Paraforce Band 29
Ein neuer Schrecken
Each day I live
I want to be a day to give the best of me
I’m only one, but not alone
My finest day is yet unknown
I broke my heart for every gain
To taste the sweet, I face the pain
I rise and fall, yet through it all this much remains
(Whitney Houston – One Moment in Time)
Prolog
Vom Anfang des Berichts
Cockburn Town, 12. Januar
Die Turks- und Caicosinseln gelten als Steuer-Oase. Etwas, das die Europäische Union in ihrem Hunger nach Abgaben keinesfalls dulden kann.
Daher steht das britische Übersee-Gebiet auf der Schwarzen Liste boshafter Steuer-Oasen! Und dies seit einigen Jahren.
Geändert hat sich bislang wenig; und das ist auch gut so!
Cockburn Town, die Hauptstadt der Turks- und Caicosinseln auf Grand Turk, wurde 1681 gegründet. Unser Anwesen dort datiert aus dem Gründungsjahr; Jonas Wilbur McAllister, jüngerer Bruder des damaligen Earl of Hampton Hill, trieb sich in den Kolonien herum, sah seine Chance und erwarb Land in der neu entstandenen Stadt.
Natürlich war der Besitz anfangs recht bescheiden; der Einfluss unserer Familie auf die Hauptstadt ist jedoch nicht zu unterschätzen.
Im Laufe der Zeit wuchs der Besitz; heute gehört Juliette’s Home, benannt nach Jonas’ Ehefrau, zu den prächtigsten Kolonialbauten auf Grand Turk. Hätte die Familie nicht schon 1899 einen hohen Zaun um das Anwesen ziehen und die schweren Türen mit den besten Schlössern ihrer Zeit sichern lassen, Touristen würden auf das Grundstück strömen, die Blumen im Park-ähnlichen Garten niedertrampeln und den Souvenir-Shop suchen.
Der Zaun blieb bis 1999 unverändert. Im Jahr 2000 jedoch, als ohnehin Ausbesserungen vorgenommen werden mussten, kamen wir dem Wunsch der Verwaltung nach und bauten kleinere Foto-Zugänge ein.
Nun können die Touristen durch Lücken unser Haus fotografieren. Im Gegenzug weist der Touristenführer ausdrücklich darauf hin, dass The Home, wie das Anwesen von uns und auch von jedem anderen in Cockburn Town genannt wird, strikter Privatbesitz ist! Weder darf man klingeln und wegen einer Besichtigung betteln, noch den Zaun überklettern!
Nicht, dass dieser Hinweis sonderlich viel nutzen würde. So wenig, wie es ein gut sichtbares Schild tut, welches wir am Eingang befestigten.
Privatbesitz Ihrer Ladyschaft, der Countess of Hampton Hill!
Keine Besichtigungen!
Keine Begehungen!
Nur dienstlich notwendige Besuche!
Unbefugtes Betreten führt zur Anzeige!
Achtung: Warnung vor den Hunden!
Wir können es nicht noch deutlicher machen. Und doch berichtet unser Verwalter vor Ort von knapp 60 hoffnungsvollen Klinglern und etwa 20 Kletterern pro Woche!
Inzwischen übergeben wir die Kletterer tatsächlich den Behörden. Irgendwann, so hoffen wir, haben sie es kapiert.
Ich kann auch hoffen, dass die Sonne 48 Stunden ohne Unterlass scheint. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht geringer …
Karen, die nie zuvor auf den Turks- und Caicosinseln war, zappelte vor Aufregung, als wir die Maschine auf dem Grand Turk International Airport verließen.
Michelle, Karens Mutter, kannte Juliette’s Home bereits; sie war in ihren frühen Jahren als ständige Begleiterin meiner Mutter stets dort zu finden gewesen, wo Mutter zu finden war. Und Mutter liebt unseren Besitz auf den Turks- und Caicosinseln. Wäre sie nicht die Countess, sie hätte Schottland schon vor Jahren verlassen, um in Juliette’s Home zu leben.
Entsprechend ruhig war Michelle, als wir die Maschine verließen und zu unserem Wagen gingen. Sandhurst, mit seiner Familie für Juliette’s Home zuständig, hatte ihn am Abend zuvor am Flughafen abgestellt.
Mein letzter Besuch liegt viele Jahre zurück; es war lange vor meiner Inhaftierung gewesen. Seltsamerweise bevorzugte ich als Erholungsziel jene Orte, in denen Papa Niederlassungen hatte. Es gab mir ein gutes Gefühl, jederzeit auf die Sicherheit der Familie zurückgreifen zu können.
Waffen, sichere Häuser und im Bedarfsfall Unterstützung, sollte ich in Schwierigkeiten geraten, lockten sehr viel mehr als ein schickes Haus auf einer der schönsten Inseln der Welt.
Ich weiß nicht, ob ich diesmal meine Eltern und Michelle begleitet hätte, als diese zur jährlichen Flucht vor dem Winter aufbrachen.
Doch Baptiste, mein Vorgesetzter bei Paraforce, schickte eine Rundmail mit der Frage, wer seiner Agenten an einer Reise auf Grand Turk interessiert sei. Dort fände sowohl das Symposium Grenzwissenschaftlicher Forschungen wie auch – in diesem Rahmen – die Versteigerung der Phelbs-Sammlung des Okkulten statt. Commander Burgees, die gerne selbst gereist wäre, jedoch in einen Fall eingebunden sei, habe eine Liste mit Büchern zusammengestellt, welche für Paraforce interessant seien; bis zu 150.000 Dollar Steuergelder aus aller Welt dürften hierfür verschwendet werden.
Natürlich bewarb sich jeder Agent – mit Ausnahme von mir.
Und doch entsandte man mich, nachdem Blake, Abteilungsleiter des Five und zudem jener Mann, der mich vor einer lebenslangen Haftstrafe bewahrte, mit Baptiste gesprochen hatte.
Wie es der Zufall so wollte, lebte Antonio D’Agostino seit etwa drei Jahren auf Grand Turk. Und dieser Mann, ein Waffenhändler der Sonderklasse, plane etwas; dessen sei man sich sicher. Sollte ich also entsandt werden, könnte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Natürlich nur, wenn Paraforce so freundlich sei, mir und dem Five diesen Freiraum zu gewähren.
Baptiste sprach mit mir und am Ende stand fest, dass ich diesen Freiraum künftig habe; wann immer ich es wolle, könne ich auch für den Five und den Six agieren – sofern meine Aufgaben für Paraforce nicht darunter leiden würden.
Blake und auch Lowe waren hiervon sehr angetan.
Die Hotelkosten wird sich Paraforce jedoch nicht ersparen, denn wieder agieren Mary-Ann Ashton und Deirdre McAllister völlig unabhängig voneinander. Ja, Paraforce ist in die Aktivitäten rund um das Symposium Grenzwissenschaftlicher Forschungen nicht einmal involviert. Deirdre wird es gemeinsam mit ihrer reizenden Partnerin besuchen; auf sie beide sind die Karten ausgestellt und Deirdre hat Nummer 176 bei der Versteigerung; als Expertin für eben diesen Bereich der Literatur und Inhaberin der bisherigen Stewart-Bibliothek ist meine Teilnahme dort so unauffällig und unschuldig, wie sie eben nur sein kann.
Ashton hingegen wohnt im Ocean Ressort und Spa; zwei Meilen außerhalb von Cockburn Town. Ein Hotel der Luxusklasse; in ihm fühle ich mich eindeutig wie Bond.
Natürlich gibt es zwischen Deirdre und Ashton keine Berührungspunkte. Deirdre fährt einen älteren Bentley, Typ Familienkutsche, und verlässt The Home selten ohne ihre Partnerin Karen Ellis.
Mary-Ann Ashton fährt einen geliehenen BMW Z4 und ist stets alleine unterwegs.
Inzwischen hat sich Mary-Ann sogar einen Dialekt angewöhnt; sie lässt gelegentlich Begriffe und Worte aus der Londoner Arbeiterklasse einfließen. Etwas, das Deirdre als Jugendliche tat, um ihre Mutter zu ärgern.
Der Aufenthalt auf Grand Turk, er ist so spannend wie nie zuvor …
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