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Der Welt-Detektiv Band 6

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Hessische Sagen 23

Die Kirche in Usenborn

Als die Einwohner von Usenborn sich einst ihre Kirche bauen wollten, hatten sie eine ganz andere Stelle zu dem Bau gewählt, als die, an der jetzt die Kirche steht. Aber alles Holz, welches sie am Tage zusammenfuhren, wurde in der Nacht durch einen Engel an das andere Ende des Dorfes gegen Norden zu getragen und so mussten sie zuletzt dort den Bau aufführen, weil sie erkannten, dass dies Gott so haben wolle. Noch viele Jahre zeigte man die erste Baustelle, welche an der südwestlichen Seite des Dorfes lag.


Arnsburg

Wenn man die ehrwürdigen Trümmer der alten Klosterkirche zu Arnsburg genauer betrachtet, so wird man die Reste einer geheimen Tür finden, die einzige, die auf einen Teil des Kirchenbodens führte. Dahin hatte sich im Dreißigjährigen Krieg ein einziger Klosterbruder geflüchtet und lange versteckt gehalten. Nur dann und wann wagte er sich hervor, um von menschenfreundlichen Bewohnern der Gegend sich Lebensmittel zu holen. Es ging nämlich eine alte Sage um, dass das Kloster nicht untergehen werde, solange sich noch ein Klosterbruder dort aufhalte. Und so geschah es auch, denn als der Krieg vorüber war, stellte sich nach und nach der Abt mit den übrigen Brüdern wieder ein und das Kloster wurde, soweit es die Umstände erlaubten, wieder hergestellt.


Das Fenster in Oppenheim

In der Kirche von Oppenheim ist ein prächtiges Fenster, welches sich vor den anderen durch seine Schönheit auszeichnet. Man erzählt von diesem, dass der Meister mit seinem Gesellen gewettet habe, er wolle das schönste aller Fenster in der Kirche machen. Sogleich ging es frisch an die Arbeit. Aber als beide fertig waren, zeigte sich, das des Meisters Fenster wohl schön, das des Gesellen jedoch bei Weitem besser und künstlicher ausgearbeitet war. Das ärgerte den Meister so sehr, dass er den Gesellen vom Gerüst herabstürzte.


Des Kaisers Niederlage

Es steht irgendwo auf einem Berg ein Baum, der hat Blätter, welche gestaltet sind wie ein Hufeisen. Davon geht die Prophezeiung aus, der Kaiser werde einmal geschlagen werden und nur soviel Leute übrig behalten, als in dem Schatten des Baumes Platz haben.


Gott lässt sich nicht irren

Das ist ein altes Sprich- und Wahrwort. Ein Mädchen in Bickenbach ging mit einem Kind, wollte dessen aber nicht Wort haben, denn sie fürchtete sich vor der Kirchenbuße und der ihr daraus erwachsenden Schande. Darum leugnete sie es überall ab, was töricht genug war, weil es doch nicht verborgen bleiben konnte. Da ließ der Pfarrer sie zuletzt rufen und fragte sie, wie es sich damit verhalte, sie solle ihm reinen Wein einschenken. Sie aber sprach: »Wenn ich nicht ganz unschuldig bin und mit einem Kind gehe, dann soll mich die Sonne nicht mehr bescheinen.«

»Dann glaube ich es dir«, sagte der Pfarrer und entließ sie.

Wenige Monate nachher aber kam die Wahrheit zutage und die Strafe folgte auf dem Fuß. Das Mädchen war aber Wärme bar und fror im heißesten Sommer.

Es haben vor Jahren noch alte Leute gelebt, die sie gesehen hatten, wie sie mitten im glühendsten Sommerbrand zitternd vor Kälte saß und rief: »Ach lieb Sönnchen, bescheine mich! Ach lieb Sönnchen, bescheine mich!« Es hat aber alles nichts geholfen und sie musste die Strafe tragen bis zu ihrem Tode.


Frevel am Heiligsten

In Güntherfürst im Odenwald saßen vor Jahren die Burschen und Mädchen in der Spinnstube und waren unter ihnen viele, die von Gott und allem, was heilig ist, nichts wissen wollten. Da rief einer der Burschen: »Wisst ihr was, wir wollen Abendmal halten.« Und die anderen schrien ihm Beifall zu. Er zog sofort eine Wurst aus dem Sack, schnitt sie in Scheiben und legte sie auf einen Teller, während ein anderer ein Glas voll Branntwein aus der nächsten Schenke holte. Dann band der Erste ein schwarzes Tuch um und sprach oder las aus einer Bibel die heiligsten Worte der Einsetzung. Als er aber darauf ein Schnitzchen der Wurst nahm und es spottweise den Burschen reichte und der andere das Schnapsglas ihnen geben wollte, da geschah ein Schlag, wie vom Donner und eine Feuerflamme fuhr durch die ganze Stube, sodass alle erschrocken und schreiend in die Ecken und unter die Stühle und Bänke sich verkrochen und anfingen, laut und jammernd zu beten. Da erlosch das Feuer nach und nach und zuletzt wurde es ganz dunkel in der Kammer, denn die Lichter waren alle aus.

In einem anderen Dorf in der Nähe wollten ebenfalls in einer Spinnstube die Burschen und Mädchen eine Taufe halten und nahmen dazu eine Katze. Als aber ein Bursche das Wasser über den Kopf des Tieres goss und die Worte »Ich taufe dich« sprach, da klopfte es dreimal mächtig an Tür und Fenster. Das Mädchen stürzte in Schrecken heraus und sank an der Haustür tot nieder.


Habgier findet ihre Strafe

Die Gemeinde Dittges war einmal lange in Streit wegen des Holzmaßes und jeder glaubte, es gehe nicht recht zu, der andere bekomme mehr. Der Schulz entschied endlich, es solle nach Manneslänge gemessen werden und er selbst wolle sich auf jeden Baum legen und seine Länge solle das Maß sein. Das ging ganz vortrefflich. Sobald er da lag, schlug der Zimmermann dicht über seinem Kopf einen Keil ein und alle Bauern waren ganz zufrieden mit dem Ausweg. Als jeder seinen Teil vom Holz hatte, kam auch die Reihe an den Schulzen. Er legte sich auf einen Baum und der Zimmermann hob schon das Beil, als es dem klugen Schulzen einfiel, wenn er sich recht strecke, dann werde sein Anteil größer als der der anderen. Er stemmte darum die Füße fest auf und streckte sich so, dass er grade um einen ganzen Kopf länger wurde, aber in demselben Augenblick fiel des Zimmermanns Beil und er war ein für alle Mal um einen Kopf kürzer, was ihm in der anderen Welt nicht sonderlich mag gefallen haben.


Lollus

Ein Mann hinterließ bei seinem Tod zwei Söhne und ein ziemliches Erbe. Der eine Sohn wurde ein Mönch, der andere ein Gasthalter. Der Letztere verheiratete sich und dachte nur daran, wie er bald reich werden könne. Der leichteste und kürzeste Weg dazu schien ihm der Betrug. Darum überforderte er seine Gäste, gab zu geringes Maß an Bier und Wein, stahl den Pferden den zugemessenen Hafer wieder aus der Krippe und was dergleichen Streiche mehr sind. Trotzdem hatte er aber keinen Segen, er kam vielmehr immer mehr zurück, statt vorwärts. Eines Tages besuchte ihn sein Bruder, der Mönch, und forderte das väterliche Erbteil heraus. Da bat der Wirt und flehte, er möge doch noch Geduld haben und warten, da er mit Frau und Kind eben in der größten Not stecke, ohne dass er doch wisse, wie das zugehe, denn er plage sich vom Morgen bis in die Nacht und verschmähe keine Art, Geld zu gewinnen, wenn es auch nicht immer dabei mit rechten Dingen zugehe.

Da antwortete der Mönch: »Lieber Bruder, hältst du also Haus, dann ist es um deine Nahrung geschehen, denn du beherbergest einen Gast, welcher all das deine verzehrt. Wenn du ihn gerne sähest, so gehe mit mir in den Keller und ich will ihn dir zeigen.«

Dies geschah.

Im Keller sprach der Mönch seine Beschwörung und rief alsdann: »Lollus, gehe herzu!«

Alsbald ließ sich hinten im Keller ein gräulich dickes, ungeheures Tier sehen, so feist, dass es nicht fortkommen konnte.

Sprach der Mönch: »Ich meine, du hast eine gute Herberge gehabt«, und fuhr dann zu seinem Bruder gewandt fort: »Siehe, dies Tier hast du also mit deinem Betrug gemästet, denn was du den Leuten entzogen hast, das hat es verzehrt. Darum folge fortan meinem Rat und handle treulich und aufrichtig an den Leuten und übervorteile niemanden. Ich will alsdann noch vier Jahre mit der Teilung Geduld haben.«

Diesem Rat folgte der Bruder und seine Nahrung nahm von Tag zu Tag zu. Nachdem die vier Jahre verstrichen waren, kam der Mönch wieder, um zu sehen, wie es um seinen Bruder stehe. Dieser empfing ihn fröhlichen Herzens, dankte ihm für den guten Rat und bat ihn alsdann, das Tier im Keller noch einmal zu beschwören und ihm noch einmal zu zeigen. Der Mönch tat das gern, aber das Tier war so mager und dürr geworden, dass es vor Mattigkeit kaum mehr fort konnte.

Da sprach der Mönch: »Sieh lieber Bruder, dein Gast muss jetzt wandern und einen anderen Herrn suchen, denn hier kann er nicht länger bleiben. Fahre nun fort, wie bisher, jedem das Seine zu geben, dann kann der Segen für dich nicht ausbleiben.«


Die versteinerten Erbsen

Es war einmal eine so große Hungersnot, dass eine Menge Menschen vor Hunger starben. Damals lebte ein reicher, aber sehr geiziger Bauer, der trotzdem, dass er eine Menge Korn auf seinen Böden liegen hatte, in steter Angst war, er müsse auch verhungern. Er leugnete auch jedermann ab, dass er noch Korn habe, und damit die Leute dies eher glauben sollten, hat er seine Äcker mit Erbsen besät, indem er sprach:

Ich säe Erbaiß,
Dass weder Gott noch die Welt darum weiß.

Das hat sein Nachbar, ein armer Mann, gehört, und da er auch gerade Erbsen säte, um gleich dem Geizhals Mehl daraus zu machen, so sprach er:

Lieber Nachbar, ich säe Erbaiß,
Dass weder Gott noch die Welt darum weiß.

Dieses Mannes Erbsen sind reichlich aufgegangen, haben auch einen großen Ertrag geliefert, die des reichen Bauern aber sind zu Stein geworden und sind ihrer viele lange aufbewahrt worden.


Die Speise in der Hölle

Die Verdammten haben es gar hart selbst mit dem Essen, denn ihre Speise sind steinerne Klöße.


Der Zigeunerstock

Bei Hilpertsklingen im Odenwald übernachteten einmal Zigeuner im Wald und hatten bei ihrer Gesellschaft eine alte Frau. Nachdem sie gegessen und getrunken hatten, trat heimlich einer hinter die Alte und schlug ihr mit einem Beil auf den Kopf, sodass sie tot hinsank, wie das denn die Sitte bei ihnen ist. Denn sie sagen, wenn einer einmal so und so alt sei, dann habe er lang genug gelebt und falle den seinen nur zur Last. Darum sieht man auch nie alte Leute bei ihnen. Sie begruben das Weib unter einer Tanne und noch heute geht es dabei jede Nacht um. Davon heißt die Tanne der »Zigeunerstock«.