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Der Welt-Detektiv Band 6

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John Tanner – Das Leben eines Jägers Anhang III

John Tanner
Das Leben eines Jägers
oder
John Tanners Denkwürdigkeiten über seinen 30-jährigen Aufenthalt unter den Indianern Nordamerikas
Erstmals erschienen 1830 in New York, übersetzt von Dr. Karl Andree

Anhang
3. Die Totems

Bei den zum Stamm der Algonkin gehörenden Indianern erhält jeder Mann von seinem Vater einen Totem oder Familiennamen. Nach althergebrachter Sitte hat keiner das Recht, sein Totem zu verändern. Da nun dieses unterscheidende Merkmal von einem Mann auf alle seine Kinder und die Gefangenen, welche er adoptiert, übergeht, so ist klar, dass, wie die Geschlechtsregister der Hebräer, diese Totems eine vollständige Aufzählung aller Familienabstammungen ausweisen.

Überhaupt weicht diese Einrichtung durchaus nicht von jener unserer Familiennamen ab. Allein die Pflichten der Freundschaft und Gastfreiheit werden, so wie die verbotenen Verwandtschaftsgrade, strenger beobachtet. Es gilt unter den Indianern für ein großes Verbrechen, eine Frau zu heiraten, welche denselben Totem hat wie der Mann, und es gibt Beispiele, dass junge Leute von ihren nächsten Verwandten umgebracht worden sind, weil sie diese Sitte nicht beachtet hatten.

Sie sagen ferner, dass alle die, welche denselben Totem haben, auch wenn sie zu verschiedenen, einander feindlichen Gruppen gehören, verpflichtet sind, sich nicht nur als Freunde zu behandeln, sondern sich so zu betrachten, als ob sie Brüder, Schwestern, kurz Glieder ein und derselben Familie wären. Über den Ursprung dieser Sitte und die strenge Verpflichtung, dieselbe zu beobachten, ist bei den Indianern keine Tradition vorhanden. Sie nehmen an, das Totem sei ihnen am Anfang durch ihren Schöpfer gegeben. Sowohl die Zeichen als auch die Beinamen sind unter ihnen sehr zahlreich, und wenn man deren Menge in Betracht zieht, so lässt sich kaum daran zweifeln, dass es eine Zeit gegeben hat, in welcher sie leichter, als nun der Fall ist, vertauscht wurden. Bis jetzt ist es noch nicht ausgemacht, ob irgendein anderes Indianervolk Nordamerikas, außer den Stämmen algonkinischer Abstammung, diese Geschlechtsunterscheidungen kennt. So viel ist ausgemacht, dass sie bei den Stämmen, welche zur großen Familie der im Norden wohnenden Chipewyan gehören, nicht vorhanden sind. Bei unserem langjährigen Verkehr mit den Dakota-Gruppen am Mississippi oder St. Pierre, zu welchen die Hoochawgena oder Winnebago und Iowa gehören, haben wir keine Spur ähnlicher Gebräuche angetroffen. Auch nicht bei den Otoes, den Kansas, den Omaha, den Pawnee und anderen Stämmen im Westen. Von den westlichen Indianern wollen wir es doch nicht ganz zuversichtlich behaupten, denn Renville, Dolmetscher bei den Sioux, hat nach langem Zaudern und Prüfen nur gesagt, dass er glaube, ein ähnlicher Brauch sei bei den Sioux in der Tat vorhanden.

Wir müssen hier ausdrücklich bemerken, dass die Algonkin glauben, alle anderen Indianer hätten Totems. Da sie aber jene der feindlichen Gruppen nicht kennen, so bedeutet bei ihren Korrespondenzen (wie im Text oft angeführt wird, besteht dieselbe aus bildlichen Figuren) die Auslassung des Totems einen Feind. Bei den an der Grenze wohnenden Chippewagruppen wird durch einen Mann ohne Totem immer ein Sioux angedeutet.

Einige Familien haben zum Totem den Bären, den Hecht und den Weißfisch. Das Moosetier war ursprünglich jener des Volkes der Otawa. Da dieses Letztere im Laufe der Zeit durch Hinzutritt mehrerer Gruppen anwuchs, so kamen mit diesen auch mehrere neue Totems hinzu, welche sich jetzt mit den alten Familien vermischt haben. Das Rentier, der weißköpfige Adler, das Falkenweibchen, die Wasserschlange, der gespaltene Baum, der Kranich und die Möwe sind wohlbekannte Totems. Die wilde Katze ist ein häufig bei den Muskogee vorkommendes Totem. Net-no-kwa und Wa-me-gon-a-biew hatten den Biber, Tanner die Klapperschlange, welche der Totem Manito-o-gheezhiks und Kisch-kan-kos waren, die ihn entführt hatten.

Wir könnten noch manche andere namhaft machen. Die angeführten aber mögen hinreichen, um dem Leser einen Begriff zu geben, von welcherlei Gegenständen die Indianer ihre Namen entlehnen. Der gewöhnliche Name eines Mannes kann oftmals geändert werden, und das ist auch der Fall, entweder wenn er in den Krieg zieht, oder wenn irgendein merkwürdiges Ereignis eintritt, aber das Totem bleibt immer derselbe. Dass sie, wie hin und wieder behauptet worden ist, ohne Ausnahme die Figur ihres Totem auf irgendeinen Teil ihres Körpers tätowiert haben sollen, ist unbegründet, ebenso, dass sie eine Haut oder irgendein anderes Kennzeichen an sich trügen, woran sie sich auf den ersten Blick erkennen könnten. Zuweilen mag das allerdings der Fall sein, gewöhnlich aber müssen sie, wenn sie miteinander zusammentreffen, sich gegenseitig nach ihrem Totem fragen.