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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sammlung bergmännischer Sagen Teil 31

Das arme Bergmannsleben ist wunderbar reich an Poesie. Seine Sagen und Lieder, seine Sprache, seine Weistümer reichen in die älteste Zeit zurück. Die Lieder, die wohlbekannten Bergreihen, die Sprachüberreste, die Weistümer sind teilweise gesammelt. Die Sagen erscheinen hier zum ersten Mal von kundiger Hand ausgewählt und im ganzen Zauber der bergmännischen Sprache wiedergegeben. Das vermag nur zu bieten, wer ein warmes Herz für Land und Leute mitbringt, wo diese uralten Schätze zu heben sind; wer Verständnis für unser altdeutsches religiöses Leben hat, wer – es sei gerade herausgesagt – selbst poetisch angehaucht ist. Was vom Herzen kommt, geht wieder zum Herzen, ist eine alte und ewig neue Wahrheit. Hat der Verfasser auch nur aus der Literatur der Bergmannssagen uns bekannte Gebiete begangen, verdient er schon vollauf unseren Dank. Seine Liebe zur Sache lässt uns hoffen, er werde mit Unterstützung Gleichstrebender noch jene Schaetze heben, die nicht an der großen Straße liegen, sondern an weniger befahrenen Wegen und Stegen zu heiligen Zeiten schimmern und zutage gefördert sein wollen.


IV. Vermischte Sagen

16. Wie die Bergleute nach Sachsen kamen

In Harzburg ist zur Zeit Kaiser Heinrichs ein Berghauptmann gewesen. Der hatte eine wunderschöne Frau, die der Kaiser, als ihr Mann einmal abwesend war, zu seinem Willen zwang. Als nun der Berghauptmann wieder nach Hause kam und seine Frau ihm ihr bitteres Leid klagte, ging er in seinem Zorn nach Goslar, wo der Kaiser residierte, und forderte ihn zum Zweikampf heraus. Der Kaiser aber jagte ihn schimpflich fort. Da kehrte der doppelt Beleidigte nach Hause zurück, wiegelte die Bergleute, welche ihm untergeben waren, auf und zog mit ihnen nach Sachsen, wo sie in Freiberg die ersten Bergwerke gründeten.


17. Die weiße Jungfer

Am Markt zu Stolberg, im Kaufmann Kerst’schen Haus, wohnte ein Steiger. Der suchte nach Silber, konnte aber nichts finden. Da erschien ihm zuletzt eine weiße Jungfer und fragte, was er da suche. Er sagte es. Sie versprach ihm darauf, ihm einen reichen Erzgang zu zeigen, wenn er sie erlösen und dann heiraten wolle, ohne es ihr jemals vorzuhalten, dass sie ein Geist gewesen sei. Als er darin einwilligte, hielt sie einen silbernen Nagel in der Hand und sagte, wo sie diesen Nagel einschlüge, da sollte auch er einschlagen. Sie schlug den silbernen Nagel unter dem Auerberg ein, und der Schacht heißt heute noch Der silberne Nagel. Ein Wegweiser führt dahin am Weg zum Auerberg (Josephshöhe).

Einst entzweite sich der Steiger mit seiner Frau und sagte: »O du erbärmlicher Erdenkloß. Ich habe dich ja erst erlöst! Was wärst du denn ohne mich!«

Seitdem geriet der silberne Nagel in Verfall.

Andere erzählen, die Jungfrau vom silbernen Nagel hieß Georgine. Der Nagel war 6 bis 7 Zoll lang, die Silberader 7 bis 8 Fuß stark. Sie stürzte sich zuletzt in den Schacht, und man fand kein Erz mehr.

Oft sahen die Bergleute den Berg- oder Erdgeist, welcher diese Georgine war, aber nur wie einen Schein, dann war sie wieder verschwunden. Als Fremde einst auf ihre Kosten das Bergwerk wieder aufnehmen wollten, hörten stolbergische Arbeiter eine wundervolle Musik in der Tiefe. Sie gingen der Musik nach und fanden zwei tanzende Personen, die weiß gekleidet waren, und noch eine Mannsperson. Da sie sie aber genauer ansehen wollten, verschwanden sie in einer Ecke, wo die starke Erzader wiedergefunden wurde. Dies wurde einem Stolberger Offizianten gemeldet.

Der sprach: »O, ihr Toren, was wollt ihr Fremde diese Erze langen? Lasst sie stehen für Stolberg.«

Sie mussten diesen Gang wieder verschütten. Nun fanden sie aber keine Erze mehr. Man sagt, der silberne Nagel gäbe seine Schätze nicht eher wieder her, als bis ein Rosenstock von 7 Ellen und ein weißer Sperling auf dem Schloss zu finden sein werden.


18. Ein weißer Hirsch verweist Bergleute

Am Harzberg bei Goslar hat man einmal einen Schacht anlegen wollen, weil man vermutete, dass dort noch viele Erze verborgen seien. Da war plötzlich ein weißer Hirsch erschienen und hatte zu aller Staunen vernehmlich gesprochen, sie sollten absehen von ihrem Bemühen, denn so lange noch das Erz im Rammelsberg unerschöpft sei, so lange würde ihr Unternehmen fruchtlos sein. Und darauf ist er plötzlich, wie er gekommen war, wieder verschwunden.


19. Der Rammelsberg

Der Rammelsberg liegt gegen Mittag am Oberharz nahe bei der Stadt Goslar und ist ein sehr großer, hoher und außerhalb unfruchtbarer Berg. Man trifft auf demselben keine Tannenbäume wie auf den benachbarten Bergen an, sondern es ist dasselbe nur mit Heidelbeeren, Preiselbeeren, Heidekraut und wenigen Sträuchern bewachsen. In seiner Höhe ist er eigentümlich zerklüftet. Unter anderem sieht man über den Obergruben einen Riss, der bei einer Länge von 100 Lachter an einigen Stellen 3 bis 4 Ellen breit und so tief ist, dass man nicht auf den Grund sehen kann. Dieser Riss soll, dem Bericht der Bergleute zufolge, von Jahr zu Jahr weiter werden. Wodurch derselbe entstanden sei, darüber hat man keine gewisse Nachricht. In diesem Riss sollen nach der alten sächsischen Chronik an einem Tag so viel Bergleute verunglückt sein, »dass bei vierthalbhundert Weiber« zu Witfrauen wurden, welche alle vor dem Berg gestanden und ihre Männer betrauert hätten.

Im Rammelsberg soll mehr Holz verbaut sein als in der ganzen Stadt Goslar.