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Der Welt-Detektiv Band 6

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Schwäbische Sagen 10

Schwäbische-Sagen

Die Erdmännle vertrieben
Eine mündliche Überlieferung aus Hüsingen im Badischen

1.

Das letzte Erdmännle und Erdweible, die in einer Höhle bei St. Wilhelm wohnten, kamen besonders gern zu einem Bauer im Wiesenthal und halfen ihm bei der Arbeit. Einst, als sie ausblieben, ging der Bauer zu ihrer Höhle und machte ein Feuer davor. Da kam das Erdmännle und entschuldigte sich. Seine Frau sei krank, deshalb könne es nicht kommen, und bat, dass er das Feuer löschen möge. Der Bauer aber hatte im Zorn das Feuer so groß gemacht, dass er es nicht löschen konnte und es brennen lassen musste. In derselben Nacht starb diesem Bauer all sein Vieh und das letzte Erdmännle mit seinem Weible ließ sich nie wieder sehen.

2.

In der Tropfsteinhöhle bei Hasel hielten sich sonst Erdmännle auf und halfen bei jeder Arbeit, aber nur den frommen Leuten. Da wollte einmal ein neugieriger Mann wissen, was sie wohl für Füße hätten, denn die kriegte man nie zu sehen, und streute deshalb Asche auf den Weg, den sie betreten mussten. Da fand er Gänsefüße darin abgedrückt. Seitdem sind aber die Erdmännle nie wieder in das Dorf gekommen.


Drei weiße Fräulein vertrieben
Eine mündliche Überlieferung aus Sigmaringen

Aus einem Berg bei Sigmaringen kamen ehedem oftmals drei weiße Fräulein in die Stadt und kauften bei einem Metzger Fleisch. Aber niemand wusste, wer sie waren und wie sie hießen. Dabei war es auffallend, dass sie ihre Füße immer sorgfältig zu verbergen suchten. Eines Tages bekamen sie aber dennoch die Leute zu sehen und nahmen wahr, dass sie Gänsefüße hatten. Sowie die weißen Fräulein merkten, dass man ihre Füße gesehen hatte, sind sie weggeblieben.


Sagen vom Huzenbacher See
Mündliche Überlieferungen aus Huzenbach

1.

In dem kleinen See, der etwa drei Viertelstunden von Huzenbach in einem Seitental liegt, hielten sich ehedem ein Seemännlein und ein Seeweiblein auf. Sie hatten zwei Töchter, die kleideten sich schneeweiß und kamen gewöhnlich nur einmal im Jahr, wenn Kirchweih war, nach Huzenbach zum Tanz.

Andere sagen, sie seien öfter gekommen und hätten immer in dem allen Beckenhaus, das ehemals ein Wirtshaus war und für das älteste Haus in Huzenbach gilt, getanzt.

Auch nach Schwarzenberg sind sie gekommen. Um zwölf Uhr aber mussten sie immer wieder daheim sein, weshalb sie stets bald nach elf fortgingen. Die Burschen tanzten gern mit ihnen, denn sie waren wunderschön und nicht wie die gewöhnlichen Mädchen. Deshalb geschah es auch, dass sie einstmals sich zu lange aufhalten ließen und nicht zu rechter Zeit heimkamen. Den Tänzern, welche ihnen das Geleit bis an den See gaben, sagten sie ihr Schicksal vorher. Sie möchten doch zusehen, ob das Wasser des Sees nicht rot werde, sobald sie hinabgestiegen seien. Das würde ein Zeichen sein, dass sie ihr zu langes Ausbleiben mit dem Leben hätten büßen müssen. Die jungen Burschen blieben eine Weile stehen und sehen alsbald, dass Blut herausquoll und der See sich färbte. Man hat die Seefräulein auch nie wieder gesehen.

2.

Das Seemännle holte einst eine Hebamme aus Huzenbach und führte sie an den See und schlug mit einer Rute hinein, worauf das Wasser sich teilte und eine Treppe erschien, auf der sie ganz trocken hinabsteigen konnte, und entband alsdann das kreisende Seeweible. Als das Seemännle hierauf fragte, was es schuldig sei, wollte die Hebamme nichts nehmen. Darauf umflocht das Männlein sie ganz mit Stroh, was sie ruhig geschehen ließ. Als sie aber hoben war, machte sie alles wieder los und warf es fort. Nur ein einziger Halm blieb an ihr hängen, und der war in schweres Gold verwandelt, als sie heimkam. Jetzt hat sie vergebens nach dem übrigen Stroh gesucht.

3.

Ein alter Mann aus Schönmünznach (Schönmünzach), namens Bernet, schnitt in seiner Jugend einmal Weiden am Huzenbacher See. Es war gerade ein schöner Tag und die Sonne hat so hell und lieblich geschienen, da sah er plötzlich einen Tisch aus dem See heraufsteigen, der war halbrund und hatte drei Füße und stand ganz ruhig auf dem Wasser wie auf festem Boden. Nachdem er lange verwundert den Tisch betrachtet hatte, schnitt er weiter einige Weiden ab. Als er aufsah, bemerkte er ganz deutlich, dass ein purpurrotes Tuch über den Tisch gedeckt wurde. Nach einigem Staunen ging er wieder an seine Arbeit, musste jedoch bald wieder aufblicken. Da sah er, wie drei glänzende silberne Löffel auf den Tisch gelegt wurden, zwei an die beiden Ecken des Tisches und einer in die Mitte des Halbkreises, den der Rand des Tisches bildete. Da wurde es ihm wunderlich zu Mute. Er sprang auf und davon. Wäre er geblieben, so hätte er wahrscheinlich sein Glück machen und die Seefräulein erlösen können.

4.

Eine Bäuerin aus Huzenbach war einstmals mit ihrer Magd auf dem Feld und arbeitete. Da erblickte sie ganz nahe eine große »Krott« (Kröte) und sagte zur Magd: »Schlag doch die wüste Krott tot!«

Die Magd aber sagte: »Nein, das tu ich nicht. Bei der steh ich wohl noch einmal Gevatter.«

Und richtig, es dauerte nicht lange, da wurde die Magd abgeholt, um Gevatter zu stehen, wie sie es der Krott versprochen hatte. Sie ging auch mit und man sagt, sie sei in den See geführt worden und sei dort zu Gevatter gestanden.

Danach sprach die Krott, die jetzt eine Frau war, also zu ihr: »Nimm diesen Gürtel mit und binde ihn deiner Herrin um den Leib! Dir aber schenke ich dies Büschel Stroh.«

Die Magd nahm beides und ging fort, band aber unterwegs den Gürtel, um zu sehen, wie er sich ausnehme, um einen Baum. Da wurde augenblicklich der Baum in tausend Stücke zusammengerissen. Diese Strafe hätte also ihre Herrin treffen sollen, weil sie die Krott, die nichts anderes als das Seeweible war, hatte totschlagen lassen wollen. Das Büschel Stroh hatte die Magd weggeworfen. Nur einige Halme waren ihr am Kleid hängen geblieben und waren reines Gold, als sie daheim sie abnehmen wollte.

5.

Das Seemännle kam häufig nach Huzenbach und schaffte in des Frieders-Bauer seinem Haus, fütterte nachts das Vieh und hat im Winter auch gewoben. Weil es aber immer so zerlumpt und zottelig daherkam, dachte der Bauer, er müsse dem Seemännle auch einmal eine Freude bereiten und ließ ihm auf Weihnachten ein neues Häsle, nämlich einen Kittel, eine Weste und eine Hose machen, und legte ihm abends den ganzen Anzug auf die Treppe hin. Da nahm das Seemännle zwar das Häs (Kleidung), sagte aber, jetzt sei es ausgezahlt und könne nimmer kommen. Seit der Zeit hat es sich auch in dem Haus nicht wieder blicken lassen.

Ebenso hat der Müller aus Schwarzenberg das Seemännle, das ihm lange Zeit mahlen half, vertrieben, weil er ihm einen neuen Kittel machen ließ. Da weinte das alte graue Männlein und sagte: »Jetzt hab ich meinen Lohn und kann nicht mehr kommen!« Und ist auch nie wieder gekommen.

6.

Im Huzenbacher See wohnte ehemals ein böses Weib. Sie war besonders den Buben gefährlich. Wenn einer in die Nähe kam, so packte sie ihn auf, trug ihn zum See, wo sie ihn lebendig fraß. Doch sind jetzt die Knaben von der Nixe verschont, weil sich eine Geschichte mit ihr zugetragen hat, seit welcher sie die Kinder in Ruhe lässt. Eine Köhlerfrau hatte ein kleines Knäblein in der Wiege daheim und war in den Wald gegangen, um Heidelbeeren für ihren Mann zu suchen. Als sie wieder heimkam, hörte sie schon von Ferne ihr Kind entsetzlich schreien und fand statt ihres Söhnleins einen gräulichen Wechselbalg in der Wiege, der hatte einen Kopf wie ein Sester, Augen wie ein Kalb, war aber sonst am ganzen Leib mager und fahl, wälzte sich in seinem Kot und krächzte wie ein Rabe. Die Mutter war in großer Not. Als aber ihr Mann heimkam, so bat sie ihn, den Unhold mit Ruten zu hauen. Das tat er denn auch, während sein Weib vor dem Haus ihr Gebet verrichtete. Da hörte sie auf einmal ihr Söhnlein am See weinen, denn ihr Haus stand nahe daran. Sie sprang hin und fand ihr rechtes Kind am Ufer liegen. Ihr Mann trug darauf den Wechselbalg an dieselbe Stelle, wo sein Kind am See gelegen hatte. Als die Nixe das sah, fuhr sie auf den Wechselbalg los, zerriss und fraß ihn und verschwand. Der See fing aber schrecklich an zu brausen und zu toben. Man glaubt, die Nixe sei über diesen Fraß, woher es auch komme, dass die Kinder jetzt vor ihr Ruhe haben.

(Oberst Medicus, in Mone’s Anzeiger, 1834, S. 92 f. Der Ausdruck Nixe ist übrigens dem Volk hier nicht bekannt.)