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Der Welt-Detektiv Band 6

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Schwäbische Sagen 8

Schwäbische-Sagen

Die Blechstücke
Eine mündliche Überlieferung aus Pfullingen

Auf dem Urschelberg bei Pfullingen ist ein Platz am Weg, den man die »Geiststelle« nennt. Hier hat der Hans aus Pfullingen einmal bei Nacht auf einem Ameisenhaufen zwei glänzende Stücke Blech gefunden und hat sie mitgenommen und fünfzehn Jahre lang aufbewahrt. Seitdem ging es ihm beständig gut. Endlich verkaufte seine Frau diese Blechschnitzel und bekam für jedes Stückchen fünf Gulden. Bald darauf ist ihnen aber auch ein Unglück zugestoßen.


Die Scherben an der Mauer
Eine mündliche Überlieferung aus Reutlingen

Zwei Schwestern aus Reutlingen gingen einmal in den Garten. Als sie hier an der alten Stadtmauer etwas abkratzten, so rollten einige zerbrochene Scherben hervor, die sie auflasen und in ihre Taschen steckten. Da rollten aber immer mehr Scherben herunter, dass ihre Taschen zuletzt ganz voll davon wurden, und sie hatten so große Freude daran, dass sie alle mit nach Hause nahmen. Als der Vater, der ein Bäcker war, am anderen Morgen die schweren Kleider der beiden Mädchen in die Hand bekam, rief er ganz ärgerlich »die Teufelskinder haben schon wieder Steine im Sack!« und langte in die Taschen, um sie fortzuwerfen. Da waren aber lauter »Bärenfünfzehner« (Fünfzehn-Kreuzerstücke) darin.


Die Gerstenkörner
Eine mündliche Überlieferung aus Kiebingen und Wurmlingen

Ein Mann ans Kiebingen (bei Rotenburg) ging vor mehreren Jahren einmal auf seinen Acker, der zwischen Kiebingen und der Rohrhalde am Wege liegt, und sah daselbst etwa eine Kappe voll ganz überaus schöner und glänzender Gerstenkörnlein zerstreut umherliegen. Und weil sie gar zu schön anzusehen waren, so las er sich eine kleine Handvoll davon zusammen und schob sie in seine Tasche, um sie daheim sehen zu lassen. Als er aber nach Hause kam und in die Tasche griff, so hatte er anstatt der Gerstenkörner lauter Geldstücke darin.

Auf demselben Acker, wo diese Gerstenkörner lagen, haben die Bürger von Kiebingen schon oftmals einen Geist gesehen, und sie sind der Meinung, dass, wenn der Mann alle Körner aufgelesen hätte, dieser Geist wahrscheinlich erlöst worden wäre.


Spreu in Geld verwandelt
Eine mündliche Überlieferung aus Rotenburg

Ein Knabe aus Rotenburg sollte seinem Vater das Essen aufs Feld bringen, und fand unterwegs einen Haufen Spreu, die glänzte so schön, dass er sie lange ansehen musste und endlich eine Handvoll davon in seine Tasche steckte. Er hielt sich aber so lange dabei auf, dass er zu spät zu seinem Vater kam und von diesem deshalb gezankt wurde. Als er nun erzählte, dass er von dem Spreuhaufen nicht habe fortkommen können und seinem Vater eine Probe davon vorzeigen wollte, da war es lauter blankes Geld. Nun lief der Knabe zwar zu dem Platz zurück, um mehr zu holen, konnte aber nichts mehr finden.


Der Schatz zeigt sich
Eine mündliche Überlieferung aus Wurmlingen

Auf der Rotenburger Markung, im Heuberger Felde, das zwischen dem Heuberg, dem Dorf Wendelsheim und dem Heubergerhof liegt, zeigt sich alljährlich an einer bestimmten Stelle ein Haufen Silbergeld, das aus der Erde herausquillt. Der ganze Haufen hat etwa die Größe eines halbeimrigen Fasses. Daneben steht dann immer ein Soldat mit blankem Säbel. Schon oftmals sind Leute, die gerade im Feld waren und arbeiteten, wenn der Schatz sich sehen ließ, darauf zugesprungen. Allein so wie sie hingekommen sind, ist das Geld jedes Mal mit fürchterlichem Gerassel in die Erde zurückgegangen, und deshalb ist auch der Soldat, der dabei gestanden hat, wieder versunken.


Der Schatz im Kloster zu Brackenheim
Eine mündliche Überlieferung aus Brackenheim

Einmal um Weihnachten fand eine Frau in der Kuhkrippe des Klosters zu Brackenheim eine ganze Handvoll lichtroter »Johannisvögele« (Johanniswürmchen) und wusste nicht, was sie damit anfangen sollte und warf sie hinaus. Hätte sie etwas von ihrem Zeuge, zum Beispiel nur die Schürze, darüber gelegt, so wäre sie steinreich geworden, denn es war offenbar ein Schatz, der gehoben werden sollte.

Ein anderes Mal kam der Mann dieser Frau auf den Boden und sah hier einen großen aufgeschütteten Haufen solcher goldiger »Johannisvögele« und rief: »O Jes, was ist das!« Da war plötzlich der ganze Haufen fort.

Wieder ein anderes Mal trat der Mann in die Kammer und sah helle Flammen aus dem Boden schlagen und schrie: »O Gott, es brennt, es brennt!« Und sogleich war alles spurlos verschwunden, denn solche Schätze, die sich zeigen, dürfen nicht beschrien werden.

Im Kloster zu Brackenheim ist’s übrigens auch sonst nicht ganz richtig. So bekam zum Beispiel ein früherer Hausbewohner, wenn er auf einer gewissen Treppe sich treffen ließ, regelmäßig von einem unsichtbaren Geist Ohrfeigen. Es war ein Kapuziner, der hier umging und der jenen Mann nicht leiden konnte.

 

Zweites Kapitel
Zwerge und elbische Wesen

Die Zwerge bei Owen
Eine mündliche Überlieferung aus Owen

Alte Leute haben erzählt, dass es einmal eine Zeit gegeben hat, wo die Zwerge über die Menschen geherrscht haben und von diesen abgöttisch verehrt wurden. Sie waren nämlich überaus geschickte Ärzte, kannten die Kräfte der Wurzeln und Kräuter genau und hatten in der Umgegend von Owen viele Schlösser. Dahin gingen dann die Menschen, um sich heilen zu lassen, z. B. vom Aussatz und derartigen bösen Krankheiten. Der ganze Wald zwischen Owen und Frickenhausen, der nach den verschiedenen Teilen besondere Namen führt, zum Beispiel Reigel, Glockenstuhl usw., im Allgemeinen aber der Tiefenbacher Wald heißt, soll ganz voll von solchen Zwergen gewesen sein. Sehr gewöhnlich werden noch jetzt umgehende Geister in diesen Wald »beschworen« und gebannt, daher es nicht geheuer darin ist.

Von jenen Zwergen aber sagt man, sie seien aus dem Morgenland zu uns gekommen und hätten sich später wieder dahin zurückziehen müssen.

In dem Tiefenbacher Wald hat aber noch lange einer gehaust. Man hat ihn nur das »lederne Mändle« genannt, das hat oft die Menschen erschreckt, geneckt und irrgeführt. Auch glauben die Kinder, dass dies kleine Männlein das Echo hervorbringe, und wenn sie ein solches im Tiefenbacher Wald oder sonst wo hören, so sagen sie: »Das lederne Männle schreit.«Ebenso glaubt man in Beuren (zwischen Neuffen und Owen gelegen), dass das Echo von einem ledernen Männle oder Zwergle herrühre.


Erdwichtele
Eine mündliche Überlieferung aus Lustnau

1.

In der Umgegend von Lustnau, bei Tübingen, gab es bis vor nicht gar langer Zeit noch Geister, die man »Erdwichtele« nannte. Das waren ganz kleine Männle, etwa eine halbe Elle lang, hatten gelbe Hosen und rote Strümpfe an, und halfen den Frauen im Feld das Gras und Unkraut aus dem Korn jäten. Wo aber solche Erdwichtele geholfen hatten, da war’s gewiss ganz sauber und rein, und dabei zertraten sie niemals ein Kornhälmchen, weshalb die Mägde sie oftmals baten, dass sie ihnen beim Jäten doch helfen möchten.


2.

Ein Bauer aus Lustnau mähte mit zwei Gehilfen im Neckartal gegen Kusterdingen zu seine Wiese und war kaum zur Hälfte fertig, als es schon Abend wurde.

Da sprach er: »Wir sollten nur unsere Sensen heute Nacht hier lassen, vielleicht helfen uns die Erdwichtele.«

Und er nahm die Sensen und hing sie in den Wald, der an die Wiese grenzte, auf einen Baum und begab sich nach Hause. Als er aber am anderen Morgen in aller Frühe mit seinen Leuten wiederkam, sah er drei kleine Männle auf der Wiese, die die Sensen genommen hatten und wetterlich darauf losmähten. Allein so wie die Bauern erblickten, liefen sie schnell davon in den Wald. Es fehlten jedoch nur noch anderthalb Mahd, sonst war alles abgemäht.


3.

Des Winters kamen die Erdwichtele gewöhnlich zweimal in der Woche zum »Vorsitzen«, d. h., sie setzten sich in den Spinnstuben neben die Spinnerinnen hin, und zwar, wie es Sitte ist, auf die linke Seite. (Wer sich zur Rechten der Spinnerin setzt, von dem sagt man gleich »der hat Hunger!«, weil nämlich die Mädchen rechts die Tasche tragen und darin gewöhnlich allerlei zum Naschen mitbringen. Man vermutet deshalb, ein solcher wolle die Taschen plündern. Außerdem würde man auf der rechten Seite die Spinnerinnen hindern, ihre Spindel frei zu bewegen.) Genug, die Erdwichtele machten es gerade so wie die Bauernburschen. Weil sie aber so sehr klein waren, so setzten sie sich nicht etwa auf einen Stuhl, sondern auf das Kunkelstühlchen, ganz unten zu den Füßen der Mädchen und unterhielten sich mit denselben, trieben auch allerlei Scherz und Mutwillen, indem sie die Mädchen am Rock zupften, in die Waden kniffen und dergleichen. Einst wollte ein Mädchen das nicht mehr leiden, weil es das Erdwichtele zu weit trieb, und gab ihm deshalb einen Fußtritt. Allein das Männle blieb fest auf seinem Platz sitzen, dass das Mädchen ganz ärgerlich ausrief: »Der Blitzdreck fällt erst nit um!«

Ein anderes Mädchen, das auch eines Abends vor dem Mutwillen der Erdwichtele keine Ruhe hatte, sagte endlich: »Ei, wir wissen ja, wie ihr heißt!«

»Nun, wie heißen wir denn?«, sprachen sie alle verwundert.

»Erdwichtele«, sagte das Mädchen. Da gingen sie auf der Stelle fort und sind nie wieder gekommen. Es leben aber noch Leute, die sie mehrmals gesehen haben wollen.


4.
Eine mündliche Überlieferung aus Kirchentellinsfurt

Man sagt in Kirchentellinsfurt, die Erdwichtele wohnten im Urschelberg bei Pfullingen und seien von da aus früher in die umliegenden Ortschaften gegangen. Jetzt sieht man sie schon seit längerer Zeit nicht mehr. Im Urschelberg leben aber auch noch mehrere verwunschene Fräulein.


5.
Eine mündliche Überlieferung aus Neuffen

In den Klüften der Burg Hohenneuffen wohnten ehedem Erdwichtele. das waren ganz kleine Leute, die kamen während des Sommers bis zum Spätherbst hin zu den Menschen im Feld und halfen bei der Arbeit. Am liebsten arbeiteten sie für die Menschen bei Nacht, wenn es niemand sehen konnte. Es durfte zum Beispiel zur Erntezeit nur jemand abends anfangen, ein Kornfeld zu mähen, so war es am anderen Morgen gewiss ganz geschnitten. Ebenso kamen sie nachts in die letzten Häuser, die vor der Stadt Neuffen liegen, und taten alle Arbeit für die Menschen. Man durfte ihnen aber nichts dafür geben. Auch sah man sie sehr selten.


6.
Eine mündliche Überlieferung aus Berkheim

In Berkheim (bei Esslingen) gab es früher kleine Wesen, die man Erdwichtele nannte, die taten nachts alle Arbeit in den Häusern, backten Brot, wuschen die Wäsche usw.

Bei einem Bauern in Unterensingen machten die Erdwichtele auch immer in der Nacht die Brotlaible zurecht, zündeten das Holz im Ofen an und gingen dann still fort. Die Leute wollten deshalb endlich bei diesem Bauern kein Brot mehr essen, »weil’s die Erdwichtele gebacken.« Da stand der Bauer einmal mitten in der Nacht auf, überraschte die Erdwichtele bei der Arbeit und rief: »Flieh, flieh nach Araffenland!« Worauf sie fortliefen und nie wiederkamen, weil er sie »beschrien« hatte.


7.
Mündliche Überlieferungen aus Hohenstaufen und Faurndau

Im Dorf Hohenstaufen stellte man in alten Zeiten des Abends immer etwas zu essen für die Erdwichtele hin. Dann taten sie während der Nacht alle Arbeit.

In Faurndau (bei Göppingen) ließ man sonst immer von dem Fastnachtschmaus etwas übrig für die Erdwichtele. Man stellte es an einem besonderen Platz für sie hin, und am anderen Morgen war es dann jedes Mal verzehrt. Man hielt viel darauf, dass es nicht unterblieb. Namentlich sagte ein alter Mann, der noch nicht gar lange verstorben, beständig an der Fastnacht zu seiner Frau: »Koch nur auch ja so viel, dass für die Erdwichtele etwas übrig bleibt!«

Die Rotmäntele
Eine mündliche Überlieferung aus Schlath

In der »Halde«, einem Berg beim Fuchseckhof, oberhalb Schlath, hielten sich ehemals kleine Erdmännle auf, die nachts die »Lichtstuben« besuchten und sich mit den Spinnerinnen unterhielten. Man wusste nicht, wie sie hießen. Weil sie aber immer rote Mäntelchen umhatten, so haben die Burschen ihnen den Namen Rotmäntele »geschöpft.«

Wenn sie fortgingen, so sangen sie gewöhnlich. Da schlichen ihnen die Burschen eines Abends nach und vernahmen nun folgende Worte, die sie miteinander sangen:

»Dass dees mein Schatz nit weiß,
Dass i San-Nefle* heiß!«

Als sie wiederkamen, wurden sie von den Burschen hiermit so lange geneckt, bis sie endlich ganz weggeblieben sind.

* In Tübingen sagte man sonst zu einem »verbutteten«, zwergartigen Kinde: »Du bist ein rechtes Sankt Nefle«, was offenbar der obige Name »San-Nefle« ist.