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Der Welt-Detektiv Nr. 7 – 2. Kapitel

Der Welt-Detektiv Nr. 7
Der rote Fred
Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst GmbH Berlin

2. Kapitel

Der geheimnisvolle Unbekannte

Durch telefonische Benachrichtigung erfuhr George Duncan noch in derselben Stunde, was für eine Botschaft den Präsidenten erreicht hatte. Er warf sich in sein Auto und war bereits kurz vor halb zwölf Uhr in Mr. Texers Villa. Er las den Brief und knirschte mit den Zähnen.

»Also auf eine Erpressung haben es die Schurken abge­sehen!«, stieß er hervor, den Bogen zusammenknüllend. »Oh, als ob ich nicht einen solchen Bubenstreich geahnt hätte!«

In der Nacht vom vierten zum fünften April würde der Hund kommen – und am folgenden Tag, das war also übermorgen, sollte Ellen wieder bei ihm sein!

Der Gedanke berauschte ihn. Aber schier entsetzt fuhr er aus seinen Träumen auf, als George Duncan mit finste­rer Miene die Hand zum Telefon ausstrecken sah.

»Was … was willst du tun?«, rief er erschrocken.

Duncan blickte den Vater seiner Verlobten ernst an. Dann sagte er kurz:

»Die Polizei verständigen!«

Texer fuhr von dem Sessel empor.

»Die Polizei?«, keuchte er. »Was haben wir noch mit der Polizei zu schaffen? Übermorgen ist Ellen wieder hier. Hast du es denn nicht gelesen?«

Duncan zeigte eine überraschte Miene.

»Du .. du willst also das … Lösegeld bezahlten?«

»Zweifelst du daran?«

»Der Bursche verlangt eine Million Dollar!«

»Und wenn er zwei … und wenn er drei verlangen würde, er soll das Geld haben!«, stieß Texer erregt hervor. »Was liegt mir an dem Geld? Soll es verloren gehen. Was bedeu­ten mir all meine Millionen gegen das Leben meiner Toch­ter? Sie will ich wiederhaben, nur sie!«

Stumm reichte Duncan dem künftigen Schwiegervater die Hand. Sprechen konnte er nicht. Die Rührung schien ihn zu überwältigen.

Mr. Texers Antlitz färbte sich mit einer leisen Röte, als er seinen Plan zu entwickeln begann. Der Brief sollte ihr alleiniges Geheimnis bleiben. Niemand, auch niemand vom Personal, geschweige gar die Polizei sollte davon erfahren.

»Die Polizei hat nur ein Interesse daran, den Verbrecher zu verhaften«, flüsterte er. »Aber was liegt mir an diesem Menschen? Ich will mein Kind, und du, George, sollst deine Verlobte wiederhaben. Ich werde tun, was der Mensch von mir verlangt. Wenn der Hund morgen Nacht hier erscheint, wird die Million bereitliegen!«

In diesem Augenblick klopfte es an der Tür. Einer der Diener erschien und brachte ein Telegramm.

»Von Sherlock Holmes!«, durchzuckte es die beiden Männer. Aber sie sprachen kein Wort und warteten, bis der Mann den Raum wieder verlassen hatte. Erst dann erbrach Texer das Verschlusssiegel.

Ja, es kam aus London und lautete: Sherlock Holmes leider vorgestern nach Skandinavien abgereist. Genaue Rückkehr unbestimmt. Jonny Buston.

Die Botschaft, die Texer noch vor einer Stunde nieder­geschmettert hätte, übte nun keinerlei Missstimmung bei ihm aus. Was hätte Sherlock Holmes auch nun noch erreichen können. Seine Reise über den Ozean wäre umsonst gewesen, denn übermorgen, welches Glück, befand sich ja Ellen wieder im Haus!

Nur einmal noch flackerte für Sekunden die Angst ich ihm auf, als er an die Möglichkeit dachte, die er bisher nicht in Betracht gezogen hatte: Was dann, wenn der Mann, er sich der Der rote Fred nannte, nicht Wort hielt? Wenn er trotz des gezahlten Lösegeldes Ellen gefangen hielt? Aber nein, der Unbekannte würde mit dem Geschäft, das ihm eine Million einbrachte, zufrieden sein. Und was hatte er schließlich davon, wenn er Ellen weiterhin zurück­hielt? Nein, nein – Ellen kehrte übermorgen zurück! Auch Duncan war diese Ansicht. Er strahlte über das ganze Ge­sicht und war glücklich.

Die beiden Männer blieben noch bis ein Uhr zusam­men, erst dann verließ George die Villa, bestieg sein Auto und fuhr nach Hobooken hinüber, wo er seine Wohnung hatte.

Er bemerkte nicht, wie sich eine dunkle Gestalt auf den rückwärtigen Gepäckhalter des Autos schwang, als dieses aus dem Parktor rollte. Ein Mann war es. Geschickt hielt er sich an den Riemen fest und machte unbemerkt die Fahrt durch die dunklen Gassen mit.

Unterwegs schien George Duncan jedoch über das Ziel der Fahrt anderen Sinnes zu werden, denn er rief dem Chauffeur durch den Sprachschlauch ein paar Worte zu, worauf der Wagen, Hobooken links liegen lassend, durch die Nacht davonstürmte. Nach zehn Minuten bog er in eine ruhige Straße ein, die zu beiden Seiten von alten Bäu­men flankiert wurde, und hielt vor einem breiten Gartentor. Noch ehe Duncan die Klingel in Bewegung setzen konnte, öffnete sich bereits das Tor, sodass der Wagen hindurchfahren konnte. Als sich die Tür wieder lautlos schloss, fiel das Licht einer Taschenlampe auf den rückwärtigen Ge­päckhalter, aber es beleuchtete nichts Besonderes.

Der Unbekannte, der sich vor Texers Villa auf das Auto geschwungen hatte, war verschwunden.

Fortsetzung folgt …