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Der letzte Wagen

Der letzte Wagen
Originaltitel: The Last Wagon, 1956
Regie: Delmer Daves
Darsteller: Richard Widmark , Tommy Rettig, Felicia Farr, Nick Adams, Douglas Kennedy, Carl Benton Reid, Ray Stricklyn, Timothy Carey, Susan Kohner, Stephanie Griffin

Weil er den Tod seiner Familie rächte, soll der bei den Comanchen aufgewachsene Todd am Galgen baumeln. Der brutale Bull Harper legt ihn in Ketten und schließt sich einem Siedlertreck an, um ihn in der nächsten Stadt vor Gericht zu bringen. Aber dann überfallen Apachen den Treck. Nur Todd und einige Kinder überleben. Um sie zu retten, muss Todd sie durch das Tal des Todes führen.

Der Film beginnt mit einer Szene, in welcher Comanche Todd einen Gegner kaltblütig tötet. Er schießt den Mann erst vom Pferd und haucht ihm mit einem zweiten Schuss das Leben aus. Einige Minuten später tötet Comanche Todd zwei weitere, wiederum gnadenlos, bevor er schließlich von einer vierten Person, einem Mann mit Sheriffstern, überwältigt wird. Es ist eine bemerkenswerte Eröffnung, die bewusst Zweifel darüber aufkommen lässt, wer gut und wer böse ist. Die Dinge werden noch komplizierter: Der Sheriff bindet den gefangenen Comanche Todd an einen Baum und beginnt ihn zu foltern, sowohl mental als auch körperlich. Als die Leute einer Planwagenkolonne auftauchen, fragt der Sheriff sie, ob er und sein Gefangener den Treck auf dem Weg nach Tucson begleiten dürfen. Der Bitte wird stattgegeben, doch das grausame Verhalten des Sheriffs löst bei den Leuten der Planwagenkolonne bald Gefühle der Angst aus. Ein kleiner Junge und seine große Schwester beginnen mit ihm zu sympathisieren, obwohl ihnen gesagt wird, dass er ein kaltblütiger Mörder ist.
Der letzter Wagen war Delmer Daves’ würdiger Nachfolger für dessen eigenen, äußerst erfolgreichen Film Der gebrochene Pfeil (Broken Arrow, 1950), der den Markt für liberale, pro-indianische Western geöffnet hatte. Rassenvorurteile sind wieder ein zentrales Thema, aber in vielerlei Hinsicht ist Der letzter Wagen ein Gegenpol zu dem sanfteren Broken Arrow: Der Held ist kein Friedensstifter, der sich mit einem weisen Indianerhäuptling anfreundet, sondern ein Weißer – Comanche Todd genannt – der mit den Comanche gelebt und gelernt hat, wie ein Indianer zu leben und zu denken. Er bekommt die Chance, sich selbst zu rehabilitieren und zu beweisen, dass er ein guter Mensch ist, als er auf wundersame Weise einen blutigen nächtlichen Überfall der Apachen, ein gemeinsamer Feind der Weißen und der Comanche, auf das Lager mit dem Leben davonkommt. Sechs Jugendliche – unter ihnen der Junge und seine große Schwester – haben das Massaker ebenfalls überlebt, weil sie während des Überfalls zum Baden unterwegs waren. Comanche Todd ist der Einzige, der sie durch den Canyon des Todes führt, der Einzige, der ihr Leben retten kann.

Die Reise in die Freiheit durch feindliches Indianergebiet wird für alle Beteiligten zu einem Übergangsritus: Sie alle werden zu besseren Menschen, vor allem ein hochnäsiges weißes Mädchen, das die Indianer hasst, einschließlich ihre Halbschwester, ihre einzige lebende Verwandte nach dem Tod des gemeinsamen Vaters. Das Drehbuch ist klischeehaft, aber das Ganze ist so elegant zusammengefügt, dass man seine Vorhersehbarkeit leicht übersehen kann. Die Schauspieler agieren sehr gut in ihren stereotypen Rollen; vor allem George Mathews als sadistischer Sheriff Bull Harper. Wilfred M. Clines atemberaubende Kinematografie der Landschaft Arizonas gibt dem Film einen gewagten, fast biblischen Touch, nicht allzu weit entfernt von den Kooperationen zwischen Budd Boetticher und Randolph Scott beim Ranown-Zyklus1. Das Problematische an dem Film ist das Ende, welches dem Regisseur vermutlich vom Studio auferlegt wurde), eine Art Coda, in der Comanche Todd von allen Anklagepunkten freigesprochen wird. Es wird behauptet, dass er vier Leben genommen, aber sechs gerettet hat, und damit seine »Schuld« an der Gesellschaft gesühnt hat.
Im Verlauf des Films erkennen wir sehr schnell, dass Richard Widmarks Charakter, Comanche Todd, nicht ganz so schlimm sein kann, schon deshalb nicht, weil der Mann, der ihn herbringen sollte, Sheriff Bull Harper, viel schlimmer ist. Aber er bleibt ein Mörder, ein Mann, der mehrere Menschen kaltblütig umgebracht hat, darunter einen Sheriff und drei Hilfssheriffs. Und es ist nicht leicht zu erkennen, wie er jemals begnadigt werden könnte. Es wird enthüllt, dass er ein gesuchter Mann wurde, nachdem er die drei Männer getötet hatte, die seine indianische Frau vergewaltigt und getötet sowie seine beiden Mischlingskinder abgeschlachtet hatten. So weit so gut. Wir können verstehen, dass ein Mann seine ermordete Frau und seine Kinder rächen will, besonders im Kontext eines Westernfilms – aber es wird auch suggeriert, dass diese drei Mörder und Vergewaltiger keine anderen als Sheriff Harpers Hilfssheriffs sind, aber … das können sie nicht gewesen sein: Der Sheriff und seine Männer waren hinter Todd her, weil er die Harper-Brüder getötet hat.
Die Schlussfolgerung sollte darin bestehen, dass Comanche Todd aus falschen Gründen freigesprochen wurde: Er tötete mehr als vier Menschen (mindestens sieben) und nahm daher mehr Leben, als er rettete. Aber für eine Richtigstellung der Tatsachen ist es wohl zu spät.

Bildquelle:

Show 1 footnote

  1. The Bullfighter and the Lady (1951), Seven Men From Now (1956), The Tall T (1957), Ride Lonesome (1959) und Comanche Station (1960).