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Dial H – Bei Anruf Held – Neue Verbindung

China Miéville
Dial H – Bei Anruf Held
Neue Verbindung

Dial H 0-5, DC, USA, 2012
Paninicomics, Stuttgart, 04/2013, Softcover, Mystery, Superhelden, 132 Seiten, 16,95 Euro, ISBN: 9783862015900
Aus dem Amerikanischen von Josef Rother
Zeichner: Mateus Santolouco, Riccardo Burchielli, Covermotiv von Brian Bolland

www.paninicomics.de
chinamieville.net
www.brianbolland.net

Seit Perdido Street Station gilt China Miéville als einer der Meister der modernen Phantastik. Einen Ruf, den er mit seinen weiteren Veröffentlichungen bei der überwiegenden Zahl der Leser gefestigt hat. Entsprechend kann man es wohl als gelungenen Coup bezeichnen, dass DC nun den wohlbekannten Autor samt seiner Fanbase an Land gezogen haben um die Serie Dial H, die seit über 10 Jahren komplett brachlag, im Rahmen der »New 52« neu zu beleben. Sofern man Hr. Miévilles Stil etwas abgewinnen kann, bestimmt eine schöne Sache.
Um was geht es? Eine altmodische Telefonzelle verwandelt den Telefonierenden, sobald dieser die Zahlen 4-3-7-6, was nach der Buchstabenzuordnung u.a. dem Wort H-E-R-O entspricht, in immer neue, äußerst bizarre Figuren mit außergewöhnlichen Kräften und Fähigkeiten. Hier trifft es den nahezu apathisch lebenden Nelson Jent, der unversehens zum »Rauchenden Schlot« wird, als er sieht, wie sein Kumpel auf der Straße zusammengeschlagen wird und er um Hilfe telefonieren will. Recht schnell kapiert und akzeptiert Nelson, zu was die Telefonwählscheibe in der Lage ist und so ist er fortan als immer neue Superheld(en) unterwegs. Doch Nelsons neue Beschäftigung bleibt nicht unbemerkt und so sieht er sich plötzlich mächtigen Feinden gegenüber.

Auch mit seinen Büchern hat mich China Miéville bisher nicht überzeugen können, da er mich nach einiger Zeit stets total abgehängt hat. Ein Normalo mit Tendenz zum Looser wird in ein skurriles Szenario gestoßen, dass zunächst zum Schmunzeln verführt und eine gespannte Erwartungshaltung aufbaut. Doch statt sich weiter auf die Figuren oder die selbst geschaffenen Rätsel zu konzentrieren, wird die Story in einem atemberaubenden Tempo immer weiter mit nicht weniger unverständlichen Figuren und Begebenheiten aufgebläht, bis man komplett den Überblick und damit das Interesse verloren hat. Das gilt leider auch für Dial H.
Natürlich erweist der Autor auch den Vorgängerserien Dial H For Hero und H.E.R.O. Referenz (u.a. in den Figuren »Manteau« und »Abgrund«), was sich jedoch nur vollständig erschließen dürfte, wenn man diese auch kennt.
Die »neuen« Helden, in die Nelson verwandelt wird, kann man je nach Gusto als genial schräg oder total lächerlich bezeichnen. Also da wären z. B. »Die Kampfschnecke«, ein Soldat, der ein waffenstarrendes Schneckenhaus mit sich herumträgt, der »Hula-Hoop-Hahn«, ein Hula-Hoop-Reifen mit Gockelkopf und –flügeln, »Auto-Uta«, eine junge Frau in einem Auto-Scooter, usw. Ein Beweis für die überbordende Fantasie von China Miéville, der sich jedoch der Storyverlauf unterordnen muss. Zu allem Überfluss häufen sich hier zum aufgeblasenen Over-the-Top-Finale hin Gaga-Texte wie: »Du schickst deine kleine Nichte gegen mich? Ich bin eine Nullomantin!«
Als kleines »New 52«-Schmankerl ist zwischen den Bänden 4 und 5 eine Nullnummer erschienen (und auch in dieser deutschen Ausgabe dort eingefügt), die einen Ausflug in die ursprüngliche Vergangenheit der Wählscheiben macht. Diese Geschichte bildet innerhalb der laufenden Serie so eine Art »Tales from Dial H«.

Grafisch werden China Miévills Visionen hier von dem brasilianischen Zeichner Mateus Santolouco (Band 1-5) auf extrem dynamische Art umgesetzt. Stimmungsvolle Noir- und Horror-Bilder wechseln sich ab mit skurrilem Slapstick. Die enthaltene Nullnummer, die von Riccardo Burchielli gezeichnet wurde, fällt hierzu deutlich ab. Nach Band 5 war jedoch auch für Santolouco Schluss, der ab Band 6 den Zeichenstift an David Lapham (Stray Bullets, Caligula, Ferals, demnächst The Strain) übergab.

Fazit:
Der erste Band der von Dial H-Wiederbelebung dürfte so einige Leser ratlos zurück lassen. Die Story und die Figuren haben keine Chance, sich gegen die Überfütterung mit bizarren Einfällen zu behaupten.

Copyright © 2013 by Elmar Huber