Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Im Gespräch mit Thomas Jeier

Geisterspiegel: Hallo Thomas, schön, dass du dir die Zeit nimmst, uns ein paar Fragen zu beantworten, die sich insbesondere auf das Westerngenre natürlich beziehen. Wie bist du auf die Idee gekommen, ein Lexikon über Indianer zu schreiben? Cowboys und Indianer, also das Westerngenre insgesamt ist ja nicht gerade ein Thema, um das sich die Verlage heutzutage reißen.

Thomas Jeier: Ja, mein Verlag hat sich auch nicht darum gerissen. Wir mussten erstmal den Vertrieb überreden. Die Vertriebsdame, das kann man ja inzwischen sagen, sagte: »Indianer? Vergiss es.«
Und der Verlagschef aber war auf meiner Seite und hat das praktisch im Verlag diktatorisch durchgesetzt. Er sagte: »Indianer sind mal wieder fällig. Und das ist alles nur dummes Gerede, dass Indianer nicht gehen. Es geht alles, wenn es gut gemacht ist.« Das hat sich inzwischen bewahrheitet. Wir haben gesagt: »Wenn 5000 verkauft sind, dann staunen sie alle. Und die haben wir erreicht und überschritten. Gott sei Dank. Und insofern hat sich das erledigt. Ich wollte die Sache eigentlich nicht machen. Es ist eigentlich auch kein Lexikon, es ist eigentlich mehr … es steht zwar Nachschlagewerk in der Werbung, weil man halt sich über die Indianer insgesamt informieren kann in einem großen Bilder- und Lesereigen. Und ich habe mich schon immer für die Indianer interessiert, für die Geschichte des amerikanischen Westens. Hab also seit meiner Kindheit mich damit beschäftigt und viel über Indianer erfahren, toure auch ständig in Amerika rum, hab viel mit Indianern gesprochen, viele Museen und so weiter und so fort …
Und dachte einfach, es wäre mal an der Zeit: Jetzt bin ich in dem biblischen Alter, wo man mal was Allgemeingültiges machen kann, und hab das damit gemacht. Und weil es so gut läuft, haben wir auch – was die Cowboys betrifft – nachgeschoben. Da komm ich grade her. Im Frühjahr 2010 wird also »Das große Buch vom Wilden Westen« – es lag ja nahe – erscheinen in derselben Aufmachung und über den »weißen« Wilden Westen berichten.

Geisterspiegel: Die nächste Frage wurde in diversen Foren schon öfters erörtert. Aber mich würde die Antwort aus dem Munde eines Fachmanns interessieren. Wie beurteilst du die Zukunft des Westerns hierzulande?

Thomas Jeier: Ja nicht nur hierzulande, sondern allgemein sieht es etwas düster aus, wenn wir von dem sogenannten Genre Western sprechen oder vom traditionellen Western, wie er in den 60er, 70er Jahren noch Auflagen über 30.000 / 40.000 erreicht hat im Taschenbuch. In den klassischen Westernromanen von Louis L´amour usw., in Deutschland G.F. Unger usw. haben große Auflagen erreicht. Der ging dann immer weiter zurück. Ich weiß es selber am besten, weil ich die eine Westernreihe damals redaktionell betreut hab, die bekannteste Western-Taschenbuchreihe, und hab praktisch Monat für Monat ansehen müssen, wie das immer weiter runterging und es keine Erklärung gab. Das hatten wir gehofft, würde sich ändern mit der Wiedervereinigung. Und ich habe den Heyne Verlag sogar überredet, dann nochmal zwei Louis L´amour -Western herauszubringen, die sie auch mit Schwerpunkt Osten herausgebracht haben. Aber auch das hat nicht funktioniert. Also muss man leider davon ausgehen, dass der traditionelle Western, wie er damals gestrickt war, tot ist. Meine Erklärung ist dafür, dass die meisten Westernleser … Also, junge Leute oder Leute, die Western gelesen haben, sind abgewandert zu anderen Medien, sprich vor allem DVDs, leihen sich also eher eine DVD aus als einen Western schnell verkonsumieren. Oder – was ihr natürlich am besten wisst – das Fantasy-Genre, damals schon Science-Fiction, aber inzwischen Fantasy, hat stark übernommen und hat halt andere gängige Genre aus dem Weg gehau´n. Das heißt aber nicht, dass das Thema nicht aktuell ist. Das hab ich eben auch bewiesen, dass man durchaus noch mit Romanen über den amerikanischen Westen Erfolg haben kann. Auch in Amerika passiert das. Das sind keine »Western« mehr, was immer auch der Unterschied ist. Das sind historische Romane, die halt im amerikanischen Westen spielen. Wie einer über das Mittelalter schreibt oder über die Zeit der Kelten oder was weiß ich, gibt es eben auch Romane, die bei den Indianern spielen, oder bei irgendwelchen Wagenzügen usw.
Das habe ich gemacht. Was auch in meinem Falle zum Erfolg beigetragen hat, dass ich Frauen als Protagonisten habe. Also, die Indianerromane, in denen die Frau eine Rolle spielt, geht eher, als wenn sie jetzt über Winnetou schreiben, der in den Krieg zieht.

Geisterspiegel: Du hast vor Jahren unter anderem einmal den Western »Ein Mann von 70 Wintern« geschrieben und auch in der Serie »Bishop« mitgewirkt. Wird es in absehbarer Zeit noch weitere Western oder neue Romane dieser ungewöhnlichen Westernserie um den Protagonisten Matt Bishop von dir geben?

Thomas Jeier: Wenn es nach mir ginge, ja. Aber leider macht das kein Verlag mehr. Denn selbst ein Heftroman-Verlag mit einer existierenden Westernroman-Reihe will das nicht bringen, weil die um die Jahrhundertwende, als um die 19-Jahrhundertwende gespielt haben. Und das eher so ein bisschen ungewöhnlicher war, wie wir es gesehen haben bei den »Westernlegenden« von Bastei. Da gingen auch die gängigen Westernthemen – also Sheriff jagt den bösen Banditen – besser als jetzt irgendwelche ausgefallenen Themen aus dem hohen Norden oder im Bürgerkrieg oder in der etwas späteren Nachwesternzeit. Deswegen wird der arme Bishop wahrscheinlich nicht mehr zum Leben erweckt. Und was den »Mann von 70 Wintern« betrifft: Den haben wir nochmal im Kleinverlag rausgebracht. Aber auch der könnte höchstens als Figur wieder auftauchen im Roman bei Ueberreuter, im historischen Roman, weil ich unter Christopher Ross – unter dem Pseudonym schreibe ich dort einige Romane, die ich als romantische Abenteuerromane bezeichnet habe, die meistens im hohen Norden gespielt haben, die aber in Zukunft auch im amerikanischen Westen zum Teil spielen könnten. Da könnte er wieder auftauchen, als Figur.

Geisterspiegel: In den Staaten gibt es die »Western Writers of America«. Gibt es hierzulande eine ähnliche Vereinigung oder einen Kreis, in dem Westernautoren und Historiker ihre Gedanken austauschen?

Thomas Jeier: Ja, es gibt einige Foren im Internet, wo sich Leute austauschen über den Westen, die allerdings nicht so oft besucht werden. Anscheinend sind Westernleser oder auch Westernsammler nicht so kommunikationsfreudig wie Fantasy- oder Science Fiction-Fans, also, dass dort wenig stattfindet. Zum Beispiel gibt es beim Bastei Verlag ein Westernforum, das seit Monaten tote Hose ist, aber wohl auch deswegen, weil Bastei kaum noch neue Western herausgibt, bei euch ab und zu und auch bei … Wie heißt das jetzt wieder, das Forum von Karl-Jürgen Roth, der so ein Westernforum bei Yahoo hat … Da trifft man noch ungefähr 20 bis 30 positiv Aktive, die sich über den Western austauschen. Zum Beispiel, wenn in Amerika ein neuer Westernfilm auf den Markt kommt, wie »Appaloosa« jetzt. Dann wird sich da schon ausgetauscht. Aber es könnte mehr stattfinden, vor allem so in den modernen Medien.

Geisterspiegel: Zwischen Oktober 2000 und Juni 2002 erschien eine Zeitschrift mit dem Titel »Westernmagazin«. Kurzgeschichten und Interviews mit namhaften Autoren und Newcomern sowie Film- und Buchbesprechungen wechselten sich in angenehmer Art und Weise mit historischen Daten und interessanten Beiträgen über das wirkliche Leben in »Good Old West« ab. Wäre es nicht ein reizvolles Projekt, so etwas als Online-Magazin zu starten?

Thomas Jeier: Ja, das wäre ein sehr reizvolles Projekt, allerdings auch wahrscheinlich ein sehr aufwendiges. Deswegen habe ich davor zurückgeschreckt. Eine Zeitschrift an sich würde wahrscheinlich nicht gehen, weil auch Western nicht gehen. Es sei denn, man bringt die Themen halt in anderen Zeitschriften unter wie in der Zeitschrift über Geschichte kommt mal was über den Wilden Westen vor oder so was. Aber ´ne reine Zeitschrift über die Geschichte des Western hat – glaub ich – keine Chancen, zumindest bei Großverlagen nicht. Die winken ja alle ab. Im Internet könnte es da mehr geben. Es gibt da auch so was. Es gibt in Amerika einiges. Mir fallen jetzt die Adressen nicht ein. Aber es gibt einiges, die so aufgebaut sind, wo Kurzgeschichten erscheinen, wo Romanfragmente erscheinen, sogar Gedichte, Rezepte. Also, alles bunt gewürfelt. Und es gibt auch in Deutschland und in der Schweiz einige schüchterne Versuche, wo so etwas angedacht ist oder wo so etwas auch ein bisschen versucht wurde. Aber so ein richtiges, umfassendes Western-Online-Magazin gibt es nicht. Aber da könnte ja Slaterman mal vorangehen.

Geisterspiegel: Das könnte er gern tun. Nach allen Fragen zu Western hast du ja auch schon angesprochen: Unter Christopher Ross schreibst du Abenteuerromane. Wie sieht da die Zukunft aus? Neue Projekte? Ist da schon was in Planung?

Thomas Jeier: Die meisten Christopher Ross-Romane spielten immer im hohen Norden. Warum spielen die im hohen Norden? Weil ich damals die ersten Christopher Ross-Romane original für Weltbild geschrieben habe. Weltbild ist ein riesiger kommerzieller Laden, der einem einiges vorschreibt. Und die fanden das erste Buch so toll, Gott sei Dank. Hat sich auch gut verkauft. Und sie wollten dann halt alles im hohen Norden gespielt haben. Fand ich auch ganz sympathisch, weil da gibt´s nicht so viel. Und es war eine Gegend, die mir gut gefällt, und es waren genug Themen auf der Straße. Ich habe in den Titeln immer irgendwelche wilden Tiere vorkommen lassen, vom Bären bis zum Elch, bis zum Wolf. Den Wolf sogar mehrmals. Und jetzt gehen mir irgendwann die Tiere aus. Insofern habe ich den Christopher Ross leicht in eine andere Ecke geschoben. Im Frühjahr 2009 erscheint der letzte dieser Nordromane, der heißt nochmal »Die Rückkehr der weißen Wölfe«. Sie kehren also nochmals zurück, die Jungs. Und im Frühjahr drauf – es erscheint immer im Frühjahr ein Christopher Ross – erscheint dann was ganz anderes, was eher in die Richtung Western geht. Es ist aber kein Western, sondern ich nenne es immer noch romantischer Abenteuerroman. Eine romantische Abenteuergeschichte, die nicht nur ausschließlich im hohen Norden spielt, sondern in der amerikanischen Wildnis, sagen wir mal. Und das ist in dem Fall in einem Indianerreservat so um 1890, als die Indianer in Reservaten waren. Und es ging ihnen gar nicht gut. Und es immer noch Konflikte gab, und handelt von einer Lehrerin, die aus Boston kommt, also mehr viktorianisch geprägt ist und etepetete. Und sie kommt dann in so ein Indianerreservat. Da kann man sich vorstellen, wie die drauf ist und dort als Lehrerin arbeitet und sich da in einen studierten Indianer verliebt, in einen Indianerarzt. Die Geschichte basiert auf einer historischen Geschichte. Es gab so einen Fall von einer Elen Goodman, die eben einen Indianer geheiratet hat, der Arzt war und damals zur Zeit von Wounded Knee – von diesem legendären, berüchtigten Indianermassaker – die Verwundeten behandelt hat. Das ist die Geschichte. Und im darauf folgenden Jahr weiß ich noch nicht, aber es kann so eine Geschichte kommen – wir haben auch was angedacht, was mehr in Geisterspiegel-Richtung geht – und zwar über Savannah. Als Geisterfans wisst ihr, dass Savannah eine berühmte Geisterstadt ist. In Savannah, Georgia, sollen also noch viele Geister toben und sich äußern auf Friedhöfen und sonst wo. Und wir wollen eine Geschichte machen, die in Savannah spielt. Ich war da oft, die so ein bisschen mit Vergangenheit des Südens, Ku-Klux-Klan, Geister usw. zu tun hat. Das kann also durchaus sein, dass ich einen kleinen Ausflug in eure Gegend mache.

Geisterspiegel: Da freuen wir uns jetzt schon drauf. Ich danke dir für die Beantwortung der Fragen. Hat viel Spaß gemacht. Und wünsch dir noch viel Erfolg.

Thomas Jeier: Bitte, bitte, euch auch.

Geisterspiegel: Danke.

Copyright © 2008 by Anke Brandt