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Im Gespräch mit Dietmar Schmidt zu Perry Rhodan Mission SOL 2 Band 10

Dietmar Schmidt
Perry Rhodan
Mission SOL 2, Band 10
Die gespaltene Welt

Science-Fiction, Heftroman, Hörbuch und E-Book, Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt, 23. Juli 2020, 64 Seiten, € 2,50, Titelbild: Arndt Drechsler

Alexandra Trinley: Das Titelbild zeigt einen Cyborg. Diese halbmaschinellen Lebewesen haben in der Rhodan-Serie eine lange Tradition. Kannst du aus dem Kopf mehrere Romane aufzählen, wo welche vorkommen?

Dietmar Schmidt: Mir fallen eher Figuren ein als konkrete Romane. An erster Stelle kommt Monkey, der Chef der Neuen USO. Er trägt anstelle seiner Augen optische Prothesen mit Vergrößerungsfunktion und dergleichen. Sie sind ziemlich groß und werden mit Objektiven verglichen. Wenn er fokussiert, summen sie beunruhigend, aber man geht davon aus, dass sie das nur wegen der psychologischen Wirkung bei seinem Gegenüber tun.

Die ersten Cyborgs in der Rhodan-Serie waren wohl die Posbis. Auch wenn sie selten so bezeichnet werden, verbindet sich bei ihnen das technisch-kybernetische Element mit dem biologisch Lebenden, die Definition des Cyborgs. Für die Dolans, die biologischen Raumschiffe der Zeitpolizei, gälte das Gleiche.

Man könnte anführen, dass auch Zellaktivatorträger Cyborgs sind. Immerhin hängt ihr Leben von einem hochtechnisierten Implantat ab, das ebenfalls kybernetisch gesteuert sein muss.

Interessant sind die Multi-Cyborgs, die das Neue Einsteinsche Imperium während der Larenbesatzung der Milchstraße erschuf. Bei ihnen handelte es sich um künstliche Lebewesen, die unbeabsichtigt von ihren Herstellern ein Bewusstsein entwickelten und entsprechend behandelt werden mussten, ein Handlungsstrang, bei dem ethische Fragen im Vordergrund standen.

Als prominenteste Cyborgs innerhalb der Rhodan-Serie sind wohl die Cantaro zu nennen. Sie waren ein Volk, das sich freiwillig mit kybernetischen Implantaten ausstattete, sich dadurch aufwertete, wie die Cantaro es sahen. Als Diener des Monos waren sie während der dunklen Jahrhunderte die scheinbaren Herrscher der Milchstraße.

Alexandra Trinley: Unterscheidet sich dieser hier von einem Cantaro?

Dietmar Schmidt: Die Wächter Unjas sind zwar Cyborgs, aber wir wissen noch gar nichts über ihre Motivation, zu Cyborgs zu werden. In Anbetracht der totalitären Ambitionen Haldukass’ würde ich allerdings vermuten, dass ihnen keine freie Wahl gewährt wurde.

Alexandra Trinley: Wenn du die Möglichkeit hättest, dir mehrere maschinelle Komponenten einbauen zu lassen, was fändest du praktisch?

Dietmar Schmidt: Heutzutage denkbare »Cyberimplantate« haben hauptsächlich einen medizinischen Hintergrund, und mir wäre darum am liebsten, wenn ich auf derartige Ergänzungen noch eine Weile verzichten könnte.

Aber ich bin stark kurzsichtig, und ich glaube, mit Monkeys Augen könnte ich mich anfreunden. Ich würde allerdings eine etwas unauffälligere Variante bevorzugen, und summen müssten sie auch nicht.

Alexandra Trinley: Den Schauplatz deines Romans bezeichnet Fyton als »janusköpfige Welt« (S. 7). Wie funktioniert sie?

Dietmar Schmidt: Janus ist der römische Gott des Anfangs und des Endes und wird als bärtiger Mann mit zwei Gesichtern dargestellt. Dem Planeten Unja wird dieses Etikett angeheftet, weil er in eine helle und eine dunkle Hemisphäre geteilt ist – so der optische Eindruck bei der Beobachtung aus dem All. Ein Energieschirm trennt die beiden Hälften der Welt voneinander, zementiert also die Extreme. Während die »helle Seite« von Leben und, wie Rhodan später beobachtet, auf den ersten Blick einer pastoralen Beschaulichkeit geprägt wird, ist die »dunkle Seite« verwüstet und erhält ihre Farbe von Ruß und Asche. Die Hemisphäre stand unter dem Beschuss von Raumschiffgeschützen, und mögliche Täter finden sich in der Umlaufbahn Unjas: kreuzergroße Raumer, die den Planeten bewachen und abschirmen. Wenn man möchte, kann man in der landwirtschaftlich geprägten hellen Hemisphäre sinnbildlich einen Anfang und in der verwüsteten Hälfte ein mögliches Ende für eine Zivilisation erkennen.

Alexandra Trinley: Diese Dichotomie ist eingebettet in eine Kosmokraten-Chaotarchen-Handlung und das Einnorden eines Paranoikers der Gerechtigkeit. Passt. Aber über Klimazonen möchte ich da gar nicht nachdenken, da müssen doch furchtbare Stürme entstehen.

Dietmar Schmidt: Wenn Unja seine Sonne bahngebunden umkreisen würde, müssten auf der gespaltenen Welt extreme Klimaverhältnisse herrschen. Die Tagseite wäre glühend heiß, die Nachtseite eine Eiswüste. Die einzig bewohnbaren Zonen am Terminator, der Tag-Nacht-Grenze, wären von extremen Stürmen geprägt. Daran würde auch der Energieschirm nicht viel ändern. Es ist aber nie davon die Rede, dass Unja ein »Einseitendreher« wäre, also der Sonne immer nur eine Seite zuwendet wie der Mond der Erde. Die Unterteilung in »dunkle« und »helle« Seite beruht mehr auf der herrschenden Stimmung durch die Verwüstungen in der einen und der sehr pastoralen Umgebung in der anderen Hemisphäre.

Alexandra Trinley: Rhodan nimmt die Mittelalter-Szenerie mit Wasser schöpfenden, Schürzen tragenden Frauen als künstlich wahr, weil die Siedlung offensichtlich nicht gewachsen ist. Hast du dich für diesen Aspekt extra mit Stadtplanung beschäftigt?

Dietmar Schmidt: Auf diesen Aspekt bin ich irgendwann einmal gestoßen, und hier ließ er sich verwenden. Als Übersetzer wird man mit vielen Sachverhalten aus vielen Gebieten konfrontiert, ohne je die Zeit zu finden, sie zu vertiefen.

Alexandra Trinley: Sentimentale Naturen könnten erwarten, dass A-Kuatond ihr Misstrauen gegen ihre frühere Mentorin, der sie bis dato vertraut hat, emotionaler erlebt, mit Bedauern, Enttäuschtsein oder so. Hättest du ihr Verhalten bei einer menschlichen Kriegerin genauso gezeichnet?

Dietmar Schmidt: Bei einer menschlichen Kriegerin wäre es etwas anderes gewesen. Ein Mensch müsste solche Emotionen in der Tat durchlaufen. Die Zentrifaal sind keine Menschen, und ein Nichtmensch sollte uns fremd bleiben. Dazu darf sie nicht reagieren, wie ein Mensch reagieren würde. Wenn sich bei der Leserschaft über ihre Reaktion eine gewisse Irritation einstellt, ist das nicht unerwünscht. Hätte A-Kuatond eine menschliche Emotionalität, wäre sie uns nicht fremd. Ich habe mich auf eine Reduktion beschränkt. Eine fremdartige Gefühlswelt konsistent zu beschreiben, wäre natürlich erst recht eine Herausforderung, aber das hätte nicht nur den zeitlichen Rahmen des Romans gesprengt.

Alexandra Trinley: Dann kommt ein ausgesprochen spannender Schauplatz, eine Scheibenwelt. Stammt die rein vom technischen Berater, oder warst du an der Entwicklung beteiligt?

Dietmar Schmidt: Von wem sie letztlich stammt, weiß ich nicht. Über diesen Schauplatz habe ich mit Kai Hirdt eine Weile diskutiert, und am Ende sind von mir einige Details in das Konzept eingeflossen. Ich weiß übrigens auch noch nicht, was er damit letzten Endes vorhat.

Alexandra Trinley: Zum Schluss noch eine persönliche Frage. Rhodan erwacht mit einem Geschmack nach getragenen Socken im Mund. Ähm – hast du das mal ausprobiert, um auf diese Geschmacksnote zu kommen?

Dietmar Schmidt: Nein, und das braucht man auch nicht. Geruchs- und Geschmackssinn sind gekoppelt, und wenn man weiß, wie etwas riecht, hat man auch eine sehr gute Ahnung, wie es schmecken würde. Da dieses Detail – das ich schon wieder ganz vergessen hatte – nun von verschiedenen Seiten angesprochen wird, scheint es einen Eindruck hinterlassen zu haben. Es zeigt wieder einmal, wie wirkungsvoll es sein kann, wenn man in einer fiktiven Schilderung mehrere Sinne der Leserinnen und Leser anspricht. Jetzt steht natürlich zu befürchten, dass der Roman allein deswegen in Erinnerung bleibt.

Alexandra Trinley: Danke für die Auskünfte.

Dietmar Schmidt: Danke für deine interessanten Fragen, mit denen du Aspekte beleuchtest, die im eigentlichen Roman nur angerissen werden konnten.

Alexandra Trinley: Es ist ja auch ein Roman und kein Essay.  Bis zum nächsten Mal!

Eine Lese- und Hörprobe und weitere Informationen gibt es auf der Perry Rhodan-Website.

Eine Handlungszusammenfassung gibt es in der Perrypedia.

Eine Übersichtsseite zur Miniserie Mission SOL 2: Labyrinth gibt es ebenfalls auf der Perry Rhodan-Website.

Die Interviewreihe zu PRMS1 als kostenloses E-Book »Mission Evolux«.

Das Fanzine Blicke auf OLYMP mit einer Bonusgeschichte von Dietmar Schmidt gibt es beim TCE zu bestellen.