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Der Welt-Detektiv Band 6

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Gold Band 2 – Kapitel 01.1

Friedrich Gerstäcker
Gold Band 2
Ein kalifornisches Lebensbild aus dem Jahre 1849
Kapitel 1
Ein Abend im Paradies
Teil 1

Die neu angekommenen Deutschen waren indessen in dem kleinen Zeltstädtchen herumgeschlendert, ohne sich viel um die vorbeschriebene Szene zu bekümmern.

Der spanischen Sprache gar nicht, der englischen nur sehr wenig mächtig, verstanden sie ja auch nicht, was dort verhandelt wurde, und hatten nur ihre Freude an den beiden wilden Mädchen. Wie fest die zu Ross saßen, wie keck und toll sie über gefällte Baumstämme und selbst hier und da ausgeworfene Gruben hinwegsetzten.

Aber auch das fesselte ihre Aufmerksamkeit auf nur sehr kurze Zeit, denn ihr Hauptaugenmerk blieb darauf gerichtet, Landsleute zu finden, die mit den Verhältnissen hier schon näher bekannt waren, und von denen sie also Näheres über die hiesigen Minen, die Art der Arbeit und besonders den Gewinn erfahren konnten. Sie verlangten mit einem Wort jetzt sehnsüchtig nach der direkten und an Ort und Stelle gegebenen Bestätigung all ihrer wilden goldenen Träume, und ehe sie die nicht erhielten, fühlten sie sich auch nicht behaglich.

Endlich ging die Sonne unter. Von allen Seiten kamen die Goldwäscher von der Arbeit und sammelten sich teils um die Feuer vor ihren eigenen Zelten, ihr Abendbrot zu bereiten, teils gingen sie gleich in die verschiedenen Trink- und Essbuden, um dort ihre Mahlzeit zu halten.

Von unseren drei Freunden Lamberg, Binderhof und dem Justizrat hätte nun allerdings von Rechts wegen einer »nach Hause« gemusst, den armen Herrn Hufner abzulösen, der gern ebenfalls etwas von dem neuen Minenleben zu sehen wünschte. Daran dachte aber keiner von ihnen. Herr Hufner saß da oben lange gut, und morgen bekam er Zeit genug, einen Spaziergang durch die Stadt zu machen.

Lamberg und Binderhof gingen übrigens zusammen, da der Justizrat den Letzteren nicht leiden mochte. Eben waren sie vor einem der auch schon hier oben etablierten Spielzelte stehen geblieben, als sie sich angeredet hörten.

»How do you do miteinander«, sagte ein Bursche, der, in einem roten wollenen Hemd, eine sehr abgegriffene Mütze fast ganz auf dem rechten Ohr und beide Hände fest in den von einem glänzenden Fettsaum umzogenen Hosentaschen, unweit des Zeltes stand.

»Hallo«, sagte Lamberg, »wen haben wir da? Ein Landsmann? Woher Kamerad?«

»Leipzig«, antwortete der Deutsche, dessen dickes rotes Gesicht sich zu einer Art von Lächeln zusammenzog, während das eine singend gezogene Wort schon den Erzsachsen verriet.

Binderhof, in besserer Gesellschaft erzogen, maß den nicht weniger als reinlich aussehenden Gesellen vom Kopf bis zu Füßen und schien keine besondere Lust zu haben, sich weiter mit ihm einzulassen. Lamberg dagegen, mehr praktischer Art, konnte sich besser in die hiesigen Verhältnisse hineindenken. Erkundigungen mussten sie überdies einziehen, und was von dem einen nicht herauszubekommen war, ließ sich vielleicht der andere im Gespräch entschlüpfen; nämlich die Andeutung einer guten Stelle zum Goldwaschen.

»So? Von Leipzig also? Schon eine Weile hier in den Minen?

»Yes!«, sagte der Sachse, so breit wie möglich.

»Und was gefunden?«

Der Deutsche hob die Schultern in die Höhe, dass sie ihm bis an die Ohrläppchen stießen. »Foul!«, war indes das einzige Wort, das er sprach.

»Foul?«, rief aber jetzt auch Binderhof, mit dessen Hoffnungen diese Auskunft keineswegs stimmte. »Warum heißen denn die Minen hier da die reichen – und der Ort das Paradies?«

»Die store keepers werden reich, yes«, sagte der Leipziger, »aber die miners, die in der Erde worken und mit ihren cradlen schuckeln, blasen Trübsal. Puh – Namen – der Art, nennt solche Plätze on Purpes1 so, um recht viel people herzukriegen.«

»Gott soll mich holen, spricht der ein Deutsch«, flüsterte Binderhof seinem Kameraden zu. »Verstehen Sie, was er sagt?«

»Zum Teil«, gab dieser lachend von sich. »Dürfte ich um Ihren werten Namen bitten?«

»Erbe – Louis Erbe!«

»Ah – sehr wohl, Herr Erbe, dann können Sie uns vielleicht Auskunft geben, ob hier und dort noch einige andere Deutsche sind und wo wir die vielleicht finden können.«

»Oh lots«, sagte Erbe.

»Wie meinen Sie?«

»Nun, lots, – eine ganze Menge. Deutsche gibt es everywhere hier oben.«

»Das wäre vortrefflich«, sagte Lamberg. »Und wo könnte man da wohl einige von ihnen treffen? Haben Sie nicht eine Art Kasino hier, einen Sommerklub, wo Sie abends zusammenkommen, im Belvedére oder irgendwo anders?«

»Stop Doktor!«, sagte Erbe trocken, »das tut es. So Dinger, wie Sie da nennen, haben wir hier freilich nicht, aber in dem Zelt des Frenchman da oben können Sie die Meisten nach Dunkelwerden catchen

»Was?«, sagte Binderhof erstaunt.

»Na, catchen, meine ich, antreffen. Herr Jesus, verstehen Sie denn kein Deutsch mehr?«

»Vortrefflich, würdiger Freund«, rief aber Lamberg, dem der Bursche Spaß machte. »Hätten Sie da wohl die Freundlichkeit, uns gleich einmal hinzuführen – heißt das nämlich, wenn es Ihre Zeit erlaubt. Sind sie jetzt noch nicht dort, so können wir sie wenigstens erwarten, und vielleicht ein Glas zusammen trinken. Wir sind erst heute Nachmittag hier eingetroffen und möchten wenigstens mit unseren Landsleuten so viel wie möglich bekannt werden.«

»Nicht die geringste objection«, entgegnete Erbe, drehte sich, jede weitere Erklärung für überflüssig haltend, auf dem Absatz herum und marschierte, ohne sich weiter nach den beiden umzusehen, langsam die Straße hinauf.

»Das ist ein origineller Kauz«, sagte Lamberg leise lachend, während die beiden hinter ihm drein schritten.

»Wenn der Kerl nur nicht so entsetzlich schmierig aussähe«, sagte Binderhof.

»Lieber Gott«, meinte Lamberg, »Glacéhandschuhe werden die Leute hier in den Minen nicht häufig tragen.«

»Nun, wer weiß, ob der da vorn keine anhat«, sagte Binderhof, »seine Hände habe ich wenigstens noch nicht gesehen, und ich glaube wahrhaftig, er hat sie sich in den Hosentaschen festgenäht. Der wird uns in eine schöne Kneipe führen.«

Es blieb ihnen übrigens keine längere Zeit zu weiteren Betrachtungen, denn Erbe hatte in diesem Augenblick einen Bretterverschlag erreicht, der durch den Vorbau eines blauen Zeltes noch etwas vergrößert war. Am Eingang drehte er aber nur einfach den Kopf herum, um zu sehen, ob ihm die beiden folgten, und verschwand dann in dem inneren Raum.

Show 1 footnote

  1. on purpose – absichtlich