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Der Status der Indianerin, Teil I
Alltag und Heim

Auf ein Wort Stranger!

Beim Wort Indianerin denken viele an die wunderschöne Prinzessin Pocahontas, an Lasten schleppende, abgearbeitete, unterwürfige Frauen oder spärlich bekleidete Mädchen. Es gab sowohl die Prinzessin als auch die weiblichen Packesel in wenigen Stämmen, wo Frauen grundsätzlich miserabel behandelt wurden. Vieles wurde von Weißen, die Kontakte zu Natives pflegten, falsch wiedergegeben, teils aus Unwissenheit, teils aus Desinteresse an einer fremden Kultur. Die frühesten Darstellungen, die wir haben, stammen von europäischen Missionaren und Forschungsreisenden, die diese fremdartige Kultur durch die Brille ihrer zumeist konservativen Gesellschaft sahen und dementsprechend ablehnend gegenüberstanden.

Die ersten Weißen sahen die Frauen im Lager kochen, gerben, ihre Männer und Gäste versorgen, während die Männer sich mit ihren Freunden und Gästen unterhielten und sich dem Glücksspiel hingaben. Sie berücksichtigten jedoch nicht, dass die Krieger in den Nächten Lagerwache hielten und wochenlang auf Jagd unterwegs waren. Weiße verstanden nicht, dass Frauen schwer bepackt zu ihrem nächsten Lagerplatz marschierten, während die Krieger auf ihren Pferden ritten. Sie bedachten nicht, dass es die Aufgabe des Kriegers war, seine Familie zu beschützen. Das konnte er nicht, wenn er mit Haushaltsgegenständen bepackt war. Die Frauen waren nicht immer gleichberechtigt mit den Männern, doch nicht so unterdrückt, wie es vielfach dargestellt wird. Viele der Lebensgewohnheiten wissen wir von Natives, die diese von Generation zu Generation weitergaben.
Im Unterschied zur weißen Frau, die abhängig von den Launen und des Geschicks eines einzigen Mannes waren, zuerst Vater, später Ehemann und keinerlei politisches Recht besaß, stand hinter der indianischen Frau meist der ganze Stamm. In einigen Stämmen besaßen die Frauen Macht und Ansehen. Sitten und Bräuche, die das Leben der Indianerinnen prägten, waren von Stamm zu Stamm unterschiedlich. Wegen der Vielzahl an verschiedenen Stämmen kann hier nur ein grober Überblick gegeben werden.

Während der Mann die Rolle des Jägers und des Kriegers wahrnahm, waren die Aktivitäten der Frau auf die Erhaltung des Lebens ausgerichtet. Bei wenigen Stämmen halfen die Männer bei den Frauenarbeiten. Sowohl für den Mann als auch für die Frau wäre es eine große Schande gewesen. Das Überleben war für die frühen Amerikaner ein Kampf und jeder tat, was getan werden musste. Schon früh wurden Mädchen in das Alltagsleben mit eingebunden, während Jungs sich im Reiten und in der Jagdkunst übten. In Gruppen zogen Frauen und Mädchen durch die Landschaft, um Samen, Kräuter, Pilze und Beeren zu suchen. Feuerholz und Wasser zu beschaffen, gehörte ebenso zu den Aufgaben der Frau. Bei den Pawnee kam es vor, dass der Mann seiner Frau beim Tragen des Feuerholzes half. Die Frau fertigte sämtliche Gegenstände an, die sie für den Alltag benötigte; Hornlöffel, Töpfe, Nadeln, Holzgeräte und Kleidung.
Cherokee-Frauen verwendeten über 800 Pflanzenarten als Nahrung, zu medizinischen Zwecken und als Rohmaterial für Handwerksprodukte.
Cree-Frauen hatten das uneingeschränkte Recht über ihr Heim. Dem Mann gehörte nur sein persönlicher Besitz, wie Waffen und Pferde. Sobald erlegtes Wild vor ihrem Heim lag, ging es in den Besitz der Frau über, die es verwaltete.
Irokesen-Frauen versorgten ihre Männer unaufgefordert mit Essen, egal, zu welcher Zeit sie nach Hause kamen.
Bei den Blackfoot war es eine Schande, wenn ein Mann selbst Essen kochte.
Obwohl die Frauen die absolute Kontrolle über die Nahrungsmittel besaßen, gab es ihnen nicht das Recht, Hungrigen Essen vorzuenthalten. Im Gegenteil. Die meisten indianischen Kulturen schätzten Großzügigkeit in allen Belangen. Wohlstand für sich selbst anzuhäufen war verpönt, man tat es nur, um es an Arme zu verschenken. Der Status einer Frau hing auch davon ab, in welcher Weise sie Nahrungsmittelüberschüsse verteilte. Als erste Aufmerksamkeitsgeste bekamen Gäste Essen angeboten, dabei spielte es keine Rolle, wie spät der Gast eintraf. Der Besucher musste die Spielregeln einhalten, indem er das Angebotene verzehrte.
Winnebago-Mädchen wurde so erzogen, dass jeder Gast ausreichend zu essen bekam, auch wenn der Frau selbst nichts blieb.
Borgte sich eine Omaha-Frau bei ihrer Nachbarin einen Kessel aus, wurde erwartet, dass der Kessel bei Rückgabe eine Portion Essen enthielt.
Papago-Frauen teilten alles, was sie kochten mit ihren Nachbarn. Nahrung horten war ein schwerer Verstoß und kam gesellschaftlichem Selbstmord gleich.
Die Assiniboine-Frau ging ihrem Mann entgegen, wenn er von der Jagd zurückkehrte. Kam er mit Beute heim, begleitete sie ihn liebevoll zum Tipi, lud die Pferde ab und versorgte sie. Dann kümmerte sie sich um ihren Mann, wusch ihm die Füße und verpflegte ihn. Waren dagegen seine Packpferde leer, erntete er nur einen scheelen Blick und sie ging zu ihren Freundinnen. Er musste sich selbst um seine Pferde kümmern.
Natchez-Frauen erwarteten nicht, dass ihre Männer die erlegte Beute nach Hause brachten. Sie begaben sich zur Stelle, wo das erjagte Wild lag und brachten es ins Lager.
Waren die Männer bei der Büffeljagd erfolgreich, machten sich die Frauen an Ort und Stelle daran, die Tiere abzuhäuten, zu zerlegen und nach Hause zu schaffen. Das Fleisch musste schnell verarbeitet werden, damit es nicht verdarb. Durchschnittlich brauchte eine Frau drei Tage, um eine Büffelhaut zu säubern und zu gerben. Bei den Crow stand jeder Hausfrau eine nicht gebundene Frau zur Seite, die ihr bei diesen Aufgaben half. Das Gerbwerkzeug bestand aus einem scharf geschliffenen Schaber aus einem flachen, ovalen Stein. Mit beiden Händen wurde das Innere der Haut gesäubert. Eine harte, schweißtreibende Arbeit. Weiterhin gehörten dazu: ein Ausfleischer aus Elchhorn und Feuerstein, mit dem die Haut auf die richtige Dicke zugeschnitten wurde; ein Knochen, um die Oberfläche der Haut abzureiben, damit sie die Gerberlohe annahm und ein Seil oder Büffelschulterblatt, um das Fell weich zu walken.
Zum Abschaben wurde die Haut auf Pflöcken auf den Boden oder senkrecht in einen Rahmen gespannt. Je nach Verwendung wurde das Haar entfernt und danach mit einer Mischung aus Fett, Hirn und Leber eingerieben. Das Gemisch musste eine Nacht lang einwirken und wurde mit Wasser entfernt. Nach dem Glätten mit einem flachen Stein wurde das steife Stück Leder weichgemacht, indem es über ein Seil oder durch das Loch eines Büffelschulterblattes gezogen wurde. Häute mit Behaarung ergaben warme Decken, die anderen wurden zu Kleidungsstücken, Tipis und Packkisten weiterverarbeitet. Einige Frauen besaßen großes Geschick darin, aus Büffelhaar strapazierfähige Seile herzustellen.

Das Herstellen der Behausung lag in den meisten Gesellschaften in den Händen der Frau, sei es ein Tipi aus Häuten, eine Grashütte oder ein Adobehaus. Für ein kleines Tipi benötigte man elf Büffelhäute, für eine größere Behausung bis zu zweiundzwanzig. Zur Herstellung eines Tipis lud die Cheyenne-Frau ihre Freundinnen und Verwandten zu einem Festessen. Die Frauen nahmen die Häute mit nach Hause und walkten sie weich. Beim nächsten Treffen wurden die Teile auf die richtige Größe zugeschnitten und vernäht. Jede Frau war darauf bedacht, sämtliche Alltagsgegenstände, Kleidung sowie ihr Heim so genau und schön wie möglich anzufertigen. In jedem Handwerksbereich gab es Expertinnen, die sich für ihre hervorragenden Fähigkeiten gerne bewundern ließen.
Hatte eine Plains-Indianerin ein Tipi hergestellt, war es ihr Eigentum. Wenn der Stamm zu den Winter- und Sommerlagern zog, oblag es den Frauen, die Tipis ab- und am neuen Lagerplatz aufzubauen. Das Zelt war den nomadischen Bedingungen so gut angepasst, dass es in weniger als einer Viertelstunde samt Einrichtung abgebaut und verladen werden konnte. Erfahrene Frauen stellten am neuen Platz ihr Heim in knapp einer Stunde wieder auf. Zu beachten war, dass die Zelte nicht zu weit auseinanderstanden, damit die Menschen gegen Angriffe geschützt waren. Standen sie zu dicht beieinander, blieb den Frauen zu wenig Arbeitsraum. Männer legten beim Aufbau des Lagers nie Hand mit an.

Quelle:

  • Carolyn Niethammer : Töchter der Erde – Legende und Wirklichkeit der Indianerinnen. Lamuv Verlag Göttingen. 1999

Die Autorin beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit den nordamerikanischen Indianerkulturen und interviewte zahlreiche Natives.

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