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Der Teufel auf Reisen 40

Der-Teufel-auf-Reisen-Dritter-BandCarl von Kessel
Der Teufel auf Reisen
Dritter Band
Ein humoristisch-satirischer Roman aus dem Jahr 1870
Achtes Kapitel
Schwalbe besucht seinen Freund Gottlieb Schnorpel

»Mein verehrter Baron«, sagte der Doktor eines Abends zu seinem infernalischen Freund, als beide, gemütlich eine Zigarre rauchend, im traulichen Gespräch einander gegenüber saßen, »wissen Sie wohl, dass ich mich schon lange mit einem Wunsch herumtrage?«

»Nun«, erwiderte Schwefelkorn, »so lassen Sie hören. Sollte derselbe denn so schwer zu erfüllen sein?«

»In diesem Augenblick muss ich wohl darauf verzichten. Die Entfernung ist doch gar zu groß und eine Eisenbahnverbindung gibt es hier nicht.«

Sein Gesellschafter aus der Hölle lachte. »So ergeht es euch schwachen Menschenkindern«, bemerkte er. »Ungeachtet eurer Philosophie und eurer erträumten Weisheit seid ihr häufig doch nicht einmal imstande, selbst den einfachsten Wunsch zu verwirklichen. Trotz der Prahlerei vom »freien Willen«, gibt sich auf jedem Schritt, den ihr tut, eure Hilflosigkeit kund.«

»Ja«, bemerkte Schwalbe, »der Meinung bin ich auch, dass wir jedenfalls Flügel haben müssten. So wie die Sachen jetzt stehen, ist ja jeder Gänserich gegen uns im Vorteil.«

»Ha, ha!«, lachte der falsche Baron. »Das würde ein schönes Durcheinanderfliegen geben! Da möchte wohl bald die soziale Ordnung aufhören, auf die Ihr ja so große Stücke haltet. Kisten und Kasten wären nicht mehr sicher, und im Geist sehe ich schon so manches liebende Pärchen, trotz Polizei und Telegraphen, durch die Lüfte segeln und sich in irgendeinem Storchnest niederlassen, um dort seine Flitterwochen zu feiern.«

»Dass Sie auch gleich über alles die Lauge Ihres Spottes ausgießen müssen! Wahr ist es aber doch, wenn ich Flügel hätte, so könnte ich jetzt meinen Wunsch erfüllen.«

»Nun, worin besteht denn dieser Wunsch?«

»Ich habe Ihnen ja bereits von meinem Freund Gottlieb Schnorpel erzählt.«

»Allerdings. Er muss ein Original sein.«

»Das ist er auch. Nun sehen Sie, das größte Vergnügen würde es mir machen, wenn ich ihn einmal so unbemerkt, ohne dass er eine Ahnung davon hat, beobachten könnte. Wie Sie wissen, habe ich Gottlieb während meiner Abwesenheit zu meinem Hausverwalter eingesetzt. Nun ließ ich auch gleichzeitig eine sehr schlaue und durch ihre Reize äußerst verführerische Person dort zurück, der ich den Namen Phöbe beilegte. Die Augen Gottliebs, das weiß ich, waren im Stillen schon längst auf dieselbe gerichtet und nur die Scheu vor mir, oder eine gewisse moralische Rücksichtnahme hielten den blöden Schäfer bisher zurück, dieser Phöbe offen den Hof zu machen, obgleich ich dagegen gar nichts einzuwenden gehabt hätte, denn dieselbe hat mir stets in allen Stücken treu gedient. Und so kann ich mich doch auch schließlich der Verpflichtung nicht entziehen, sie bei passender Gelegenheit unter die Haube zu bringen.«

Schwefelkorn lachte. »Und dabei soll Ihr Gottlieb den Sündenbock abgeben?«

»Fangen Sie doch nicht zu moralisieren an«, rief unser Philosoph, »über solchen Firlefanz sind wir beide, denke ich, doch schon längst hinweg. Gottlieb würde sich im höchsten Grade glücklich fühlen, Phöbe als seine Gattin heimzuführen, und man kann doch nicht mehr tun, als jemand glücklich machen. Freilich, mein Freund ist in dieser Beziehung ein ziemlicher Pinsel. Er hält es für unmoralisch, mir ins Gehege zu kommen und seufzt dabei vor lauter Liebesjammer wie ein alter Kater in einer schönen Märznacht.«

»Schwalbe, Schwalbe«, rief hier Schwefelkorn, indem er heuchlerisch die Augen verdrehte, »ich wasche meine Hände in Unschuld – ich warne Sie vor solchen Frivolitäten – sie sind ja ein wahrer Lovelace, der jetzt bei uns bei zweitausend Grad Hitze seine irdischen Sünden ausschwitzt.«

»Na, wenn ich nicht wüsste, dass Sie Spaß machen«, erwiderte unser Bekannter, »so könnte ich am Ende an Ihnen irre werden. Also den Wunsch, Gottlieb einen Besuch abzustatten, muss ich mir schon vergehen lassen?«

»Durchaus nicht, mein bester Freund. (Man merke wohl, der Teufel nannte unseren Philosophen bereits seinen »besten Freund«.) Durchaus nicht, wenn ich Ihnen damit einen Gefallen zu erzeigen vermag, so können wir jeden Augenblick aufbrechen.«

»Aber wie denn?«

»Nun, mittelst Besenstiels«, entgegnete Schwefelkorn lachend. »Und wo denn?«

»Von hier, auf dem kürzesten Weg durch den Schornstein.«

Die Philosophie des Doktors begann doch aus dem Leim zu gehen.

»Da müsste ich doch wohl erst einige Reitstunden nehmen«, bemerkte er kleinlaut.

»Ist keineswegs nötig. Sie halten sich an meinen Mantel fest und sitzen dann so sicher wie in Abrahams Schoß.«

»Können Sie mir dafür garantieren?«

»Natürlich. Ich stehe für jeden Unfall. Als Kaution stelle ich hundert arme Sünder, die Ihnen verfallen sein mögen, wenn Sie irgendein Unfall heimsucht.«

»Inzwischen habe ich mir aber vielleicht schon längst den Hals gebrochen.«

»Auf diesem Spazierritt brechen Sie sich nicht den Hals, wenn es mir nicht etwa einfallen sollte, Ihnen denselben zu brechen.«

»Ja sehen Sie«, sagte Schwalbe, indem er seinen Gesellschafter doch etwas misstrauisch anblickte und seinen Stuhl unwillkürlich zurückschob. »Bei aller Liebenswürdigkeit ist doch das Halsbrechen eine Ihrer Schattenseiten.«

»Na, na«, prustete Schwefelkorn lachend hervor, »ich glaube wirklich, Sie bekommen Furcht. Seien Sie unbesorgt, ich weiß Freundschaften zu konservieren, und besonders mit Ihnen hoffe ich einst noch manche Stunde in der Hölle zu verplaudern.«

Wäre unser Philosoph nicht bereits ein so hartgesottener Sünder gewesen, so hätten ihm bei solchen Aussichten die Haare zu Berge stehen müssen. So aber antwortete er zu unserem tiefsten Bedauern: »Na, sorgen Sie inzwischen nur für eine recht behagliche Unterkunft, denn Bequemlichkeit liebe ich, das wissen Sie ja.«

»Daran soll es nicht fehlen. Ich lasse Ihnen eine ganz neue herrichten. Wir haben ja Baumeister genug.«

»Sie haben also Baumeister genug?«

»Im Überfluss. Unter Zehn von ihnen kommen immer neun in die Hölle. Fragen Sie nur die armen Hausbesitzer, wie sie von denselben übers Ohr gehauen werden.«

»Um aber nun wieder auf unsere Reise zurückzusammen, wenn ich nun wirklich den Ritt auf einem Besenstiel wagen wollte, wo nehmen wir denn augenblicklich ein paar solche gut abgerichtete Bestien her, denn die ersten Besten können wir doch unmöglich dazu brauchen?«

»Dafür lassen Sie mich sorgen. Der Marstall Seiner Kaiserlichen Majestät Luzifer steht zu meiner Disposition.«

»Wie? – Was ? – So bekleiden Sie also ein Hofamt?«

»Ich bin teuflischer Oberstallmeister und zugleich Zeremonienmeister.«

Der Doktor bückte sich tief. »Doppelte Ehre für mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben. Würde es Ihnen vielleicht, unbeschadet meiner Würde als Philosoph, möglich sein, mir durch Ihren Einfluss einen Orden zu verschaffen?«

»Warum denn nicht, mein Bester. Mit Orden und Kommerzienräten sind wir sehr freigebig, die kosten beide nichts.«

»Also empfehle ich mich Ihnen zum geneigten Andenken.«

»Sie sollen notiert werden, verlassen Sie sich darauf.«

»Aber um nun wieder auf unsere Reise zurückzukommen, ich möchte den Gottlieb natürlich gern unbemerkt belauschen.« »Nichts leichter als das, wir machen uns unsichtbar.«

»Ja, aber wie kommen wir ungesehen zur Stube hinein?«

»Auf ganz einfachem Wege: Wir schlüpfen durchs Schlüsselloch.«

»Was?«, rief Schwalbe, »durchs Schlüsselloch? Na, das möchte doch wohl selbst für Sie eine zu schwere Aufgabe sein.«

Schwefelkorn lachte. »Liebster Freund, wenn ich imstande bin, in den Leib eines Menschen zu fahren …«

»Hören Sie auf!« rief der Doktor, »ich fühle ordentlich schon, wie Sie sich häuslich in meinem Innern einrichten. Nein, erzählen Sie mir solche Dinge nicht wieder, das stört die Freundschaft.«

»Sie sind doch ein wahrer Hasenfuß«, sagte der falsche Baron spöttisch lachend. Schwalbe fühlte sich hierdurch doch in seinem Stolz gekränkt.

»Durchaus nicht«, rief er trotzig, »und um Ihnen den Beweis hierfür zu liefern, erkläre ich, dass ich sogleich bereit bin, mit Ihnen den Ritt durch die Luft zu machen.«

»Gut. Gedulden Sie sich nur einen Augenblick, Sie sollen nicht lange zu warten brauchen.«

Schwefelkorn trat an den Kamin, öffnete den Verschluss desselben, steckte seinen Kopf hinein und rief mit lauter Stimme: »Die beiden Rappen gesattelt und gezäumt, aber so schnell wie möglich!«

»Was haben Sie denn getan?«

»Nun, ich muss doch unsere Pferde bestellen. Horch, da kommen sie schon!«

Indem ließ sich im Kamin ein Geräusch hören, als ob ein Schornsteinfeger dort seine Arbeit verrichtete, und unmittelbar darauf kamen zwei lange Besen zum Vorschein, die förmlich gesattelt und gezäumt waren.

»Steigen Sie auf«, sagte der Baron, während er sich seinen Mantel umhing.

»Aber wäre es doch nicht vielleicht besser wir unterließen es?«, fragte unser Philosoph , indem er sein hölzernes Ross misstrauisch von der Seite betrachtete.

»Steigen Sie nur ohne Furcht auf. So! … Sitzen Sie fest?«

»Wunderbar fest. Ich hätte wirklich nicht geglaubt, dass es mit solcher Bequemlichkeit verknüpft wäre.«

»Nun ergreifen Sie meinen Mantel.«

»Es ist geschehen.«

Kaum hatte Schwalbe dies gesagt, als er bereits pfeilschnell den Schornstein hinausfuhr, und ein paar Minuten darauf brauste er mit seinem Begleiter mit des Gedankens Schnelligkeit durch die Luft.

»Nun werden Sie mir doch recht geben«, wenn man über euch kleine Erdenwürmer, die ihr an eure Scholle gebunden und gefesselt seid, mitleidsvoll die Achseln zuckt«, bemerkte der Baron.

»Allerdings, etwas zu kurz hat man uns wohl an die Krippe gebunden.«

»Wie ihr es nicht besser verdient«, sagte Schwefelkorn. Ihr rühmt euch ewig eurer hohen Abstammung, aber seid ihr wohl fähig, einen großen erhabenen Gedanken auszuführen? Eure sogenannte Tugend ist ein Popanz, der euch die besten Freuden des Gebens verbittert, eure sozialen Einrichtungen machen euch zu Sklaven weniger und ihr seid es, welche Hand an euch selbst legt und mörderisch die euch ursprünglich verliehene Freiheit vernichtet. Ihr seid ein zänkisches,

rechthaberisches Geschlecht. Wenn die Leidenschaften in eurer Brust toben und eurer sogenannten Tugend die Augen zufallen, dann hat es der Teufel getan und ihr selbst stellt euch dabei völlig unschuldig.«

»Na, wenn Sie so fortfahren«, sagte Schwalbe humoristisch, »so werden Sie mich noch ganz aus dem Gleichgewicht bringen. Sparen Sie doch Ihre Philippika bis auf ein anderes Mal.«

»Jetzt schweben wir über einem großen See«, bemerkte sein Begleiter, »haben Sie vielleicht Lust, bei Mondschein ein Bad zu nehmen?«

»Ich danke bestens, ich fühle nicht im Entferntesten das Bedürfnis dazu.«

»Purr!«, machte plötzlich Schwefelkorn, und sogleich fühlte der Doktor, wie sie plötzlich in ihrem Flug anhielten.

»Was tun Sie?«, fragte der Letztere.

»Wir sind an Ort und Stelle. Hier in dem Tannengebüsch wollen wir unsere Pferde anbinden.«

Indem berührten auch beide schon die Erde und Schwalbe sah sich verwundert um.

»Wahrhaftig«, rief er, »das ist die Kiefernschonung, die ich vor sechs Jahren anlegte. Und dort in der Ferne erblicke ich die Umrisse eines Hauses, welches ich ganz bestimmt als das meine erkenne.«

»So steigen Sie ab, die kleine Strecke Weges legen wir zu Fuß zurück.«

»Sie müssen nämlich wissen«, sagte Schwefelkorn, vorwärtsschreitend, »dass wir für jedermann unsichtbar sind, so lange ich diesen Mantel trage.«

»Und das Schlüsselloch?«, fragte sein Gesellschafter, »wie steht es mit dem Schlüsselloch?«

»Nur Geduld, Sie kommen da hindurch, ohne sich die Haut zu ritzen.«

Indem standen sie auch schon vor der Stubentür. Der Teufel (wir sprechen diesen Namen nur ungern aus) hauchte unseren Philosophen an, und ehe es sich dieser versah, stand er mit dem unheimlichen Gesellen mitten im Wohnzimmer.

Gottlieb saß, in den geblümten Schlafrock des Doktors gehüllt, im weichgepolsterten Lehnstuhl, ihm gegenüber hatte Phöbe Platz genommen und richtete ihre schwarzen brennenden Augen auf den Majordomus, welchem eine Flasche Wein vorstand und dessen rot angelaufene Nase bewies, dass er schon reichlich dem Bacchus geopfert hatte.

»Der Duckmäuser«, murmelte Schwalbe, »er versteht es, sich’s bequem zu machen. Na, der wird eine schöne Verwüstung in meinem Weinkeller angerichtet haben!«

Jetzt begann der Haushofmeister zu sprechen.

»Reizende Phöbe«, rief er, seinen Pokal erhebend, »dies Glas auf Ihr Wohl! Mögen die Strahlen Ihrer für mich nur allzu gefährlichen Augen nie erlöschen, möge das zauberische Lächeln Ihres Mundes …«

»Ach, das haben Sie mir ja nun bereits jeden Abend gesagt«, fiel diese verdrießlich ein, »das fängt noch gerade an langweilig zu werden. So viele Mühe ich mir auch gebe, so kommt man mit Ihnen doch nicht vom Fleck, da war es mit dem Herrn Doktor ganz etwas anderes.«

»Brav gemacht, Phöbe«, flüsterte dieser, »ich wusste dich stets an der richtigen Stelle anzufassen.«

»Himmlische Phöbe«, fuhr der verliebte Gottlieb fort, »erlauben Sie, dass ich Sie mit der göttlichen Abstammung Ihres Namens etwas näher bekannt mache. Phöbe bedeutete bei den Griechen eine Jungfrau von der höchsten Keuschheit.« »Na, das fehlte noch«, rief diese. »Bleiben Sie mir mit solchen Dummheiten vom Leibe, darauf gebe ich nichts.«

»Phöbe«, fuhr Gottlieb unbeirrt fort, »war eine erhabene Göttin, die Schwester des Apollo, welche auch unter dem Namen Diana bekannt ist. Sie trug Köcher und Pfeile und wie Sie schoss sie ihre Pfeile …«

»Auf Sie kann man ja so viele Pfeile abschießen, wie man will«, antwortete diese, »Sie sind ja viel zu dickhäutig, als dass Sie es merken sollten …«

»Oh, Phöbe, wie tief verwunden Sie durch diese Worte mein Herz. Mich mit einem Dickhäuter zu vergleichen! … Wissen Sie was ein Dickhäuter ist? Ein Ochse, ein Rhinozeros, ein Esel ist ein Dickhäuter, nehmen Sie diese Worte gleich zurück, Phöbe, oder ich raube Ihnen einen Kuss!«

»Gelt, das möchte Ihnen wohl gefallen! Aber nein, auf bloße Redensarten lasse ich mich nicht ein, ich bin ein ehrsames Mädchen und wen ich küsse, von dem muss ich auch wissen, dass er mich einmal zur Frau nimmt.«

»Lassen Sie mir Zeit zum Überlegen, Phöbe.«

»Lange warte ich aber nicht mehr, die Sache fängt mir noch gerade an langweilig zu werden.«

»Auf Ihr Wohl, Stern meines Lebens«, rief Gottlieb, indem er verliebt mit den Augen blinzelte und sein Glas leerte.

»Trinken Sie Ihren Wein für sich, ich mag von Ihnen nichts wissen«, erwiderte die schwarzäugige Circe und machte ein schmollendes Gesicht.

»Wer löscht diese Flamme«, stöhnte Gottlieb, und blickte noch zärtlicher zu seiner Gesellschafterin hinüber.

Diese gähnte sehr prosaisch. »Es muss noch viel heißer bei ihm werden«, dachte sie, »zuletzt erreiche ich doch noch meinen Zweck und erhalte ein Eheversprechen.«

»Phöbe!«, flötete der Majordomus.

Diese antwortete nicht, sie stützte trotzig den Ellenbogen auf den Tisch.

»Oh!«, seufzte Gottlieb und machte ein paar Kateraugen.

»Gehen Sie, jetzt fangen Sie mir an, unausstehlich zu werden.«

»In Ihnen steckt Bosheit, Phöbe.«

»Und in Ihnen Dummheit.«

»Gut, wie Sie wollen.« Der Hausverwalter stützte nun ebenfalls trotzig den Kopf in die Hand.

»Ich muss mir nur einmal einen Spaß machen«, dachte Schwalbe und war flugs an Gottliebs Seite. Ehe es sich dieser versah, hatte er einen tüchtigen Nasenstüber empfangen.

»Ha, ha«, lachte er zu Phöbe gewandt, »jetzt, da Sie sehen, dass Ihnen Ihre Künste nichts helfen, fangen Sie von selbst an.«

»Ich? Was wollen Sie damit sagen?«

»Nun, Sie haben mir doch eben einen zärtlichen Nasenstüber gegeben.«

Indem stand Schwalbe auch schon hinter dem Stuhl der schwarzäugigen Dirne und drückte ihr einen derben Kuss auf die frischen Wangen.

»Erlauben Sie sich das noch einmal, Herr Schnorpel!« Sie erhob ihre Hand, als hätte sie eine Ohrfeige austeilen wollen.

»Ich? Was soll ich mir noch einmal erlauben?«

»Haben Sie mir nicht in diesem Augenblick einen Kuss gegeben?«

Schnorpel machte große Augen und riss den Mund weit auf. In diesem Augenblick erhielt er von dem Doktor einen derben Schlag auf denselben.

»Nun, wollen Sie jetzt noch leugnen?«, rief Gottlieb. Als er noch so sprach, löschte Schwalbe das Licht aus.

»Nein, das ist abscheulich«, schrie Phöbe. »Im Finstern! … Oh, Sie garstiger Mensch, jetzt merke ich wohl, was für Absichten Sie haben!«

»Ich? … Ich schwöre Ihnen …«

Weiter vermochte der Haushofmeister nicht zu sprechen.

Zwei weiche Arme umschlangen ihn und eine ihm wohlbekannte Stimme flüsterte: »Wollen Sie mir nun gleich das Eheversprechen geben?«

»Mein Gott, gedulden Sie sich doch … mein Freund Schwalbe … ich weiß ja nicht, was er dazu sagt«, murmelte Schnorpel.

»Oh«, rief Phöbe jetzt, scheinbar in Tränen ausbrechend, »oh der schändliche Mensch, mich so plötzlich zu überfallen. Ich bin ein ehrbares Mädchen und kurz und gut, ich bestehe auf das Eheversprechen!«

»Ja doch«, stöhnte Schnorpel, »ich werde es überlegen, lassen Sie mich zunächst nur erst wieder das Licht anstecken.«

»Nein, auf der Stelle müssen Sie mir erklären, dass Sie mich heiraten wollen.«

»Aber mein Freund … seine geheiligten Rechte …«

»Der hat gar keine Rechte. Wenn er sich welche genommen hat, so ist dies geschehen, ohne mich zu fragen.«

»Bedenken Sie mein Gewissen! … Lassen Sie los, Phöbe, ich unterliege sonst der Versuchung!«

»Das Eheversprechen! …«

»Potiphar«, schrie Gottlieb plötzlich. Sich mit aller Kraft losreißend, floh er wie einst der keusche Joseph aus dem Zimmer, indem er wie dieser, zwar nicht seinen Mantel, aber doch den geblümten Schlafrock zurückließ.

»Ist das ein Dummkopf!«, murmelte Phöbe, »ich habe es ihm doch so leicht gemacht. Er brauchte nur zuzugreifen, und jetzt läuft er wie ein einfältiger Junge davon.«

In sehr übler Laune steckte sie das Licht an und bald darauf verließ auch sie, sichtlich sehr enttäuscht, das Gemach.

»Wie gefällt Ihnen mein Gottlieb? Ist er nicht ein Prachtexemplar?«, fragte Schwalbe Herrn von Schwefelkorn, als sich beide nun allein befanden.

»Das Pulver scheint er eben nicht erfunden zu haben.«

»Nein, aber eine ehrliche Haut ist er deswegen doch.«

»Nun, was soll jetzt geschehen?«, fragte der falsche Baron.

»Ich denke, wir besteigen wieder unsere Besenstiele und kehren zurück. Sie müssten denn etwa Geschäfte in der Gegend haben?«

»Ist nicht mein Revier und übrigens wissen Sie ja, dass ich bloß eine Vergnügungstour auf der Erde mache.«

»Richtig, daran hatte ich nicht gedacht. Ich würde Sie einladen, hier ein Glas Wein mit mir zu trinken, aber das möchte am Ende doch nur unbequem für uns beide sein.«

»Kommen Sie nur. In einer Stunde ist der Ritt abgemacht, und dann stechen wir in aller Gemütlichkeit eine Flasche von dem – nun Sie wissen schon, von dem Angehauchten aus.«

»Von Ihrem Feuerwein. Köstlich! Da vergehen einem alle Sorgen und man schwimmt in einem Meer von Wonne und Seligkeit.«

Schwefelkorn hielt Wort. Nach einer Stunde befanden sie sich wieder in ihrem Quartier.

Etwas verstört trat der Oberkellner ein. »Wir suchten die Herren bereits überall.«

»Wir waren in einem Cafe.«

»Haben Sie nichts bemerkt?«

»Wo? – hier?«

Der Oberkellner lachte und warf sich in die Brust. »Altes Weibergeschwätz«, sagte er, »ein aufgeklärter Mensch zuckt die Achseln darüber.«

»Nun, was soll denn geschehen sein?«

»Aus dem Schornstein gefahren! … Reine Albernheit! … Empfehle mich meine Herren …«