vöglein da vernehmen.

»Ei, ei, du Schelm«, sprach nun das Männlein und streute einige Körnlein, die es aus dem Wämschen zog, auf seine Schulter. Zutraulich flog das Vöglein hinzu und hielt auch seine Mahlzeit; das Männlein blinzelte mit den klugen Äuglein und brummte tief: »Du hast mir nicht zu viel gesagt; es sind brave Kinder.« Dorle und Friedel aber konnten es nicht hören.

Als beide fertig waren, reichten sie dem Männlein das Schüsselchen; der setzte es auf die Schneedecke, wo es sofort verschwand.

»Danke auch dir, liebes Männlein, dass du uns so erquickt hast«, sprach nun Friedel, und Dorle fügte leise hinzu: »Wie gut bist du!«

»Nun gebt acht«, begann das Zwerglein und setzte eine sehr wichtige Miene auf. »Ich habe eine schöne Arbeit für Euch.«

»Für uns?«, fragte Dorle gedehnt.

»Ei ja, für euch; ihr arbeitet doch gewiss gerne?«

»O, liebes Männlein, so gerne, so gern«, antwortete Friedel, »doch weil wir noch so klein und schwach sind, glauben alle, wir könnten es nicht, und niemand will uns Arbeit geben.«

»Was ich euch gebe, ist nicht schwer, liebe Kinder, aber recht hübsch und sauber müsst ihr es machen, denn es ist für das Christkindchen.«

»O, liebes Männlein, was du sagst!«, rief Dorle fast erschrocken und legte das Händchen auf ihr pochendes Herz.

»Ja hört: Im Advent haben wir Männlein sehr viel zu tun. Die Englein im Himmel haben schon alle Hände voll und arbeiten ohne Rast und Ruh in ihrer Werkstätte, und nun helfen wir alte Männlein ihnen und eigentlich dem Christkindchen, denn die Englein arbeiten ja für das Kindlein. Wir machen die Tannenbäumchen fertig, welche die guten Feen ihren Elfchen bescheren.«

»Ei«, fragte Dorle, »bekommen die auch ein Weihnachtsbäumchen?«

»Natürlich, Dorle. Also, wir putzen sie recht schön, und die Englein holen sie fix und fertig bei uns ab, um sie dahin zu tragen, wo das Jesukindchen sie will.«

Atemlos lauschten die beiden Kinder auf des Männleins Worte. »Nun sollt ihr uns helfen, Früchte für die Tannenbäumchen zu vergolden: Nüsse , Äpfelchen, Birnen, je, gefällt euch das?«

Ob das den Kleinen gefiel! Dorle klatschte vor Vergnügen in die Händchen, und Friedels Augen glänzten vor Lust; an eine solch herrliche Arbeit hatte keiner von ihnen gedacht.

»O, liebes Männlein«, sprach nun Dorle, »wenn wir es nur so schön machen, dass es für das Jesukindchen gut genug ist.«

»Wird schon gehen«, meinte der Kleine, und dann hob er schelmisch seine Fingerchen in die Höhe und sprach: »Jeden Mittag findet ihr hier die Früchte und müsst sie euch holen; die fertigen stellt ihr auch hierhin. Das Vöglein wird euch treu begleiten. Und nun bleibt brav, und habt das Jesukindchen lieb.«

Friedel wollte noch etwas fragen, aber das Männlein war verschwunden. Auf der weißen Schneedecke jedoch stand ein zierliches Binsenkörbchen mit Äpfelchen und Nüssen und einem seidenen Beutelchen mit feinem Goldstaub.

»O, du gutes Männlein«, riefen die Kinder und bewunderten die schönen Früchte.

»Friedel, wir wollen uns recht plagen«, sprach nun Dorle, »das Männlein soll seine Freude haben.«

»Ganz gewiss, Dorle, und nun komm schnell nach Hause.«

»Nach Haus, nach Haus«, flötete das Vögelchen, welches im Tannenbäumchen alles mit angesehen hatte, und es flatterte lustig voran. Friedel und Dorle nahmen sorglich das Binsenkörbchen zwischen sich und zogen wohlgemut in ihr armes Hüttchen. Aber als sie dasselbe betraten, flackerte ihnen ein helles Feuer entgegen, und der kleine Raum war traulich durchwärmt. Und noch mehr! Das Tischlein war gedeckt, und in der Mitte stand wieder ein Schüsselchen mit dampfendem köstlichen Brei; das Schüsselchen aber trug die Aufschrift Zum Abendbrot.

»Friedel, Friedel«, rief Dorle, die zuerst Worte fand, »sag doch, was ist denn das? O, ich glaube, alles kommt vom Jesukindchen; es hat dem guten Männlein gesagt, dass es für uns sorgen solle.«

Die dankbaren Kinder weinten Freudentränen. O, wie gut ließ es sich arbeiten in der behaglichen Wärme! Das war etwas anderes, als ob die armen, kleinen Fingerchen vor Kälte erstarrten!

Friedel und Dorle waren beide sehr geschickt; sie vergoldeten die Früchte so schön, dass niemand es besser gekonnt hätte.

»Friedel, komm, wir erzählen uns vom lieben Christkindchen.«

»O, gewiss, Dorle, ich weiß noch viele der schönen Geschichtchen, die Mütterchen uns erzählt hat.«

Und nun unterhielten die braven Kleinen sich recht eifrig über das Jesukindchen, und ab und zu verrichteten sie auch ein kleines Gebetchen zu ihm, deren sie viele wussten.

»Pick, pick,« klopfte dann das Vöglein an die Scheiben, und Dorle meinte: »Friedel, das Vögelchen will mitbeten.« Und so war es auch.

Bald hatten die Früchte alle ein goldenes Kleidchen an, und die beiden Kinder trugen sie vergnügt zum Wald. Dort stand bereits ein neues, gefülltes Körbchen und wartete auf sie. Aber auch der Hirsebrei fehlte nicht. Dankbar verzehrten Dorle und Friedel ihr Mittagsmahl und kehrten in ihr Hüttchen zurück, wo sie wieder fleißig arbeiteten.

Wie am ersten, ging es nun viele Tage fort, bis nur noch drei Tage bis zum heiligen Weihnachtsfest blieben. Die Kinder saßen wieder an ihrer Arbeit, und als es auf Mittag anging, hielt Dorle gerade die letzte Nuss in der Hand. Aber was ist denn das? Das Nüsschen verwandelte sich auf einmal in eine köstliche Pastete und sprach: »Ihr dummen Kinder! Plagt euch da so und bekommt nichts als den einfältigen Brei. Verspeist mich, ihr Kleinen; lasst den Brei nur liegen und greift nach mir.«

Dorle und Friedel waren sprachlos. »O nein, o nein, das tun wir nicht«, sprach endlich Friedel, »das wäre genascht.« Und Dorle fügte hinzu: »Es wäre recht undankbar, wenn wir nun noch etwas anderes nehmen wollten als den köstlichen Brei, den du verachtest; und du gehörst sogar nicht uns, sondern dem Männlein.«

»O, ihr dummen Kinder«, sprach die Pastete, »der Hirsebrei ist gut, doch ich bin noch viel besser.«

»Aber du gehörst nicht uns, du gehörst dem Männlein«, versetzte Friedel.

»Haha, haha«, lachte die Pastete, »das Männlein sieht nicht, dass ihr mich verschlingt.«

»Nun aber schweig«, rief nun das mutig gewordene Dorle und warf die Pastete heftig zu den Goldnüssen. Und, o Staunen! Sogleich verwandelte sie sich wieder in eine vergoldete Nuss.

»Ach, Friedel, wie froh bin ich, dass wir nicht genascht haben. Das Ding sah sehr verlockend aus, aber das Jesukindchen wäre gewiss betrübt gewesen, wenn wir so leckerhaft gewesen wären.«

»Sicher, Dorle«, sprach Friedel und küsste sein Schwesterchen auf die Stirn.

»Pick, pick«, machte das Vöglein am Fenster; es hatte alles ganz genau mit angesehen, aber Dorle und Friedel waren so beschäftigt, dass sie es gar nicht bemerkten. Beide trugen nun ihre Arbeit zum Wald; das Vöglein flog zutraulich vor ihnen her, und die Tännchen blickten heute noch freundlicher drein als gewöhnlich.

»Wäre doch das Männlein hier«, sprach Dorle, »dass wir ihm alles erzählen könnten !«

Aber das Zwerglein ließ sich gar nicht blicken, wohl aber fanden die Kinder wie gewöhnlich ein Binsenkörbchen mit Früchten und auch ihren Brei.

»Friedel, was haben wir einen schönen Winter gehabt«, flüsterte Dorle ihrem Brüderchen zu, »an nichts hat es uns gefehlt.«

»Ja, Dorle, du hast recht; immer wollen wir nun auch guten Mut behalten.«

»Aber Friedel, wenn das Männlein uns keine Arbeit mehr gibt?«

»Denke gar nicht daran, Dorle, das Jesukindchen wird uns helfen.«

Vergnügt kehrten die Kleinen heim und arbeiteten bis zum Abend, wo wieder das Tischlein von unsichtbarer Hand gedeckt wurde. Als aber Dorle das letzte Äpflein im Händchen hielt, da verwandelte dieses sich in eine glänzende Perlenschnur, die deutlich sprach: »Ei Dorle, ein Halsband für dich und eine Uhrkette für Friedel.«

Die Kinder wussten vor Staunen und Schrecken keine Worte zu finden, bis Dorle endlich hervorbrachte: »O, Friedel, wie schön, wie schön!«

»Ja, ich bin schön«, sprach die Perlenschnur, »drum nehmt mich nur und schmückt euch mit mir.«

»O nein, o nein«, rief Dorle fast entsetzt.

Friedel nahm die Schnur und sprach ganz feierlich: »Lieber wollte ich meine Hände mit eisernen Ketten binden lassen, als etwas nehmen, was dem guten Männlein gehört.« Er schlenderte die verführerischen Perlen zu den Früchten. Sogleich verwandelten sie sich in ein vergoldetes Äpfelchen.

»Ach, Friedel, es wird mir wirklich unheimlich, ich bin ganz bange«, seufzte Dorle.

»Dorle, das darfst du nicht sein; solange wir nichts Böses tun, brauchen wir uns nicht zu fürchten. Vielleicht will das Christkindchen uns auf die Probe stellen.«

Dorle sah den klugen Friedel mit großen Augen an. Ja, daran hatte sie nicht gedacht. »Komm Friedel, wir wollen zum Jesukindchen beten, damit wir brav bleiben.«

»Pick, pick«, machte das Vöglein am Fenster, und dann flog es fort.

Nun kam der letzte Tag im Advent. Dorle und Friedel saßen vor dem letzten Binsenkörbchen, und die Früchte wurden so schön wie nie. Sie glänzten wie mit Diamanten besätes Gold.

»Fertig, fertig«, jubelten die Kleinen und legten die letzte Frucht hinein. Aber da drang aus dem Binsenkörbchen liebliches Klingen und Läuten an ihr Ohr, und die Früchte blickten den erschreckten Kindern als funkelnde Goldstücke entgegen. Horch, ganz deutlich sangen sie:

Kleine, wir gehören euch,
steckt uns ein und ihr seid reich.

»O, Friedel, Friedel, ich fürchte mich.«

Friedel zog sein Schwesterchen fest an sich, und dann sprach er beherzt: »Schweigt, wir wollen euch gar nicht haben, wir bringen euch zu dem Männlein in den Wald.«

»O, Ihr albernen Kinder! Steckt euch die Taschen voll, und nie mehr werden sie leer«, sangen da wieder die Dukaten.

»Niemals«, rief nun Dorle, »lieber arm sein als reich auf unehrliche Weise.«

Noch hielten die Geschwister sich umschlungen, da stand plötzlich das Männlein vor ihnen.

»Wahrlich, Kleine«, sprach es freundlich, »ihr habt die Probe glänzend bestanden. Ihr habt dem Jesukindchen im Advent viele Freude gemacht und es wird euch belohnen.«

Das Männlein war verschwunden und die Dukaten mit ihm.

Friedel und Dorle aber fielen die Augen zu. Es war, als ob ihnen Goldstaub hineingeflogen wäre. Trotzdem beteten sie auf einem Schemelchen ihr Nachtgebet, doch kamen sie gar nicht bis ans Ende, ein sanfter Schlummer umfing sie.

Draußen aber klangen schon die Weihnachtsglocken und verkündeten das Nahen der Heiligen Nacht. Da öffnete sich leise des Hüttleins Tür, ein lichter Engel, von zwei winzigen Männlein gefolgt, schwebte herein. Er trug ein schön verziertes Tannenbäumchen, die Männlein aber hielten ein Binsenkörbchen mit Früchten, ferner warme Kleidchen, ein schönes, buntes Bilderbuch und sogar eine große Puppe mit echtem, blondem Haar in den Händen. Sie legten alles unter das Bäumchen. Darauf bedeckte der Engel mit seinen glitzernden Flügel das Binsenkörbchen und segnete die beiden lieblichen Kleinen, die selbst schlummernden Englein glichen. Dann hauchte es das Tannenbäumchen an, die Kerzchen desselben entzündeten sich sofort von selbst; der Engel schwebte, von den Männlein gefolgt, hinweg und die Kinder erwachten.

O, welch ein Erwachen war das! Welche Freude, welche Seligkeit! Dorle und Friedel sanken auf die Knie und dankten dem lieben Gott für alles! Als sie das Binsenkörbchen erblickten, da lachten ihnen echte, funkelnde Goldstücke entgegen, denn in solche hatten sich die Früchte unter den Flügeln des Engels verwandelt.

»Nun dürfen wir sie behalten, Dorle, siehst du, jetzt gehören sie uns«, sprach Friedel. »Ja, ja«, erwiderte Dorle, »hier steht es geschrieben: Vom lieben Jesukindchen. O, Friedel, wer hätte das gedacht!«

Und beide Geschwister falteten die Händchen und sprachen wie aus einem Munde: »Wie gütig, wie lieb ist das göttliche Kind!«