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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sammlung bergmännischer Sagen Teil 8

Das arme Bergmannsleben ist wunderbar reich an Poesie. Seine Sagen und Lieder, seine Sprache, seine Weistümer reichen in die älteste Zeit zurück. Die Lieder, die wohlbekannten Bergreihen, die Sprachüberreste, die Weistümer sind teilweise gesammelt. Die Sagen erscheinen hier zum ersten Mal von kundiger Hand ausgewählt und im ganzen Zauber der bergmännischen Sprache wiedergegeben. Das vermag nur zu bieten, wer ein warmes Herz für Land und Leute mitbringt, wo diese uralten Schätze zu heben sind; wer Verständnis für unser altdeutsches religiöses Leben hat, wer – es sei gerade herausgesagt – selbst poetisch angehaucht ist. Was vom Herzen kommt, geht wieder zum Herzen, ist eine alte und ewig neue Wahrheit. Hat der Verfasser auch nur aus der Literatur der Bergmannssagen uns bekannte Gebiete begangen, verdient er schon vollauf unseren Dank. Seine Liebe zur Sache lässt uns hoffen, er werde mit Unterstützung Gleichstrebender noch jene Schaetze heben, die nicht an der großen Straße liegen, sondern an weniger befahrenen Wegen und Stegen zu heiligen Zeiten schimmern und zutage gefördert sein wollen.


II. Abteilung: Sagen vom Berggeist

11.

Der Bergmönch ist früher ein Bergmeister gewesen. Er hat solche Freude am Bergbau gehabt, dass er im Tode den lieben Gott gebeten hat, er möge ihm statt der seligen Ruhe im Himmel lieber die Erlaubnis geben, bis auf den Jüngsten Tag in Berg und Tal und Gruben und Schächten umherzufahren und den Bergbau zu beaufsichtigen. Diese Bitte ist ihm gewährt. Der Bergmönch erscheint den Menschen in der Kleidung eines Bergmeisters mit einem silbernen Grubenlicht. Seine Beschäftigung ist diese: Er durchfährt alle Stollen, durchspürt jeden Bau, geht auch über Tage an solchen Stellen, an welchen Erzgänge liegen, hin und her, und zwar bald langsam, bald schnell wie der Blitz. Bisweilen setzt er sich auf die Kunstgestänge oder er hält sie auf oder er drillt auch die Wasserräder, je nachdem seine Laune ist, oder je nachdem er den Schützer leiden mag oder nicht. Er tritt manchmal aus dem festen Gestein heraus, in den Gruben, und das feste Gestein tut sich wiederum auch vor ihm auf, und ist er hineingetreten, schließt es sich hinter ihm so fest, dass keine Spur bleibt. Man hat ihn des Nachts oft aus alten Stollenmundlöchern und aus alten Pingen, auch aus den engsten Räumen der Radstube herauskommen und in derselben wieder verschwinden sehen. Wem er gut ist, dem tut er manchen Gefallen, macht ihm Geschenke und erscheint ihm in Menschengestalt und in Menschengröße. Wenn er böse ist oder wo er sich unbeachtet glaubt oder sich um das Auge des Menschen nicht kümmert, erscheint er in seiner wahren Gestalt. Dann ist er riesengroß, gekleidet wie ein Geschworener. Seine Augen sprühen Flammen und sind so groß wie Kutschenräder, sein silbernes Grubenlicht ist so groß wie ein Scheffel, und die Flamme desselben ist von entsprechender Größe und Helle, seine Beine sind wie Spinngewebe. Wenn ein Bergmann seine Pflicht nicht tut, gibt er ihm den Rest.

12.

In einer Grube ist man beim Absinken auf einen Menschenkopf von gediegenem Silber gestoßen, und wie man weiter absinkt, kommt eine große Menschengestalt von lauterem Silber zum Vorschein, die stellte den Bergmönch dar, wie er leibt und lebt. Und darum hat niemand es wagen dürfen, dieses Bild zu beschädigen. Lange, lange Jahre ist diese Grube die ergiebigste im ganzen Harz gewesen, und wegen ihres Wahrzeichens hat sie »der silberne Mann« geheißen. Aber einmal lässt sich einer durch Habsucht verleiten, dass er von dem Bild einen kleinen Finger abschlägt. Da springt aus der Wunde ein gewaltiger Wasserstrahl heraus, dass die Bergleute kaum haben aus der Grube herauskommen können. Die Grube aber ist überschwemmt bis auf den heutigen Tag.

13.

Das Mönchstal bei Clausthal hat seinen Namen vom Bergmönch, der hat hier seinen Lieblingsaufenthalt gehabt. Es hat auch hier früher schon zahlreiche Gruben gegeben. Da ist der Bergmönch manchmal in der Grube erschienen, ja wohl gar in die Bucht gekommen, und die Bergleute haben sich an ihn gewöhnt, dass sie eben keine Furcht mehr vor ihm hatten. Aber manchmal hatte er auch seine Launen, hob die Schütteln auf, dass man die Wasserräder nicht zum Stehen bringen konnte, oder hielt die Kunst auf und erschreckte die Bergleute durch mancherlei abenteuerliche Spiele und Neckereien. Dadurch wurde er endlich den Bergleuten zur Last und sie haben ihn gern los sein wollen. Endlich folgten ihm einmal ein paar Bergleute und legten, so wie sie gingen, Kreuze vor sich hin, da ging der Bergmönch zuletzt in eine Schlucht hinein, welche hinten durch eine nackte Steinwand geschlossen war. Der Bergmönch blickte sich noch einmal um und sah ganz jähzornig aus. Darauf rührte er den Stein an, dieser öffnete sich und der Bergmönch verschwand, worauf sich die Wand wieder von selbst schloss.

Seit der Zeit ist der Bergmönch nicht wieder in die Gruben gekommen, aber diese sind auch alle überschwemmt, und man hat sie auflassen müssen. Bis auf diesen Tag sind die Wasser im Mönchstal nicht zu bewältigen und keine Grube hat Glück. An der Stelle, wo der Bergmönch in den Felsen gegangen ist, auf der nämlichen Felswand ist das Bild des Berggeistes. Man kann den Stein jetzt nicht mehr finden.

14.

Es hieß eine Grube »der alte Segen«. Darin arbeitete ein Bergmann, der kam eines Abends, als er heimkehren wollte, in einen Gang und ging lange darin hin. Zuletzt wollte sein Licht ausgehen. Da kam der Bergmönch, gab ihm ein ordentliches Stück Inseln und winkte ihm, nur noch weiter in dem Gang zu gehen.

Zuletzt kam er in einen Schacht, den er gar nicht kannte, und sah Gold und andere edle Erze. Sein Licht aber verminderte sich gar nicht, und sein Kamerad fragte ihn, woher er es hätte. Endlich erzählte er es, aber als es heraus war, schmolz sein Licht schon zusammen, und von dieser Zeit an ist auch das ganze Gold und Stuferz, das in diesem Gang war, wie das Talg zerschmolzen und verschwunden.

15.

Einem Bergmann, Ahrend, dem der Bergmönch auch Inselt gegeben hatte und der es gegen seine Kameraden ausplauderte, stellte der Bergmönch nach. Am Weihnachtsabend wollte der Bergmönch ihm in einer Grube etwas antun. Da kam aber seine Frau, die sammelte im Sommer heilsame Kräuter und hatte einen Kräuterbeutel auf der Brust hängen. Da warf der Bergmönch den Ahrend lebendig aus der Grube und sagte zu der Frau ärgerlich: »Hättest du nicht Dill und Duft, so hätte ich es wohl gewusst.«

Das heißt, er hätte wohl gewusst, was er sonst getan hätte, nämlich dem schwatzhaften Bergmann ein Leid zugesagt.