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Finsteres Hochland

Jonas Maas
Oscar Wilde & Mycroft Holmes – Sonderermittler der Krone 02
Finsteres Hochland

Krimi, Hörspiel, 1 CD im Amaray Case, Lübbe Audio, Köln, März 2016, 80 Minuten, 7,99 Euro, ISBN: 9783785753200, FSK 14, produziert von Skyscore Media GmbH, Biberwier, Österreich, Covermotiv von Mark Freier, Sprecher: Sascha Rotermund, Reent Reins, Leonhard Mahlich, Jaron Löwenberg, Douglas Welbat, Dietmar Wunder, Volker Brandt, Marie Bierstedt
www.luebbe.de

»Als ob du es noch nicht gehört hättest. In den letzten Wochen sind hier immer wieder Reisende verschwunden, ohne einen Hinweis, was mit Ihnen geschehen ist oder wo sie sich aufhalten könnten. Jeder weiß, dass die Straßen seit einigen Wochen nicht mehr sicher sind. Zehn Menschen sind wie vom Erdboden verschluckt. Du gibst mir Recht, dass die Chancen, sie lebend wieder zu sehen, eher gering sind. […] Selbst die Polizisten in den kleinen Dörfern hier in der Gegend gehen davon aus, dass diese Menschen einem Verbrechen zum Opfer gefallen sind und ihr Leben lassen mussten.«

Mehrere Menschen sind im schottischen Hochland spurlos verschwunden. Einen ersten Hinweis gibt es, als zwei Bauern ein herrenloses Postpferd finden, das zahlreiche Krallen- und Bissspuren aufweist. Im Auftrag von Mycroft Holmes reisen Oscar Wilde, der Großwildjäger Abel Hawthorne und der Pathologe Benjamin Payton nach Schottland, ahnungslos, welcher Albtraum in Menschengestalt sie dort erwartet.

»Zwei Bauern haben auf ihrem Land eines der Pferde der beiden Boten entdeckt und versorgt. […] Das aufgegriffene Tier ist in einem grauenvollen Zustand. Der ganze Körper ist von den Spuren eines Kampfes verwüstet. Doch der eigentliche Grund, der uns so alarmierte, sind die Bissspuren, die überall auf dem Körper des Pferdes zu finden sind. Sie stammen von keinem uns bekannten Tier. Diese Bissspuren sind auch am Sattel und Zaumzeug zu finden. […] Eine Kreatur, die ein ausgewachsenes Pferd anfällt, dürfte einem normal gewachsenen Menschen deutlich überlegen sein.«

Die Figurenvorstellung und die grobe Darstellung der Funktion Oscar Wildes an der Leine von Mycroft Holmes wurde mit Teil 1 erledigt, sodass Teil 2 gleich mit Volldampf einsteigen kann. Dem Fall Finsteres Hochland tut die großzügiger bemessene Zeit hörbar gut, ist hier doch wesentlich mehr Spielraum, die bedrohliche Atmosphäre langsam aufzubauen. Auch bleibt Gelegenheit, die Figuren genauer zu beleuchten. Dabei wird interessanterweise Mycroft Holmes indirekt durch Abel Hafthorne beleuchtet, der ebenfalls in einem nicht näher beschriebenen, doch offenbar ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis zu Holmes steht, wie Wilde selbst. So wird sein Status als Geheimniskrämer, der ein weitreichendes Netz von Abhängigkeiten gesponnen hat und der mit der Herausgabe von Informationen gefährlich sparsam umgeht, weiter gefestigt. Die Anwesenheit des Großwildjägers beim gemeinsamen Auftrag macht den scharfsinnigen Wilde stutzig. Er gelangt zu der Überzeugung, dass Holmes bereits eine sehr genaue Vorstellung davon hat, was die Männer im Hochland erwartet.

Bezeichnend für Wilde ist dagegen die Tatsache, dass Hawthorne seinen Begleiter zunächst in einer üblen Spelunke auflesen muss, wo sich dieser einen Dreck darum schert, dass er offiziell im Gefängnis sitzt.

Wunderbar gelingt es Autor Jonas Maas, von Beginn an eine Atmosphärische Spannung zu erzeugen. Er benutzt dazu Gerüchte, Andeutungen über spurlos verschwundene Menschen und jüngst das malträtierte Pferd, das Bissspuren aufweist. Alles deutet auf eine Bestie hin, die im Schutz des weitläufigen und unerschlossenen Hochlandes von Schottland bequem ihre hilflose Beute reißt. Doch die Wahrheit ist um einiges schlimmer.  

Auch die Gespräche zwischen den drei Männern sind gekonnt geschrieben und feinstes Ohrenkino. Sind die Gespräche zu Beginn noch von gegenseitigem Misstrauen und Wildes neckischen Sticheleien geprägt, wandelt sich die Stimmung während des gemeinsamen Auftrags. Die Männer werden zu einer überlebenswichtigen Zweckgemeinschaft, die, je näher sie ihrem Ziel kommen, zu gegenseitiger Anerkennung wird. Vor den Sprechern – Sascha Rotermund als Oscar Wilde, Neuzugang Jaron Löwenberg als Abel Hawthorne und Leonhard Mahlich, den man als Dr. Benjamin Payton schon aus Teil 1 kennt -, die diese Entwicklung alleine mit ihren Stimmen glaubhaft vermitteln, kann man nur den Hut ziehen. Auch die Gastsprecher rekrutieren sich aus der ersten Liga der Synchron- und Hörspielsprecher; Douglas Welbat (Synchro Rolf Lassgard) als Barnabas Moore, Dietmar Wunder (Synchro Daniel Craig) als Constable Furlong, ferner Volker Brand (Synchro Michael Douglas) und Marie Bierstedt (Synchro Kate Beckinsale). Unterstützt werden diese durch eine erstklassige Soundkulisse.

Weiterhin wird die Hintergrundmythologie der Serie kräftig vorangetrieben und ausgebaut. Indirekt stoßen Wilde und seine Begleiter wieder auf den »Kreis der Sieben«. Außerdem wird der »Gray Tower« erwähnt, eine Art geheimes Hochsicherheitsgefängnis in der Abgeschiedenheit des schottischen Hochlands, wo die gefährlichsten Verbrecher des Königreiches einsitzen und dessen genauer Standort nur wenigen Personen bekannt ist.

Insgesamt ist Finsteres Hochland sehr mysteriös und horrorlastig und kann durchaus als eine historische Variante von Texas Chainsaw Massacre angesehen werden, sodass ich persönlich die Altersempfehlung ab 14 auch aufgrund der eindringlichen Inszenierung noch zwei Jahre nach oben korrigieren würde.

Fazit:
Skript, Produktion, Sprecher, alles erstklassig. Nach dem Epilog geht Wilde & Holmes mit Folge 2 in die Vollen.

(eh)